Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 1 RJ 3/04
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 47/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Februar 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2003 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit dem 1. September 2002 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten für das gesamte Verfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren hat.
Die 1948 geborene Klägerin hat von 1964 bis 1967 eine Ausbildung zur Friseurin mit Erfolg abgeschlossen und danach im erlernten Beruf gearbeitet. 1980 hat sie die Meisterprüfung abgelegt und anschließend bis 1986 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als selbstständige Friseurin ausgeübt. Von 1986 bis Ende des Jahres 2001 war sie als Friseurin - zuletzt vom 1. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 2001 bei der Firma H - abhängig beschäftigt. Seitdem ist sie ohne Beschäftigung.
Die Klägerin ist behindert mit einem Grad der Behinderung von 60 sowie dem Merkzeichen "G".
Nach Einholung eines Gutachtens des Arztes für innere Medizin Dr. F vom 21. Mai 2002 sowie eines Gutachtens des Arztes für Orthopädie Dr. R vom 15. Mai 2002 gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 25. Juni 2002 bis zum 16. Juli 2002 eine Heilbehandlungsmaßnahme im Klinikum H S , Bad M.
Am 18. September 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte wertete die aus dem Heilbehandlungsverfahren vorliegenden medizinischen Unterlagen aus und lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 28. Oktober 2002 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Klägerin leide an einer Beinvenenschwäche mit Blutumlaufstörungen und langsam abheilendem Geschwür im rechten Knöchelbereich, Übergewicht mit Bluthochdruck und Zuckerstoffwechselstörung sowie einer Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen an Bandscheiben und Wirbeln sowie chronischer Überlastung durch Übergewicht. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne sie zwar nicht mehr den erlernten Beruf als Friseurin ausüben. Sie sei jedoch noch in der Lage, eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Rezeptionistin im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte zur Begründung im Wesentlichen geltend, dass ihr die Ausübung der benannten Verweisungstätigkeit als Rezeptionistin auf Grund der vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht zumutbar sei. Es fehle an der erforderlichen psychischen Belastbarkeit. Sie sei durch den behinderten Ehemann einer erheblichen psychosozialen Belastung ausgesetzt. Der Ausübung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stehe auch entgegen, dass sie wegen der operativ behandelten Varikosis beider Beine bei Zustand nach Thrombose nicht mehr in der Lage sei, eine Wegstrecke von mehr als 500 m zurückzulegen.
Daraufhin veranlasste die Beklagte das weitere Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. R vom 24. Juni 2003 sowie das Gutachten des Arztes für innere Medizin Dr. K vom 25. Juni 2003. Nach Einholung prüfärztlicher Stellungnahmen des Dr. W vom 21. Mai 2003, vom 2. Juli 2003 und vom 13. November 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2003 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Klägerin leide an
1. hochgradigem Übergewicht bei mit Tabletten behandelter Zuckerstoffwechselstörung und Belastungsluftnot, 2. chronisch venöser Abflussstörung am rechten Bein, eingetretener Abheilung eines früheren Unterschenkelgeschwürs, 3. medikamentös behandeltem Bluthochdruck mit erhöhten Werten in der Untersuchungssituation, 4. Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen an Bandscheiben und Wirbelgelenken und chronischer Überlastung infolge Übergewichts, Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule mit Neigung zu schmerzhaften Muskelverspannungen und mit Schmerzausstrahlung in die Schultern, 5. Funktionseinschränkung beider Kniegelenke bei Verschleiß des Knorpelgewebes, 6. angegebener Harninkontinenz 1. Grades, 7. milde verlaufendem Bronchialasthma, sowie 8. depressiver Verstimmung, Klimakterium.
Auf Grund der Gesundheitsstörungen sei das Leistungsvermögen auf leichte Arbeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr überwiegend im Sitzen und Gehen, zeitweise im Stehen, ohne Akkord, ohne Nachtschicht, nicht in Kälte, Nässe, Zugluft oder Hitze, ohne Gefährdung durch Atemwegsreizstoffe, ohne ständige Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, häufiges Klettern oder Steigen, ohne Knien oder Hocken, ohne längere Anmarschwege (zumutbar 1200 m) eingeschränkt. Im Zusammenhang mit einer im Juli 2003 durchgeführten Bandscheibenoperation mit anschließender Heilbehandlung in der Fachklinik A sei keine darüber hinausgehende Einschränkung des Leistungsvermögens eingetreten. Die Klägerin sei damit sowohl gesundheitlich als auch sozial zumutbar auf die Ausübung einer Tätigkeit als Rezeptionistin verweisbar. Damit sei sie nicht berufsunfähig und erst recht nicht erwerbsunfähig.
Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 7. Januar 2004 vor dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage gewandt und zur Begründung insbesondere geltend gemacht, dass sie neben den im angefochtenen Bescheid genannten Diagnosen an zahlreichen weiteren Erkrankungen, u.a. einer schweren psychovegetativen Störung lei- de. Sie sei nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie bedürfe intensiver hausärztlicher, psychiatrischer, internistischer, neurologischer und neuro-chirurgischer Behandlung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts einen Befund- und Behandlungsbericht des Arztes für Orthopädie Dr. Sa vom 15. September 2004 sowie einen Befund- und Behandlungsbericht des Arztes für innere Medizin Dr. Aa vom 17. Mai 2004, dem weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren, eingeholt.
In der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2005 hat das Sozialgericht den Arzt für Orthopädie Dr. Hb sowie den Arzt für innere Medizin Dr. G als medizinische Sachverständige sowie den Verwaltungsbeamten L als berufskundigen Sachverständigen gehört.
Mit Urteil vom 23. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil sie weder voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sei. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Erforderlich sei ein Arbeitsplatz mit Positionswechsel von Sitzen zum Stehen, von Stehen zum Sitzen und zum Gehen nach etwa einer Stunde. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie ständiges Treppensteigen, Arbeiten in ungünstiger Körperposition mit ständigem Stehen oder vornüber geneigt seien ebenfalls nicht möglich. Auszuschließen seien Arbeiten mit Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten ohne technische Hilfsmittel. Weiterhin dürfe die Klägerin nicht in Nacht- und Wechselschicht tätig sein. Sie benötige innerhalb eines Arbeitstages regelmäßige Pausen, die jedoch nicht über das betriebsübliche Maß hinausgehen müssten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit läge nicht vor. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens beruhe auf folgenden Feststellungen zu den Beschwerden und zu den Gesundheitsstörungen der Klägerin: Auf orthopädischem Fachgebiet bestünden belastungsabhängige Schmerzen an der Wirbelsäule und den Kniegelenken ohne röntgenologisch das altersübliche Maß übersteigende Verschleißveränderungen und ohne Nervenwurzelreizerscheinungen seitens des operierten Bandscheibensegments oder eines anderen Bewegungssegments an der Lendenwirbelsäule. Auf internistischem Fachgebiet bestünde ein metabolisches Syndrom mit Diabetes mellitus Typ II B, arteriellem Hypertonus, Hyperlipoproteinämie und eine Adipositas permagna. Außerdem lägen chronische Lumboischialgien bei Zustand nach Bandscheibenvorfall und Operation einer chronisch venösen Insuffizienz mit Zustand nach Ulcus cruris bei Zustand nach dreimaliger Krampfaderoperation vor. Bedingt durch diese Erkrankungen könne die Klägerin keine Wechselschichten, insbesondere keine Nachtschichten verrichten. Zusätzlich benötige sie regelmäßige Pausen innerhalb eines 8-Stundentages, um die erforderlichen Mahlzeiten zu sich nehmen zu können und ihren Blutzucker zu kontrollieren und gegebenenfalls medikamentös zu korrigieren. Über das betriebsübliche Maß hinausgehende Pausen seien jedoch unter der derzeitigen Medikation nicht erforderlich. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen sei die Klägerin weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Denn sie sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sie sei mit dem festgestellten Leistungsvermögen imstande, als Rezeptionistin im Friseursalon zu arbeiten. Rezeptionistinnen hätten u.a. die Aufgabe, Termine zu vereinbaren, die Arbeitseinteilung vorzunehmen, Kunden zu empfangen, diese während des Aufenthaltes im Salon zu betreuen, die Kundenkartei zu führen, Haarpflege und Kosmetikartikel zu verkaufen sowie Reklamationen entgegenzunehmen und weiterzuleiten. Bundesweit seien etwa 10.000 Betriebsstätten vorhanden, die von ihrer Größe her prinzipiell für die Beschäftigung einer Rezeptionistin in Betracht kämen. Es gäbe etwa 600 ausgesprochene Großbetriebe. Die Ausübung einer Tätigkeit als Rezeptionistin erfordere in erster Linie Kontaktfähigkeit, Verhandlungsgeschick, sprachliches Ausdrucksvermögen, Einfühlungsvermögen und Flexibilität im Umgang mit Kunden und erst in zweiter Linie branchenspezifische Kenntnisse. Diese Tätigkeiten stellten eine leichte Arbeit dar, bei der die weiteren genannten qualitativen Einschränkungen eingehalten werden könnten. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Anspruch setze das Vorliegen von Berufsunfähigkeit voraus. Die Klägerin sei in dem von der Rechtsprechung entwickelten Stufenschema der Stufe mit dem Leitbild der Facharbeiterin zuzuordnen. Sie sei zwar nicht mehr in der Lage, ihre bisherige Tätigkeit als Friseurin auszuüben, da ständig am Kunden in überwiegend einseitiger Körperhaltung gearbeitet werde. Diese Tätigkeit sei mit dem festgestellten Leistungsvermögen nicht vereinbar. Gleichwohl sei die Tätigkeit als Rezeptionistin in Friseursalons vom Leistungsvermögen her und auch von der sozialen Wertigkeit her zumutbar. Zwar existiere im Friseurhandwerk kein für allgemein verbindlich erklärter Tarifvertrag. Es seien jedoch Tarifregelungen und -empfehlungen verschiedener Landesbezirke vorhanden. Mitarbeiterinnen an der Rezeption würden unterschiedlich eingeordnet und je nach Funktionsbereich auf Gesellenebene, auf Anlernebene oder mit 80 % des Ecklohns vergütet. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen und Hamburg erfolge die Entlohnung auf Facharbeiterebene, wenn eine Fachausbildung vorhanden sei. Damit wären der Klägerin diese Arbeiten auch zumutbar, wenn sie der Meisterebene zuzuordnen wäre. An der Zugehörigkeit zur genannten höchsten Gruppe im Stufenschema bestünden allerdings Zweifel, weil die Klägerin nur selten aufsichtsführend oder verwaltend tätig gewesen sei.
Gegen dieses Urteil des Sozialgerichts Kiel, das am 19. April 2005 an die Klägerin abgesandt wurde, wendet sich diese mit der am 6. Mai 2005 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei sie nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Rezeptionistin im Friseursalon auszuüben. Diese Tätigkeit sei ihr weder vom Leistungsvermögen noch von der sozialen Wertigkeit her zumutbar. Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt habe, könne sie nur an einem Arbeitsplatz tätig sein, an dem sie einen Positionswechsel vom Sitzen zum Stehen, vom Stehen zum Sitzen oder zum Gehen nach etwa einer Stunde vornehmen könne. Ein solcher Positionswechsel sei mit der Tätigkeit einer Rezeptionistin, die überwiegend im Stehen verrichtet werde, nicht zu vereinbaren. Außerdem benötige sie innerhalb eines 8-Stunden-Tages regelmäßige Pausen, die über das betriebsübliche Maß hinausgingen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie ihre Tätigkeit nicht nur unterbrechen müsse, um wegen des Diabetes regelmäßig Mahlzeiten einnehmen zu können und den Blutzucker zu kontrollieren und ggf. auch medikamentös zu korrigieren, sondern sie benötige zusätzliche Arbeitspausen wegen einer Harninkontinenz. Wegen der Vielzahl der Funktionseinschränkungen sei ihr der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen oder besonders erschwert, weil sie Arbeiten nur noch unter Bedingungen ausführen könne, die von den betrieblich üblichen Bedingungen stark abwichen. Eine Tätigkeit als Rezeptionistin sei ihr auch sozial nicht zumutbar. Zwar sei sie nur selten aufsichtsführend oder verwaltend tätig gewesen. Es bestünden aber keine Zweifel daran, dass sie die Meisterebene erreicht habe und in dieser Funktion auch tätig gewesen sei. Wegen der geltend gemachten Harninkontinenz nimmt die Klägerin Bezug auf ein Attest der Ärztin für Urologie Hc vom 15. April 2005.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr seit dem 1. September 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen Urteils sowie den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Der Senat hat eine Auskunft bei dem letzten Arbeitgeber der Klägerin, der Firma Friseur H vom 29. Oktober 2005 sowie das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. La vom 27. Januar 2006 eingeholt. Wegen des Inhalts der Auskunft des Arbeitgebers wird auf Bl. 110 bis Bl. 112 der Gerichtsakte und wegen des Inhalts des Gutachtens des Dr. La auf Bl. 120 bis Bl. 159 der Gerichtsakte Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2006 hat der Senat den Sachverständigen Dr. La zur Erläuterung seines Gutachtens gehört und den Verwaltungsbeamten Ka als berufskundigen Sachverständigen vernommen. Insoweit wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte haben dem Senat vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz SGG ). Sie ist auch fristgerecht eingelegt. Zwar ist dem von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandten Empfangsbekenntnis nicht das Datum des Zugangs des sozialgerichtlichen Urteils zu entnehmen. Da das Urteil jedoch am 19. April 2005 von der Geschäftsstelle des Sozialgerichts abgesandt und die Berufung am 6. Mai 2005 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt worden ist, ist die Frist von einem Monat gemäß § 151 Abs. 1 SGG jedenfalls gewahrt.
Die Berufung ist auch begründet, soweit die Klägerin die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt, war die Berufung zurückzuweisen, weil die Klägerin zwar berufsunfähig, aber nicht voll erwerbsgemindert ist.
Der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit richtet sich nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) mit Wirkung zum 1. Januar 2001 geänderten Fassung, weil die Klägerin Leistungen für die Zeit nach dem 1. Januar 2001 begehrt (vgl. § 300 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI).
Nach § 240 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach Abs. 2 der Vorschrift Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die vor dem 2. Januar 1961 geborene Klägerin ist als berufsunfähig in diesem Sinne anzusehen. Sie ist zwar noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Sie kann dabei jedoch nur noch leichte körperliche Arbeiten ohne gehäufte Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltungen und Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Hocken, Knien, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit Erfordernis von erhöhter Standfestigkeit, ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Wechselschichten und Nachtarbeit sowie ohne Arbeiten unter Zeitdruck zu verrichten. Kurze Unterbrechungen der Arbeitsschichten sind notwendig, um erforderliche Mahlzeiten zu sich zu nehmen und den Blutdruck zu kontrollieren und gegebenenfalls medikamentös einzustellen. Die Klägerin kann keine Tätigkeiten überwiegend im Stehen verrichten. Bei sitzender Tätigkeit ist darauf zu achten, das Hüftgelenk über Kniegelenk auf dem Stuhl positioniert wird, um den venösen Abfluss nicht unnötig zu gefährden. Das Tragen von Kompressionsstrümpfen wäre prinzipiell anzuraten, ist wegen des gravierenden Übergewichts technisch aber kaum realisierbar. Günstiger sind Tätigkeiten, die einen Wechsel von Gehen, Stehen oder Sitzen ermöglichen, wobei ein konkreter Rhythmus nicht vorzuschreiben wäre. Tätigkeiten, die mit längerem Sitzen (im Umfang von zwei Stunden) ohne die Möglichkeit der Unterbrechung durch gehende und stehende Tätigkeit verbunden sind, kann die Klägerin nicht mehr verrichten.
Die genannte Einschränkung des Leistungsvermögens auf leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr mit den zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist zum einen Folge orthopädischer Erkrankungen in Gestalt einer kombinierten Formabweichung der Wirbelsäule mit ausgeprägter statisch-muskulärer Insuffizienz, verformenden Veränderungen an Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule nach durchgeführter Bandscheibenoperation LWK 4/5 mit sensiblen Residuen im linken Bein ohne aktuelle Nervenwurzelreizerscheinungen oder Nervenausfälle, einem Verschleißleiden des linken mehr als des rechten Kniegelenks mit belastungsabhängigen Beschwerden ohne bedeutsame Bewegungseinschränkungen und auf internistischem Fachgebiet einem metabolischen Syndrom (Bluthochdruck, Übergewicht, Zuckerkrankheit, Adipositas permagna), das medikamentös ausreichend kompensiert ist sowie eine chronisch-venöse Insuffizienz mit Zustand nach Ulcus cruris nach dreimaliger Krampfader-Operation. Der erforderliche Wechsel der Körperhaltung ist zum einen wegen der Erkrankung der Wirbelsäule in Kombination mit dem exzessiven Übergewicht (Körpergewicht von über 130 kg bei einer Körpergröße von etwa 162 cm) und dem beginnenden Kniegelenksverschleiß, vor allem aber wegen der bestehenden Erweiterung des Venengeflechts erforderlich. Bei der Klägerin bestehen am rechten Unterschenkel abgeheilte Narben nach durchlaufenem Ulcus cruris sowie eine Seitenastvarikosis mit leichter Überwärmung einer oberflächlich liegenden Vene im Bereich des linken Kniegelenks. An den Unterschenkeln bestehen trophische Störungen bei Krampfaderleiden. Das der Klägerin anzuratende Tragen von Kompressionsstrümpfen ist in Zusammenhang mit dem gravierenden Übergewicht technisch kaum realisierbar. Die Klägerin ist deshalb nur in der Lage, Tätigkeiten auszuüben, die einen gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen. Bei überwiegend sitzender Tätigkeit muss die Möglichkeit bestehen, gelegentlich aufzustehen.
Die genannten Feststellungen zu den bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen und dem daraus folgenden Leistungsvermögen trifft der Senat auf Grund des überzeugenden Gutachtens des Arztes für Orthopädie Dr. La sowie des auf Veranlassung des Sozialgerichts erstatteten Gutachtens des Arztes für innere Medizin Dr. G. Die Sachverständigen haben die aktenkundigen medizinischen Unterlagen erkennbar vollständig ausgewertet und sich so ein umfassendes Bild vom Leistungsvermögen der Klägerin machen können und dieses in ihren Gutachten nachvollziehbar dargestellt. Der Sachverständige Dr. La , der ergänzend auf das Gutachten des Dr. G Bezug genommen hat, ist dem Senat als sachkundig und erfahren auf sozialmedizinischem Gebiet bekannt. An seiner Glaubwürdigkeit bestehen keine Zweifel. Insbesondere hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage ist, Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder mit ausgedehnten Sitzphasen im Umfang von bis zu zwei Stunden zu verrichten. Insofern folgt der Senat der Beurteilung durch das Sozialgericht, das von der Erforderlichkeit eines Positionswechsels vom Sitzen zum Stehen, vom Stehen zum Sitzen oder zum Gehen nach etwa einer Stunde ausgegangen ist. Das Vorliegen einer ausgeprägten venösen Abflussstörung am rechten Bein ist bereits in dem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten des Dr. K vom 25. Juni 2003 diagnostiziert worden. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Klägerin auf Grund dieser Erkrankung in Kombination mit dem gravierenden Übergewicht und der Funktionseinschränkungen insbesondere im Bereich der Achsorgane nur noch Tätigkeiten verrichten kann, die einen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, weil ihr berufliches Leistungsvermögen für die Ausübung einer ihr nach § 240 Abs. 2 SGB VI sozial zumutbaren Tätigkeit auf weniger als sechs Stunden gesunken ist.
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der vom Versicherten ausgeübte "bisherige Beruf" (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1989 5 RJ 49/88 SozR 2200 § 1246 Nr. 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1989 5/5b RJ 78/87 SozR 2200 § 1246 Nr. 164). Zwar hat die Klägerin 1980 die Meisterprüfung abgelegt und bis 1986 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als selbstständige Friseurin ausgeübt. Gleichwohl ist ihr bisheriger Beruf nicht der der Friseurmeisterin, weil sie nach 1986 langjährig und bis zur Beendigung ihrer beruflichen Tätigkeit als Friseurin abhängig beschäftigt war. Sie hatte nach der vorliegenden Auskunft ihres letzten Arbeitgebers keine herausgehobene Stellung inne und wurde nicht anders vergütet als die anderen Friseurinnen, die keine Meisterprüfung abgelegt hatten. Die Qualifikation als Meisterin war danach auch keine Voraussetzung für die Einstellung der Klägerin.
Ihren bisherigen Beruf als Friseurin kann die Klägerin bereits deshalb nicht mehr ausüben, weil diese Tätigkeit mit lang andauernden Zwangshaltungen, Belastungen der vom Körper abgewandten Arme und längerem Stehen verbunden ist. Darüber besteht zwischen den Beteiligten im Ergebnis Einvernehmen.
Die Klägerin ist auch nicht mehr in der Lage, eine ihr sozial zumutbare Verweisungstätigkeit auszuüben. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung ist in der Rechtsprechung ein Stufenschema entwickelt worden. Danach sind die Berufsgruppen ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion und des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstige Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG, Urteil vom 9. September 1986 5b RJ 82/85 SozR 2200 § 1246 Nr. 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, die es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 1993 13 RJ 33/92 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 1990 5 RJ 46/89 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Die Klägerin ist danach der Stufe mit dem Leitbild der Facharbeiterin zuzuordnen. Die von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren geltend gemachte Zuordnung zur höchsten Stufe im o.g. Stufenschema kommt auf Grund der seit 1986 bis zur Aufgabe der Berufstätigkeit Ende des Jahres 2001 ausgeübten Tätigkeit als einfache Friseurin nicht in Betracht, weil sie sich - soweit sie in der Zeit der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit von 1980 bis 1986 der höchsten Stufe zuzuordnen gewesen sein sollte - davon jedenfalls gelöst hat und nachfolgend aus anderen als gesundheitlichen Gründen langjährig als einfache Friseurin tätig war.
Auf Grund der Zuordnung zur Stufe mit dem Leitbild der Facharbeiterin ist die Klägerin nur auf Tätigkeiten verweisbar, die zumindest der Gruppe mit dem Leitbild der angelernten Arbeiterin zuzuordnen sind. Derartige Tätigkeiten können nicht benannt werden. Das Sozialgericht ist ebenso wie die Beklagte im Verwaltungsverfahren davon ausgegangen, dass die Klägerin noch in der Lage wäre, eine Tätigkeit als Rezeptionistin auszuüben. Tätigkeiten als Rezeptionistin werden jedoch überwiegend im Stehen verrichtet. Zur Ausübung einer überwiegend stehenden Tätigkeit ist die Klägerin aus den o.g. Gründen nicht mehr in der Lage. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob dem berufskundigen Sachverständigen Ka folgend davon auszugehen ist, dass es für Rezeptionistinnen keinen auf eine Ganztagsbeschäftigung ausgerichteten Arbeitsmarkt mehr gibt.
Ferner ist die Klägerin nicht in der Lage, eine Anlerntätigkeit als Telefonistin auszuüben. Zwar könnte die Klägerin auf Grund der Meisterqualifikation und der im Friseurhandwerk bedeutsamen Kontaktfähigkeit zu Kunden über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen, um eine solche Tätigkeit auf Anlernebene auszuüben. Es handelt sich dabei aber um eine Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen ausgeübt wird. In Stoßzeiten, die regelmäßig vorkommen, ist ein etwa zweistündiges ununterbrochenes Sitzen notwendig. Dazu ist die Klägerin auf Grund der bestehenden chronisch venösen Insuffizienz mit Zustand nach Ulcus cruris bei Zustand nach dreimaliger Krampfaderoperation in Kombination mit dem extremen Übergewicht aus den o.g. Gründen nicht mehr in der Lage.
Die Klägerin ist auch nicht mehr in der Lage, im Bürobereich eine Tätigkeit auf Anlernebene zu verrichten. Zwar hat sie 1980 die Meisterprüfung abgelegt. Sie hat jedoch seit 1986 als einfache Gesellin gearbeitet. Die im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Meisterin verfügbaren Kenntnisse und Fähigkeiten sind seitdem weitgehend versandet. Die Einarbeitungszeit für eine Bürotätigkeit auf Anlernebene würde deshalb drei Monate übersteigen. Auch andere Verweisungstätigkeiten, die zumindest der Anlernebene zuzuordnen sind, können nicht benannt werden.
Die vor dem 2. Januar 1961 geborene Klägerin ist damit berufsunfähig. Sie erfüllt auch die sonstigen Voraussetzungen (vgl. § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI), weil sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Da der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und nach dem auch insoweit überzeugenden Gutachten des Dr. La von einer dauerhaften Einschränkung des Leistungsvermögens auszugehen ist, ist die Rente gemäß § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI unbefristet zu leisten. Die die Berufsunfähigkeit bedingende Einschränkung des Leistungsvermögens besteht seit etwa Anfang des Jahres 2002. Die Klägerin hat die Rente am 18. September 2002 und damit nicht bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Rente beginnt daher gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI von dem Kalendermonat an, in dem sie beantragt wurde (1. September 2002).
Die Berufung war zurückzuweisen, soweit die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung geltend gemacht hat. Der Senat geht dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. La folgend davon aus, dass die Klägerin noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Gutachten des Dr. La steht insoweit im Einklang mit allen im Verwaltungsverfahren sowie im sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten. Auch im Berufungsverfahren konnten keine Gesundheitsstörungen festgestellt werden, die der Verrichtung leichter Arbeiten im Umfang von sechs Stunden täglich entgegenstehen könnten. Die Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. La wird durch die im Gutachten wiedergegebenen Schilderungen der Klägerin zum Tagesablauf bestätigt. Danach setzt sich die Klägerin durchgehend Belastungen aus, die zumindest den Anforderungen an eine leichte körperliche Tätigkeit entsprechen. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Es kommt im vorliegenden Zusammenhang also nicht auf die Chancen der Klägerin an, einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden freien Arbeitsplatz zu finden. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Insbesondere ist die Klägerin noch in der Lage, Anmarschwege von mehr als 500 m innerhalb von jeweils etwa 20 Minuten von und zu einer Arbeitsstelle zurückzulegen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Auf der Ebene des allgemeinen Arbeitsmarktes könnte die Klägerin z.B. noch einfache leichte Prüf- und Kontrollarbeiten ausführen. Auch einfache leichte Pack- und Sortierarbeiten könnte die Klägerin nach dem auch insoweit überzeugenden Gutachten des berufskundigen Sachverständigen Ka im Zeitlohn verrichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG und berücksichtigt, dass der Rentenartfaktor der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung 1,0 beträgt, während der Rentenartfaktor der der Klägerin zustehenden Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nur 0,5 beträgt, so dass die der Klägerin zustehende Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die Hälfte des Betrages der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung erreicht (vgl. § 67 Nr. 2, Nr. 3 SGB VI).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren hat.
Die 1948 geborene Klägerin hat von 1964 bis 1967 eine Ausbildung zur Friseurin mit Erfolg abgeschlossen und danach im erlernten Beruf gearbeitet. 1980 hat sie die Meisterprüfung abgelegt und anschließend bis 1986 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als selbstständige Friseurin ausgeübt. Von 1986 bis Ende des Jahres 2001 war sie als Friseurin - zuletzt vom 1. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 2001 bei der Firma H - abhängig beschäftigt. Seitdem ist sie ohne Beschäftigung.
Die Klägerin ist behindert mit einem Grad der Behinderung von 60 sowie dem Merkzeichen "G".
Nach Einholung eines Gutachtens des Arztes für innere Medizin Dr. F vom 21. Mai 2002 sowie eines Gutachtens des Arztes für Orthopädie Dr. R vom 15. Mai 2002 gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 25. Juni 2002 bis zum 16. Juli 2002 eine Heilbehandlungsmaßnahme im Klinikum H S , Bad M.
Am 18. September 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte wertete die aus dem Heilbehandlungsverfahren vorliegenden medizinischen Unterlagen aus und lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 28. Oktober 2002 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Klägerin leide an einer Beinvenenschwäche mit Blutumlaufstörungen und langsam abheilendem Geschwür im rechten Knöchelbereich, Übergewicht mit Bluthochdruck und Zuckerstoffwechselstörung sowie einer Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen an Bandscheiben und Wirbeln sowie chronischer Überlastung durch Übergewicht. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne sie zwar nicht mehr den erlernten Beruf als Friseurin ausüben. Sie sei jedoch noch in der Lage, eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Rezeptionistin im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte zur Begründung im Wesentlichen geltend, dass ihr die Ausübung der benannten Verweisungstätigkeit als Rezeptionistin auf Grund der vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht zumutbar sei. Es fehle an der erforderlichen psychischen Belastbarkeit. Sie sei durch den behinderten Ehemann einer erheblichen psychosozialen Belastung ausgesetzt. Der Ausübung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stehe auch entgegen, dass sie wegen der operativ behandelten Varikosis beider Beine bei Zustand nach Thrombose nicht mehr in der Lage sei, eine Wegstrecke von mehr als 500 m zurückzulegen.
Daraufhin veranlasste die Beklagte das weitere Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. R vom 24. Juni 2003 sowie das Gutachten des Arztes für innere Medizin Dr. K vom 25. Juni 2003. Nach Einholung prüfärztlicher Stellungnahmen des Dr. W vom 21. Mai 2003, vom 2. Juli 2003 und vom 13. November 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2003 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Klägerin leide an
1. hochgradigem Übergewicht bei mit Tabletten behandelter Zuckerstoffwechselstörung und Belastungsluftnot, 2. chronisch venöser Abflussstörung am rechten Bein, eingetretener Abheilung eines früheren Unterschenkelgeschwürs, 3. medikamentös behandeltem Bluthochdruck mit erhöhten Werten in der Untersuchungssituation, 4. Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen an Bandscheiben und Wirbelgelenken und chronischer Überlastung infolge Übergewichts, Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule mit Neigung zu schmerzhaften Muskelverspannungen und mit Schmerzausstrahlung in die Schultern, 5. Funktionseinschränkung beider Kniegelenke bei Verschleiß des Knorpelgewebes, 6. angegebener Harninkontinenz 1. Grades, 7. milde verlaufendem Bronchialasthma, sowie 8. depressiver Verstimmung, Klimakterium.
Auf Grund der Gesundheitsstörungen sei das Leistungsvermögen auf leichte Arbeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr überwiegend im Sitzen und Gehen, zeitweise im Stehen, ohne Akkord, ohne Nachtschicht, nicht in Kälte, Nässe, Zugluft oder Hitze, ohne Gefährdung durch Atemwegsreizstoffe, ohne ständige Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, häufiges Klettern oder Steigen, ohne Knien oder Hocken, ohne längere Anmarschwege (zumutbar 1200 m) eingeschränkt. Im Zusammenhang mit einer im Juli 2003 durchgeführten Bandscheibenoperation mit anschließender Heilbehandlung in der Fachklinik A sei keine darüber hinausgehende Einschränkung des Leistungsvermögens eingetreten. Die Klägerin sei damit sowohl gesundheitlich als auch sozial zumutbar auf die Ausübung einer Tätigkeit als Rezeptionistin verweisbar. Damit sei sie nicht berufsunfähig und erst recht nicht erwerbsunfähig.
Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 7. Januar 2004 vor dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage gewandt und zur Begründung insbesondere geltend gemacht, dass sie neben den im angefochtenen Bescheid genannten Diagnosen an zahlreichen weiteren Erkrankungen, u.a. einer schweren psychovegetativen Störung lei- de. Sie sei nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie bedürfe intensiver hausärztlicher, psychiatrischer, internistischer, neurologischer und neuro-chirurgischer Behandlung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts einen Befund- und Behandlungsbericht des Arztes für Orthopädie Dr. Sa vom 15. September 2004 sowie einen Befund- und Behandlungsbericht des Arztes für innere Medizin Dr. Aa vom 17. Mai 2004, dem weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren, eingeholt.
In der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2005 hat das Sozialgericht den Arzt für Orthopädie Dr. Hb sowie den Arzt für innere Medizin Dr. G als medizinische Sachverständige sowie den Verwaltungsbeamten L als berufskundigen Sachverständigen gehört.
Mit Urteil vom 23. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil sie weder voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sei. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Erforderlich sei ein Arbeitsplatz mit Positionswechsel von Sitzen zum Stehen, von Stehen zum Sitzen und zum Gehen nach etwa einer Stunde. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie ständiges Treppensteigen, Arbeiten in ungünstiger Körperposition mit ständigem Stehen oder vornüber geneigt seien ebenfalls nicht möglich. Auszuschließen seien Arbeiten mit Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten ohne technische Hilfsmittel. Weiterhin dürfe die Klägerin nicht in Nacht- und Wechselschicht tätig sein. Sie benötige innerhalb eines Arbeitstages regelmäßige Pausen, die jedoch nicht über das betriebsübliche Maß hinausgehen müssten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit läge nicht vor. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens beruhe auf folgenden Feststellungen zu den Beschwerden und zu den Gesundheitsstörungen der Klägerin: Auf orthopädischem Fachgebiet bestünden belastungsabhängige Schmerzen an der Wirbelsäule und den Kniegelenken ohne röntgenologisch das altersübliche Maß übersteigende Verschleißveränderungen und ohne Nervenwurzelreizerscheinungen seitens des operierten Bandscheibensegments oder eines anderen Bewegungssegments an der Lendenwirbelsäule. Auf internistischem Fachgebiet bestünde ein metabolisches Syndrom mit Diabetes mellitus Typ II B, arteriellem Hypertonus, Hyperlipoproteinämie und eine Adipositas permagna. Außerdem lägen chronische Lumboischialgien bei Zustand nach Bandscheibenvorfall und Operation einer chronisch venösen Insuffizienz mit Zustand nach Ulcus cruris bei Zustand nach dreimaliger Krampfaderoperation vor. Bedingt durch diese Erkrankungen könne die Klägerin keine Wechselschichten, insbesondere keine Nachtschichten verrichten. Zusätzlich benötige sie regelmäßige Pausen innerhalb eines 8-Stundentages, um die erforderlichen Mahlzeiten zu sich nehmen zu können und ihren Blutzucker zu kontrollieren und gegebenenfalls medikamentös zu korrigieren. Über das betriebsübliche Maß hinausgehende Pausen seien jedoch unter der derzeitigen Medikation nicht erforderlich. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen sei die Klägerin weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Denn sie sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sie sei mit dem festgestellten Leistungsvermögen imstande, als Rezeptionistin im Friseursalon zu arbeiten. Rezeptionistinnen hätten u.a. die Aufgabe, Termine zu vereinbaren, die Arbeitseinteilung vorzunehmen, Kunden zu empfangen, diese während des Aufenthaltes im Salon zu betreuen, die Kundenkartei zu führen, Haarpflege und Kosmetikartikel zu verkaufen sowie Reklamationen entgegenzunehmen und weiterzuleiten. Bundesweit seien etwa 10.000 Betriebsstätten vorhanden, die von ihrer Größe her prinzipiell für die Beschäftigung einer Rezeptionistin in Betracht kämen. Es gäbe etwa 600 ausgesprochene Großbetriebe. Die Ausübung einer Tätigkeit als Rezeptionistin erfordere in erster Linie Kontaktfähigkeit, Verhandlungsgeschick, sprachliches Ausdrucksvermögen, Einfühlungsvermögen und Flexibilität im Umgang mit Kunden und erst in zweiter Linie branchenspezifische Kenntnisse. Diese Tätigkeiten stellten eine leichte Arbeit dar, bei der die weiteren genannten qualitativen Einschränkungen eingehalten werden könnten. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Anspruch setze das Vorliegen von Berufsunfähigkeit voraus. Die Klägerin sei in dem von der Rechtsprechung entwickelten Stufenschema der Stufe mit dem Leitbild der Facharbeiterin zuzuordnen. Sie sei zwar nicht mehr in der Lage, ihre bisherige Tätigkeit als Friseurin auszuüben, da ständig am Kunden in überwiegend einseitiger Körperhaltung gearbeitet werde. Diese Tätigkeit sei mit dem festgestellten Leistungsvermögen nicht vereinbar. Gleichwohl sei die Tätigkeit als Rezeptionistin in Friseursalons vom Leistungsvermögen her und auch von der sozialen Wertigkeit her zumutbar. Zwar existiere im Friseurhandwerk kein für allgemein verbindlich erklärter Tarifvertrag. Es seien jedoch Tarifregelungen und -empfehlungen verschiedener Landesbezirke vorhanden. Mitarbeiterinnen an der Rezeption würden unterschiedlich eingeordnet und je nach Funktionsbereich auf Gesellenebene, auf Anlernebene oder mit 80 % des Ecklohns vergütet. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen und Hamburg erfolge die Entlohnung auf Facharbeiterebene, wenn eine Fachausbildung vorhanden sei. Damit wären der Klägerin diese Arbeiten auch zumutbar, wenn sie der Meisterebene zuzuordnen wäre. An der Zugehörigkeit zur genannten höchsten Gruppe im Stufenschema bestünden allerdings Zweifel, weil die Klägerin nur selten aufsichtsführend oder verwaltend tätig gewesen sei.
Gegen dieses Urteil des Sozialgerichts Kiel, das am 19. April 2005 an die Klägerin abgesandt wurde, wendet sich diese mit der am 6. Mai 2005 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei sie nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Rezeptionistin im Friseursalon auszuüben. Diese Tätigkeit sei ihr weder vom Leistungsvermögen noch von der sozialen Wertigkeit her zumutbar. Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt habe, könne sie nur an einem Arbeitsplatz tätig sein, an dem sie einen Positionswechsel vom Sitzen zum Stehen, vom Stehen zum Sitzen oder zum Gehen nach etwa einer Stunde vornehmen könne. Ein solcher Positionswechsel sei mit der Tätigkeit einer Rezeptionistin, die überwiegend im Stehen verrichtet werde, nicht zu vereinbaren. Außerdem benötige sie innerhalb eines 8-Stunden-Tages regelmäßige Pausen, die über das betriebsübliche Maß hinausgingen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie ihre Tätigkeit nicht nur unterbrechen müsse, um wegen des Diabetes regelmäßig Mahlzeiten einnehmen zu können und den Blutzucker zu kontrollieren und ggf. auch medikamentös zu korrigieren, sondern sie benötige zusätzliche Arbeitspausen wegen einer Harninkontinenz. Wegen der Vielzahl der Funktionseinschränkungen sei ihr der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen oder besonders erschwert, weil sie Arbeiten nur noch unter Bedingungen ausführen könne, die von den betrieblich üblichen Bedingungen stark abwichen. Eine Tätigkeit als Rezeptionistin sei ihr auch sozial nicht zumutbar. Zwar sei sie nur selten aufsichtsführend oder verwaltend tätig gewesen. Es bestünden aber keine Zweifel daran, dass sie die Meisterebene erreicht habe und in dieser Funktion auch tätig gewesen sei. Wegen der geltend gemachten Harninkontinenz nimmt die Klägerin Bezug auf ein Attest der Ärztin für Urologie Hc vom 15. April 2005.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr seit dem 1. September 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen Urteils sowie den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Der Senat hat eine Auskunft bei dem letzten Arbeitgeber der Klägerin, der Firma Friseur H vom 29. Oktober 2005 sowie das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. La vom 27. Januar 2006 eingeholt. Wegen des Inhalts der Auskunft des Arbeitgebers wird auf Bl. 110 bis Bl. 112 der Gerichtsakte und wegen des Inhalts des Gutachtens des Dr. La auf Bl. 120 bis Bl. 159 der Gerichtsakte Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2006 hat der Senat den Sachverständigen Dr. La zur Erläuterung seines Gutachtens gehört und den Verwaltungsbeamten Ka als berufskundigen Sachverständigen vernommen. Insoweit wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte haben dem Senat vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz SGG ). Sie ist auch fristgerecht eingelegt. Zwar ist dem von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandten Empfangsbekenntnis nicht das Datum des Zugangs des sozialgerichtlichen Urteils zu entnehmen. Da das Urteil jedoch am 19. April 2005 von der Geschäftsstelle des Sozialgerichts abgesandt und die Berufung am 6. Mai 2005 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt worden ist, ist die Frist von einem Monat gemäß § 151 Abs. 1 SGG jedenfalls gewahrt.
Die Berufung ist auch begründet, soweit die Klägerin die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt, war die Berufung zurückzuweisen, weil die Klägerin zwar berufsunfähig, aber nicht voll erwerbsgemindert ist.
Der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit richtet sich nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) mit Wirkung zum 1. Januar 2001 geänderten Fassung, weil die Klägerin Leistungen für die Zeit nach dem 1. Januar 2001 begehrt (vgl. § 300 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI).
Nach § 240 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach Abs. 2 der Vorschrift Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die vor dem 2. Januar 1961 geborene Klägerin ist als berufsunfähig in diesem Sinne anzusehen. Sie ist zwar noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Sie kann dabei jedoch nur noch leichte körperliche Arbeiten ohne gehäufte Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltungen und Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Hocken, Knien, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit Erfordernis von erhöhter Standfestigkeit, ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Wechselschichten und Nachtarbeit sowie ohne Arbeiten unter Zeitdruck zu verrichten. Kurze Unterbrechungen der Arbeitsschichten sind notwendig, um erforderliche Mahlzeiten zu sich zu nehmen und den Blutdruck zu kontrollieren und gegebenenfalls medikamentös einzustellen. Die Klägerin kann keine Tätigkeiten überwiegend im Stehen verrichten. Bei sitzender Tätigkeit ist darauf zu achten, das Hüftgelenk über Kniegelenk auf dem Stuhl positioniert wird, um den venösen Abfluss nicht unnötig zu gefährden. Das Tragen von Kompressionsstrümpfen wäre prinzipiell anzuraten, ist wegen des gravierenden Übergewichts technisch aber kaum realisierbar. Günstiger sind Tätigkeiten, die einen Wechsel von Gehen, Stehen oder Sitzen ermöglichen, wobei ein konkreter Rhythmus nicht vorzuschreiben wäre. Tätigkeiten, die mit längerem Sitzen (im Umfang von zwei Stunden) ohne die Möglichkeit der Unterbrechung durch gehende und stehende Tätigkeit verbunden sind, kann die Klägerin nicht mehr verrichten.
Die genannte Einschränkung des Leistungsvermögens auf leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr mit den zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist zum einen Folge orthopädischer Erkrankungen in Gestalt einer kombinierten Formabweichung der Wirbelsäule mit ausgeprägter statisch-muskulärer Insuffizienz, verformenden Veränderungen an Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule nach durchgeführter Bandscheibenoperation LWK 4/5 mit sensiblen Residuen im linken Bein ohne aktuelle Nervenwurzelreizerscheinungen oder Nervenausfälle, einem Verschleißleiden des linken mehr als des rechten Kniegelenks mit belastungsabhängigen Beschwerden ohne bedeutsame Bewegungseinschränkungen und auf internistischem Fachgebiet einem metabolischen Syndrom (Bluthochdruck, Übergewicht, Zuckerkrankheit, Adipositas permagna), das medikamentös ausreichend kompensiert ist sowie eine chronisch-venöse Insuffizienz mit Zustand nach Ulcus cruris nach dreimaliger Krampfader-Operation. Der erforderliche Wechsel der Körperhaltung ist zum einen wegen der Erkrankung der Wirbelsäule in Kombination mit dem exzessiven Übergewicht (Körpergewicht von über 130 kg bei einer Körpergröße von etwa 162 cm) und dem beginnenden Kniegelenksverschleiß, vor allem aber wegen der bestehenden Erweiterung des Venengeflechts erforderlich. Bei der Klägerin bestehen am rechten Unterschenkel abgeheilte Narben nach durchlaufenem Ulcus cruris sowie eine Seitenastvarikosis mit leichter Überwärmung einer oberflächlich liegenden Vene im Bereich des linken Kniegelenks. An den Unterschenkeln bestehen trophische Störungen bei Krampfaderleiden. Das der Klägerin anzuratende Tragen von Kompressionsstrümpfen ist in Zusammenhang mit dem gravierenden Übergewicht technisch kaum realisierbar. Die Klägerin ist deshalb nur in der Lage, Tätigkeiten auszuüben, die einen gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen. Bei überwiegend sitzender Tätigkeit muss die Möglichkeit bestehen, gelegentlich aufzustehen.
Die genannten Feststellungen zu den bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen und dem daraus folgenden Leistungsvermögen trifft der Senat auf Grund des überzeugenden Gutachtens des Arztes für Orthopädie Dr. La sowie des auf Veranlassung des Sozialgerichts erstatteten Gutachtens des Arztes für innere Medizin Dr. G. Die Sachverständigen haben die aktenkundigen medizinischen Unterlagen erkennbar vollständig ausgewertet und sich so ein umfassendes Bild vom Leistungsvermögen der Klägerin machen können und dieses in ihren Gutachten nachvollziehbar dargestellt. Der Sachverständige Dr. La , der ergänzend auf das Gutachten des Dr. G Bezug genommen hat, ist dem Senat als sachkundig und erfahren auf sozialmedizinischem Gebiet bekannt. An seiner Glaubwürdigkeit bestehen keine Zweifel. Insbesondere hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage ist, Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder mit ausgedehnten Sitzphasen im Umfang von bis zu zwei Stunden zu verrichten. Insofern folgt der Senat der Beurteilung durch das Sozialgericht, das von der Erforderlichkeit eines Positionswechsels vom Sitzen zum Stehen, vom Stehen zum Sitzen oder zum Gehen nach etwa einer Stunde ausgegangen ist. Das Vorliegen einer ausgeprägten venösen Abflussstörung am rechten Bein ist bereits in dem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten des Dr. K vom 25. Juni 2003 diagnostiziert worden. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Klägerin auf Grund dieser Erkrankung in Kombination mit dem gravierenden Übergewicht und der Funktionseinschränkungen insbesondere im Bereich der Achsorgane nur noch Tätigkeiten verrichten kann, die einen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, weil ihr berufliches Leistungsvermögen für die Ausübung einer ihr nach § 240 Abs. 2 SGB VI sozial zumutbaren Tätigkeit auf weniger als sechs Stunden gesunken ist.
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der vom Versicherten ausgeübte "bisherige Beruf" (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1989 5 RJ 49/88 SozR 2200 § 1246 Nr. 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1989 5/5b RJ 78/87 SozR 2200 § 1246 Nr. 164). Zwar hat die Klägerin 1980 die Meisterprüfung abgelegt und bis 1986 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als selbstständige Friseurin ausgeübt. Gleichwohl ist ihr bisheriger Beruf nicht der der Friseurmeisterin, weil sie nach 1986 langjährig und bis zur Beendigung ihrer beruflichen Tätigkeit als Friseurin abhängig beschäftigt war. Sie hatte nach der vorliegenden Auskunft ihres letzten Arbeitgebers keine herausgehobene Stellung inne und wurde nicht anders vergütet als die anderen Friseurinnen, die keine Meisterprüfung abgelegt hatten. Die Qualifikation als Meisterin war danach auch keine Voraussetzung für die Einstellung der Klägerin.
Ihren bisherigen Beruf als Friseurin kann die Klägerin bereits deshalb nicht mehr ausüben, weil diese Tätigkeit mit lang andauernden Zwangshaltungen, Belastungen der vom Körper abgewandten Arme und längerem Stehen verbunden ist. Darüber besteht zwischen den Beteiligten im Ergebnis Einvernehmen.
Die Klägerin ist auch nicht mehr in der Lage, eine ihr sozial zumutbare Verweisungstätigkeit auszuüben. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung ist in der Rechtsprechung ein Stufenschema entwickelt worden. Danach sind die Berufsgruppen ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion und des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstige Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG, Urteil vom 9. September 1986 5b RJ 82/85 SozR 2200 § 1246 Nr. 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, die es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 1993 13 RJ 33/92 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 1990 5 RJ 46/89 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Die Klägerin ist danach der Stufe mit dem Leitbild der Facharbeiterin zuzuordnen. Die von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren geltend gemachte Zuordnung zur höchsten Stufe im o.g. Stufenschema kommt auf Grund der seit 1986 bis zur Aufgabe der Berufstätigkeit Ende des Jahres 2001 ausgeübten Tätigkeit als einfache Friseurin nicht in Betracht, weil sie sich - soweit sie in der Zeit der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit von 1980 bis 1986 der höchsten Stufe zuzuordnen gewesen sein sollte - davon jedenfalls gelöst hat und nachfolgend aus anderen als gesundheitlichen Gründen langjährig als einfache Friseurin tätig war.
Auf Grund der Zuordnung zur Stufe mit dem Leitbild der Facharbeiterin ist die Klägerin nur auf Tätigkeiten verweisbar, die zumindest der Gruppe mit dem Leitbild der angelernten Arbeiterin zuzuordnen sind. Derartige Tätigkeiten können nicht benannt werden. Das Sozialgericht ist ebenso wie die Beklagte im Verwaltungsverfahren davon ausgegangen, dass die Klägerin noch in der Lage wäre, eine Tätigkeit als Rezeptionistin auszuüben. Tätigkeiten als Rezeptionistin werden jedoch überwiegend im Stehen verrichtet. Zur Ausübung einer überwiegend stehenden Tätigkeit ist die Klägerin aus den o.g. Gründen nicht mehr in der Lage. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob dem berufskundigen Sachverständigen Ka folgend davon auszugehen ist, dass es für Rezeptionistinnen keinen auf eine Ganztagsbeschäftigung ausgerichteten Arbeitsmarkt mehr gibt.
Ferner ist die Klägerin nicht in der Lage, eine Anlerntätigkeit als Telefonistin auszuüben. Zwar könnte die Klägerin auf Grund der Meisterqualifikation und der im Friseurhandwerk bedeutsamen Kontaktfähigkeit zu Kunden über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen, um eine solche Tätigkeit auf Anlernebene auszuüben. Es handelt sich dabei aber um eine Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen ausgeübt wird. In Stoßzeiten, die regelmäßig vorkommen, ist ein etwa zweistündiges ununterbrochenes Sitzen notwendig. Dazu ist die Klägerin auf Grund der bestehenden chronisch venösen Insuffizienz mit Zustand nach Ulcus cruris bei Zustand nach dreimaliger Krampfaderoperation in Kombination mit dem extremen Übergewicht aus den o.g. Gründen nicht mehr in der Lage.
Die Klägerin ist auch nicht mehr in der Lage, im Bürobereich eine Tätigkeit auf Anlernebene zu verrichten. Zwar hat sie 1980 die Meisterprüfung abgelegt. Sie hat jedoch seit 1986 als einfache Gesellin gearbeitet. Die im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Meisterin verfügbaren Kenntnisse und Fähigkeiten sind seitdem weitgehend versandet. Die Einarbeitungszeit für eine Bürotätigkeit auf Anlernebene würde deshalb drei Monate übersteigen. Auch andere Verweisungstätigkeiten, die zumindest der Anlernebene zuzuordnen sind, können nicht benannt werden.
Die vor dem 2. Januar 1961 geborene Klägerin ist damit berufsunfähig. Sie erfüllt auch die sonstigen Voraussetzungen (vgl. § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI), weil sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Da der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und nach dem auch insoweit überzeugenden Gutachten des Dr. La von einer dauerhaften Einschränkung des Leistungsvermögens auszugehen ist, ist die Rente gemäß § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI unbefristet zu leisten. Die die Berufsunfähigkeit bedingende Einschränkung des Leistungsvermögens besteht seit etwa Anfang des Jahres 2002. Die Klägerin hat die Rente am 18. September 2002 und damit nicht bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Rente beginnt daher gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI von dem Kalendermonat an, in dem sie beantragt wurde (1. September 2002).
Die Berufung war zurückzuweisen, soweit die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung geltend gemacht hat. Der Senat geht dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. La folgend davon aus, dass die Klägerin noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Gutachten des Dr. La steht insoweit im Einklang mit allen im Verwaltungsverfahren sowie im sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten. Auch im Berufungsverfahren konnten keine Gesundheitsstörungen festgestellt werden, die der Verrichtung leichter Arbeiten im Umfang von sechs Stunden täglich entgegenstehen könnten. Die Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. La wird durch die im Gutachten wiedergegebenen Schilderungen der Klägerin zum Tagesablauf bestätigt. Danach setzt sich die Klägerin durchgehend Belastungen aus, die zumindest den Anforderungen an eine leichte körperliche Tätigkeit entsprechen. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Es kommt im vorliegenden Zusammenhang also nicht auf die Chancen der Klägerin an, einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden freien Arbeitsplatz zu finden. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Insbesondere ist die Klägerin noch in der Lage, Anmarschwege von mehr als 500 m innerhalb von jeweils etwa 20 Minuten von und zu einer Arbeitsstelle zurückzulegen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Auf der Ebene des allgemeinen Arbeitsmarktes könnte die Klägerin z.B. noch einfache leichte Prüf- und Kontrollarbeiten ausführen. Auch einfache leichte Pack- und Sortierarbeiten könnte die Klägerin nach dem auch insoweit überzeugenden Gutachten des berufskundigen Sachverständigen Ka im Zeitlohn verrichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG und berücksichtigt, dass der Rentenartfaktor der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung 1,0 beträgt, während der Rentenartfaktor der der Klägerin zustehenden Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nur 0,5 beträgt, so dass die der Klägerin zustehende Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die Hälfte des Betrages der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung erreicht (vgl. § 67 Nr. 2, Nr. 3 SGB VI).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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