Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 148/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 434/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.07.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 513,80 EUR für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005.
Die 1957 geborene Antragstellerin (ASt) bezog bis zum 22.08.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 549,03 EUR und im Anschluss hieran bis zum 31.12.2004 Arbeitslosehilfe in Höhe von monatlich 485,03 EUR. Auf ihren Antrag hin bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) ihr Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 715,24 EUR für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005. Über den hiergegen von der ASt erhobenen Widerspruch hat die Ag - soweit aus den Akten ersichtlich - bislang nicht entschieden.
Am 13.05.2005 erhob die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Untätigkeitsklage und beantragte am 30.05.2005, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem 01.01.2005 Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 513,80 EUR zu bewilligen und für den selben Zeitraum weitere Mietnebenkosten in Höhe von monatlich 7,80 EUR zu übernehmen.
Daraufhin änderte die Ag ihren Bescheid vom 26.01.2005 dahingehend ab, dass sie für den oben genannten Bewilligungszeitraum die von der ASt geltend gemachten Nebenkosten in voller Höhe übernahm. Hinsichtlich des geltend gemachten Bedarfes an kostenaufwändiger Ernährung ermittelte sie weiter.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 07.07.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die ASt erhalte seit dem 01.01.2005 höhere Leistungen als vorher, so dass eine Existenzgefährdung nicht erkennbar sei.
Zur Begründung der dagegen beim Bayer. Landessozialgericht am 16.08.2005 eingelegten Beschwerde wiederholt die ASt im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen. Die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern, nach der eine medizinische Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung nicht gegeben sei, erfülle nach ihrer Ansicht alle Merkmale des Straftatbestandes nach § 278 Strafgesetzbuch (StGB). Die Ag tritt der Beschwerde entgegen und verweist u.a. auf § 21 Abs 6 SGB II, wonach die Summe der Mehrbedarfe die maßgebende Regelleistung nicht übersteigen dürfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das SG zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74; vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiellrechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat die ASt glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung -ZPO-; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenssichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der ASt zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO).
Der ASt steht für ihr Begehren, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu Leistungen nach dem SGB II zu verpflichten, kein Anordnungsgrund zur Seite, weil ihre Rechtssache nicht (mehr) eilbedürftig ist. Abzustellen ist hierbei auf den Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II), also auf den Zeitraum, über den die Ag hinsichtlich der Leistungsgewährung entschieden hat. Dieser durch die Antragstellung in Gang gesetzte und durch § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II bestimmte Bewilligungszeitraum wird durch das Einlegen von Rechtsbehelfen bzw. durch das Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz weder unterbrochen noch geändert. Er ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch im Rahmen der Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigen. Demzufolge beschränkt sich der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes der ASt im vorliegenden Eilverfahren auf den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005.
Solche Leistungen für in der Vergangenheit liegende Bewilligungszeiträume können aber nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zugesprochen werden, weil die Entscheidung hierüber nicht mehr eilbedürftig ist. Die ASt bedarf dieser Leistungen nicht mehr, um ihren gegenwärtigen Lebensunterhalt zu decken. Es ist ihr deshalb zumutbar, wegen der Frage des hier geltend gemachten Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch von der ASt dargetan, dass hier ausnahmsweise anders zu entscheiden wäre.
Ist eine Entscheidung über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aber nicht mehr eilbedürftig, so kann die Beschwerde der ASt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 513,80 EUR für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005.
Die 1957 geborene Antragstellerin (ASt) bezog bis zum 22.08.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 549,03 EUR und im Anschluss hieran bis zum 31.12.2004 Arbeitslosehilfe in Höhe von monatlich 485,03 EUR. Auf ihren Antrag hin bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) ihr Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 715,24 EUR für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005. Über den hiergegen von der ASt erhobenen Widerspruch hat die Ag - soweit aus den Akten ersichtlich - bislang nicht entschieden.
Am 13.05.2005 erhob die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Untätigkeitsklage und beantragte am 30.05.2005, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem 01.01.2005 Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 513,80 EUR zu bewilligen und für den selben Zeitraum weitere Mietnebenkosten in Höhe von monatlich 7,80 EUR zu übernehmen.
Daraufhin änderte die Ag ihren Bescheid vom 26.01.2005 dahingehend ab, dass sie für den oben genannten Bewilligungszeitraum die von der ASt geltend gemachten Nebenkosten in voller Höhe übernahm. Hinsichtlich des geltend gemachten Bedarfes an kostenaufwändiger Ernährung ermittelte sie weiter.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 07.07.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die ASt erhalte seit dem 01.01.2005 höhere Leistungen als vorher, so dass eine Existenzgefährdung nicht erkennbar sei.
Zur Begründung der dagegen beim Bayer. Landessozialgericht am 16.08.2005 eingelegten Beschwerde wiederholt die ASt im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen. Die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern, nach der eine medizinische Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung nicht gegeben sei, erfülle nach ihrer Ansicht alle Merkmale des Straftatbestandes nach § 278 Strafgesetzbuch (StGB). Die Ag tritt der Beschwerde entgegen und verweist u.a. auf § 21 Abs 6 SGB II, wonach die Summe der Mehrbedarfe die maßgebende Regelleistung nicht übersteigen dürfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das SG zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74; vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiellrechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat die ASt glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung -ZPO-; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenssichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der ASt zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO).
Der ASt steht für ihr Begehren, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu Leistungen nach dem SGB II zu verpflichten, kein Anordnungsgrund zur Seite, weil ihre Rechtssache nicht (mehr) eilbedürftig ist. Abzustellen ist hierbei auf den Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II), also auf den Zeitraum, über den die Ag hinsichtlich der Leistungsgewährung entschieden hat. Dieser durch die Antragstellung in Gang gesetzte und durch § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II bestimmte Bewilligungszeitraum wird durch das Einlegen von Rechtsbehelfen bzw. durch das Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz weder unterbrochen noch geändert. Er ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch im Rahmen der Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigen. Demzufolge beschränkt sich der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes der ASt im vorliegenden Eilverfahren auf den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005.
Solche Leistungen für in der Vergangenheit liegende Bewilligungszeiträume können aber nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zugesprochen werden, weil die Entscheidung hierüber nicht mehr eilbedürftig ist. Die ASt bedarf dieser Leistungen nicht mehr, um ihren gegenwärtigen Lebensunterhalt zu decken. Es ist ihr deshalb zumutbar, wegen der Frage des hier geltend gemachten Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch von der ASt dargetan, dass hier ausnahmsweise anders zu entscheiden wäre.
Ist eine Entscheidung über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aber nicht mehr eilbedürftig, so kann die Beschwerde der ASt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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