Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 682/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 353/06 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die zur Erheblichkeit der anwaltlichen Mitwirkung nach § 24 (i. V. mit § 116 Abs. 4 Satz 2) Bundesrechtsanwaltsge-bührenordnung (BRAGO) ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ist auch auf Nr. 1002 (i. V. m. Nr. 1005) des Vergütungsverzeichnisses - VV - der An-lage 1 zu § 2 Abs. 2 des Rechtsanwalts-vergütungsgesetzes - RVG - anzuwen-den.
2. Die von Seiten des bevollmächtigten Rechtsanwalts erfolgte Einlegung und Begründung des Widerspruchs gegen ei-nen Verwaltungsakt ist nicht als gebührenrechtlich erhebliche anwaltliche Mitwirkungshandlung im Sinne der Nr. 1002 (i. V. m. Nr. 1005) des Vergütungsver-zeichnisses - VV - der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsge-setzes - RVG - anzusehen.
2. Die von Seiten des bevollmächtigten Rechtsanwalts erfolgte Einlegung und Begründung des Widerspruchs gegen ei-nen Verwaltungsakt ist nicht als gebührenrechtlich erhebliche anwaltliche Mitwirkungshandlung im Sinne der Nr. 1002 (i. V. m. Nr. 1005) des Vergütungsver-zeichnisses - VV - der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsge-setzes - RVG - anzusehen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen für die von der Klägerin erstrebte Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Zunächst gehen die Beteiligten und das Sozialgericht zutreffend davon aus, dass die Berufung vorliegend nur auf Zulassung statthaft ist, weil der Beschwerdegegenstand einen von der Klägerin nach Abweisung ihrer Klage weiterverfolgten Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren i. H. von 324,80 Euro betrifft. Denn damit ist die Wertgrenze von 500 Euro nicht überschritten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-); auch hat die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr zum Gegenstand (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts oder einer höchstrichterlichen Entscheidung abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
In Anwendung dieser Regelungen scheidet eine Zulassung der Berufung aus. Denn eine hier allein in Betracht kommende und von der Klägerin auch geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor.
Entsprechend den zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG entwickelten Grundsätzen ist eine Rechtssache grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich ist (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Berufungsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es dann, wenn sich eine Antwort auf dieselbe bereits aus der vorliegenden obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt, also zur Auslegung der anzuwendenden gesetzlichen Begriffe schon Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. In diesem Fall geht es nämlich lediglich um die Anwendung der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze auf den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt (vgl. zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG: BSG, Beschlüsse vom 20.09.2001 - B 11 AL 135/01 B -, zit. nach juris, und vom 09.12.1998 - B 9 VS 6/98 B -, NVwZ-RR 1999, 323).
Danach ist vorliegend ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Klärungsbedarf zu verneinen. Klärungsfähig ist hier nämlich allein die Frage, ob die von Seiten des bevollmächtigten Rechtsanwalts der Klägerin erfolgte Einlegung und Begründung des Widerspruchs gegen eine Sperrzeitentscheidung der Beklagten als gebührenrechtlich erhebliche anwaltliche Mitwirkungshandlung im Sinne der Nr. 1002 (hier i. V. m. Nr. 1005) des Vergütungsverzeichnisses - VV - der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG - (Art. 3 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004, BGBl. I, 718) anzusehen ist. Diese Rechtsfrage ist aber i. S. des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG geklärt, da die zu § 24 (i. V. mit § 116 Abs. 4 Satz 2) Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) - der bis zum Inkrafttreten des RVG am 01.07.2004 geltenden Vorgängerregelung - ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung eine Beantwortung der Frage ohne weiteres zulässt.
Nach § 24 BRAGO (i. d.F. des Art. 3 Nr. 13 des Gesetzes vom 20.08.1975, BGBl. I, 2189) erhielt der Rechtsanwalt eine volle Gebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigte und der Rechtsanwalt bei der Erledigung mitgewirkt hatte (Erledigungsgebühr). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden war, erhielt der Rechtsanwalt keine besonderen Gebühren nach § 24; statt dessen erhöhten sich die Höchstbeträge der gesetzlich vorgesehenen Rahmengebühren um 50 vom Hundert (§ 116 Abs. 4 BRAGO i. d.F. des Art. 15 Nr. 4 nach Maßgabe des Art. 17 des Gesetzes vom 17.08.2001, BGBl. I, 2144).
Zu diesen Vorschriften hat das Bundessozialgericht in Übereinstimmung mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.10.1985 - 8 C 68.83 -, Buchholz 362 § 24 BRAGO Nr. 3 = BayVBl 1986, 158 = AnwBl 1986, 41 = JurBüro 1986, 215 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.02.1993 - 1 S 280/93 -, BWVPr 1993, 162 f. = NVwZ-RR 1993, 448 = MDR 1993, 1250 = JurBüro 1994, 31 f.) ausgeführt, dass eine i. S. des § 24 BRAGO erhebliche Mitwirkung des Rechtsanwalts ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits erfordert und damit Einlegung und Begründung eines Rechtsbehelfs, einer Klage oder eines Rechtsmittels ebenso wenig geeignet sind, den Gebührentatbestand zu erfüllen, wie eine bloße Erledigungserklärung (vgl. Urteil vom 09.08.1995 - 9 RVs 7/94 -, SozR 3-1930 § 116 Nr. 7 = Breithaupt 1996, 164 ff. = NZS 1996, 141 f. = MDR 1996, 641 f.).
Diese Grundsätze sind auf die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 (i. V. m. Nr. 1005) VV ohne weiteres anwendbar. Denn dieser Gebührentatbestand entspricht der außer Kraft getretenen Regelung des § 24 (i. V. mit § 116 Abs. 4 Satz 2) BRAGO nicht nur hinsichtlich seines insoweit maßgeblichen Inhalts sondern auch nach seinem Sinn und Zweck:
Fast wortgleich zu § 24 BRAGO setzt Nr. 1002 Satz 1 VV nunmehr für das Entstehen der Erledigungsgebühr voraus, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Soweit die Regelung den gebührenrechtlichen Vorteil - im Unterschied zu § 24 BRAGO - statt an eine "Zurücknahme oder Änderung" an die "Aufhebung oder Änderung" des Verwaltungsakts knüpft, ist mit der Verwendung des gemeinsamen Oberbegriffs für die Rücknahme und den Widerruf eines Verwaltungsakts keine hier erhebliche Änderung verbunden. Gleiches gilt mit Blick auf Nr. 1002 Satz 2 VV, wonach die Erledigungsgebühr auch entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Zum einen entspricht nämlich Nr. 1002 VV inhaltlich dem bereits bisher allgemein erweiternd ausgelegten Anwendungsbereich des § 24 BRAGO (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl. 2004, RdNr. 1 zu Nr. 1002 VV; Mayer/Kroiß, RVG, 1. Aufl. 2004, RdNr. 6 ff. zu Nr. 1002 VV). Zum anderen ist die Art und Weise der von Seiten der Behörde erfolgten Abhilfe für die Beantwortung der Frage, ob die Einlegung und Begründung des Widerspruchs durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eine gebührenrechtliche Erledigungsfolge auszulösen vermag, ohne Belang. Ebenso wenig kommt es für die in Rede stehende Beurteilung darauf an, dass nach Nr. 1005 VV im Falle einer gebührenrechtlich erheblichen Erledigung nunmehr auf der Rechtsfolgenseite - für sozialgerichtliche Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) - gesonderte Rahmengebühren entstehen, während § 116 Abs. 4 BRAGO eine bloße Erhöhung bereits entstandener Rahmengebühren vorsah.
Anders als die Klägerin meint, ist die zu § 24 und dem darauf verweisenden § 116 Abs. 4 BRAGO ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung auch nicht mit Blick auf die umfassende Neugestaltung der Rechtsanwaltsvergütung durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz unanwendbar. Denn Nr. 1002 i. V. mit Nr. 1005 VV normiert ebenso wie § 24 i. V. mit 116 Abs. 4 BRAGO eine zusätzliche Erfolgsgebühr bzw -gebührenerhöhung, die nach ihrem Sinn und Zweck dazu dient, den Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens in den Fällen Rechnung zu tragen, in denen über öffentlich-rechtliche Ansprüche nicht verfügt werden kann, die gütliche Streitbeilegung mithin nur der Form nach, nicht aber auch nach ihrem Inhalt, in anderer Weise als durch Einigung i. S. der Nr. 1000 VV bzw. Vergleich nach § 23 BRAGO erfolgt und deshalb eine in diesen Vorschriften geregelte Erfolgsgebühr nicht ausgelöst wird (vgl. zum geltenden Recht Nr. 1000 Abs. 4 VV sowie die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 15/1971, 204; vgl. zu den §§ 24, 116 Abs. 4 BRAGO BSG, Beschluss vom 13.12.1994 - 9 BVs 48/94 -, JurBüro 1995, 587). Demzufolge rechtfertigt sich die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 ebenso wie zuvor nach § 24 BRAGO nur dann, wenn das besonders vergütete Bemühen des Anwalts dem eines Vergleichsabschlusses entspricht, also eine anwaltliche Tätigkeit entfaltet wird, die über die mit der - gebührenrechtlich bereits abgegoltenen - ordnungsgemäßen Einlegung des Rechtsbehelfs verbundene Tätigkeit hinausgeht und - wie mit ihr beabsichtigt - zur gütlichen Erledigung des Rechtsstreits führt (vgl. zu § 24 BRAGO wiederum BSG, Beschluss vom 13.12.1994, a. a. O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen für die von der Klägerin erstrebte Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Zunächst gehen die Beteiligten und das Sozialgericht zutreffend davon aus, dass die Berufung vorliegend nur auf Zulassung statthaft ist, weil der Beschwerdegegenstand einen von der Klägerin nach Abweisung ihrer Klage weiterverfolgten Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren i. H. von 324,80 Euro betrifft. Denn damit ist die Wertgrenze von 500 Euro nicht überschritten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-); auch hat die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr zum Gegenstand (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts oder einer höchstrichterlichen Entscheidung abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
In Anwendung dieser Regelungen scheidet eine Zulassung der Berufung aus. Denn eine hier allein in Betracht kommende und von der Klägerin auch geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor.
Entsprechend den zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG entwickelten Grundsätzen ist eine Rechtssache grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich ist (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Berufungsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es dann, wenn sich eine Antwort auf dieselbe bereits aus der vorliegenden obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt, also zur Auslegung der anzuwendenden gesetzlichen Begriffe schon Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. In diesem Fall geht es nämlich lediglich um die Anwendung der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze auf den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt (vgl. zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG: BSG, Beschlüsse vom 20.09.2001 - B 11 AL 135/01 B -, zit. nach juris, und vom 09.12.1998 - B 9 VS 6/98 B -, NVwZ-RR 1999, 323).
Danach ist vorliegend ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Klärungsbedarf zu verneinen. Klärungsfähig ist hier nämlich allein die Frage, ob die von Seiten des bevollmächtigten Rechtsanwalts der Klägerin erfolgte Einlegung und Begründung des Widerspruchs gegen eine Sperrzeitentscheidung der Beklagten als gebührenrechtlich erhebliche anwaltliche Mitwirkungshandlung im Sinne der Nr. 1002 (hier i. V. m. Nr. 1005) des Vergütungsverzeichnisses - VV - der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG - (Art. 3 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004, BGBl. I, 718) anzusehen ist. Diese Rechtsfrage ist aber i. S. des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG geklärt, da die zu § 24 (i. V. mit § 116 Abs. 4 Satz 2) Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) - der bis zum Inkrafttreten des RVG am 01.07.2004 geltenden Vorgängerregelung - ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung eine Beantwortung der Frage ohne weiteres zulässt.
Nach § 24 BRAGO (i. d.F. des Art. 3 Nr. 13 des Gesetzes vom 20.08.1975, BGBl. I, 2189) erhielt der Rechtsanwalt eine volle Gebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigte und der Rechtsanwalt bei der Erledigung mitgewirkt hatte (Erledigungsgebühr). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden war, erhielt der Rechtsanwalt keine besonderen Gebühren nach § 24; statt dessen erhöhten sich die Höchstbeträge der gesetzlich vorgesehenen Rahmengebühren um 50 vom Hundert (§ 116 Abs. 4 BRAGO i. d.F. des Art. 15 Nr. 4 nach Maßgabe des Art. 17 des Gesetzes vom 17.08.2001, BGBl. I, 2144).
Zu diesen Vorschriften hat das Bundessozialgericht in Übereinstimmung mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.10.1985 - 8 C 68.83 -, Buchholz 362 § 24 BRAGO Nr. 3 = BayVBl 1986, 158 = AnwBl 1986, 41 = JurBüro 1986, 215 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.02.1993 - 1 S 280/93 -, BWVPr 1993, 162 f. = NVwZ-RR 1993, 448 = MDR 1993, 1250 = JurBüro 1994, 31 f.) ausgeführt, dass eine i. S. des § 24 BRAGO erhebliche Mitwirkung des Rechtsanwalts ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits erfordert und damit Einlegung und Begründung eines Rechtsbehelfs, einer Klage oder eines Rechtsmittels ebenso wenig geeignet sind, den Gebührentatbestand zu erfüllen, wie eine bloße Erledigungserklärung (vgl. Urteil vom 09.08.1995 - 9 RVs 7/94 -, SozR 3-1930 § 116 Nr. 7 = Breithaupt 1996, 164 ff. = NZS 1996, 141 f. = MDR 1996, 641 f.).
Diese Grundsätze sind auf die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 (i. V. m. Nr. 1005) VV ohne weiteres anwendbar. Denn dieser Gebührentatbestand entspricht der außer Kraft getretenen Regelung des § 24 (i. V. mit § 116 Abs. 4 Satz 2) BRAGO nicht nur hinsichtlich seines insoweit maßgeblichen Inhalts sondern auch nach seinem Sinn und Zweck:
Fast wortgleich zu § 24 BRAGO setzt Nr. 1002 Satz 1 VV nunmehr für das Entstehen der Erledigungsgebühr voraus, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Soweit die Regelung den gebührenrechtlichen Vorteil - im Unterschied zu § 24 BRAGO - statt an eine "Zurücknahme oder Änderung" an die "Aufhebung oder Änderung" des Verwaltungsakts knüpft, ist mit der Verwendung des gemeinsamen Oberbegriffs für die Rücknahme und den Widerruf eines Verwaltungsakts keine hier erhebliche Änderung verbunden. Gleiches gilt mit Blick auf Nr. 1002 Satz 2 VV, wonach die Erledigungsgebühr auch entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Zum einen entspricht nämlich Nr. 1002 VV inhaltlich dem bereits bisher allgemein erweiternd ausgelegten Anwendungsbereich des § 24 BRAGO (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl. 2004, RdNr. 1 zu Nr. 1002 VV; Mayer/Kroiß, RVG, 1. Aufl. 2004, RdNr. 6 ff. zu Nr. 1002 VV). Zum anderen ist die Art und Weise der von Seiten der Behörde erfolgten Abhilfe für die Beantwortung der Frage, ob die Einlegung und Begründung des Widerspruchs durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eine gebührenrechtliche Erledigungsfolge auszulösen vermag, ohne Belang. Ebenso wenig kommt es für die in Rede stehende Beurteilung darauf an, dass nach Nr. 1005 VV im Falle einer gebührenrechtlich erheblichen Erledigung nunmehr auf der Rechtsfolgenseite - für sozialgerichtliche Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) - gesonderte Rahmengebühren entstehen, während § 116 Abs. 4 BRAGO eine bloße Erhöhung bereits entstandener Rahmengebühren vorsah.
Anders als die Klägerin meint, ist die zu § 24 und dem darauf verweisenden § 116 Abs. 4 BRAGO ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung auch nicht mit Blick auf die umfassende Neugestaltung der Rechtsanwaltsvergütung durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz unanwendbar. Denn Nr. 1002 i. V. mit Nr. 1005 VV normiert ebenso wie § 24 i. V. mit 116 Abs. 4 BRAGO eine zusätzliche Erfolgsgebühr bzw -gebührenerhöhung, die nach ihrem Sinn und Zweck dazu dient, den Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens in den Fällen Rechnung zu tragen, in denen über öffentlich-rechtliche Ansprüche nicht verfügt werden kann, die gütliche Streitbeilegung mithin nur der Form nach, nicht aber auch nach ihrem Inhalt, in anderer Weise als durch Einigung i. S. der Nr. 1000 VV bzw. Vergleich nach § 23 BRAGO erfolgt und deshalb eine in diesen Vorschriften geregelte Erfolgsgebühr nicht ausgelöst wird (vgl. zum geltenden Recht Nr. 1000 Abs. 4 VV sowie die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 15/1971, 204; vgl. zu den §§ 24, 116 Abs. 4 BRAGO BSG, Beschluss vom 13.12.1994 - 9 BVs 48/94 -, JurBüro 1995, 587). Demzufolge rechtfertigt sich die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 ebenso wie zuvor nach § 24 BRAGO nur dann, wenn das besonders vergütete Bemühen des Anwalts dem eines Vergleichsabschlusses entspricht, also eine anwaltliche Tätigkeit entfaltet wird, die über die mit der - gebührenrechtlich bereits abgegoltenen - ordnungsgemäßen Einlegung des Rechtsbehelfs verbundene Tätigkeit hinausgeht und - wie mit ihr beabsichtigt - zur gütlichen Erledigung des Rechtsstreits führt (vgl. zu § 24 BRAGO wiederum BSG, Beschluss vom 13.12.1994, a. a. O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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