L 1 U 2757/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 4445/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2757/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Aufsuchen eines landwirtschaftlichen Betriebs durch ein Kind, das aus Interesse an der Landwirtschaft gelegentlich bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten mithilft, begründet keinen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall des Beigeladenen Nr. 1 am 27. September 2000 ein Arbeitsunfall ist.

Die Klägerin ist die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung des Beigeladenen Nr. 2, der als selbstständiger Landwirt mit seinem landwirtschaftlichen Unternehmen Mitglied der Beklagten ist.

Der 1989 geborene Beigeladene Nr. 1 und der 1987 geborene F, die in der Nachbarschaft des Beigeladenen Nr. 2 wohnen, kamen am 27. September 2000 nach der Schule zum Beigeladenen Nr. 2 und erkundigten sich, was er am Nachmittag machen werde und ob sie mitkommen dürften. Nachdem der Beigeladene Nr. 2 ihnen gesagt hatte, er werde aufs Feld fahren, antworteten ihm der Beigeladene Nr. 1 und F, sie würden nach Erledigung ihrer Hausaufgaben vorbeikommen. Der Beigeladenen Nr. 2 fuhr am 27. September 2000 gegen 14:00 Uhr mit seiner landwirtschaftlichen Zugmaschine mit Anhänger rückwärts von seinem Grundstück auf die an seinem Grundstück vorbeiführende Straße. Wegen der Unübersichtlichkeit bat er den bereits anwesenden F auf den Verkehr zu achten. Während der Beigeladene Nr. 2 beim Rückwärtsfahren nach hinten rechts schaute, kam von links der Beigeladene Nr. 1 angelaufen, ohne dass der Beigeladene Nr. 2 dies bemerkte. Der Beigeladene Nr. 1 wollte auf die langsam rückwärts fahrende Zugmaschine aufspringen. Dabei rutschte er ab und wurde vom linken Vorderrad der Zugmaschine überfahren und erlitt schwere Verletzungen.

Die Krankenkasse des Beigeladenen Nr. 1 meldete bei der Beklagten ihren Erstattungsanspruch an. Der Beigeladene Nr. 2 erstattete im Dezember 2000 eine Unfallanzeige. Die Beklagte teilte der Krankenkasse daraufhin mit, ein landwirtschaftlicher Arbeitsunfall liege nicht vor. Der Beigeladene Nr. 1 habe zum Unfallzeitpunkt keine dem Betrieb dienliche Tätigkeit verrichtet. Er habe auf den Schlepper aufspringen wollen, um dort mitzufahren (Schreiben vom 3. Januar 2001).

Wegen des Unfalls begehrt der Beigeladene Nr. 1 vom Beigeladenen Nr. 2 mit einer im August 2003 beim Landgericht Waldshut-Tiengen erhobenen Klage (2 O 193/03) Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Beigeladene Nr. 1 trug u.a. vor, er und F hätten Interesse an den in einem landwirtschaftlichen Betrieb zu verrichtenden Tätigkeiten, sich deshalb mit dem Beigeladenen Nr. 2 angefreundet, ihn oft und regelmäßig besucht und ihm auch bei seinen Arbeiten geholfen. Zu diesem Vortrag erwiderte der Beigeladene Nr. 2, dies sei auch am Unfalltag beabsichtigt und geplant gewesen, weshalb der Beigeladene Nr. 1 Versicherter nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sei und die Haftungsbeschränkung nach § 104 SGB VII eingreife. Das Landgericht hörte den Beigeladenen Nr. 2 in einer mündlichen Verhandlung am 26. März 2004 an und verurteilte den Beigeladenen Nr. 2, an den Beigeladenen Nr. 1 Schmerzensgeld und Schadensersatz zu zahlen, stellte weiter fest, dass der Beigeladene Nr. 2 verpflichtet ist, ein Viertel des dem Beigeladenen Nr. 1 zukünftig entstehenden materiellen Schadens aus dem Unfall vom 27. September 2000 zu ersetzen, sofern nicht ein Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger stattfindet und wies im Übrigen die Klage ab (Urteil vom 26. März 2004). Es sah einen Haftungsausschluss nach § 104 Abs. 1 SGB VII als nicht gegeben an, verwies auf den "bestandskräftigen" Bescheid der Beklagten und führte weiter aus, allein der Umstand, dass der Beigeladene Nr. 1 allgemein gerne dem Beigeladenen Nr. 2 geholfen habe, ändere an der Tatsache, dass der Beigeladene Nr. 1 in Bezug auf die konkret ausgeübte Tätigkeit keine unterstützende Tätigkeit habe entfalten wollen und sollen, nichts. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Beigeladene Nr. 1 als auch der Beigeladene Nr. 2 beim OLG Karlsruhe Berufung ein (4 U 58/04), das das Verfahren mit Beschluss vom 4. November 2004 bis zum Vorliegen einer unanfechtbaren Entscheidung über die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII handelt, aussetzte.

Nachdem der Beigeladene Nr. 2 wegen des zivilrechtlichen Rechtsstreits im Dezember 2003 die Beklagte um Prüfung der Angelegenheit gebeten hatte, ließ die Beklagte durch einen Mitarbeiter des Außendiensts ihn und F vernehmen. Nach dem Bericht vom 18. März 2004 gaben der Beigeladene Nr. 2, dessen Mutter und F an, dass der Beigeladene Nr. 1 zum Unfallzeitpunkt keine betriebliche Tätigkeit ausgeführt habe und nicht habe ausführen sollen. Mit einem an den Beigeladenen Nr. 1 gerichteten Bescheid vom 29. März 2004 lehnte die Beklagte es ab, einen Arbeitsunfall anzuerkennen, da der Unfall sich bei einer eigenwirtschaftlichen und damit unversicherten Tätigkeit ereignet habe. Der Beigeladene Nr. 1 erklärte gegenüber der Beklagten, dass er keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung begehre und deshalb keinen Widerspruch erhebe.

Die Klägerin rügte im Juli 2004, zu dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogen worden zu sein, und begehrte, das Feststellungsverfahren zu wiederholen. Hilfsweise legte sie Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. März 2004 ein. Sie verwies auf die Angaben des Beigeladenen Nr. 2 im zivilrechtlichen Rechtsstreit, dass der Beigeladene Nr. 1 vor dem Unfall und auch noch heute sehr oft, fast täglich auf dem Hof gewesen sei und geholfen habe bzw. noch helfe. Am Unfalltag hätten der Beigeladene Nr. 1 und F beim Anbringen des Pflugs am Traktor helfen sollen. Mit Bescheid vom 22. September 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr anliegend der Bescheid vom 29. März 2004 förmlich zugestellt werde und es bei der Ablehnung eines Arbeitsunfalls verbleibe. Die Klägerin erhob Widerspruch. Mit dem an den Beigeladenen Nr. 1 adressierten Widerspruchsbescheid vom 11. November 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten dem Widerspruch der Klägerin zurück. Eine Mehrfertigung des Widerspruchsbescheids übersandte die Beklagte der Klägerin. Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss aus, für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII fehle es an einer dem Unternehmen dienenden Tätigkeit. Als der Beigeladene Nr. 1 auf den Traktor aufgesprungen sei, sei das Mähwerk schon angebracht gewesen. Eine Mithilfe irgendwelcher Art sei zu diesem Zeitpunkt durch den Beigeladenen Nr. 1 offensichtlich nicht geplant und auch nicht notwendig gewesen. Er sei aufgesprungen, um mitzufahren. Die Mitfahrt auf den Schlepper sei nicht aus betrieblichen Gründen notwendig gewesen. Da nur ein Mitfahrer eine Sitzgelegenheit gehabt habe, wären der Beigeladene Nr. 1 und F - ohne Eintritt des Unfalls - abwechselnd beim Pflügen auf den Traktor mitgefahren. Das Mitfahren sei somit zum reinen Zeitvertreib erfolgt. Das Aufspringen auf den Traktor sei demzufolge erfolgt, um aus privatem Vergnügen auf dem Schlepper mitzufahren.

Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. November 2004 zugegangenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 15. Dezember 2004 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen hat sie geltend gemacht, der Beigeladene Nr. 2 habe in seiner Anhörung im zivilrechtlichen Rechtsstreit am 26. März 2004 ausgesagt, dass ihm beide Kinder am Unfalltage beim Anbringen des Pflugs am Traktor vor Beginn des Pflügens seines Feldes hätten helfen können und sollen. Zum Unfallzeitpunkt sei alleine das Mähwerk montiert gewesen. Der Pflug hätte später unter Mithilfe des Beigeladenen Nr. 1 und F montiert werden sollen. Es sei regelmäßig so gewesen, dass der Beigeladene Nr. 1 und F ohne Vereinbarung fester Zeiten auf dem Hof des Beigeladenen Nr. 2 erschienen seien und je nach Bedarf spontan leichtere Arbeiten zur Erledigung zugewiesen bekommen hätten, so auch am Unfalltag, als der Beigeladene Nr. 2 den F nach seinem unangemeldeten bzw. verfrühten Erscheinen auf dem Hof zu einer Einweisungstätigkeit herangezogen habe.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2005). Es hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen und weiter ausgeführt, der Beigeladene Nr. 1 habe nicht ausgesagt, beide Kinder hätten am Unfalltag beim Anbringen des Pflugs "helfen können und sollen", sondern geäußert, die beiden hätten ihm (wären sie mitgefahren) beim Anbringen des Pflugs geholfen. Eine vereinbarte, dem landwirtschaftlichen Betrieb dienende Tätigkeit könne somit nicht angenommen werden. Aus der Aussage des Beigeladenen Nr. 2 ergebe sich weiter, dass für die konkrete Fahrt, bei der sich der Unfall ereignet habe, eine Mitfahrt der beiden Jungen überhaupt nicht vorgesehen gewesen sei.

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 6. Juni 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Unfall sich im Rahmen einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Es könne nicht auf das Fehlen konkreter Absprachen über betriebsbezogene Hilfeleistungen am Nachmittag des Unfalltages abgestellt werden. Der Beigeladene Nr. 1 und F seien auf dem Hof erschienen in der festen Vorstellung, es gebe immer was zu tun und sie könnten sich im Rahmen spontan ergebender Möglichkeiten nützlich machen. Auch bei dem Beigeladenen Nr. 2 habe am Unfalltag zumindest ein latenter Eingliederungswille im Hinblick auf betriebsbezogene Tätigkeiten des Beigeladenen Nr. 1 und F bestanden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Juni 2005 und die Bescheide der Beklagten vom 29. März 2004 und 22. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2004 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Unfallereignis vom 27. September 2000 um einen Arbeitsunfall handelt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Klägerin verweise immer wieder auf die bloße Möglichkeit einer Mithilfe des Beigeladenen Nr. 1.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und keine Stellungnahmen abgegeben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts, die beigezogenen Akten 2 O 193/03 (LG Waldshut-Tiengen) und 4 U 58/04 (OLG Karlsruhe) sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung der Klägerin, die in entsprechender Anwendung des § 109 SGB VII prozessführungsbefugt ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 639 Nr. 1), ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Mit den angefochtenen Bescheiden hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, das Unfallereignis vom 27. September 2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Einer der Tatbestände für eine Versicherung des Beigeladenen Nr. 1 kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 1 SGB VII, insbesondere als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist nicht gegeben. Ein Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen Nr. 1 mit dem Beigeladenen Nr. 2 bestand nicht.

Ferner sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, der im Wesentlichen der dem bis 31. Dezember 1996 geltenden § 539 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) entspricht (BSG, Beschluss vom 27. Juni 2000 - B 2 U 44/00 B -), setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (z.B. BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 20 mwN; Urteil vom 5. März 2002 - B 2 U 8/01 R - mwN.; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 5/04 R -; Brackmann/Wiester, SGB VII, § 2 RdNr. 804, 818 ff mwN) voraus, dass eine ernsthafte, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit voraus, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beachten. Nicht jede Tätigkeit, die einem Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, wird beschäftigtenähnlich verrichtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kommt vielmehr der mit dem - objektiv arbeitnehmerähnlichen - Verhalten verbundenen Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist, ausschlaggebende Bedeutung zu. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch nicht nach § 2 Abs. 2 SGB VII wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift Tätiger unter Versicherungsschutz (vgl. zu § 539 Abs. 2 RVO BSG, Urteil vom 25. November 1992 - 2 RU 48/91 -; Urteil vom 5. März 2002 - B 2 U 8/01 R - mwN; Brackmann/Wiester, SGB VII, § 2 RdNr. 832). Eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist demgegenüber nicht erforderlich (BSG SozR 4-2700 § 4 Nr. 1). Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII ist auch, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder unentgeltlich handelte (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 16). Auch Kinder können in einem Beschäftigungsverhältnis stehen oder wie ein Beschäftigter tätig werden (BSG Urteil vom 30. Juni 1993 - 2 RU 40/92 -). Es muss sich aber um eine ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende ernsthafte Arbeitstätigkeit und nicht um eine spielerische Beschäftigung handeln (BSG, Urteil vom 13. August 2002 - B 2 U 33/01 R -). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist es erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Innerhalb dieser Wertung stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 13. August 2002 - B 2 U 33/01 R - und Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 35/03 R - m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen bestand zum Unfallzeitpunkt kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII.

Im Zeitpunkt des Unfalls verrichtete der Beigeladene Nr. 1 keine Tätigkeit, die dem landwirtschaftlichen Unternehmen des Beigeladenen Nr. 2 diente. Der Beigeladene Nr. 1 wollte auf den langsam rückwärts fahrende Traktor aufspringen, um mitfahren zu können. Dass der Beigeladene Nr. 1 auf einem zum landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen Nr. 1 gehörenden Traktor mitfahren wollte, reicht nicht aus, einen Unfallversicherungsschutz zu begründen. Der bloße Aufenthalt auf der Betriebsstätte und demgemäß auch eine bloße Mitfahrt in einem betrieblichen Fahrzeug löst einen Versicherungsschutz nicht aus, weil es mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen außerhalb der See- und Binnenschifffahrt (vgl. jetzt § 10 SGB VII) keinen sogenannten Betriebsbann gibt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1980 - 8a RU 58/79 -, veröffentlicht in juris; vgl. auch BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 11; SozR 3-2200 § 548 Nr. 38). Vielmehr ist stets erforderlich, dass der Arbeitnehmer im Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachging, indem er betriebsdienliche Zwecke verfolgte oder zumindest eine Tätigkeit ausübte, die den Zwecken des Unternehmens zu dienen bestimmt war (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 11; SozR 3-2200 § 548 Nr. 38). Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall. Denn eine konkrete Mithilfe im landwirtschaftlichen Unternehmen des Beigeladenen Nr. 2 war am Unfalltag nicht geplant. Es gab - wovon auch die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung selbst ausgeht - keine vorher getroffenen Absprachen dahin, dass der Beigeladene Nr. 1 (und auch F) ganz bestimmte Tätigkeiten am Unfalltag verrichten sollten. Die Klägerin selbst trägt vor, der Beigeladene Nr. 1 und F seien am Unfalltag erschienen, um sich im Rahmen spontan ergebender Möglichkeiten nützlich machen zu können (S. 3 der Berufungsschrift vom 6. Juli 2005). Dies findet seine Bestätigung in den (vom Senat urkundenbeweislich verwerteten) Angaben des Beigeladenen Nr. 2 in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts am 26. März 2004. Danach sollte bei der zunächst vorgesehenen Fahrt, bei der das zum Unfallzeitpunkt am Traktor angebrachte Mähwerk auf einem Feld abgestellt werden sollte, keiner der beiden Jungen mitfahren. Bei dieser Fahrt benötigte der Beigeladene Nr. 2 keine Hilfe. Er wollte den Traktor samt Mähwerk auf dem Feld abstellen und anschließend wieder auf seinen Hof zurückkehren. Erst bei der anschließenden Fahrt, um ein Feld zu pflügen, war die Mitfahrt und möglicherweise eine Mithilfe der beiden Jungen vom Beigeladenen Nr. 2 ins Auge gefasst worden.

Mit seinem Verhalten wollte der Beigeladene Nr. 1 sein Interesse an der Landwirtschaft befriedigen. Die nach außen hervortretende - allein maßgebliche - Handlungstendenz war nicht auf einen Einsatz als Arbeitnehmer als eine Art Landarbeiter gerichtet, sondern auf die Befriedigung des Interesses an der Landwirtschaft, unbeschadet dessen, dass dabei das eine oder andere Brauchbare für den landwirtschaftlichen Unternehmer herauskommen mag.

Das Aufsuchen des landwirtschaftlichen Betriebs durch den Beigeladenen Nr. 1 am Unfalltag diente zudem allein dazu, überhaupt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dem Beigeladenen Nr. 2 mit Hilfstätigkeiten zur Hand gehen zu können. Das zum Unfall führende Verhalten des Beigeladenen Nr. 1 ging deshalb nicht über das einer Vorbereitungshandlung hinaus. Als Vorbereitungshandlung oder vorbereitende Tätigkeit werden Verrichtungen bezeichnet, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit vorangehen und ihre Durchführung erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Vorbereitungshandlungen sind regelmäßig nur dann unfallversicherungsgeschützt, wenn sie entweder nach den Gesamtumständen selbst bereits als Bestandteil der betrieblichen Tätigkeit anzusehen sind oder wenn das Gesetz sie durch besondere Regelung in die Versicherung einbezieht. Der Versicherungsschutz für vorbereitende Tätigkeiten ist grundsätzlich auf diejenigen Verrichtungen beschränkt, die das Gesetz selbst ausdrücklich nennt. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Vorbereitungshandlung mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung so eng verbunden ist, dass beide bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 5 ). Eine konkrete Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 war am Unfalltag nicht ins Auge gefasst, sodass nach Auffassung des Senats die Vorbereitungshandlung nicht ausnahmsweise bereits den Unfallversicherungsschutz herbeiführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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