S 28 AS 29/06 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 29/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 13/06 AS ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin T1 aus T2 wird abgelehnt. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen Absenkungen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch –Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II).

Der 1943 geborene Antragsteller steht seit dem 01.01.2005 bei der Antragsgegnerin im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II.

Die Antragsgegnerin lud den Antragsteller mit Schreiben vom 12.09.2005 (wiederholt) zur ärztlichen Untersuchung am 27.09.2005 ein. Am 13.09.2005 meldete sich der Antragsteller beim ärztlichen Dienst der Antragsgegnerin telefonisch und begehrte im Hinblick auf die angeordnete Untersuchung die Übersendung von Fahrkarten oder die Übernahme der Kosten für einen Krankentransport mit der Begründung, er könne nur noch eine Gehstrecke von ca. 100 m bewältigen. Im Termin zur ärztlichen Untersuchung am 27.09.2005 ist der Antragsteller nicht erschienen.

Unter dem 04.11.2005 lud die Antragsgegnerin den Antragsteller zu einem Meldetermin am 29.11.2005 ein. In dem Schreiben wird u.a. ausgeführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Reisekosten erstattet werden können, jedoch ein Betrag unter 6,00 Euro grundsätzlich nicht erstattungsfähig sei. Mit Schreiben vom 09.11.2005 machte der Antragsteller unter Bezugnahme auf das Einladungsschreiben vom 04.11.2005 geltend, er brauche keine Gerede über seine berufliche Situation. Für die Teilnahme an einem solchen Termin müsse von der Antragsgegnerin erst einmal Fahrkarten für Hin- und Rückfahrt gestellt werden. Den Meldetermin am 29.11.2005 nahm der Antragsteller nicht wahr.

Mit Bescheid vom 06.12.2005 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 in Höhe von 726,13 Euro monatlich.

Nach Anhörung des Antragstellers senkte die Antragsgegnerin mit Bescheide vom 18.01.2006 für die Zeit vom 01.02.2006 bis zum 30.04.2006 die Regelleistungen des Antragstellers monatlich um jeweils 10 %, also insgesamt 20 % herab. Zur Begründung führte sie das Nichterscheinen des Antragstellers zum ärztlichen Untersuchungstermin am 27.09.2005 sowie zum Meldetermin am 29.11.2005 trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen an. Gründe, die dieses Verhalten erklärten und als wichtig im Sinne der Vorschriften des SGB II anerkannt werden könnten, seien weder angegeben noch nachgewiesen worden.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 24.01.2006 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er begehrt, die Leistungskürzung zu untersagen, da er andernfalls nicht mehr die Zuzahlungen für seine Medikamente leisten könnte und lebensbedrohende Zustände auftreten könnten. Zudem habe er die Antragsgegnerin laufend darauf hingewiesen, dass er die Termine nur wahrnehmen könne, wenn die entstehenden Fahrkosten übernommen und Fahrscheine zugesendet würden. Die Fahrkosten seien nicht von der Regelsatzverordnung umfasst und müssten daher zusätzlich übernommen werden.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Absenkungen der Leistungen zu unterlassen und die Regelleistungen vollumfänglich auszuzahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Entscheidungen entsprächen der Rechtslage. Soweit der Antragsteller immer wieder darauf verweise, er könne die erforderlichen Fahrkosten zwecks Aufsuchen der Behörde nicht aufbringen, sei auszuführen, dass der Regelsatz nach § 20 SGB II ca. 6% für Aufwendung für Verkehrsmittel umfasse. Er könne nicht für sich das Recht in Anspruch nehmen, vorgegebene Termine nur mit gesonderter Fahrkostenerstattung –die zudem kein Leistungsempfänger erhalte- zu befolgen.

Mit Schreiben vom 21.02.2006 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, gegen die Absenkungsentscheidungen vom 18.01.2006 habe der Antragsteller per Fax am 26.01.2006 Widerspruch eingelegt.

Hinsichtlich der gerichtlichen Bitte, die an den Antragsteller gerichteten Einladungsschreiben vom 12.09.2005 und 04.11.2005 vorzulegen, hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21.03.2006 mitgeteilt, die Einladungen würden zentral über einen Sammeldrucker erstellt. Zweitausfertigungen könnten nicht gefertigt werden. Sie übersende eine Einladung vom 28.02.2006, die nicht über den Sammeldrucker erstellt worden sei und die identisch hinsichtlich Aufbau und Rechtsfolgenbelehrung mit den bereits ergangenen Einladungen sei. Mit einer Meldeaufforderung, deren Erhalt der Antragsteller zudem nicht bestreite, sei automatisch eine Rechtsfolgenbelehrung in dargestellter Form verbunden.

Die Antragsgegnerin hat eine Kopie der Einladung vom 28.02.2006 nebst Rechtsfolgenbelehrung zu den Akten gereicht. Mit dieser Einladung hat die Antragsgegnerin den Antragsteller erneut zu einem Gespräch über seine berufliche Situation am 02.03.2006 eingeladen und darauf hingewiesen, dass Reisekosten erstattet würden, jedoch nicht unter 6,00 Euro.

Der Antragsteller hat Kopien der Einladungsschreiben vom 04.11.2005 und 28.02.2006, jeweils lediglich Blatt 1, vorgelegt.

Auf Nachfrage des Gerichtes hat der Antragsteller erklärt, Hin- und Rückfahrt zur Antragsgegnerin mit öffentlichen Verkehrsmitteln verursachten Kosten in Höhe von insgesamt 9,00 Euro. Die Fahrt mit dem Bus koste einfach 2,00 Euro. Allerdings sei die Bushaltestelle von seiner Wohnung etwa ½ km entfernt. Er sei nicht in der Lage, diese Wegstrecke schmerzfrei zurückzulegen und müsse daher ein Taxi hinzuziehen. Die Kosten für die einfache Fahrt mit dem Taxi beliefen sich auf 2,50 Euro.

Unter dem 31.03.2006 hat der Antragsteller einen weiteren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erhoben, in dem er sich gegen den Absenkungsbescheid vom 06.03.2006 wendet. Die Antragsgegnerin hat mit diesem Bescheid für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.06.2006 die Regelleistung um (weitere) 10 % abgesenkt. Grund hierfür sei das Nichterscheinen des Antragstellers im Meldetermin vom 02.03.2006 trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen. Hiergegen hat der Antragsteller am 07.03.2006 Widerspruch erhoben. Mit seinem Eilantrag vom 31.03.2006 begehrt der Antragsteller die Auszahlung der abgesenkten Beträge. Dieses Antragsverfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen S 00 AS 000/00 ER SG Düsseldorf geführt worden.

Mit Beschluss vom 08.05.2006 hat das Gericht das Antragsverfahren S 00 AS 000/00 ER SG Düsseldorf mit dem vorliegenden Antragsverfahren verbunden (§ 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).

Das Gericht hat aus dem Verfahren S 00 SO 000/00 SG Düsseldorf das sozialmedizinische Gutachten von Herrn L, Arzt im Gutachterdienst –Stadtdienst Gesundheit T3- vom 23.02.2006 diesem Verfahren beigezogen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

(1) Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.

Prozesskostenhilfe ist nach § 73 a SGG in Verbindung mit §§ 114 f Zivilprozessordnung (ZPO) auf Antrag zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe scheidet aus, da der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg ist. Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter 2.) verwiesen.

(2) Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig, aber unbegründet.

Das sinngemäße Begehren des Antragstellers die mit Bescheide vom 18.01.2006 und 06.03.2006 angeordneten Absenkungen der Regelleistungen in der Zeit vom 01.02.2006 bis zum 30.06.2006 aufzuheben mit dem Ziel der Weitergewährung von ungekürzten Leistungen wird verfahrensrechtlich vom Gericht dahingehend ausgelegt (§ 123 SGG), dass die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Antragstellers vom 26.01.2006 und 07.03.2006 gegen die streitbefangenen Absenkungsbescheide bis zum Abschluss der Widerspruchsverfahren angeordnet werden soll (Anordnungsfall des § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Denn der fristgemäß erhobene Widerspruch gegen einen Absenkungsbescheid entfaltet gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Absenkungsbescheid gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnet, erreicht der Antragsteller sein Ziel, nämlich die (vorläufige) Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II in bisheriger Höhe.

Der so verstandene Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen –wie vorliegend- der Widerspruch bzw. die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung, wobei die Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung und dem öffentlichen Interesse der Verwaltung an der sofortigen Vollziehung zu erfolgen hat. Im Vordergrund steht hierbei die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Ergibt die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist bzw. ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, aaO, § 86 b Rdn. 12 b). Dies kann im vorliegenden in Bezug auf die streitgegenständlichen Absenkungsbescheide vom 18.01.2006 und 06.03.2006 nicht festgestellt werden. Das Gericht sieht bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Absenkungsbescheide bzw. ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit. Die Widersprüche vom 26.01.2006 und 07.03.2006 dürften ohne Aussicht auf Erfolg sein. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche kommt daher nicht in Betracht.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller zu Recht wegen seines Ausbleibens in den Untersuchungs- bzw. Meldeterminen am 27.09.2005, 29.11.2005 und 02.03.2006 sanktioniert, denn der Antragsteller kann einen wichtigen Grund für sein Ausbleiben nicht geltend machen.

Die Antragsgegnerin hatte den Antragsteller mit Einladungsschreiben vom 12.09.2005, 04.11.2005 und 28.02.2006 aufgefordert, am 27.09.2005 zur ärztlichen Untersuchung erscheinen bzw. sich am 29.11.2005 und 02.03.2006 bei ihr zu melden, um sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation zu besprechen. Alle Einladungsschreiben hat der Antragsteller rechtzeitig erhalten haben. In Bezug auf das Einladungsschreiben vom 12.09.2005 kann das aufgrund der aktenkundigen Gesprächsnotiz vom 16.09.2005 angenommen werden, wonach der Antragsteller sich am 13.09.2005 beim Ärztlichen Dienst der Antragsgegnerin angerufen und dort im Hinblick auf die Untersuchung am 27.09.2005 um Übernahme der Fahrkosten in Form von Fahrkarten oder Krankenwagentransport vorgesprochen hat. Hinsichtlich der Einladungsschreiben vom 04.11.2005 und 28.02.2006 hat der Antragsteller Kopien der erhaltenen Schreiben zu den Gerichtsakten gereicht. Von dem Einladungsschreiben vom 04.11.2005 hat der Antragsteller spätestens am 09.11.2005 Kenntnis erlangt. Das ergibt sich aus seinem Schreiben vom 09.11.2005 an die Antragsgegnerin, in dem er auf deren Schreiben vom 04.11.2005 Bezug nimmt. Das Einladungsschreiben vom 28.02.2006 hat der Antragsteller am 01.03.2006 erhalten; unter diesem Datum hat er den Erhalt des Schriftstückes mit seiner Unterschrift quittiert. Es handelt sich bei den Einladungsschreiben um Aufforderungen zur persönlichen Meldung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch –Arbeitsförderung- (SGB III) (allgemeine Meldepflicht). Sämtlichen Meldeaufforderungen ist der Antragsteller nicht nachgekommen.

Kommt der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihr zu melden oder bei einem ärztlichen (.) Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlages nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt (§ 31 Abs. 2 SGB II). Bei wiederholter Pflichtverletzung (.) wird das Arbeitslosengeld II zusätzlich um jeweils den Vomhundertsatz der nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung gemindert, um den es in der ersten Stufe gemindert wurde. Absenkung und Wegfall treten mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsakts, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt. Absenkung und Wegfall dauern drei Monate. Während der Absenkung und des Wegfalls der Leistung besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch –Sozialhilfe- (SGB XII). Über diese Rechtsfolgen nach § 31 Abs. 3 und Abs. 6 SGB II ist der Hilfebedürftige vorher zu belehren. Dieser Belehrungspflicht dürfte die Antragsgegnerin im Vorfeld sämtlicher Meldetermine hinreichend nachgekommen sein. Dem Gericht liegt bei seiner Prüfung zwar lediglich die dem Einladungsschreiben vom 28.02.2006 auf Blatt 2 angefügte Rechtsfolgenbelehrung, welche sich als zutreffend und vollständig erweist, vor. Unschädlich bleibt insoweit, dass die Antragsgegnerin keine Zweitschrift der Einladungsschreiben vom 12.09.2005 und 04.11.2005 mit den entsprechenden Rechtsfolgenbelehrungen vorlegen konnte. Sie hat auf gerichtliche Nachfrage mit Schreiben vom 21.03.2006 mitgeteilt, dass Einladungen in der Regel zentral über einen Sammeldrucker erstellt und Zweitausfertigungen für die Akten nicht gefertigt werden. Sie hat auf das Einladungsschreiben vom 28.02.2006 verwiesen, welches hinsichtlich Aufbau und Rechtsfolgenbelehrung identisch mit den vorhergegangenen Einladungen sei. Das Gericht hat festgestellt, dass die von dem Antragsteller zu den Akten gereichte Kopie des Einladungsschreibens vom 04.11.2005 (Blatt 1) im Aufbau bzw. Wortlaut im wesentlichen in Übereinstimmung steht mit dem Einladungsschreiben vom 28.02.2006. Insbesondere wird in beiden Schreiben der Empfänger ausdrücklich dazu aufgefordert, unbedingt die Rechtsfolgenbelehrung und weiteren Hinweise auf Blatt 2 zu beachten. Das Gericht geht weiter davon aus, dass auch das Einladungsschreiben vom 12.09.2005 in Wortlaut und Aufbau im wesentlichen gleich konzipiert war. Infolgedessen dürfte den Einladungsschreiben vom 12.09.2005 und 04.11.2005 entsprechende Rechtsfolgenbelehrungen angefügt gewesen sein. Darüber hinaus hat das Gericht in seine Entscheidungsfindung einbezogen, dass der Antragsteller den sinngemäßen Vortrag der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21.03.2006, die früheren Einladungen vom 12.09.2005 und 04.11.2005 seien hinsichtlich Aufbau und Rechtsfolgenbelehrung identisch mit der Einladung vom 28.02.2006 und Meldeaufforderungen seien automatisch mit einer Rechtsfolgenbelehrung verbunden, unbestritten gelassen hat. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Vortrag der Antragsgegnerin zutreffend ist und der Antragsteller jeweils vorab über die Rechtsfolgen belehrt worden ist.

Ein wichtiger Grund für sein Ausbleiben in den Untersuchungs- und Meldeterminen steht dem Antragsteller nicht zur Seite, insbesondere kann er sein Ausbleiben nicht damit rechtfertigen, dass die Antragsgegnerin ihm nicht vorab Fahrkosten hat zukommen lassen.

Eine Absenkung hat zu unterbleiben, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige für sein Verhalten –hier Nichterscheinen in den Meldeterminen- einen wichtigen Grund hat. Ein solcher ist anzunehmen, wenn dem Hilfebedürftigen die Meldung oder das Erscheinen mit Blick auf die Umstände des Einzelfalls unmöglich oder derart erschwert war, so dass ihm ein anderes Verhalten unter Abwägung seiner Interessen einerseits und des Leistungsträgers andererseits nicht zugemutet werden konnte (vgl. zum wichtigen Grund im Rahmen einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III bei Meldeversäumnis in Niesel, SGB III, § 144 Rdn. 76 g). Im vorliegenden kann das Gericht nicht feststellen, dass es für den Antragsteller unzumutbar war, die Meldetermine wahrzunehmen, auch nicht unter Berücksichtigung seines Begehren, im voraus Fahrkosten, die aus Anlass der Meldung entstehen, von der Antragsgegnerin zu erhalten. Zwar begründet § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 Abs. 4 SGB III zugunsten des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch die Möglichkeit, dass ihm die finanziellen Mittel zur Bestreitung der notwendigen Reisekosten im voraus zur Verfügung gestellt ("übernommen") und nicht lediglich nachträglich erstattet werden können (vgl. auch § 65 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch –Allgemeiner Teil- SGB I-: "Ersatz"). Die Übernahme (bzw. Erstattung) von Reisekosten steht jedoch im Ermessen des Leistungsträgers. Der Hilfebedürftige hat daher lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung von Seiten des Leistungsträgers. Dieser wird bei der Ausübung seines Ermessens die Höhe der notwendigen Reisekosten und Vermögensverhältnisse des Meldepflichtigen einerseits, aber auch Verwaltungsaspekte andererseits zu berücksichtigen haben. Im vorliegenden hat die Antragsgegnerin in den Einladungsschreiben mitgeteilt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Reisekosten erstattet werden können. Die Antragsgegnerin hat insoweit bereits vorab pauschal ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie Reisekosten in der Regel lediglich nach Wahrnehmung des Meldetermins erstattet. Dies dürfte unter dem Gesichtspunkt, dass von der Regelleistung für eine allein stehende Person in Höhe von 345,00 Euro (§ 20 Abs. 2 SGB II) ein Bedarf für Verkehr ca. 6%, also 20,70 Euro umfasst ist und hiervon in der Regel eine Hin- und Rückfahrt zu dem örtlich nahen Leistungsträger finanziert werden kann, nicht zu beanstanden sein. Dies auch unter den Gesichtspunkten, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige häufig über einen eigenen PKW verfügen bzw. den öffentlichen Nahverkehr in vielen Gemeinden zu reduzierten Preisen benutzen können. Schließlich dürfte es aus Verwaltungserwägungen auch zulässig, weil sachgerecht sein, im Regelfall keine Reisekosten vorab auszuschütten, welche ggf. von dem Hilfebedürftigen zurückzufordern sind, wenn er den Meldetermin unentschuldigt nicht wahrnimmt, was mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden sein dürfte. Zwar kann sich im Einzelfall die Sachlage anders darstellen, wenn es sich beispielsweise bei den Reisekosten nachweislich um nicht nur geringfügige Kosten handelt und der Hilfebedürftige glaubhaft macht, im Zeitpunkt der Meldung über keine hinreichenden "bereiten Mittel" mehr zu verfügen. Konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Fall ergeben sich vorliegend nicht. Dem Antragsteller entstehen für die Hin- und Rückfahrt zur Antragsgegnerin anzuerkennende, weil notwendige Fahrkosten in Höhe von 4,00 Euro für die Busfahrten à 2,00 Euro. Die Fahrten von der Wohnung bis zur Bushaltestelle mit dem Taxi für 5,00 Euro (pro Fahrt 2,50 Euro) können nicht anerkannt werden. Eine erhebliche Gehbehinderung –der Antragsteller macht insoweit geltend, nur noch Gehstrecken von 100 Meter bewältigen zu können- kann das Gericht vor dem Hintergrund der sozialmedizinischen Stellungnahme von Herrn L vom 23.02.2006 nicht als glaubhaft ansehen. Nach den Feststellungen von Herrn L, der den Antragsteller anlässlich eines Hausbesuches am 23.02.2006 in Augenschein genommen hat, kann sich der Antragsteller in allen Abschnitten des Bewegungsapparates frei bewegen, die grobe Kraft aller Muskeln betrug 5/5, d.h. volle Kraft. Hilfsmittel wie ein Gehstock, eine Unterarmstütze oder ein Gehwagen benutzt der Antragsteller nicht. Im Ergebnis hat der Sozialmediziner Herr L festgestellt, dass aufgrund des erhobenen Befundes und der Unterlagen nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Antragsteller nicht fähig sein sollte, außerhalb des Hauses zu gehen und den öffentlichen Personennahverkehr zu benutzen. Eine Notwendigkeit die Wegstrecke von ca. 500 Meter zwischen Wohnung und Bushaltestelle mit dem Taxi zurückzulegen, ergibt sich daher im Fall des Antragstellers nicht. Im Ergebnis kann das Gericht im Hinblick auf die notwendigen Fahrkosten in Höhe von 4,00 Euro nicht sehen, dass es dem Antragsteller, der laufende Leistungen von der Antragsgegnerin erhält, unmöglich bzw. unzumutbar war, die Untersuchungs- bzw. Meldetermine bei der Antragsgegnerin wahrzunehmen. Nach den Gesamtumständen konnte ihm vielmehr abverlangt werden, die geringfügigen Kosten in Höhe von 4,00 Euro zunächst vorzustrecken, die Meldetermine wahrzunehmen und sodann die Erstattung der Fahrkosten bei der Antragsgegnerin zu beantragen. Eine besondere Erschwernis und Härte stellt dies abverlangte Verhalten nicht dar, zumal keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Antragsteller zum jeweiligen Zeitpunkt der streitbefangenen Meldungen über keinerlei "bereite Mittel" mehr verfügte, um die Fahrkosten in Höhe von 4,00 Euro aufzubringen. Zur weitergehenden Frage, ob die in den Einladungsschreiben dargelegte Auffassung der Antragsgegnerin, Fahrkosten unter 6,00 Euro seien nicht erstattungsfähig, ermessensfehlerfrei ist, bedarf es an dieser Stelle keine Ausführungen, da dies nicht entscheidungserheblich ist.

Da der Antragsteller einen wichtigen Grund für sein Ausbleiben in den Untersuchungs- und Meldeterminen am 27.09.2005, 29.11.2005 und 02.03.2006 nicht geltend machen kann, sind die von der Antragsgegnerin verfügten Absenkungen der Regelleistung nicht zu beanstanden. Der Antrag war daher abzulehnen.

(3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
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