Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 27 RA 227/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 137/05
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Bescheide vom 04.11.1998 und 23.01.2001 sowie der Widerspruchsbescheid vom 06.07.2001 werden aufgehoben, soweit darin Sozialversicherungsbeiträge wegen Versicherungspflicht von Pianisten nachgefordert werden.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen. Streitig ist, ob die bei ihr beschäftigten Hotelpianisten ihre Tätigkeit selbständig oder im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübten.
Die Beklagte führte am 27.07. und 28.07.1998 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfung umfasste den Zeitraum vom 01.12.1993 bis zum 31.12.1997. Der Prüfer beanstandete unter anderem die Behandlung der bei der Klägerin tätigen Pianisten und vertrat die Auffassung, dass deren Tätigkeit versicherungspflichtig sei (Protokoll der Schlussbesprechung am 28.07.1998).
Die Pianisten sorgten bei der Klägerin in der Hotelbar für die musikalische Unterhaltung der Hotelgäste. Die Klägerin behandelte sie als freie Mitarbeiter und zahlte daher keine Sozialversicherungsbeiträge. Ansprüche auf Urlaub bestanden nicht. Ebenso wenig gab es eine Vergütungsfortzahlung. Die Laufzeit der "freien Mitarbeiterverträge" betrug jeweils zwischen einem Monat und einem halben Jahr. Während dieser Zeit waren die Pianisten im Rahmen einer wöchentlichen Regelarbeitszeit dazu verpflichtet, in bestimmten Mittags- und Abendstunden ein abwechslungsreiches musikalisches Programm am Klavier durchzuführen. Für diese musikalische Tätigkeit erhielten sie in der Regel eine monatliche Vergütung in Höhe von 3500,00 DM. Darüber hinaus war vereinbart, dass für den Fall der Verhinderung ein Ersatzpianist zu stellen war. Die Pianisten hatten im Smoking aufzutreten und die Lautstärke der Darbietungen den örtlichen Gegebenheiten anzupassen,sowie – gegebenenfalls auf Wunsch des Barleiters oder seines Assistenten – entsprechend zu ändern. Außerdem waren Pausenzeiten geregelt sowie der Umfang der zu gewährenden Verköstigung. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Vertragsunterlagen Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 04.11.1998 errechnete die Beklagte zunächst – auch wegen anderer hier nicht streitiger Beanstandungen – eine Gesamtforderung in Höhe von 51.727,04 DM, welche mit Bescheid vom 23.01.2001 auf 48.200,76 DM reduziert wurde.
Die hier zwischen den Beteiligten streitige Forderung bezüglich der von der Beklagten angenommenen Versicherungspflicht der Hotelpianisten belief sich auf 41.401,16 DM.
Wegen der näheren Einzelheiten – auch zur zwischen den Beteiligten nicht streitigen Berechnung der jeweiligen Höhe der angenommenen Beiträge – wird auf den Inhalt der genannten Bescheide verwiesen.
Die Klägerin erhob gegen diese Bescheide Widerspruch und machte geltend, dass Grundlage der Beschäftigung der Hotelpianisten ein freier Mitarbeitervertrag sei. Die Pianisten würden ihr Programm selbst zusammenstellen, es gebe keine Einzelanordnungen, die vereinbarten zeitlichen Vorgaben würden sich aus der Natur der Sache ergeben. Wegen der näheren Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf den Inhalt der Widerspruchsbegründung vom 02.12.1998 sowie der weiteren zu den Akten gereichten Schriftsätze der Klägerin Bezug genommen. Die Beklagte konnte der Argumentation der Klägerin – über die mit Bescheid vom 23.01.2001 hinausgehenden Änderungen – nicht folgen und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2001 im Übrigen zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Pianisten eine Weisungsgebundenheit sowie Eingliederung in den Hotelbetrieb anzunehmen sei. Auch hier wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung verwiesen.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und legt noch einmal die tatsächlichen Bedingungen der Tätigkeit der Hotelpianisten ausführlich dar. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags wird auf den Inhalt der von ihr zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 04.11.1998 in der Gestalt des Bescheides vom 23.01.2001 sowie des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2001 aufzuheben, soweit darin die Versicherungspflicht für den Personenkreis der Pianisten zu allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei der getroffenen Feststellung und geht nach wie vor von einer abhängigen Beschäftigung der Hotelpianisten aus (Schriftsätze vom 01.11.2001, 25.02.2002, 14.05.2004, 24.08.2004 und 08.12.2004).
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt (Niederschrift vom 22.05.2003) sowie die Künstlersozialkasse beigeladen (Beschluss vom 07.10.2004). Diese hat keinen eigenen Antrag gestellt, sich aber inhaltlich – unter Berücksichtigung des Urteils des LSG (Landessozialgericht) Rheinland-Pfalz - L 5 KR 130/00 - vom 13.09.2001 – vollumfänglich den Ausführungen der Klägerin angeschlossen (Schriftsatz vom 19.10.2001).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den restlichen Inhalt der Streit- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Auch dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die von der Beklagten getroffene Entscheidung hinsichtlich der Versicherungspflicht der bei der Klägerin tätigen Hotelpianisten ist rechtswidrig. Soweit die Klägerin dadurch beschwert ist, sind die Verwaltungsakte daher aufzuheben (§ 54 Abs. 1 SGG (Sozialgerichtsgesetz)).
Die bei der Klägerin tätigen Hotelpianisten übten ihr Engagement nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sondern als selbständig Tätige aus. Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Gerichts aus dem Gesamtergebnis des Verwaltungs- und Streitverfahrens.
Ob die Pianisten selbständig tätig waren oder bei der Klägerin jeweils in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis standen, richtet sich nach den von der Rechtsprechung für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herausgearbeiteten Grundsätzen. Danach ist für die Wertung einer Beschäftigung als abhängig ausschlaggebend, dass sie in persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird. Diese äußert sich regelmäßig in der Eingliederung des Beschäftigten in einem fremden Betrieb, sei es, dass er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffendem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, dass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Arbeitgebers teil hat. Dem gegenüber kennzeichnen eine selbständige Tätigkeit das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Weist im Einzelfall eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit wie der Selbständigkeit auf, so kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen. Grundlage der Beurteilung sind dabei die tatsächlichen Verhältnisse. Die in einer vertraglichen Vereinbarung gewählte Bezeichnung oder rechtliche Einordnung einer Tätigkeit ist dagegen nicht maßgebend, wenn sie davon abweicht (vgl. zum Ganzen – statt vieler – nur das Urteil des BSG (Bundessozialgericht) - B 3 KR 2/98 R – vom 28.01.1999 sowie Schmidt/Schwerdtner, Scheinselbständigkeit, 2. Auflage 2000, S. 155 bis 156, Teil B, Rn. 524 bis 526 – jeweils m.w.N.).
Nach den hier vorliegenden Verhältnissen waren die Hotelpianisten nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Gegen eine solche Eingliederung spricht schon, dass sich die Pianisten vertraglich nicht für einen längeren Zeitraum an das Hotel gebunden haben. Nach Ende des Engagement – welches jeweils nur wenige Monate dauerte – waren die Pianisten anderweitig und nicht für die Klägerin tätig. Die Pianisten stellten im Rahmen ihres Engagement für die Klägerin auch nicht ihre gesamte Arbeitsleistung zur Verfügung. Vielmehr waren sie nur verpflichtet, zu den vereinbarten Zeiten aufzutreten. Im Übrigen stand es ihnen frei, anderweitig tätig zu sein. Auch das in den Verträgen teilweise ausgesprochene Wettbewerbsverbot ändert hieran nichts. Hierin war nämlich eine Tätigkeit als Pianist nicht grundsätzlich untersagt, sondern nur eine solche für Unternehmen, welche mit der Klägerin in Wettbewerb standen.
Die Pianisten trugen auch ein eigenes Unternehmerrisiko und traten unternehmerisch am Markt auf. Die vereinbarte Gage wurde nur dann gezahlt, wenn sie auch tatsächlich auftraten bzw. im Verhinderungsfall gleichwertigen Ersatz stellten. Urlaubsgeld oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall war ausdrücklich ausgeschlossen. Auch war es der Klägerin nicht möglich, innerhalb bestimmter zeitlicher Vorgaben über die Arbeitsleistung der Pianisten zu verfügen. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet worden wäre oder die Pianisten ohne Abschluss entsprechender Vereinbarungen zur Arbeit hätten herangezogen werden können (so auch LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Dies war aber nicht der Fall. Vielmehr waren die Pianisten lediglich verpflichtet, zu den genau vereinbarten Zeiten in den regelmäßig konkret vereinbarten Hoteleinrichtungen aufzuspielen. Art und Auswahl der Darbietung blieben in jedem Fall ihrer Gestaltungsfreiheit überlassen. Ein auf die Arbeitnehmereigenschaft der Pianisten hindeutendes Weisungsrecht ergibt sich – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht daraus, dass sich diese in einzelnen Verträgen ausdrücklich verpflichtet hatten, die Lautstärke der Darbietungen – gegebenenfalls nach Anweisung durch den Barchef – anzupassen (ebenso LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Dies ergibt sich aus der Natur der Sache und ist für jeden Unterhaltungsmusiker eine solche Selbstverständlichkeit, dass eine entsprechende ausdrückliche Regelung nicht wirklich erforderlich ist. Entsprechendes gilt auch für die vereinbarte angemessene Auftrittskleidung (so schon LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. § 197 a SGG in der ab dem 02.01.2002 geltenden Fassung ist nicht anzuwenden (Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG (Sechstes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes) vom 17.08.2001.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen. Streitig ist, ob die bei ihr beschäftigten Hotelpianisten ihre Tätigkeit selbständig oder im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübten.
Die Beklagte führte am 27.07. und 28.07.1998 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfung umfasste den Zeitraum vom 01.12.1993 bis zum 31.12.1997. Der Prüfer beanstandete unter anderem die Behandlung der bei der Klägerin tätigen Pianisten und vertrat die Auffassung, dass deren Tätigkeit versicherungspflichtig sei (Protokoll der Schlussbesprechung am 28.07.1998).
Die Pianisten sorgten bei der Klägerin in der Hotelbar für die musikalische Unterhaltung der Hotelgäste. Die Klägerin behandelte sie als freie Mitarbeiter und zahlte daher keine Sozialversicherungsbeiträge. Ansprüche auf Urlaub bestanden nicht. Ebenso wenig gab es eine Vergütungsfortzahlung. Die Laufzeit der "freien Mitarbeiterverträge" betrug jeweils zwischen einem Monat und einem halben Jahr. Während dieser Zeit waren die Pianisten im Rahmen einer wöchentlichen Regelarbeitszeit dazu verpflichtet, in bestimmten Mittags- und Abendstunden ein abwechslungsreiches musikalisches Programm am Klavier durchzuführen. Für diese musikalische Tätigkeit erhielten sie in der Regel eine monatliche Vergütung in Höhe von 3500,00 DM. Darüber hinaus war vereinbart, dass für den Fall der Verhinderung ein Ersatzpianist zu stellen war. Die Pianisten hatten im Smoking aufzutreten und die Lautstärke der Darbietungen den örtlichen Gegebenheiten anzupassen,sowie – gegebenenfalls auf Wunsch des Barleiters oder seines Assistenten – entsprechend zu ändern. Außerdem waren Pausenzeiten geregelt sowie der Umfang der zu gewährenden Verköstigung. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Vertragsunterlagen Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 04.11.1998 errechnete die Beklagte zunächst – auch wegen anderer hier nicht streitiger Beanstandungen – eine Gesamtforderung in Höhe von 51.727,04 DM, welche mit Bescheid vom 23.01.2001 auf 48.200,76 DM reduziert wurde.
Die hier zwischen den Beteiligten streitige Forderung bezüglich der von der Beklagten angenommenen Versicherungspflicht der Hotelpianisten belief sich auf 41.401,16 DM.
Wegen der näheren Einzelheiten – auch zur zwischen den Beteiligten nicht streitigen Berechnung der jeweiligen Höhe der angenommenen Beiträge – wird auf den Inhalt der genannten Bescheide verwiesen.
Die Klägerin erhob gegen diese Bescheide Widerspruch und machte geltend, dass Grundlage der Beschäftigung der Hotelpianisten ein freier Mitarbeitervertrag sei. Die Pianisten würden ihr Programm selbst zusammenstellen, es gebe keine Einzelanordnungen, die vereinbarten zeitlichen Vorgaben würden sich aus der Natur der Sache ergeben. Wegen der näheren Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf den Inhalt der Widerspruchsbegründung vom 02.12.1998 sowie der weiteren zu den Akten gereichten Schriftsätze der Klägerin Bezug genommen. Die Beklagte konnte der Argumentation der Klägerin – über die mit Bescheid vom 23.01.2001 hinausgehenden Änderungen – nicht folgen und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2001 im Übrigen zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Pianisten eine Weisungsgebundenheit sowie Eingliederung in den Hotelbetrieb anzunehmen sei. Auch hier wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung verwiesen.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und legt noch einmal die tatsächlichen Bedingungen der Tätigkeit der Hotelpianisten ausführlich dar. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags wird auf den Inhalt der von ihr zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 04.11.1998 in der Gestalt des Bescheides vom 23.01.2001 sowie des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2001 aufzuheben, soweit darin die Versicherungspflicht für den Personenkreis der Pianisten zu allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei der getroffenen Feststellung und geht nach wie vor von einer abhängigen Beschäftigung der Hotelpianisten aus (Schriftsätze vom 01.11.2001, 25.02.2002, 14.05.2004, 24.08.2004 und 08.12.2004).
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt (Niederschrift vom 22.05.2003) sowie die Künstlersozialkasse beigeladen (Beschluss vom 07.10.2004). Diese hat keinen eigenen Antrag gestellt, sich aber inhaltlich – unter Berücksichtigung des Urteils des LSG (Landessozialgericht) Rheinland-Pfalz - L 5 KR 130/00 - vom 13.09.2001 – vollumfänglich den Ausführungen der Klägerin angeschlossen (Schriftsatz vom 19.10.2001).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den restlichen Inhalt der Streit- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Auch dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die von der Beklagten getroffene Entscheidung hinsichtlich der Versicherungspflicht der bei der Klägerin tätigen Hotelpianisten ist rechtswidrig. Soweit die Klägerin dadurch beschwert ist, sind die Verwaltungsakte daher aufzuheben (§ 54 Abs. 1 SGG (Sozialgerichtsgesetz)).
Die bei der Klägerin tätigen Hotelpianisten übten ihr Engagement nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sondern als selbständig Tätige aus. Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Gerichts aus dem Gesamtergebnis des Verwaltungs- und Streitverfahrens.
Ob die Pianisten selbständig tätig waren oder bei der Klägerin jeweils in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis standen, richtet sich nach den von der Rechtsprechung für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herausgearbeiteten Grundsätzen. Danach ist für die Wertung einer Beschäftigung als abhängig ausschlaggebend, dass sie in persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird. Diese äußert sich regelmäßig in der Eingliederung des Beschäftigten in einem fremden Betrieb, sei es, dass er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffendem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, dass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Arbeitgebers teil hat. Dem gegenüber kennzeichnen eine selbständige Tätigkeit das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Weist im Einzelfall eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit wie der Selbständigkeit auf, so kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen. Grundlage der Beurteilung sind dabei die tatsächlichen Verhältnisse. Die in einer vertraglichen Vereinbarung gewählte Bezeichnung oder rechtliche Einordnung einer Tätigkeit ist dagegen nicht maßgebend, wenn sie davon abweicht (vgl. zum Ganzen – statt vieler – nur das Urteil des BSG (Bundessozialgericht) - B 3 KR 2/98 R – vom 28.01.1999 sowie Schmidt/Schwerdtner, Scheinselbständigkeit, 2. Auflage 2000, S. 155 bis 156, Teil B, Rn. 524 bis 526 – jeweils m.w.N.).
Nach den hier vorliegenden Verhältnissen waren die Hotelpianisten nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Gegen eine solche Eingliederung spricht schon, dass sich die Pianisten vertraglich nicht für einen längeren Zeitraum an das Hotel gebunden haben. Nach Ende des Engagement – welches jeweils nur wenige Monate dauerte – waren die Pianisten anderweitig und nicht für die Klägerin tätig. Die Pianisten stellten im Rahmen ihres Engagement für die Klägerin auch nicht ihre gesamte Arbeitsleistung zur Verfügung. Vielmehr waren sie nur verpflichtet, zu den vereinbarten Zeiten aufzutreten. Im Übrigen stand es ihnen frei, anderweitig tätig zu sein. Auch das in den Verträgen teilweise ausgesprochene Wettbewerbsverbot ändert hieran nichts. Hierin war nämlich eine Tätigkeit als Pianist nicht grundsätzlich untersagt, sondern nur eine solche für Unternehmen, welche mit der Klägerin in Wettbewerb standen.
Die Pianisten trugen auch ein eigenes Unternehmerrisiko und traten unternehmerisch am Markt auf. Die vereinbarte Gage wurde nur dann gezahlt, wenn sie auch tatsächlich auftraten bzw. im Verhinderungsfall gleichwertigen Ersatz stellten. Urlaubsgeld oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall war ausdrücklich ausgeschlossen. Auch war es der Klägerin nicht möglich, innerhalb bestimmter zeitlicher Vorgaben über die Arbeitsleistung der Pianisten zu verfügen. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet worden wäre oder die Pianisten ohne Abschluss entsprechender Vereinbarungen zur Arbeit hätten herangezogen werden können (so auch LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Dies war aber nicht der Fall. Vielmehr waren die Pianisten lediglich verpflichtet, zu den genau vereinbarten Zeiten in den regelmäßig konkret vereinbarten Hoteleinrichtungen aufzuspielen. Art und Auswahl der Darbietung blieben in jedem Fall ihrer Gestaltungsfreiheit überlassen. Ein auf die Arbeitnehmereigenschaft der Pianisten hindeutendes Weisungsrecht ergibt sich – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht daraus, dass sich diese in einzelnen Verträgen ausdrücklich verpflichtet hatten, die Lautstärke der Darbietungen – gegebenenfalls nach Anweisung durch den Barchef – anzupassen (ebenso LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Dies ergibt sich aus der Natur der Sache und ist für jeden Unterhaltungsmusiker eine solche Selbstverständlichkeit, dass eine entsprechende ausdrückliche Regelung nicht wirklich erforderlich ist. Entsprechendes gilt auch für die vereinbarte angemessene Auftrittskleidung (so schon LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. § 197 a SGG in der ab dem 02.01.2002 geltenden Fassung ist nicht anzuwenden (Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG (Sechstes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes) vom 17.08.2001.
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