L 4 P 55/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 1 P 40/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 P 55/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Bayreuth vom 13. September 2005 entsprechend ihrem Anerkenntnis dazu verurteilt, bezüglich des Widerspruchs der Klägerin gegen die Bescheide vom 9. Februar 2004 und 21. Juni 2004 einen Widerspruchsbescheid zu erlassen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtzüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Untätigkeit der Beklagten.

Die 1947 geborene Klägerin, von Beruf Landwirtin, gab in dem Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung für ihre Mutter E. H. an, dass sie die Pflegeperson sei. Die Beklagte übersandte der Klägerin daraufhin im Zeitraum von November 1998 bis November 2001 mehrmals Unterlagen zur Feststellung der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen und bat die Klägerin um nähere Angaben. Die Klägerin hatte hierzu keine weiteren Angaben gemacht und die Anträge nicht bearbeitet.

Mit Bescheid vom 19.11.2001, der eine Rechtsmittelbelehrung nicht enthielt, lehnte die Beklagte die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen wegen fehlender Mitwirkung der Klägerin ab; eine Beurteilung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sei ohne nähere Angaben über die Pflegeperson nicht möglich.

In einem Rechtsstreit der Klägerin gegen die Land- und Forstwirtschaftliche Alterskasse Franken und Oberbayern, in dem die Klägerin durch C. H. vertreten war, schlossen die Beteiligten am 18.11.2003 vor dem Bayerischen Landessozialgericht (L 16 LW 37/01) einen Vergleich, der die Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem ALG wegen der Versicherungspflicht als Pflegeperson für einen Pflegebedürftigen im Sinne des SGB XI zum Gegenstand hatte. Am 30.12.2003 ging bei der Beklagten der ausgefüllte Fragebogen für die Zahlung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen ein.

Mit Bescheid vom 09.02.2004 stellte die Beklagte fest, dass dieser Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zahlung von Beiträgen für die Pflegetätigkeit vom 01.04.1995 bis 31.10.2002 rechtsunwirksam sei, das heißt ein Anspruch auf Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung durch die Beklagte bestehe nicht mehr, weil auf den am 19.11.2001 ergangenen Bescheid wegen fehlender Mitwirkung nicht rechtzeitig innerhalb eines Jahres der mehrfach vergeblich zugesandte Antrag gestellt wurde. Mit Schreiben vom 17.02.2004 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 05.03.2004 mit, der Bescheid vom 19.11.2001 sei rechtswirksam und verbindlich geworden, es erübrige sich daher auch eine Widerspruchsbegründung; die Pflegekasse betrachte die Angelegenheit als erledigt. Die Klägerin hielt den Widerspruch weiterhin aufrecht.

Die Beklagte erließ am 21.06.2004 einen weiteren ablehnenden Bescheid mit der Begründung, die von der Klägerin im Fragebogen gemachten Angaben bezüglich des Einsatzes des Maschinenrings entsprächen nicht den Tatsachen; die Klägerin sei als Vollerwerbslandwirtin anzusehen, wobei die durchschnittliche selbständige Tätigkeit über 30 Stunden wöchentlich betrage. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

Die Klägerin hat am 22.06.2005 beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Untätigkeitsklage gegen die Beklagte, die Alterskasse Bayreuth und die (damalige) BfA erhoben und beantragt, die Bescheide der Pflegekasse aufzuheben und zu berichtigen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 13.09.2005 die Klage als unzulässig abgewiesen; für eine Feststellung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson sei nicht die Beklagte, sondern der Rentenversicherungsträger zuständig.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 21.10.2005. Sie ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

In der mündlichen Verhandlung am 23.03.2006 hat der Vertreter der Beklagten den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung (Ober- und Mittelfranken) vom 02.02.2006 vorgelegt, mit dem die Voraussetzungen für die Rentenversicherungspflicht für die Pflege der Mutter der Klägerin verneint worden sind.

Er hat zugesichert, dass die Beklagte das Widerspruchsverfahren durchführen würde.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen, da nicht zu erkennen ist, dass der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 02.02.2006 bindend wurde.

Die Berufung ist begründet; der angefochtene Gerichtsbescheid musste aufgehoben und die Beklagte zur Entscheidung über den Widerspruch verurteilt werden.

Streitgegenstand ist im vorliegenden Fall die Untätigkeit der Beklagten aufgrund eines Widerspruchs der Klägerin gegen die Bescheide vom 09.02.2004 und 21.06.2004, mit denen die Beklagte es abgelehnt hatte, für die Pflegetätigkeit der Klägerin Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen, wobei die Beklagte sich zum einen auf die fehlende Mitwirkung der Klägerin bei der Erteilung von Angaben, zum anderen auf unrichtige Angaben der Klägerin beruft. Es geht hier um den zu Grunde liegenden Anspruch gemäß § 44 (Sozialgesetzbuch XI) SGB XI, wonach zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Pflegepersonen die soziale Pflegeversicherung Beiträge an die zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Demgemäß sieht § 3 Nr. 1a (Sozialgesetzbuch VI) SGB VI vor, dass die dort näher bezeichneten Pflegepersonen versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Für die darüber vom Rentenversicherungsträger zu treffenden Entscheidung wiederum ist die Beklagte gemäß § 44 Abs. 3 SGB XI zur Meldung verpflichtet. Da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung den verfahrensrechtlichen Anspruch der Klägerin auf Entscheidung über den Widerspruch anerkannt hat (§ 88 Abs. 2 SGG) und die Sperrfrist von drei Monaten abgelaufen war, konnte in entsprechender Anwendung des § 307 Zivilprozessordnung das Anerkenntnisurteil ergehen (§ 202 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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