Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 7 RA 320/03
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 8 R 112/06
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Ein langjähriges eheähnliches Zusammenleben unterstreicht die Rechts-vermutung, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat ist, der späteren Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Dies gilt umso mehr, wenn nach jahrelangem Zusammenleben kurz nach dem bekannt werden einer zum Tode führenden Erkrankung eines Partners geheiratet wird. Gleiches gilt, wenn die Ehe nach dem bekannt werden eines dringenden Verdachts auf eine le-bensbedrohliche Erkrankung geschlossen wird.
2) Eine kurzfristige Heirat im Krankenhaus wird nur aus einem sehr wichtigen Grund wie üblicherweise einer lebensbedrohlichen Erkrankung von den Stan-desämtern vorgenommen ( sogen. Nottrauung).
3) Eine feste, konkrete Heiratsabsicht vor bekannt werden der lebensbedrohli-chen Erkrankung als ein von der Versorgungsabsicht verschiedenes Motiv muss von der Witwe nachgewiesen werden (Vollbeweis).
4) Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe gilt nicht nur in Fällen, in denen eine geringe oder sogar fehlende eigene Versorgung der Witwe vorliegt, sondern auch dann, wenn die Hinterbliebenenversorgung die wirtschaftliche Situation der Witwe verbessern würde.
2) Eine kurzfristige Heirat im Krankenhaus wird nur aus einem sehr wichtigen Grund wie üblicherweise einer lebensbedrohlichen Erkrankung von den Stan-desämtern vorgenommen ( sogen. Nottrauung).
3) Eine feste, konkrete Heiratsabsicht vor bekannt werden der lebensbedrohli-chen Erkrankung als ein von der Versorgungsabsicht verschiedenes Motiv muss von der Witwe nachgewiesen werden (Vollbeweis).
4) Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe gilt nicht nur in Fällen, in denen eine geringe oder sogar fehlende eigene Versorgung der Witwe vorliegt, sondern auch dann, wenn die Hinterbliebenenversorgung die wirtschaftliche Situation der Witwe verbessern würde.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, in diesem Zusammenhang insbesondere darüber, ob eine so genannte "Versorgungsehe" vorliegt.
Die 1936 geborene Klägerin ist die Witwe des 1936 geborenen D. K. (im Folgenden: Versicherter), der von der Beklagten seit dem 01.12.1996 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bezog in Höhe von zuletzt 1.535,18 Euro monatlich.
Nach Angaben der Klägerin lebte diese mit dem Versicherten bereits seit dem 31.05.1985 in dessen Wohnung zusammen und sie seien seit dem 31.05.1987 verlobt gewesen.
Am 16.05.2002 wurde der Versicherte mit Verdacht auf einen cerebralen Prozess stationär im Klinikum N. aufgenommen. Die am selben Tag durchgeführte Computertomografie des Kopfes zeigte mehrere Hirnfiliae (Hirnmetastasen) beidseits. Röntgen-Thorax-Aufnahmen vom 16.05.2002, 22.05.2002 sowie 23.05.2002 zeigten einen großen pulmunalen Tumor rechts apikal; zusätzlich bestand eine Pneumonie rechts. Die am 23.05.2002 durchgeführte Bronchoskopie ergab eine Lungeneinengung im 1. Segment rechts, aber keinen direkten Beweis eines Tumors, sodass der Versicherte zur weiteren Klärung des Tumors am 28.05.2002 in das Forschungszentrum B. verlegt wurde unter den Diagnosen:
1. Lungentumor rechts unklarer Histologie, 1.1. Hirnfiliae, 1.2. Pneumonie rechts.
In B. wurde ein fortgeschrittenes großzelliges Lungenkarzinom mit Einwachsen des Tumors in die Brustwand gesichert. Am 05.06.2002 wurde der Versicherte in das Klinikum N. rückverlegt, wo er am 11.06.2002 nach einem generalisierten cerebralen Krampfanfall mit Aspiration an den Folgen des fortgeschrittenen Tumorleidens verstarb.
Während des Aufenthaltes des Versicherten im Forschungszentrum B., nämlich am 31.05.2002, heirateten die Klägerin und der Versicherte standesamtlich. Die Trauung wurde von der Standesbeamtin D. vom Standesamt I. im Krankenhaus vorgenommen. Am 29.05.2002 hatte der Versicherte die Klägerin auf dem dafür vorgesehenen Formular zur Anmeldung der Eheschließung bevollmächtigt. Die Bescheinigung der Anmeldung der Eheschließung seitens der für den Wohnort der Klägerin und des Versicherten zuständigen Standesbeamtin W. des Standesamtes N. datiert vom 30.05.2002, gleichzeitig erteilte die Standesbeamtin W. dem Standesamt I. eine standesamtliche Ermächtigung zur Vornahme der Eheschließung. Am 30.05.2002 gab der behandelnde Arzt im Forschungszentrum B. eine "Erklärung eines Arztes aus Anlass einer Eheschließung bei lebensgefährlicher Erkrankung eines Verlobten" gegenüber dem Standesamt I. auf dessen Veranlassung ab.
Am 18.06.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Witwenrente. Unter Hinweis darauf, dass die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat und unter Erläuterung der Vorschrift des § 46 Abs. 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bat die Beklagte die Klägerin um Mitteilung etwaiger Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen könnten. Hierzu teilte die Klägerin mit, sie habe bereits seit dem 31.05.1985 mit dem Versicherten in dessen Wohnung im gang 14 in N. gelebt, ihre Wohnung in der B. Straße 21 in N. aber nicht aufgegeben und auch keine Wohnsitz-Ummeldung vorgenommen, da ihr Sohn diese Wohnung bewohnt habe. Es sei vorgesehen gewesen, den gemeinsamen Lebensabend ab 2001 in der Wohnung B. Straße zu verbringen. Daher hätten sie bereits zum 31.05.2001 eine Heirat geplant, die durch höhere Gewalt auf präzise ein Jahr habe verschoben werden müssen. Ein Jahr später, am 31.05.2002, hätten sie nun endlich in Verbindung mit Urlaub im Umkreis B. heiraten wollen. Es sei jedoch dann ganz anders gekommen, da ihr Ehemann am 16.05.2002 plötzlich ohne vorhersehbare Anzeichen schweißgebadet zusammengebrochen und in das Klinikum N. notfallmäßig eingeliefert worden sei. Dort sei eine verschleppte Lungenentzündung diagnostiziert worden. Eine lebensbedrohende Erkrankung sei zu keinem Zeitpunkt diagnostiziert worden. Der geplante Heiratstermin (31.05.2002) sei immer näher gerückt und ihr Mann sei gesundheitlich noch nicht wieder so hergestellt gewesen, dass an eine Entlassung zu denken gewesen sei. Da der Ehetermin für sie beide sehr wichtig gewesen sei, auch wegen der geplanten gemeinsamen Wohnung in der B. Straße, hätten sie beschlossen im Klinikum N. standesamtlich zu heiraten. Da ihr Mann dann am 28.05.2002 zwecks einer Lungenspezialuntersuchung in das Forschungszentrum B. verlegt worden sei, hätten sie zwangsläufig in dieser Klinik standesamtlich heiraten müssen. Zu dem Grund der Verlegung in das Forschungszentrum B. habe ihr Mann ihr mitgeteilt, dass auf dem Röntgenbild bei einem Lungenflügel ein Schatten zu sehen sei. Nach Rückverlegung ins Klinikum N. sei ihr Mann dann unerwartet am 11.06.2002 an einer Embolie verstorben.
Mit Bescheid vom 05.11.2002 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf große Witwenrente gemäß § 46 Abs. 2 SGB VI ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI bestehe kein Anspruch auf eine Witwenrente, wenn der Ehegatte innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung versterbe. Die Eheschließung sei am 31.05.2002 erfolgt, der Versicherte sei am 11.06.2002 verstorben, sodass die geforderte Ehedauer von mindestens einem Jahr nicht vorliege. Gemäß § 46 Abs. 2 a, 2. Teilsatz SGB VI seien die besonderen Umstände zu prüfen, wobei der Zweck der Heirat als Hinterbliebenenversorgung auszuschließen sei. Die von der Klägerin geschilderten Umstände ließen einen Ausschluss nicht eindeutig zu.
Hiergegen legte die Klägerin am 04.12.2002 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, nach Rückverlegung in das Klinikum N. am 05.06.2002 sei davon ausgegangen worden, dass die Lungenentzündung innerhalb der nächsten zwei Wochen auskuriert sei. Der Tod sei völlig unerwartet und plötzlich durch eine Lungenembolie hervorgerufen worden; dies sei weder von ihr noch dem Versicherten oder den behandelnden Ärzten vorhersehbar gewesen. Die Tatsache, dass am 31.05.2002 im Forschungszentrum B. geheiratet worden sei, beruhe einzig und allein auf persönlichen Gründen; dieses Datum habe für beide eine hohe emotionale und symbolische Bedeutung gehabt. Die Absicht, bereits ein Jahr zuvor, nämlich am 31.05.2001 zu heiraten, könne durch Vorlage der Eheringe mit entsprechender Gravur belegt werden. Da die Hochzeit im Jahre 2001 habe verschoben werden müssen, habe man sich entschlossen und gegenseitig versprochen, genau ein Jahr später am 31.05.2002 zu heiraten. Gerade deshalb hätten sie und ihr Ehemann dann auch der Umstände zum Trotz am 31.05.2002 im Krankenhaus geheiratet. Die Heirat sei also längst geplant gewesen, wie zum Beispiel auch die Hochzeitsreise nach B ... Eine Versorgungsabsicht habe weder für den Versicherten noch für die Klägerin eine Rolle gespielt. Hätte der Versicherte sein kurz bevorstehendes Ableben geahnt, wäre er mit Rücksicht auf seine Ehefrau die Ehe nicht eingegangen.
Die Beklagte holte Auskünfte des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M. vom 30.08.2003, des Klinikum N. vom 03.09.2003 und vom 24.09.2003 mit dem Krankenhausentlassungsbericht vom 28.05.2002 sowie eine Auskunft des Forschungszentrum B. vom 15.09.2003 ein und übersandte Kopien der Klägerin.
Hierzu führte die Klägerin dann aus, aus den ärztlichen Unterlagen ergebe sich, dass sowohl sie als auch der Versicherte weder vorher noch am Hochzeitstag Kenntnis von dem tatsächlichen Gesundheitszustand des Versicherten hätten haben können, da die Diagnose noch nicht zweifelsfrei festgestanden habe. Aus ihren Aufzeichnung ergebe sich, dass sie die organisatorischen Heiratsaktivitäten am 27.05.2002 begonnen habe mit Beantragung einer Bescheinigung der Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt N ... Zu diesem Zeitpunkt habe keinesfalls eine infauste Prognose hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Versicherten bestanden. Zu dem Grund, warum die Eheschließung ein Jahr zuvor (31.05.2001) verschoben hätte werden müssen, teilte die Klägerin mit, dass der Versicherte am 10.05.2001 einen Unfall erlitten habe und sein Gesundheitszustand bis zum 31.05.2001 noch nicht so weit wiederhergestellt war, dass die geplante Heirat am 31.05.2001 hätte stattfinden können. Der Versicherte habe sich vom 11.05.2001 bis zum 18.05.2001 in stationärer Behandlung befunden. Weiter bekräftigte die Klägerin noch einmal, dass sie vom tatsächlichen Gesundheitszustand ihres Ehemannes keine Kenntnis gehabt habe. Dass er unheilbar an Krebs erkrankt sei, habe sie erst jetzt durch die übersandten medizinischen Unterlagen erfahren. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei widerlegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Versicherte sei mit Verdacht auf einen cerebralen Prozess in das Klinikum N. eingeliefert worden. Er habe unter neurologischen Ausfällen gelitten. Zum Zeitpunkt, als der Versicherte die Bevollmächtigung zur Eheschließung unterschrieb, seien ihm zumindest verdächtige Befunde bekannt gewesen. Nicht entscheidend sei, ob auch die Klägerin von den verdächtigen Befunden Kenntnis hatte. Die Eheschließung sei nach den äußeren Umständen nicht über einen längeren Zeitraum konkret auf den 31.05.2002 vorbereitet, sondern erst mit der am 29.05.2002 unterschriebenen Bevollmächtigung am 30.05.2002 angemeldet worden. Schließlich spreche auch die langjährige gemeinsame Haushaltsführung ohne Heirat für die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe. Dem Vorbringen, dass die infauste Prognose zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht bekannt war und dass der Hochzeitstermin schon längere Zeit feststand, könne daher nicht gefolgt werden. Zusammenfassend seien besondere Umstände, die trotz der kurzen Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen ließen, nicht gegeben. Die gesetzliche Vermutung werde durch das Vorbringen der Klägerin nicht widerlegt.
Daraufhin hat die Klägerin am 30.12.2003 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben, zu deren Begründung sie ausführt, was die geplante Trauung auf H. am 31.05.2001 betreffe, so sei eine längerfristige Anmeldung dazu nicht erforderlich gewesen. Sie und der Versicherte hätten sich jedoch die erforderlichen aktuellen Aufenthaltsbescheinigungen ausstellen lassen, die dann aber im Jahre 2002 einbehalten worden seien, als anlässlich der Heirat im Jahre 2002 neue Aufenthaltsbescheinigungen hätten ausgestellt werden müssen. Auch der Sohn der Klägerin, L. G., bestätige in der beigefügten eidesstattlichen Versicherung, dass er wusste, dass die Klägerin und der Versicherte bereits am 31.05.2001 zu heiraten beabsichtigten. Während der geplanten Flitterwochen auf H. habe der Sohn die zukünftige Wohnung in der B. Straße renovieren sollen. Die Heirat im Jahre 2001 sei dann nicht zustande gekommen, weil sich der Versicherte nach dem Unfall nur noch unter Zuhilfenahme von Krücken habe fortbewegen können. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen widerlegten eindeutig die Vermutung einer Versorgungsehe. Die Diagnose Krebs habe zum Zeitpunkt der Anmeldung der Eheschließung bzw. der Eheschließung selbst noch nicht festgestanden. Sie habe, wie sich aus dem beigefügten Einzelverbindungsnachweis der Telekom ergebe, bereits am 17.05.2002 mit dem Standesamt N. Verbindung aufgenommen, um die Heiratsmodalitäten für die Eheschließung am 31.05.2002 zu klären. Die von dem Versicherten unterschriebene Bevollmächtigung für die Anmeldung der Eheschließung habe dieser bereits am 28.05.2002 unterschrieben und nur vordatiert auf den 29.05.2002. Das Forschungszentrum B. habe in der Antwort auf die Anfrage der Beklagten mitgeteilt, dass der histologische Befundbericht nach durchgeführter Biopsie auf den 31.05.2002 datiere; da die Anmeldung der Eheschließung am 30.05.2002 erfolgte, sei unstreitig die Krebsdiagnose zu diesem Zeitpunkt niemandem bekannt gewesen. Im Übrigen habe das Forschungszentrum B. auch mitgeteilt, dass nicht feststehe, ob der histologische Befundbericht bereits am 31.05.2002 in die Klinik überbracht worden sei. Außerdem hätten noch weitere immunhistochemische Untersuchungen zur endgültigen pathologisch-anatomischen Einschätzung ausgestanden. Wenn überhaupt - so die Ärzte - sei die Diagnose nur ansatzweise mitgeteilt worden. Noch am Montag, den 03.06.2002, sei der Versicherte im Krankenhaus von einem Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft aufgesucht worden, um zu klären, ob es sich bei der Erkrankung des Versicherten um eine Berufskrankheit handeln könnte. Es sei hier nur von einer Auffälligkeit in Bezug auf bronchiale Infekte die Rede gewesen. Auch an diesem Tag hätten weder sie noch der Versicherte von seiner schweren Erkrankung gewusst. Der plötzliche Tod des Versicherten sei weder für sie noch für ihn zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhersehbar gewesen. Fehl gehe der Hinweis der Beklagten, dass es nicht entscheidend sei, ob die Klägerin Kenntnis von verdächtigen Befunden gehabt habe. Hinsichtlich der Motive, die zur Eheschließung führen, komme es generell auf beide Ehegatten an. Motivation für die Eheschließung sei für beide Partner der Wunsch gewesen, den Lebensabend als Ehepaar zu verbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 05.11.2002 und den Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 aufzuheben und ihr große Witwenrente ab dem 01.07.2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, es könne nicht überzeugend dargelegt werden, dass sich die Hochzeit am 31.05.2002 als konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohlichen Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses erwiesen habe. Die telefonischen Anfragen der Klägerin beim Standesamt, ob am 31.05. "noch eine Eheschließung vorgenommen werden" könne, deuteten keineswegs auf eine längerfristige Planung hin. Sie seien lediglich 14 bzw. 7 Tage vor dem Termin erfolgt, der nach der Darstellung der Klägerin für beide Ehepartner von besonderer Bedeutung gewesen sein solle, darüber hinaus einen Tag nach der Einlieferung des Versicherten in das Klinikum N ... Bei Einlieferung in das Krankenhaus habe bereits eine ernsthafte Erkrankung zugrunde gelegen. Diese sei auch der Klägerin bekannt gewesen. Die Aufnahmediagnose des Versicherten habe ersichtlich keinen Anlass geben können, in Ruhe und unbeschwert die nach eigenen Angaben der Klägerin seit längerer Zeit geplante Hochzeit in den verbleibenden zwei Wochen vorzubereiten. Auch die weitere Entwicklung der Krankenbehandlung mit der Verlegung in das Forschungszentrum B. werde, abgesehen von den zusätzlichen Umständen durch die mittlerweile zweite Änderung der Standesamtszuständigkeit, nichts zur Beruhigung beigetragen haben. Wenn es der Klägerin, wie sie vortrage, aus persönlichen Gründen auf das konkrete Hochzeitsdatum angekommen sein sollte, werde nicht so recht erklärlich, wieso die notwendige Aufenthaltsbescheinigung erst einen Tag vorher beschafft worden sei. Ungewöhnlich erscheine weiterhin, dass die formalen Vorbereitungen für die Hochzeit einerseits nahe zu unmittelbar nach der Notfall-Einweisung in das Krankenhaus begonnen hätten, aber andererseits für eine langfristig geplante und auf ein bestimmtes Datum festgelegte Hochzeit unverständlich spät erfolgt seien.
Die Kammer hat eine Auskunft des Klinikum N. vom 11.11.2005 eingeholt sowie den Krankenhausentlassungsbericht des Klinikum N. vom 15.07.2002 betreffend den Aufenthalt des Versicherten nach Rückverlegung am 05.06.2002 bis zu seinem Tod beigezogen. Sie hat außerdem eine Auskunft des Standesamtes I. (Standesbeamtin D.) vom 30.01.2005 nebst Anlagen sowie Auskünfte des Standesamtes N. (Standesbeamtin W.) vom 20.12.2005 und 29.12.2005 eingeholt, von letzterer auch eine ergänzende telefonische Auskunft vom 22.12.2005.
Die Klägerin hat nach Übersendung dieser Unterlagen weiter vorgetragen, die Ausführungen des Standesamtes I. seien nicht zutreffend. Sie selbst habe weder gegenüber dem Standesamt N. noch gegenüber dem Standesamt I. jemals eine Nottrauung beantragt. Sie sei überhaupt nicht von einer Nottrauung wegen lebensgefährlicher Erkrankung ausgegangen. Dergleichen sei auch nicht an sie herangetragen worden. Ebenfalls nicht zutreffend seien die Ausführungen des Standesamtes N., das nur aus wichtigem Grund - lebensgefährliche Erkrankungen - Ehen an anderen Orten geschlossen werden könnten. Im Übrigen bleibe sie dabei, dass sie seinerzeit die Auskunft erhalten habe, dass es einer speziellen Anmeldung einer Hochzeit nicht bedurfte, weder in N. noch auf H ...
Die den Versicherten und die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird im Übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 87 Abs. 1, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden und als verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG statthaft.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 05.11.2002 und der Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 sind rechtmäßig. Die Beklagte hat die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des D. K. zu Recht abgelehnt, weil die Ehe mit der Klägerin nicht mindestens ein Jahr gedauert hat und die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe nicht widerlegt worden ist.
Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine oder große Witwenrente nach Maßgabe des § 46 Abs. 1 und 2 SGB VI. Der Rentenanspruch ist nach § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt nach § 46 Abs. 2a SGB VI in Verbindung mit § 242a Abs. 3 SGB VI mithin die gesetzliche Vermutung, dass bei Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Die gesetzliche Vermutung ist allerdings widerlegbar. Sie ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Da das Motiv der Eheschließenden, mit der Heirat der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, in der Praxis nur schwer nachzuweisen ist, hat der Gesetzgeber davon abgesehen, dieses Motiv zur Eheschließung allgemein zum Tatbestandsmerkmal für den Ausschluss des Anspruchs zu erheben. Er ist vielmehr von der Überlegung ausgegangen, dass nach der Lebenserfahrung eine mit einem Versicherten kurz vor dem Tod geschlossene Ehe, die nicht länger als ein Jahr dauert, meist aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen wird. Deshalb entfällt grundsätzlich der Anspruch, wenn nicht zu Gunsten der Hinterbliebenen diese Vermutung entkräftet wird. Als besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI sind alle Umstände des Einzelfalles anzusehen, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst und geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen. Dabei sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach § 202 SGG in Verbindung mit § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils. Die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises trägt nach Ausschöpfung des Amtsermittlungsgrundsatzes derjenige, der den Witwenrentenanspruch geltend macht, mithin trägt die Witwe die objektive Beweislast (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. I, § 46 SGB VI RdNr. 46 ff.; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 11.11.1999 zum Az.: L 5 U 112/98; BSGE 35, 272 ff.; SG Dortmund, Urteil vom 12.10.2005 zum Az.: S 34 RJ 219/04).
Diese Regelung verstößt auch nicht gegen den in Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierten Schutz der Ehe (BSG, Beschluss vom 23.09.1997 zum Az.: 2 BU 176/97 zur Parallelvorschrift in der gesetzlichen Unfallversicherung).
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat nur wenige Tage und damit deutlich weniger als ein Jahr gedauert. Die deshalb zur Anwendung kommende gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ist nicht durch besondere Umstände des Einzelfalles widerlegt worden. Zutreffend weist die Klägerin allerdings darauf hin, dass es auf die Motive beider Ehegatten ankommt (Kasseler Kommentar, a. a. O., RdNr. 46 c).
Das von der Klägerin hervorgehobene langjährige Zusammenleben mit dem Versicherten (seit Mitte 1985) ist nach Auffassung der Kammer kein die gesetzliche Vermutung widerlegender Umstand. Während vereinzelt ein jahrelanges Zusammenleben in eheähnlicher Gemeinschaft als Widerlegungsumstand angesehen wird (z.B. SG Würzburg, Urteil vom 15.09.2004 zum Az.: S 8 RJ 697/02) ist die Kammer der Auffassung, dass ein langjähriges eheähnliches Zusammenleben vielmehr die Rechtsvermutung unterstreicht, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck ist, der späteren Witwe eine Versorgung zu verschaffen (so auch LSG Niedersachsen, HV-Info 24/1997; LSG Nordrhein-Westfalen, HV-Info 16/2001, 1454). Denn einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt vielmehr die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten. Letzteres gilt umso mehr, wenn nach jahrelangem Zusammenleben "ohne Trauschein" kurz nach dem Bekanntwerden einer zum Tode führenden Erkrankung eines Partners geheiratet wird (LSG Schleswig-Holstein, a. a. O.). Dies gilt zur Überzeugung der Kammer auch, wenn die Ehe nach dem Bekanntwerden eines dringenden Verdachts auf eine lebensbedrohliche Erkrankung geschlossen wird. So liegt es hier.
Zwischen der Einlieferung des Versicherten in das Klinikum N. am 16.05.2002 und dem Beginn der Aktivitäten der Klägerin betreffend die standesamtliche Trauung besteht ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Einzelverbindungsnachweis der Telekom ist es möglich, dass der erste Kontakt zum gemäß § 6 Abs. 2 Personenstandsgesetz (PStG) zuständigen Standesamt N. am 17.05.2002 stattfand, was allerdings nicht belegt ist, da die letzten drei Ziffern der Zielrufnummer stets unkenntlich gemacht sind. Am 24.05.2002 hingegen ist ein Anruf der Klägerin bei der Stadt N.t ausreichend belegt, da laut Einzelverbindungsnachweis lediglich die dreistellige Durchwahl des Mitarbeiters unkenntlich gemacht ist. Im Ergebnis ist es jedoch nicht relevant, ob der erstmalige telefonische Kontakt der Klägerin zum Standesamt N. bereits am 17.05.2002 oder erst am 24.05.2002 stattfand, da beides für einen spontanen Entschluss zur Heirat spricht. Diese Überzeugung der Kammer beruht auf folgenden Umständen:
Bereits am Tag der Einlieferung des Versicherten in das Klinikum N., mithin am 16.05.2002, wurden mittels Computertomografie des Kopfes mehrere Hirnmetastasen beidseits festgestellt, was den Rückschluss auf einen metastasierenden Primärtumor im Körper des Versicherten zulässt. Die am selben Tag erfolgte Röntgen-Thorax-Aufnahme zeigte bereits einen großen pulmonalen Tumor rechts apikal, so dass der dringende Verdacht des Vorhandenseins des Primärtumors in Bereich der Lunge bereits am 16.05.2002 bestand. Dementsprechend lautet auch die erste Diagnose des Krankenhausentlassungsberichtes des Klinikum N. vom 28.05.2002 betreffend den ersten dortigen Aufenthalt des Klägers "Lungentumor rechts unklarer Histologie". Die genaue histologische Abklärung, vor allen Dingen, ob es sich um ein großzelliges oder kleinzelliges Karzinom handelt, sollte dann im Forschungszentrum B. nach Verlegung geklärt werden. Insofern bestand bereits am 17.05.2002 der dringende Verdacht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung mit kurzfristig infauster Prognose.
Die Kammer muss nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen auch davon ausgehen, dass sowohl die Klägerin als auch der Versicherte davon gewusst haben. So sprach die Klägerin selbst im Verwaltungsverfahren von der Kenntnis von "Schatten auf der Lunge". Auch das Klinikum N. bestätigte im Schreiben vom 24.09.2003 an die Beklagte, dass der Versicherte von verdächtigen Befunden wusste, seinerzeit aber noch die definitive histologische Diagnose ausstand. Auch wenn die Diagnose Krebs nach diesem Schreiben erst nach Vorliegen einer Histologie mitgeteilt wird, wurde der Versicherte jedenfalls über den schweren Verdacht ganz offensichtlich informiert. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung (nicht zu Protokoll, aber nach den Aufzeichnungen der Vorsitzenden) bestätigt, dass der Versicherte vom ersten Tag des Krankenhausaufenthaltes an bewusstseinsklar und ansprechbar war. Sie selbst hat ihn nach eigenen Angaben zu sämtlichen Untersuchungen im Krankenhaus begleitet. Die Ausführungen der Klägerin, sie habe sogar bis zum Tod des Versicherten nichts von der Krebserkrankung bzw. dem dringenden Verdacht gewusst, sondern sie sei stets von einer harmlosen Lungenentzündung und einem völlig überraschenden Tod durch Lungenembolie ausgegangen, sind nicht glaubhaft. Denn nach den von der Kammer eingeholten Auskünften beider beteiligter Standesbeamtinnen (Standesbeamtin D. vom Standesamt I. und Standesbeamtin W. vom Standesamt N.) handelte es sich um eine so genannte Nottrauung wegen lebensgefährlicher Erkrankung des Versicherten, die keinen Aufschub duldete. Nach den dortigen Auskünften, die in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Personenstandsgesetzes und der Dienstanweisung der Standesbeamten stehen, ist die Eheschließung grundsätzlich in den dafür gewidmeten Räumen des Standesamtes vorzunehmen. Nur in Ausnahmefällen kann auch eine Haustrauung oder eine Trauung in einem Krankenhaus vorgenommen werden. Eine Heirat im Krankenhaus wird so kurzfristig nur aus einem sehr wichtigen Grund wie üblicherweise wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung vorgenommen. Ideelle bzw. persönliche Gründe, wie die besondere Bedeutung eines bestimmten Datums -so wie die Klägerin dies für das Datum 31.05. vorträgt- reichen nicht aus, um eine Trauung im Krankenhaus vorzunehmen. Dass es sich vorliegend um eine so genannte Nottrauung gehandelt hat, ergibt sich auch daraus, dass sich die Standesbeamtin D. veranlasst sah, eine "Erklärung eines Arztes aus Anlass einer Eheschließung bei lebensgefährlicher Erkrankung eines Verlobten" einzuholen.
Der wichtige Grund, die Ehe an einem anderen Ort -wie hier im Krankenhaus- zu schließen, ist bei der Anmeldung der Eheschließung glaubhaft zu machen, bevor ein Standesbeamter eine Terminabsprache für eine entsprechende Trauung außerhalb der Räume des Standesamtes vornimmt. Dementsprechend muss die Klägerin bei der Anmeldung der Eheschließung bzw. bereits bei den vorangegangenen Telefonaten gegenüber der Standesbeamtin W. Angaben zum Gesundheitszustand des Versicherten gemacht haben, die -entsprechend den vorliegenden Auskünften- beide Standesbeamtinnen veranlassten, sehr kurzfristig alles erforderliche zu unternehmen, um die Nottrauung im Krankenhaus B. zu realisieren. Im Falle einer harmlosen, jedenfalls nicht lebensbedrohlichen Erkrankung wären die Eheleute auf eine Verschiebung der Trauung verwiesen worden, da eine Anmeldung zur Eheschließung schließlich sechs Monate gültig ist.
Der Vortrag der Klägerin, sie sei überhaupt nicht von einer Nottrauung wegen lebensgefährlicher Erkrankung ausgegangen, überzeugt nach den vorstehenden Ausführungen nicht. Denn es ist realitätsfern, dass dies alles regelrecht an der Klägerin "vorübergegangen" sein soll. Wenn danach die Klägerin zumindest von dem dringenden Verdacht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung gewusst hat, so ist nicht vorstellbar, dass der Versicherte selbst nicht davon wusste.
Zwar kann der Nachweis einer festen, konkreten Heiratsabsicht vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung bzw. des diesbezüglichen Verdachtes den Schluss zulassen, dass ein von der Versorgungsabsicht verschiedenes Motiv -nämlich die schon lange geplante Heirat endlich zu verwirklichen- ein die gesetzliche Vermutung wiederlegender Umstand sein. Ein solcher Umstand ist jedoch für die Kammer nicht mit der für den Vollbeweis erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Für die von der Klägerin behauptete geplante Trauung bereits ein Jahr zuvor, nämlich am 31.05.2001 auf H., sprechen zwar die nach Angaben der Klägerin in die 1987 gekauften Verlobungsringe im Jahre 2001 eingebrachte Gravur (ein entsprechender Beleg des Juweliers konnte nicht vorgelegt werden) und auch die Angaben des Sohnes der Klägerin in der eidesstattlichen Versicherung. Allerdings ist es erstaunlich, dass bis zum Unfall des Versicherten am 10.05.2001 noch keine Anmeldung zur Eheschließung beim zuständigen Standesamt N., das dann eine Ermächtigung an das Standesamt H. hätte erteilen müssen, erfolgt war, wie sich aus der Auskunft der Standesbeamtin W. ergibt.
Letztlich kann es jedoch dahinstehen, wie konkret bereits eine Hochzeit am 31.05.2001 geplant war, denn es lässt sich nicht ausreichend feststellen, dass die Heiratsabsicht fortbestand. Die Klägerin hat vorgetragen, dass, nachdem die Hochzeit am 31.05.2001 wegen des Unfalls des Versicherten nicht stattfinden konnte, diese exakt um ein Jahr, mithin auf den 31.05.2002 verschoben werden sollte. Wenn dieser Termin aber schon über ein Jahr festgestanden haben soll und dieses Datum für die Klägerin und den Versicherten aus persönlichen Gründen so wichtig war -wie die Klägerin mehrfach betont hat-, so ist es nicht nachvollziehbar, dass bis zum 17.05.2002 bzw. 24.05.2002 noch keinerlei Aktivitäten betreffend die standesamtliche Trauung seitens der Klägerin und des Versicherten stattfanden. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass vorliegend nichts auf eine längerfristige Planung eines schon lange bestehenden Heiratsentschlusses hinweist und dass die formalen Vorbereitungen für eine langfristig geplante und auf ein ganz bestimmtes Datum festgelegte Hochzeit unverständlich spät erfolgten. Wie die Standesbeamtin W. telefonisch bestätigte, handelt es sich bei dem Monat Mai um einen sehr beliebten Heiratsmonat, was insbesondere für einen Freitag im Mai gilt - wie den 31.05.2002. Um an einem solchen Tag überhaupt einen Termin zu bekommen, ist eine frühzeitige Anmeldung erforderlich und üblich. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, dass sie bei früheren Anfragen beim Standesamt N. die Auskunft erhalten habe, dass es einer vorherigen Anmeldung einer Trauung nicht bedürfe und dass man an jedem beliebigen Ort ohne vorherige Anmeldung heiraten könne, so dass sie und der Versicherte auch am 31.05.2002 auf H. (nicht in B., wie sie in der mündlichen Verhandlung klar stellte) einfach so beim dortigen Standesamt zwecks Trauung vorsprechen wollten. In Anbetracht der eindeutigen dem entgegenstehenden Vorschriften des Personenstandsgesetzes betreffend die einzuhaltenden Formalitäten und auch der entsprechenden Auskunft der Standesbeamtin W., schließt die Kammer jedoch aus, dass diese derartige Auskünfte an die Klägerin gegeben hat. Einen derartig unbedarften Eindruck hat die Klägerin auf die Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung im Übrigen auch nicht gemacht.
Insgesamt ergibt sich für die Kammer kein erkennbarer Anschein von Hochzeits- bzw. auch Hochzeitsreisevorbereitungen für die angeblich schon über ein Jahr feststehende Trauung am 31.05.2002. Ein Quartier auf H. war nach Angaben der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung auch nicht gebucht.
Weiter hatte die Klägerin vorgetragen, dass für sie und den Versicherten eine unmittelbare Verknüpfung zwischen der Hochzeit und dem Auszug aus der Wohnung des Versicherten in die Wohnung der Klägerin in der B. Straße bestand. Hintergrund sei gewesen, dass der Versicherte betreffend das Mietverhältnis nur als gleichberechtigter Ehegatte in die Wohnung der Klägerin einziehen wollte. Der Umzug in die B. Straße sei also nach der gescheiterten Hochzeit im Jahre 2001 bereits konkret geplant gewesen im Zusammenhang mit der auf den 31.05.2002 verschobenen Hochzeit. Dann aber ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin die Wohnung des Versicherten im ...gang erst am 28.06.2002 gekündigt hat und noch bis Oktober 2002 Miete zahlen musste. Auch dies spricht mithin nicht für einen schon langfristig geplanten feststehenden Hochzeitstermin am 31.05.2002.
Sofern die Klägerin schließlich vorträgt, dass sie eine eigene Rente beziehe und auf die Witwenrente nicht angewiesen sei, so ist dies kein Umstand, der die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen vermag. So wird zwar vereinzelt die Auffassung vertreten, dass eine ausreichende eigene Versorgung des Hinterbliebenen grundsätzlich geeignet sei, die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen (SG Würzburg, a. a. O.), dem kann sich die Kammer jedoch nicht anschließen. Die gesetzliche Vermutung gilt vielmehr nicht nur in Fällen, in denen eine geringe oder sogar möglicherweise fehlende eigene Versorgung der Witwe vorliegt, sondern auch dann, wenn die Hinterbliebenenversorgung die eigene Versorgung aufbessert, sich mithin die wirtschaftliche Situation der Witwe verbessern würde. Nach dem oben genannten Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts spricht sogar die wirtschaftliche Situation der Witwe nur dann gegen die gesetzliche Vermutung, wenn sie sich durch die Heirat verschlechtert hätte. Die Klägerin bezieht eine Altersrente in Höhe von 780,00 Euro netto. In Anbetracht der Höhe der Altersrente des Versicherten, die zuletzt 1.535,18 Euro monatlich betrug, würde sich die wirtschaftliche Situation der Klägerin durch die begehrte Witwenrente erheblich verbessern. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie sei durch die Heirat eher finanziell belastet worden, da sie vorübergehend zwei Mieten habe zahlen müssen und auch Renovierungsarbeiten in der Wohnung des Versicherten habe durchführen müssen, so handelt es sich hierbei nur um vorübergehende Belastungen, die mit Blick auf die auf Dauer begehrte Witwenrente nicht ins Gewicht fallen.
Nach allem erschließt sich für die Kammer insgesamt nicht, auf Grund welcher besonderen Umstände die Eheschließung kurz vor dem Ableben des Versicherten einen anderen Zweck gehabt haben könnte, als die Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung für die Klägerin. Die Klägerin vermochte die gesetzliche Vermutung nicht zur Überzeugung der Kammer zu widerlegen. Dementsprechend war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt dem Ergebnis in der Hauptsache und beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, in diesem Zusammenhang insbesondere darüber, ob eine so genannte "Versorgungsehe" vorliegt.
Die 1936 geborene Klägerin ist die Witwe des 1936 geborenen D. K. (im Folgenden: Versicherter), der von der Beklagten seit dem 01.12.1996 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bezog in Höhe von zuletzt 1.535,18 Euro monatlich.
Nach Angaben der Klägerin lebte diese mit dem Versicherten bereits seit dem 31.05.1985 in dessen Wohnung zusammen und sie seien seit dem 31.05.1987 verlobt gewesen.
Am 16.05.2002 wurde der Versicherte mit Verdacht auf einen cerebralen Prozess stationär im Klinikum N. aufgenommen. Die am selben Tag durchgeführte Computertomografie des Kopfes zeigte mehrere Hirnfiliae (Hirnmetastasen) beidseits. Röntgen-Thorax-Aufnahmen vom 16.05.2002, 22.05.2002 sowie 23.05.2002 zeigten einen großen pulmunalen Tumor rechts apikal; zusätzlich bestand eine Pneumonie rechts. Die am 23.05.2002 durchgeführte Bronchoskopie ergab eine Lungeneinengung im 1. Segment rechts, aber keinen direkten Beweis eines Tumors, sodass der Versicherte zur weiteren Klärung des Tumors am 28.05.2002 in das Forschungszentrum B. verlegt wurde unter den Diagnosen:
1. Lungentumor rechts unklarer Histologie, 1.1. Hirnfiliae, 1.2. Pneumonie rechts.
In B. wurde ein fortgeschrittenes großzelliges Lungenkarzinom mit Einwachsen des Tumors in die Brustwand gesichert. Am 05.06.2002 wurde der Versicherte in das Klinikum N. rückverlegt, wo er am 11.06.2002 nach einem generalisierten cerebralen Krampfanfall mit Aspiration an den Folgen des fortgeschrittenen Tumorleidens verstarb.
Während des Aufenthaltes des Versicherten im Forschungszentrum B., nämlich am 31.05.2002, heirateten die Klägerin und der Versicherte standesamtlich. Die Trauung wurde von der Standesbeamtin D. vom Standesamt I. im Krankenhaus vorgenommen. Am 29.05.2002 hatte der Versicherte die Klägerin auf dem dafür vorgesehenen Formular zur Anmeldung der Eheschließung bevollmächtigt. Die Bescheinigung der Anmeldung der Eheschließung seitens der für den Wohnort der Klägerin und des Versicherten zuständigen Standesbeamtin W. des Standesamtes N. datiert vom 30.05.2002, gleichzeitig erteilte die Standesbeamtin W. dem Standesamt I. eine standesamtliche Ermächtigung zur Vornahme der Eheschließung. Am 30.05.2002 gab der behandelnde Arzt im Forschungszentrum B. eine "Erklärung eines Arztes aus Anlass einer Eheschließung bei lebensgefährlicher Erkrankung eines Verlobten" gegenüber dem Standesamt I. auf dessen Veranlassung ab.
Am 18.06.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Witwenrente. Unter Hinweis darauf, dass die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat und unter Erläuterung der Vorschrift des § 46 Abs. 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bat die Beklagte die Klägerin um Mitteilung etwaiger Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen könnten. Hierzu teilte die Klägerin mit, sie habe bereits seit dem 31.05.1985 mit dem Versicherten in dessen Wohnung im gang 14 in N. gelebt, ihre Wohnung in der B. Straße 21 in N. aber nicht aufgegeben und auch keine Wohnsitz-Ummeldung vorgenommen, da ihr Sohn diese Wohnung bewohnt habe. Es sei vorgesehen gewesen, den gemeinsamen Lebensabend ab 2001 in der Wohnung B. Straße zu verbringen. Daher hätten sie bereits zum 31.05.2001 eine Heirat geplant, die durch höhere Gewalt auf präzise ein Jahr habe verschoben werden müssen. Ein Jahr später, am 31.05.2002, hätten sie nun endlich in Verbindung mit Urlaub im Umkreis B. heiraten wollen. Es sei jedoch dann ganz anders gekommen, da ihr Ehemann am 16.05.2002 plötzlich ohne vorhersehbare Anzeichen schweißgebadet zusammengebrochen und in das Klinikum N. notfallmäßig eingeliefert worden sei. Dort sei eine verschleppte Lungenentzündung diagnostiziert worden. Eine lebensbedrohende Erkrankung sei zu keinem Zeitpunkt diagnostiziert worden. Der geplante Heiratstermin (31.05.2002) sei immer näher gerückt und ihr Mann sei gesundheitlich noch nicht wieder so hergestellt gewesen, dass an eine Entlassung zu denken gewesen sei. Da der Ehetermin für sie beide sehr wichtig gewesen sei, auch wegen der geplanten gemeinsamen Wohnung in der B. Straße, hätten sie beschlossen im Klinikum N. standesamtlich zu heiraten. Da ihr Mann dann am 28.05.2002 zwecks einer Lungenspezialuntersuchung in das Forschungszentrum B. verlegt worden sei, hätten sie zwangsläufig in dieser Klinik standesamtlich heiraten müssen. Zu dem Grund der Verlegung in das Forschungszentrum B. habe ihr Mann ihr mitgeteilt, dass auf dem Röntgenbild bei einem Lungenflügel ein Schatten zu sehen sei. Nach Rückverlegung ins Klinikum N. sei ihr Mann dann unerwartet am 11.06.2002 an einer Embolie verstorben.
Mit Bescheid vom 05.11.2002 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf große Witwenrente gemäß § 46 Abs. 2 SGB VI ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI bestehe kein Anspruch auf eine Witwenrente, wenn der Ehegatte innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung versterbe. Die Eheschließung sei am 31.05.2002 erfolgt, der Versicherte sei am 11.06.2002 verstorben, sodass die geforderte Ehedauer von mindestens einem Jahr nicht vorliege. Gemäß § 46 Abs. 2 a, 2. Teilsatz SGB VI seien die besonderen Umstände zu prüfen, wobei der Zweck der Heirat als Hinterbliebenenversorgung auszuschließen sei. Die von der Klägerin geschilderten Umstände ließen einen Ausschluss nicht eindeutig zu.
Hiergegen legte die Klägerin am 04.12.2002 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, nach Rückverlegung in das Klinikum N. am 05.06.2002 sei davon ausgegangen worden, dass die Lungenentzündung innerhalb der nächsten zwei Wochen auskuriert sei. Der Tod sei völlig unerwartet und plötzlich durch eine Lungenembolie hervorgerufen worden; dies sei weder von ihr noch dem Versicherten oder den behandelnden Ärzten vorhersehbar gewesen. Die Tatsache, dass am 31.05.2002 im Forschungszentrum B. geheiratet worden sei, beruhe einzig und allein auf persönlichen Gründen; dieses Datum habe für beide eine hohe emotionale und symbolische Bedeutung gehabt. Die Absicht, bereits ein Jahr zuvor, nämlich am 31.05.2001 zu heiraten, könne durch Vorlage der Eheringe mit entsprechender Gravur belegt werden. Da die Hochzeit im Jahre 2001 habe verschoben werden müssen, habe man sich entschlossen und gegenseitig versprochen, genau ein Jahr später am 31.05.2002 zu heiraten. Gerade deshalb hätten sie und ihr Ehemann dann auch der Umstände zum Trotz am 31.05.2002 im Krankenhaus geheiratet. Die Heirat sei also längst geplant gewesen, wie zum Beispiel auch die Hochzeitsreise nach B ... Eine Versorgungsabsicht habe weder für den Versicherten noch für die Klägerin eine Rolle gespielt. Hätte der Versicherte sein kurz bevorstehendes Ableben geahnt, wäre er mit Rücksicht auf seine Ehefrau die Ehe nicht eingegangen.
Die Beklagte holte Auskünfte des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M. vom 30.08.2003, des Klinikum N. vom 03.09.2003 und vom 24.09.2003 mit dem Krankenhausentlassungsbericht vom 28.05.2002 sowie eine Auskunft des Forschungszentrum B. vom 15.09.2003 ein und übersandte Kopien der Klägerin.
Hierzu führte die Klägerin dann aus, aus den ärztlichen Unterlagen ergebe sich, dass sowohl sie als auch der Versicherte weder vorher noch am Hochzeitstag Kenntnis von dem tatsächlichen Gesundheitszustand des Versicherten hätten haben können, da die Diagnose noch nicht zweifelsfrei festgestanden habe. Aus ihren Aufzeichnung ergebe sich, dass sie die organisatorischen Heiratsaktivitäten am 27.05.2002 begonnen habe mit Beantragung einer Bescheinigung der Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt N ... Zu diesem Zeitpunkt habe keinesfalls eine infauste Prognose hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Versicherten bestanden. Zu dem Grund, warum die Eheschließung ein Jahr zuvor (31.05.2001) verschoben hätte werden müssen, teilte die Klägerin mit, dass der Versicherte am 10.05.2001 einen Unfall erlitten habe und sein Gesundheitszustand bis zum 31.05.2001 noch nicht so weit wiederhergestellt war, dass die geplante Heirat am 31.05.2001 hätte stattfinden können. Der Versicherte habe sich vom 11.05.2001 bis zum 18.05.2001 in stationärer Behandlung befunden. Weiter bekräftigte die Klägerin noch einmal, dass sie vom tatsächlichen Gesundheitszustand ihres Ehemannes keine Kenntnis gehabt habe. Dass er unheilbar an Krebs erkrankt sei, habe sie erst jetzt durch die übersandten medizinischen Unterlagen erfahren. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei widerlegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Versicherte sei mit Verdacht auf einen cerebralen Prozess in das Klinikum N. eingeliefert worden. Er habe unter neurologischen Ausfällen gelitten. Zum Zeitpunkt, als der Versicherte die Bevollmächtigung zur Eheschließung unterschrieb, seien ihm zumindest verdächtige Befunde bekannt gewesen. Nicht entscheidend sei, ob auch die Klägerin von den verdächtigen Befunden Kenntnis hatte. Die Eheschließung sei nach den äußeren Umständen nicht über einen längeren Zeitraum konkret auf den 31.05.2002 vorbereitet, sondern erst mit der am 29.05.2002 unterschriebenen Bevollmächtigung am 30.05.2002 angemeldet worden. Schließlich spreche auch die langjährige gemeinsame Haushaltsführung ohne Heirat für die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe. Dem Vorbringen, dass die infauste Prognose zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht bekannt war und dass der Hochzeitstermin schon längere Zeit feststand, könne daher nicht gefolgt werden. Zusammenfassend seien besondere Umstände, die trotz der kurzen Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen ließen, nicht gegeben. Die gesetzliche Vermutung werde durch das Vorbringen der Klägerin nicht widerlegt.
Daraufhin hat die Klägerin am 30.12.2003 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben, zu deren Begründung sie ausführt, was die geplante Trauung auf H. am 31.05.2001 betreffe, so sei eine längerfristige Anmeldung dazu nicht erforderlich gewesen. Sie und der Versicherte hätten sich jedoch die erforderlichen aktuellen Aufenthaltsbescheinigungen ausstellen lassen, die dann aber im Jahre 2002 einbehalten worden seien, als anlässlich der Heirat im Jahre 2002 neue Aufenthaltsbescheinigungen hätten ausgestellt werden müssen. Auch der Sohn der Klägerin, L. G., bestätige in der beigefügten eidesstattlichen Versicherung, dass er wusste, dass die Klägerin und der Versicherte bereits am 31.05.2001 zu heiraten beabsichtigten. Während der geplanten Flitterwochen auf H. habe der Sohn die zukünftige Wohnung in der B. Straße renovieren sollen. Die Heirat im Jahre 2001 sei dann nicht zustande gekommen, weil sich der Versicherte nach dem Unfall nur noch unter Zuhilfenahme von Krücken habe fortbewegen können. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen widerlegten eindeutig die Vermutung einer Versorgungsehe. Die Diagnose Krebs habe zum Zeitpunkt der Anmeldung der Eheschließung bzw. der Eheschließung selbst noch nicht festgestanden. Sie habe, wie sich aus dem beigefügten Einzelverbindungsnachweis der Telekom ergebe, bereits am 17.05.2002 mit dem Standesamt N. Verbindung aufgenommen, um die Heiratsmodalitäten für die Eheschließung am 31.05.2002 zu klären. Die von dem Versicherten unterschriebene Bevollmächtigung für die Anmeldung der Eheschließung habe dieser bereits am 28.05.2002 unterschrieben und nur vordatiert auf den 29.05.2002. Das Forschungszentrum B. habe in der Antwort auf die Anfrage der Beklagten mitgeteilt, dass der histologische Befundbericht nach durchgeführter Biopsie auf den 31.05.2002 datiere; da die Anmeldung der Eheschließung am 30.05.2002 erfolgte, sei unstreitig die Krebsdiagnose zu diesem Zeitpunkt niemandem bekannt gewesen. Im Übrigen habe das Forschungszentrum B. auch mitgeteilt, dass nicht feststehe, ob der histologische Befundbericht bereits am 31.05.2002 in die Klinik überbracht worden sei. Außerdem hätten noch weitere immunhistochemische Untersuchungen zur endgültigen pathologisch-anatomischen Einschätzung ausgestanden. Wenn überhaupt - so die Ärzte - sei die Diagnose nur ansatzweise mitgeteilt worden. Noch am Montag, den 03.06.2002, sei der Versicherte im Krankenhaus von einem Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft aufgesucht worden, um zu klären, ob es sich bei der Erkrankung des Versicherten um eine Berufskrankheit handeln könnte. Es sei hier nur von einer Auffälligkeit in Bezug auf bronchiale Infekte die Rede gewesen. Auch an diesem Tag hätten weder sie noch der Versicherte von seiner schweren Erkrankung gewusst. Der plötzliche Tod des Versicherten sei weder für sie noch für ihn zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhersehbar gewesen. Fehl gehe der Hinweis der Beklagten, dass es nicht entscheidend sei, ob die Klägerin Kenntnis von verdächtigen Befunden gehabt habe. Hinsichtlich der Motive, die zur Eheschließung führen, komme es generell auf beide Ehegatten an. Motivation für die Eheschließung sei für beide Partner der Wunsch gewesen, den Lebensabend als Ehepaar zu verbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 05.11.2002 und den Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 aufzuheben und ihr große Witwenrente ab dem 01.07.2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, es könne nicht überzeugend dargelegt werden, dass sich die Hochzeit am 31.05.2002 als konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohlichen Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses erwiesen habe. Die telefonischen Anfragen der Klägerin beim Standesamt, ob am 31.05. "noch eine Eheschließung vorgenommen werden" könne, deuteten keineswegs auf eine längerfristige Planung hin. Sie seien lediglich 14 bzw. 7 Tage vor dem Termin erfolgt, der nach der Darstellung der Klägerin für beide Ehepartner von besonderer Bedeutung gewesen sein solle, darüber hinaus einen Tag nach der Einlieferung des Versicherten in das Klinikum N ... Bei Einlieferung in das Krankenhaus habe bereits eine ernsthafte Erkrankung zugrunde gelegen. Diese sei auch der Klägerin bekannt gewesen. Die Aufnahmediagnose des Versicherten habe ersichtlich keinen Anlass geben können, in Ruhe und unbeschwert die nach eigenen Angaben der Klägerin seit längerer Zeit geplante Hochzeit in den verbleibenden zwei Wochen vorzubereiten. Auch die weitere Entwicklung der Krankenbehandlung mit der Verlegung in das Forschungszentrum B. werde, abgesehen von den zusätzlichen Umständen durch die mittlerweile zweite Änderung der Standesamtszuständigkeit, nichts zur Beruhigung beigetragen haben. Wenn es der Klägerin, wie sie vortrage, aus persönlichen Gründen auf das konkrete Hochzeitsdatum angekommen sein sollte, werde nicht so recht erklärlich, wieso die notwendige Aufenthaltsbescheinigung erst einen Tag vorher beschafft worden sei. Ungewöhnlich erscheine weiterhin, dass die formalen Vorbereitungen für die Hochzeit einerseits nahe zu unmittelbar nach der Notfall-Einweisung in das Krankenhaus begonnen hätten, aber andererseits für eine langfristig geplante und auf ein bestimmtes Datum festgelegte Hochzeit unverständlich spät erfolgt seien.
Die Kammer hat eine Auskunft des Klinikum N. vom 11.11.2005 eingeholt sowie den Krankenhausentlassungsbericht des Klinikum N. vom 15.07.2002 betreffend den Aufenthalt des Versicherten nach Rückverlegung am 05.06.2002 bis zu seinem Tod beigezogen. Sie hat außerdem eine Auskunft des Standesamtes I. (Standesbeamtin D.) vom 30.01.2005 nebst Anlagen sowie Auskünfte des Standesamtes N. (Standesbeamtin W.) vom 20.12.2005 und 29.12.2005 eingeholt, von letzterer auch eine ergänzende telefonische Auskunft vom 22.12.2005.
Die Klägerin hat nach Übersendung dieser Unterlagen weiter vorgetragen, die Ausführungen des Standesamtes I. seien nicht zutreffend. Sie selbst habe weder gegenüber dem Standesamt N. noch gegenüber dem Standesamt I. jemals eine Nottrauung beantragt. Sie sei überhaupt nicht von einer Nottrauung wegen lebensgefährlicher Erkrankung ausgegangen. Dergleichen sei auch nicht an sie herangetragen worden. Ebenfalls nicht zutreffend seien die Ausführungen des Standesamtes N., das nur aus wichtigem Grund - lebensgefährliche Erkrankungen - Ehen an anderen Orten geschlossen werden könnten. Im Übrigen bleibe sie dabei, dass sie seinerzeit die Auskunft erhalten habe, dass es einer speziellen Anmeldung einer Hochzeit nicht bedurfte, weder in N. noch auf H ...
Die den Versicherten und die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird im Übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 87 Abs. 1, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden und als verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG statthaft.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 05.11.2002 und der Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 sind rechtmäßig. Die Beklagte hat die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des D. K. zu Recht abgelehnt, weil die Ehe mit der Klägerin nicht mindestens ein Jahr gedauert hat und die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe nicht widerlegt worden ist.
Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine oder große Witwenrente nach Maßgabe des § 46 Abs. 1 und 2 SGB VI. Der Rentenanspruch ist nach § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt nach § 46 Abs. 2a SGB VI in Verbindung mit § 242a Abs. 3 SGB VI mithin die gesetzliche Vermutung, dass bei Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Die gesetzliche Vermutung ist allerdings widerlegbar. Sie ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Da das Motiv der Eheschließenden, mit der Heirat der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, in der Praxis nur schwer nachzuweisen ist, hat der Gesetzgeber davon abgesehen, dieses Motiv zur Eheschließung allgemein zum Tatbestandsmerkmal für den Ausschluss des Anspruchs zu erheben. Er ist vielmehr von der Überlegung ausgegangen, dass nach der Lebenserfahrung eine mit einem Versicherten kurz vor dem Tod geschlossene Ehe, die nicht länger als ein Jahr dauert, meist aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen wird. Deshalb entfällt grundsätzlich der Anspruch, wenn nicht zu Gunsten der Hinterbliebenen diese Vermutung entkräftet wird. Als besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI sind alle Umstände des Einzelfalles anzusehen, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst und geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen. Dabei sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach § 202 SGG in Verbindung mit § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils. Die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises trägt nach Ausschöpfung des Amtsermittlungsgrundsatzes derjenige, der den Witwenrentenanspruch geltend macht, mithin trägt die Witwe die objektive Beweislast (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. I, § 46 SGB VI RdNr. 46 ff.; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 11.11.1999 zum Az.: L 5 U 112/98; BSGE 35, 272 ff.; SG Dortmund, Urteil vom 12.10.2005 zum Az.: S 34 RJ 219/04).
Diese Regelung verstößt auch nicht gegen den in Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierten Schutz der Ehe (BSG, Beschluss vom 23.09.1997 zum Az.: 2 BU 176/97 zur Parallelvorschrift in der gesetzlichen Unfallversicherung).
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat nur wenige Tage und damit deutlich weniger als ein Jahr gedauert. Die deshalb zur Anwendung kommende gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ist nicht durch besondere Umstände des Einzelfalles widerlegt worden. Zutreffend weist die Klägerin allerdings darauf hin, dass es auf die Motive beider Ehegatten ankommt (Kasseler Kommentar, a. a. O., RdNr. 46 c).
Das von der Klägerin hervorgehobene langjährige Zusammenleben mit dem Versicherten (seit Mitte 1985) ist nach Auffassung der Kammer kein die gesetzliche Vermutung widerlegender Umstand. Während vereinzelt ein jahrelanges Zusammenleben in eheähnlicher Gemeinschaft als Widerlegungsumstand angesehen wird (z.B. SG Würzburg, Urteil vom 15.09.2004 zum Az.: S 8 RJ 697/02) ist die Kammer der Auffassung, dass ein langjähriges eheähnliches Zusammenleben vielmehr die Rechtsvermutung unterstreicht, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck ist, der späteren Witwe eine Versorgung zu verschaffen (so auch LSG Niedersachsen, HV-Info 24/1997; LSG Nordrhein-Westfalen, HV-Info 16/2001, 1454). Denn einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt vielmehr die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten. Letzteres gilt umso mehr, wenn nach jahrelangem Zusammenleben "ohne Trauschein" kurz nach dem Bekanntwerden einer zum Tode führenden Erkrankung eines Partners geheiratet wird (LSG Schleswig-Holstein, a. a. O.). Dies gilt zur Überzeugung der Kammer auch, wenn die Ehe nach dem Bekanntwerden eines dringenden Verdachts auf eine lebensbedrohliche Erkrankung geschlossen wird. So liegt es hier.
Zwischen der Einlieferung des Versicherten in das Klinikum N. am 16.05.2002 und dem Beginn der Aktivitäten der Klägerin betreffend die standesamtliche Trauung besteht ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Einzelverbindungsnachweis der Telekom ist es möglich, dass der erste Kontakt zum gemäß § 6 Abs. 2 Personenstandsgesetz (PStG) zuständigen Standesamt N. am 17.05.2002 stattfand, was allerdings nicht belegt ist, da die letzten drei Ziffern der Zielrufnummer stets unkenntlich gemacht sind. Am 24.05.2002 hingegen ist ein Anruf der Klägerin bei der Stadt N.t ausreichend belegt, da laut Einzelverbindungsnachweis lediglich die dreistellige Durchwahl des Mitarbeiters unkenntlich gemacht ist. Im Ergebnis ist es jedoch nicht relevant, ob der erstmalige telefonische Kontakt der Klägerin zum Standesamt N. bereits am 17.05.2002 oder erst am 24.05.2002 stattfand, da beides für einen spontanen Entschluss zur Heirat spricht. Diese Überzeugung der Kammer beruht auf folgenden Umständen:
Bereits am Tag der Einlieferung des Versicherten in das Klinikum N., mithin am 16.05.2002, wurden mittels Computertomografie des Kopfes mehrere Hirnmetastasen beidseits festgestellt, was den Rückschluss auf einen metastasierenden Primärtumor im Körper des Versicherten zulässt. Die am selben Tag erfolgte Röntgen-Thorax-Aufnahme zeigte bereits einen großen pulmonalen Tumor rechts apikal, so dass der dringende Verdacht des Vorhandenseins des Primärtumors in Bereich der Lunge bereits am 16.05.2002 bestand. Dementsprechend lautet auch die erste Diagnose des Krankenhausentlassungsberichtes des Klinikum N. vom 28.05.2002 betreffend den ersten dortigen Aufenthalt des Klägers "Lungentumor rechts unklarer Histologie". Die genaue histologische Abklärung, vor allen Dingen, ob es sich um ein großzelliges oder kleinzelliges Karzinom handelt, sollte dann im Forschungszentrum B. nach Verlegung geklärt werden. Insofern bestand bereits am 17.05.2002 der dringende Verdacht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung mit kurzfristig infauster Prognose.
Die Kammer muss nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen auch davon ausgehen, dass sowohl die Klägerin als auch der Versicherte davon gewusst haben. So sprach die Klägerin selbst im Verwaltungsverfahren von der Kenntnis von "Schatten auf der Lunge". Auch das Klinikum N. bestätigte im Schreiben vom 24.09.2003 an die Beklagte, dass der Versicherte von verdächtigen Befunden wusste, seinerzeit aber noch die definitive histologische Diagnose ausstand. Auch wenn die Diagnose Krebs nach diesem Schreiben erst nach Vorliegen einer Histologie mitgeteilt wird, wurde der Versicherte jedenfalls über den schweren Verdacht ganz offensichtlich informiert. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung (nicht zu Protokoll, aber nach den Aufzeichnungen der Vorsitzenden) bestätigt, dass der Versicherte vom ersten Tag des Krankenhausaufenthaltes an bewusstseinsklar und ansprechbar war. Sie selbst hat ihn nach eigenen Angaben zu sämtlichen Untersuchungen im Krankenhaus begleitet. Die Ausführungen der Klägerin, sie habe sogar bis zum Tod des Versicherten nichts von der Krebserkrankung bzw. dem dringenden Verdacht gewusst, sondern sie sei stets von einer harmlosen Lungenentzündung und einem völlig überraschenden Tod durch Lungenembolie ausgegangen, sind nicht glaubhaft. Denn nach den von der Kammer eingeholten Auskünften beider beteiligter Standesbeamtinnen (Standesbeamtin D. vom Standesamt I. und Standesbeamtin W. vom Standesamt N.) handelte es sich um eine so genannte Nottrauung wegen lebensgefährlicher Erkrankung des Versicherten, die keinen Aufschub duldete. Nach den dortigen Auskünften, die in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Personenstandsgesetzes und der Dienstanweisung der Standesbeamten stehen, ist die Eheschließung grundsätzlich in den dafür gewidmeten Räumen des Standesamtes vorzunehmen. Nur in Ausnahmefällen kann auch eine Haustrauung oder eine Trauung in einem Krankenhaus vorgenommen werden. Eine Heirat im Krankenhaus wird so kurzfristig nur aus einem sehr wichtigen Grund wie üblicherweise wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung vorgenommen. Ideelle bzw. persönliche Gründe, wie die besondere Bedeutung eines bestimmten Datums -so wie die Klägerin dies für das Datum 31.05. vorträgt- reichen nicht aus, um eine Trauung im Krankenhaus vorzunehmen. Dass es sich vorliegend um eine so genannte Nottrauung gehandelt hat, ergibt sich auch daraus, dass sich die Standesbeamtin D. veranlasst sah, eine "Erklärung eines Arztes aus Anlass einer Eheschließung bei lebensgefährlicher Erkrankung eines Verlobten" einzuholen.
Der wichtige Grund, die Ehe an einem anderen Ort -wie hier im Krankenhaus- zu schließen, ist bei der Anmeldung der Eheschließung glaubhaft zu machen, bevor ein Standesbeamter eine Terminabsprache für eine entsprechende Trauung außerhalb der Räume des Standesamtes vornimmt. Dementsprechend muss die Klägerin bei der Anmeldung der Eheschließung bzw. bereits bei den vorangegangenen Telefonaten gegenüber der Standesbeamtin W. Angaben zum Gesundheitszustand des Versicherten gemacht haben, die -entsprechend den vorliegenden Auskünften- beide Standesbeamtinnen veranlassten, sehr kurzfristig alles erforderliche zu unternehmen, um die Nottrauung im Krankenhaus B. zu realisieren. Im Falle einer harmlosen, jedenfalls nicht lebensbedrohlichen Erkrankung wären die Eheleute auf eine Verschiebung der Trauung verwiesen worden, da eine Anmeldung zur Eheschließung schließlich sechs Monate gültig ist.
Der Vortrag der Klägerin, sie sei überhaupt nicht von einer Nottrauung wegen lebensgefährlicher Erkrankung ausgegangen, überzeugt nach den vorstehenden Ausführungen nicht. Denn es ist realitätsfern, dass dies alles regelrecht an der Klägerin "vorübergegangen" sein soll. Wenn danach die Klägerin zumindest von dem dringenden Verdacht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung gewusst hat, so ist nicht vorstellbar, dass der Versicherte selbst nicht davon wusste.
Zwar kann der Nachweis einer festen, konkreten Heiratsabsicht vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung bzw. des diesbezüglichen Verdachtes den Schluss zulassen, dass ein von der Versorgungsabsicht verschiedenes Motiv -nämlich die schon lange geplante Heirat endlich zu verwirklichen- ein die gesetzliche Vermutung wiederlegender Umstand sein. Ein solcher Umstand ist jedoch für die Kammer nicht mit der für den Vollbeweis erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Für die von der Klägerin behauptete geplante Trauung bereits ein Jahr zuvor, nämlich am 31.05.2001 auf H., sprechen zwar die nach Angaben der Klägerin in die 1987 gekauften Verlobungsringe im Jahre 2001 eingebrachte Gravur (ein entsprechender Beleg des Juweliers konnte nicht vorgelegt werden) und auch die Angaben des Sohnes der Klägerin in der eidesstattlichen Versicherung. Allerdings ist es erstaunlich, dass bis zum Unfall des Versicherten am 10.05.2001 noch keine Anmeldung zur Eheschließung beim zuständigen Standesamt N., das dann eine Ermächtigung an das Standesamt H. hätte erteilen müssen, erfolgt war, wie sich aus der Auskunft der Standesbeamtin W. ergibt.
Letztlich kann es jedoch dahinstehen, wie konkret bereits eine Hochzeit am 31.05.2001 geplant war, denn es lässt sich nicht ausreichend feststellen, dass die Heiratsabsicht fortbestand. Die Klägerin hat vorgetragen, dass, nachdem die Hochzeit am 31.05.2001 wegen des Unfalls des Versicherten nicht stattfinden konnte, diese exakt um ein Jahr, mithin auf den 31.05.2002 verschoben werden sollte. Wenn dieser Termin aber schon über ein Jahr festgestanden haben soll und dieses Datum für die Klägerin und den Versicherten aus persönlichen Gründen so wichtig war -wie die Klägerin mehrfach betont hat-, so ist es nicht nachvollziehbar, dass bis zum 17.05.2002 bzw. 24.05.2002 noch keinerlei Aktivitäten betreffend die standesamtliche Trauung seitens der Klägerin und des Versicherten stattfanden. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass vorliegend nichts auf eine längerfristige Planung eines schon lange bestehenden Heiratsentschlusses hinweist und dass die formalen Vorbereitungen für eine langfristig geplante und auf ein ganz bestimmtes Datum festgelegte Hochzeit unverständlich spät erfolgten. Wie die Standesbeamtin W. telefonisch bestätigte, handelt es sich bei dem Monat Mai um einen sehr beliebten Heiratsmonat, was insbesondere für einen Freitag im Mai gilt - wie den 31.05.2002. Um an einem solchen Tag überhaupt einen Termin zu bekommen, ist eine frühzeitige Anmeldung erforderlich und üblich. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, dass sie bei früheren Anfragen beim Standesamt N. die Auskunft erhalten habe, dass es einer vorherigen Anmeldung einer Trauung nicht bedürfe und dass man an jedem beliebigen Ort ohne vorherige Anmeldung heiraten könne, so dass sie und der Versicherte auch am 31.05.2002 auf H. (nicht in B., wie sie in der mündlichen Verhandlung klar stellte) einfach so beim dortigen Standesamt zwecks Trauung vorsprechen wollten. In Anbetracht der eindeutigen dem entgegenstehenden Vorschriften des Personenstandsgesetzes betreffend die einzuhaltenden Formalitäten und auch der entsprechenden Auskunft der Standesbeamtin W., schließt die Kammer jedoch aus, dass diese derartige Auskünfte an die Klägerin gegeben hat. Einen derartig unbedarften Eindruck hat die Klägerin auf die Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung im Übrigen auch nicht gemacht.
Insgesamt ergibt sich für die Kammer kein erkennbarer Anschein von Hochzeits- bzw. auch Hochzeitsreisevorbereitungen für die angeblich schon über ein Jahr feststehende Trauung am 31.05.2002. Ein Quartier auf H. war nach Angaben der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung auch nicht gebucht.
Weiter hatte die Klägerin vorgetragen, dass für sie und den Versicherten eine unmittelbare Verknüpfung zwischen der Hochzeit und dem Auszug aus der Wohnung des Versicherten in die Wohnung der Klägerin in der B. Straße bestand. Hintergrund sei gewesen, dass der Versicherte betreffend das Mietverhältnis nur als gleichberechtigter Ehegatte in die Wohnung der Klägerin einziehen wollte. Der Umzug in die B. Straße sei also nach der gescheiterten Hochzeit im Jahre 2001 bereits konkret geplant gewesen im Zusammenhang mit der auf den 31.05.2002 verschobenen Hochzeit. Dann aber ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin die Wohnung des Versicherten im ...gang erst am 28.06.2002 gekündigt hat und noch bis Oktober 2002 Miete zahlen musste. Auch dies spricht mithin nicht für einen schon langfristig geplanten feststehenden Hochzeitstermin am 31.05.2002.
Sofern die Klägerin schließlich vorträgt, dass sie eine eigene Rente beziehe und auf die Witwenrente nicht angewiesen sei, so ist dies kein Umstand, der die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen vermag. So wird zwar vereinzelt die Auffassung vertreten, dass eine ausreichende eigene Versorgung des Hinterbliebenen grundsätzlich geeignet sei, die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen (SG Würzburg, a. a. O.), dem kann sich die Kammer jedoch nicht anschließen. Die gesetzliche Vermutung gilt vielmehr nicht nur in Fällen, in denen eine geringe oder sogar möglicherweise fehlende eigene Versorgung der Witwe vorliegt, sondern auch dann, wenn die Hinterbliebenenversorgung die eigene Versorgung aufbessert, sich mithin die wirtschaftliche Situation der Witwe verbessern würde. Nach dem oben genannten Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts spricht sogar die wirtschaftliche Situation der Witwe nur dann gegen die gesetzliche Vermutung, wenn sie sich durch die Heirat verschlechtert hätte. Die Klägerin bezieht eine Altersrente in Höhe von 780,00 Euro netto. In Anbetracht der Höhe der Altersrente des Versicherten, die zuletzt 1.535,18 Euro monatlich betrug, würde sich die wirtschaftliche Situation der Klägerin durch die begehrte Witwenrente erheblich verbessern. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie sei durch die Heirat eher finanziell belastet worden, da sie vorübergehend zwei Mieten habe zahlen müssen und auch Renovierungsarbeiten in der Wohnung des Versicherten habe durchführen müssen, so handelt es sich hierbei nur um vorübergehende Belastungen, die mit Blick auf die auf Dauer begehrte Witwenrente nicht ins Gewicht fallen.
Nach allem erschließt sich für die Kammer insgesamt nicht, auf Grund welcher besonderen Umstände die Eheschließung kurz vor dem Ableben des Versicherten einen anderen Zweck gehabt haben könnte, als die Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung für die Klägerin. Die Klägerin vermochte die gesetzliche Vermutung nicht zur Überzeugung der Kammer zu widerlegen. Dementsprechend war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt dem Ergebnis in der Hauptsache und beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
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