L 4 AL 64/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 64 AL 1821/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 64/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Juli 2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2001 aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die teilweise Erstattung einer bewilligten Beschäftigungs-hilfe für Langzeitarbeitslose in Höhe von 9.630,- DM.

Der Kläger ist Inhaber der Gaststätte W. Am 19. Mai 1999 beantragte er bei der Beklagten die Bewilligung eines Lohnkostenzuschusses für die Beschäftigung der Arbeitslosen N,. Die Arbeitsaufnahme war für den 1. August 1999 vorgesehen, das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt sollte 3.210,- DM brutto betragen. Mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose für die Beschäftigung der Frau N. Auf der Grundlage des monatlichen Arbeitsentgelts von 3.210,- DM wurden für die Zeit vom 1. August 1999 bis zum 31. Januar 2000 monatlich 2.568,- DM Zuschuss gewährt, entsprechend 80 vom Hundert; für die Zeit vom 1. Februar 2000 bis zum 31. Juli 2000 wurden monatlich 1.926,- DM, entsprechend 60 vom Hundert, gewährt. Die Gesamtbewilligung hatte danach einen Wert von 26.964,- DM. In dem Bewilligungsbescheid wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Entscheidung auf den Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Durchführung der "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1999 – 2001" der Bundesregierung beruhe. Die auf der Rückseite des Bescheides abgedruckten Nebenbestimmungen seien Bestandteil des Bescheides. Als "Nebenbestimmungen" war dort unter anderem aufgeführt:

2. Die Beschäftigungshilfe wird mit der Auflage gewährt, dass ( )

- das Arbeitsverhältnis während des Förderzeitraumes nicht aus

Gründen gelöst wird, die Sie zu vertreten haben,

- Sie das Arbeitsverhältnis im Anschluss an den Förderzeitraum während einer Weiterbeschäftigungszeit von gleicher Dauer wie die Förderdauer nicht aus Gründen lösen, die Sie zu vertreten haben,

- sie bei einer Lösung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die Sie zu vertreten haben, wie folgt zurückzuzahlen ist:

o bei einem Ausscheiden während der Förderzeit die Hälfte des gewährten Zuschusses und

o bei einem Ausscheiden während der Beschäftigungszeit ein Betrag, der sich ergibt aus der Multiplikation der Monate, die zur Weiterbeschäftigungszeit fehlen, mit der Hälfte des zuletzt gezahlten monatlichen Zuschusses,

- Sie jeweils nach Ablauf der Förderzeit und der Weiterbeschäftigungszeit einen Nachweis über die Beschäftigung (Erklärung für die Gewährung von Beschäftigungshilfe) vorlegen. Die Erklärung ist jeweils vom Arbeitnehmer mit zu unterschreiben.

- Sie nach Abschluss der Förderung die tatsächlich monatlich gezahlten Arbeitsentgelte nachweisen.

3. Der letzte Teilbetrag der Beschäftigungshilfe wird nach Vorlage der Erklärung für die Gewährung von Beschäftigungshilfe sowie der Vorlage des Nachweises der tatsächlich monatlich gezahlten Arbeitsentgelte ausgezahlt.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2000 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis mit Frau N "fristgerecht zum 31. Juli 2000 aus wirtschaftlichen Gründen". Mit Schreiben seines Steuerberaters J vom 29. November 2000 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass das Beschäftigungsverhältnis zum 31. Juli 2000 aufgelöst worden sei. Als "Gründe" wurden angegeben: "betriebliche Angelegenheit". Nachdem die Beklagte hierauf um eine Erläuterung des Kündigungsgrundes gebeten hatte, gab der Steuerberater in einem Schreiben vom 12. Dezember 2000 an, dass die Kündigung wegen Umsatzrückgangs und zuviel Personal für die kleine Kneipe erfolgt sei; ein Angebot auf weniger Arbeitsstunden und somit weniger Lohn sei von der Arbeitnehmerin nicht angenommen worden. In der vom Steuerberater gefertigten Arbeitsbescheinigung vom 11. August 2000 heißt es zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, das Arbeitsverhältnis sei durch den Arbeitgeber gekündigt worden. Vertragswidriges Verhalten der Arbeitnehmerin sei hierfür nicht Anlass gewesen.

In einem Schreiben vom 2. Januar 2001 teilte die Arbeitnehmerin N der Beklagten im Wesentlichen mit: Vor Ablauf der Förderung durch das Arbeitsamt habe der Kläger über seinen Steuerberater eine Verlängerung beantragt. Das hätte bedeutet, dass sie weiterhin voll beschäftigt worden wäre. Weil es keine Förderung mehr gegeben habe, habe sie die Kündigung erhalten. Nur für eine "sehr geringe Anmeldung" hätte sie voll weiter arbeiten können. Dies habe sie abgelehnt und sei dann ab dem nächsten Tag zwangsweise in den Urlaub gegangen, weil sie noch erheblichen Urlaubsanspruch gehabt habe. Ihren verbleibenden Urlaubsanspruch habe sie ausbezahlt bekommen. Geschäftlich sei es wie fast überall im Sommer etwas ruhiger gewesen.

Mit "Erstattungs- und Verrechnungsbescheid" vom 18. Januar 2001 forderte die Beklagte vom Kläger einen Betrag in Höhe von 9.630,- DM zurück. Zu erstatten seien 11.556,- DM, jedoch abzüglich der dem Kläger für Juli 2000 noch zustehenden 1.926,- DM, mithin 9.630,- DM. Der Rückzahlungsbetrag ergebe sich aus der Multiplikation der Monate, die zur vollen Weiterbeschäftigungszeit fehlten (12), mit der Hälfte des zuletzt monatlich gezahlten Lohnkostenzuschusses (1.926,- DM). Zur Begründung hieß es in diesem Bescheid: Das Arbeitsverhältnis sei vom Kläger mit Wirkung zum 31. Juli 2000 gelöst worden. Gemäß § 6 der Richtlinien des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur Durchführung der "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1999 – 2001" könne der Lohnkostenzuschuss teilweise zurückgefordert werden, wenn das Arbeitsverhältnis während der Förderzeit oder während der Weiterbeschäftigungszeit beendet werde und der Arbeitgeber die Lösung des Arbeitsverhältnisses zu vertreten habe. Eine Weiterbeschäftigungspflicht habe bis zum 31. Juli 2001 bestanden. Das Arbeitsverhältnis sei vom Kläger entsprechend seiner Mitteilung aus betrieblichen Gründen, wegen Umsatzrückganges, gelöst worden. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Lösung des Arbeitsverhältnisses zu vertreten habe. Bei Antragstellung sei der Kläger über die Weiterbeschäftigungspflicht informiert worden. Dafür habe er entsprechende Rücklagen schaffen müssen.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 2. Februar 2001 Widerspruch ein. In einer Anlage führte er die aus seiner Sicht bestehenden Gründe für die Kündigung der Frau N an. So sei diese zum Beispiel fast täglich betrunken gewesen und habe es wiederholt zu Unregelmäßigkeiten bei der Kassenabrechnung kommen lassen.

Nachdem die Beklagte ihn schriftlich aufgefordert hatte, für die jetzt aufgestellten Behauptungen Nachweise zu erbringen, etwa in Gestalt von Zeugen, und konkrete Daten für die Vorwürfe zu benennen, sowie mitzuteilen, ob Frau N abgemahnt worden sei, teilte der Kläger am 28. Februar 2001 – wie sich aus einem Aktenvermerk der Beklagten ergibt – bei einer persönlichen Vorsprache mit, dass er keine Zeugen habe, keine Abmahnungen und keine konkreten Daten. Er wolle die Entscheidung der Beklagten abwarten. Er habe gedacht, nach einem Jahr keine Probleme mehr in Bezug auf die Rückforderung zu haben.

In einer Stellungnahme vom 7. März 2001 zu den vom Kläger angeführten Kündigungsgründen erklärte die Zeugin N, alle aufgeführten Punkte seien haltlos. Die Vorwürfe hätten ja wohl für eine fristlose Kündigung gereicht. Es habe aber nicht einmal eine Abmahnung gegeben. Tatsache sei, dass der Kläger weitere Fördermittel für sie beim Arbeitsamt beantragt habe. Als dies abgelehnt worden sei, habe er ihr die Kündigung vorgelegt und gewollt, dass sie für eine geringfügige Anmeldung weiterhin fünf Tage à acht Stunden arbeite und er ihr 2.100,- DM auf die Hand gebe, so wie er es bei seinen anderen Angestellten mache. Dies habe sie jedoch abgelehnt. Es sei doch wohl ersichtlich, dass es ihm nur um das Geld gegangen sei.

Auf dieser Grundlage wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 8. März 2001 zurück. Zur Begründung heißt es im Widerspruchsbescheid im Wesentlichen: Rechtsgrundlage für die teilweise Rückforderung der Beschäftigungshilfe seien die im Ausgangsbescheid genannten Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 17. Dezember 1998 sowie § 44a Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung. Würden mit einer Zuwendung verbundene Auflagen nicht erfüllt, könne der Zuwendungsbescheid widerrufen werden. Nachweise für die erst mit Begründung des Widerspruchs vorgetragenen Kündigungsgründe habe der Kläger nicht erbringen können. Seine Angaben seien unglaubhaft. Die behaupteten Kündigungsgründe stünden im Gegensatz zu all seinen vorherigen Angaben sowie zu den Angaben in der Arbeitsbescheinigung. Das behauptete massive vertragswidrige Verhalten hätte sogar zu einer fristlosen Kündigung berechtigt. Warum das Arbeitsverhältnis über ein Jahr lang angedauert und genau mit dem Ende der Förderung geendet habe, sei nicht nachvollziehbar. Die Angabe des Klägers, die Kündigung sei zu diesem Zeitpunkt erfolgt, weil er dann nicht mehr mit einer Rückforderung durch das Arbeitsamt gerechnet habe, lasse darauf schließen, dass die Kündigung tatsächlich nicht aus Gründen erfolgt sei, die die Arbeitnehmerin zu vertreten habe. Im Gegenteil sei davon auszugehen, dass der Kläger als Unternehmer die Kündigung zu vertreten habe. Bei der hinsichtlich der Höhe des Rückforderungsbetrages auszuübenden Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen gewesen, dass Gründe für eine Reduzierung des Rückzahlungsbetrages nicht ersichtlich gewesen seien.

Hiergegen hat der Kläger am 28. Mai 2001 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 11. September 2001 hat das Sozialgericht Berlin ihm in Hinblick auf die Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgebracht: Im Widerspruchsbescheid nenne die Beklagte eine unzutreffende Rechtsgrundlage für die Rückforderung. § 44a Bundeshaushaltsordnung sei nicht mehr geltendes Recht. § 9 der Richtlinien vom 17. Dezember 1998 sei nicht einschlägig. Offenbar habe die Beklagte im Widerspruchsbescheid auf bereits außer Kraft getretene, für den Zeitraum bis 1998 geltende Richtlinien abgestellt. Hierin liege ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis nach § 35 Abs. 1 SGB X. Darüber hinaus bestehe auch kein Rückforderungsanspruch. Als Ermächtigungsgrundlage komme nur § 6 Abs. 1 der Richtlinien vom 17. Dezember 1998 in Betracht. Entscheidend sei danach, ob der Arbeitgeber die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu vertreten habe. Als Arbeitgeber sei der Kläger berechtigt gewesen, die Arbeitnehmerin N aus verhaltensbedingten Gründen zu kündigen. Tatsächlich sei die Kündigung auch aus diesen Gründen erfolgt. Mit ihrem Alkoholkonsum und den Fehlern im Kassenbestand habe die Arbeitnehmerin ihre Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt. Für die genannten Pflichtverletzungen der Arbeitnehmerin N hat der Kläger in seiner Klagebegründung vom 1. März 2002 sechs Zeugen, Gäste bzw. Mitarbeiter der Gaststätte, benannt. Dass im Kündigungsschreiben vom 4. Juli 2000 als Kündigungsgrund lediglich wirtschaftliche Gründe angegeben worden seien, sei darauf zurückzuführen, dass der Arbeitnehmerin die Möglichkeit habe eingeräumt werden sollen, nach der Kündigung leichter eine neue Arbeit zu finden. Er habe ihr die berufliche Zukunft nicht verbauen wollen. Im Übrigen stehe die Rückforderung im Ermessen der Beklagten. Dieses habe sie schon deshalb fehlerhaft ausgeübt, weil sie im Widerspruchsbescheid eine fehlerhafte Ermächtigungsgrundlage zu Grunde gelegt habe. Eine Weiterbeschäftigung der Zeugin N sei ihm keinesfalls zumutbar gewesen, selbst wenn Gründe für eine ordentliche Kündigung nicht vorgelegen hätten. Ihm sei zugute zu halten, dass er die Arbeitnehmerin trotz ihrer eklatanten Pflichtverletzungen bis zum Ende der Förderzeit weiter beschäftigt habe. Die Behauptungen der Zeugin N, er habe ihr am Tage der Kündigung ein Angebot gemacht, sie zu einem geringeren Arbeitsentgelt weiter zu beschäftigen und das Arbeitsentgelt bar auszuzahlen, sei falsch. Ein solches Angebot habe er ihr nicht gemacht. Insoweit sei auch das Schreiben des Steuerberaters vom 12. Dezember 2000 unzutreffend, wo es hieß, ein Angebot auf weniger Arbeitsstunden und somit weniger Lohn sei von der Arbeitnehmerin nicht angenommen worden. Dass die Kündigungsgründe in der vom Steuerbüro ausgestellten Arbeitsbescheinigung vom 11. August 2000 nicht erwähnt worden seien, habe er zum ersten Mal in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 11. September 2003 durch Akteneinsicht erfahren.

Zu der Klage hat die Beklagte im Wesentlichen erwidert: Dass im Widerspruchsbescheid eine unzutreffende Rechtsgrundlage für die Rückforderung zitiert worden sei, treffe zu. Irrtümlich habe man die Richtlinien für die Jahre 1995 bis 1998 sowie den außer Kraft getretenen § 44a BHO herangezogen. Die alten wie die neuen Richtlinien hätten jedoch im Wesentlichen dieselben Maßstäbe formuliert. Weil der ursprünglich angefochtene Bescheid vom 18. Januar 2001 die zutreffenden Vorschriften angegeben habe, sei nicht zu erkennen, warum hier wesentliche Ermessensfehler unterlaufen sein sollten. Der angefochtene Widerspruchsbescheid werde nun formal dahingehend geändert, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 6 der neuen Richtlinien für die Jahre 1998 bis 2001 sei. In der Sache sei festzustellen, dass konkrete Angaben über ein Fehlverhalten der Zeugin N völlig fehlten. Angesichts der Schilderungen des Klägers sei nicht nachvollziehbar, warum er die Zeugin über 12 Monate lang beschäftigt habe. Auch in der Arbeitsbescheinigung sei angegeben worden, dass die Kündigung nicht wegen vertragswidrigen Verhaltens erfolgt sei. Daher habe die Zeugin auch keinen Sperrzeitbescheid erhalten. Nach den jetzigen Angaben des Klägers habe er diese Urkunde wissentlich falsch ausgefüllt. Schon von daher bestünden erhebliche Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2003 hat das Sozialgericht Berlin den Kläger und die Zeugin N persönlich gehört. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf Blatt 63 und Blatt 65 bis 66 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Urteil vom 1. Juli 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung, wegen deren Einzelheiten auf die Gerichtsakten Bezug genommen wird, im Wesentlichen ausgeführt: Die bewilligte Beschäftigungshilfe könne zurückgefordert werden, wenn der Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vertreten habe. So liege es hier. Die Beklagte sei nicht von unzutreffenden Voraussetzungen für die Rückforderung ausgegangen. Ausreichende Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei schon die entsprechende Nebenbestimmung im Bewilligungsbescheid vom 12. Oktober 1999. Es sei nicht feststellbar, dass die Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Verhalten der Arbeitnehmerin gelegen hätten. Die Angaben des Klägers im Widerspruchs- und Klageverfahren seien insoweit unglaubhaft, weil sie im Gegensatz zu seinen vorherigen Angaben gegenüber der Beklagten stünden. Es sei unerheblich, ob diese Angaben vom Steuerberater des Klägers gemacht worden seien, denn dessen Erklärungen müsse er sich zurechnen lassen. Warum es zu diesen gegensätzlichen Erklärungen gekommen sei, sei vom Kläger nicht hinreichend dargelegt worden. Der Steuerberater habe bereits im Schreiben vom 12. Dezember 2000 mitgeteilt, dass die Kündigung wegen Umsatzrückgangs und zuviel Personals erfolgt sei. Für eine Kündigung aus betrieblichen Gründen spreche auch, dass eine weitere Förderung der Beschäftigung durch die Beklagte nicht zustande gekommen sei. Dass der Kläger sich um eine solche bemüht habe, ergebe sich aus den diesbezüglich glaubhaften Erklärungen der Arbeitnehmerin sowohl gegenüber der Beklagten als auch während ihrer gerichtlichen Vernehmung als Zeugin. Abgesehen davon, dass die Angaben des Klägers zu den Gründen der Lösung des Arbeitsverhältnisses wegen ihrer Gegensätzlichkeit bereits unglaubhaft seien, seien seine Darlegungen zu den personen- und verhaltensbedingten Gründen auch nicht überzeugend. Selbst wenn es zu dem Fehlverhalten der Arbeitnehmerin gekommen sei, sei nicht verständlich, warum er sie genau zum Zeitpunkt der Beendigung des Förderzeitraumes am 31. Juli 2000 entlassen habe. Nach den Darlegungen des Klägers handele es sich nämlich um ein Fehlverhalten, das nicht erst im Juli 2000 aufgetreten sei. Angesichts dessen hätte eine frühere Kündigung nahe gelegen. Hätten die vom Kläger behaupteten Kündigungsgründe tatsächlich vorgelegen, wäre er zur Kündigung berechtigt gewesen, ohne dass eine Rückforderung der Beschäftigungshilfe gedroht hätte. Zu einer weiteren Beweiserhebung habe sich die Kammer auf Grund der gegensätzlichen Angaben des Klägers nicht gedrängt gesehen. Das ihr eingeräumte Ermessen habe die Beklagte nicht fehlerhaft ausgeübt. Ein Ermessensfehler liege nicht darin, dass sie im Widerspruchsbescheid eine unzutreffende Rechtsvorschrift als Rechtsgrundlage bezeichnet habe. Denn sowohl im Ausgangs- wie im Widerspruchsbescheid sei eine zutreffende materiell-rechtliche Prüfung erfolgt. Damit liege kein Verstoß gegen das Begründungserfordernis nach § 35 Abs. 1 SGB X vor. Die Höhe des Zahlungsbetrages ergebe sich aus § 6 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie und sei nicht zu beanstanden.

Gegen das ihm am 29. Juli 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. August 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Er rüge, dass das Sozialgericht über die von ihm vorgetragenen Pflichtverletzungen der Zeugin N nicht Beweis erhoben habe. Die Entscheidung des Sozialgerichts beruhe auf einem unzutreffenden Sachverhalt. Allein auf Grund der Erklärungen des Steuerberaters könne das Vorliegen einer verhaltensbedingten Kündigung nicht ausgeschlossen werden. Nichts Nachteiliges dürfe daraus geschlossen werden, dass er die Arbeitnehmerin erst zu einem späten Zeitpunkt entlassen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Juli 2004 sowie den Bescheid

der Beklagten vom 18. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Juli 2004 ist zulässig und begründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts beurteilt die Sach- und Rechtslage unzutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2001 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung der Beklagten kann nur § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sein. Danach sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

In Würdigung des Inhalts der ergangenen Bescheide und des Vorbringens der Beklagten im Klageverfahren ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Leistungsbewilligung durch Bescheid vom 12. Oktober 1999 nicht aufgehoben worden ist, die Beklagte also nur einen Erstattungs-, nicht aber auch einen Aufhebungsbescheid erlassen hat. Bei dieser Verfahrensweise und angesichts der klaren und abschließenden Systematik der §§ 39 bis 51 SGB X sowie des Wortlauts von § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist die hier erhobene Erstattungsforderung rechtswidrig, denn nach wie vor ist der Bewilligungsbescheid wirksam, der die Grundlage für das Behaltendürfen der Leistung (die "causa") darstellt (vgl. Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, Rdnr. 3 und 10 zu § 50).

Keinen Zweifel lässt insoweit der Ausgangsbescheid vom 18. Januar 2001 offen, der auch schon (lediglich) mit "Erstattungs- und Verrechnungsbescheid" überschrieben war. In seiner Begründung bezieht er sich lediglich auf § 6 der Richtlinien des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur Durchführung der "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1999 – 2001" der Bundesregierung vom 17. Dezember 1998 (Bundesanzeiger vom 30. Dezember 1998, Seite 17818), wo in Abs. 1 und Abs. 2 auch nur von Rückforderung bzw. Rückzahlung der Leistung die Rede ist. Dass eine vorherige oder jedenfalls gleichzeitige Aufhebung der Leistungsbewilligung aber unentbehrlich war, war auch schon § 6 Abs. 3 der Richtlinien zu entnehmen, wonach die Vorschriften des SGB X, insbesondere die §§ 39 bis 51, gelten sollten. Auch der Richtliniengeber sah damit die Systematik des SGB X, die eine Erstattungsforderung nicht ohne Aufhebung der Bewilligung erlaubt.

Nichts anderes ergibt sich aus einer Auslegung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2001, der in seinem Tenor (Entscheidungssatz) lediglich den Widerspruch als unbegründet zurückwies. Schon hieraus lässt sich schließen, dass die Widerspruchsbehörde den Entscheidungssatz des Ausgangsbescheides nicht erweitern wollte, denn andernfalls hätte es einer ausdrücklichen Ergänzung bedurft. Entscheidend für die Bestimmung des Inhalts von Bescheiden ist die Regelung, die diesen aus der Sicht des Empfängers (§ 133 BGB) zu entnehmen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 3. März 1993, 11 RAr 57/92, SozR 3-1300 § 50 Nr. 15). Danach war der Regelungswille ausschließlich auf die Erstattung gerichtet. Der Senat hält hier eine strenge Auslegung für geboten, weil Unklarheiten im Entscheidungssatz eines belastenden Verwaltungsakts zu Lasten der den Bescheid erlassenden Behörde gehen müssen.

So ist es unerheblich, dass in der Begründung des Widerspruchsbescheides zunächst auch von dem Widerruf der Bewilligung die Rede ist. Hier bediente sich die Widerspruchsbehörde irrig der schon außer Kraft getretenen älteren Richtlinien in Verbindung mit dem am 21. Mai 1996 außer Kraft getretenen § 44a BHO (Gesetz vom 2. Mai 1996, BGBl. I Seite 656). Nach dem Gesamtinhalt des Widerspruchsbescheides können diese Ausführungen, die sich noch dazu auf eine nicht mehr gültige Rechtsgrundlage und nicht etwa auf die Vorschriften des SGB X beziehen, nicht dazu führen, dass der Empfänger annehmen musste, hier habe auch der Bewilligungsbescheid aufgehoben werden sollen. Denn die Ausführungen gehen mehr in die Richtung einer Beschreibung des Regelungszusammenhangs in § 44a BHO als dahin, die Aufhebung des Bewilligungsbescheides tatsächlich zu erklären. Nachdruck legt auch der Widerspruchsbescheid sodann ausschließlich auf eine Begründung der Rückforderung, wofür die Nichterfüllung der Nebenbestimmungen maßgeblich sei. Dass mit dem Widerspruchsbescheid keine Aufhebung der Bewilligung bezweckt war, bestätigt schließlich auch der Schriftsatz der Beklagten im Klageverfahren vom 22. März 2002. Darin erklärt die Beklagte ausdrücklich, sich bei der Angabe der Rechtsgrundlage im Widerspruchsbescheid geirrt zu haben und ihn nun formal dahingehend zu ändern, dass "Rechtsgrundlage für die Rückforderung nicht § 9 der alten Richtlinien i.V.m. § 44a BHO ist, sondern § 6 der neuen Richtlinien". Hieraus spricht eindeutig, dass es der Beklagten wiederum nur auf die Erstattungsforderung ankam und nicht gleichzeitig auf die teilweise Aufhebung der Bewilligung, denn ansonsten wäre dies ausdrücklich unter Zitierung insoweit maßgeblicher Regelungen aus dem SGB X erfolgt.

Der Senat hält es auch für ausgeschlossen, in der Geltendmachung der Erstattungsforderung gleichsam eine konkludente Aufhebung des Bewilligungsbescheides zu erblicken, wenn nach dem Empfängerhorizont ausdrücklich nur die Erstattungsforderung geltend gemacht wurde. Auch eine Umdeutung (§ 43 SGB X) in einen kombinierten Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid kommt nicht in Betracht, weil die Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine gebundene Entscheidung ist, bei der Aufhebung der Bewilligung aber Ermessen auszuüben gewesen wäre (§ 43 Abs. 3 SGB X; vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, Rdnr. 9 zu § 50 SGB X; Bundessozialgericht, Urteile vom 3. März 1993, 11 RAr 57/92, SozR 3-1300 § 50 Nr. 15 sowie 11 RAr 49/92, SozR 3-4100 § 117 Nr. 9). So liegt es hier, denn eine Aufhebung des ohne Zweifel rechtmäßigen Bewilligungsbescheides kommt überhaupt nur auf der Grundlage von § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X in Betracht, weil dem Kläger von der Beklagten ein Verstoß gegen die im Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage der Weiterbeschäftigung vorgehalten wird. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der – wie hier – eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift eröffnet sie jedenfalls Ermessen; § 330 SGB III regelt insoweit keine Abweichung. Außerdem bedarf es einer Prüfung der einschränkenden Voraussetzungen in § 47 Abs. 2 Satz 2 bis 5 SGB X in Bezug auf den Vertrauensschutz. Eine Umdeutung kommt daher nicht in Betracht.

Neben § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist für die Erstattungsforderung keine andere Rechtsgrundlage ersichtlich. Anders als etwa für den Eingliederungszuschuss in § 223 Abs. 2 SGB III a.F. (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Juni 2004, B 7 AL 66/03 R, SozR 4-4300 § 268 Nr. 1) ist keine gesetzliche Grundlage vorhanden, die die Rückforderung der hier bewilligten Beschäftigungshilfe ohne vorherige Aufhebung des Bewilligungsbescheides zulässt. Allein und unmittelbar auf die Richtlinien des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 17. Dezember 1998 kann nicht zurückgegriffen werden, weil ihnen keine Normqualität zukommt, die den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts genügt (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 26. März 1998, B 11 AL 37/96 R, SozR 3-4100 § 3 Nr. 2). Eine Erstattungspflicht des Klägers wegen – unterstellt – von ihm zu vertretenden Verstoßes gegen das Weiterbeschäftigungsgebot kann schließlich auch nicht unmittelbar daraus abgeleitet werden, dass er sich bei Beantragung der Leistung etwa einer entsprechenden bindenden Verpflichtung unterworfen hätte. Zwar hat der Kläger sich bei Beantragung der Leistung am 19. Mai 1999 vordruckmäßig ausdrücklich verpflichtet, die Leistung zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder in der Nachbeschäftigungszeit beendet wird und er – sinngemäß – die Beendigung zu vertreten hat; eine entsprechende Verpflichtung fand Eingang in die formularmäßigen Nebenbestimmungen zum Bewilligungsbescheid vom 12. Oktober 1999. Die Verpflichtungserklärung ist zur Überzeugung des Senats keine zulässige Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid, weil dies gegen § 31 SGB I verstieße, wonach Rechte und Pflichten nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit ein Gesetz dies vorschreibt oder zulässt. Hier sind mit den §§ 47 und 50 SGB X zwar Rechtsnormen ersichtlich, die Aufhebung und Erstattung gegebenenfalls rechtfertigen könnten, doch eine Beschränkung auf die Rechtsfigur des Verwaltungsakts auf Unterwerfung (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Februar 1983, 7 RAr 90/81, SozR 3870 § 8 Nr. 1 sowie Urteil vom 25. Juni 1998, B 7 AL 126/95 R, SozR 3-4100 § 71 Nr. 2) würde mit dem Gebot des Gesetzesvorbehalts brechen und es der Beklagten insbesondere gestatten, eine Leistung ohne Prüfung der qualifizierten gesetzlichen Voraussetzungen zum Beispiel in § 47 Abs. 2 SGB X rückabzuwickeln. Dass allein der "Verwaltungsakt auf Unterwerfung" hier nicht weiter führt, ergibt sich auch schon aus den Richtlinien vom 17. Dezember 1998, die in § 6 Abs. 3 die Geltung der §§ 39 bis 51 SGB X ausdrücklich betonen. Dies darf nicht durch eine "Selbstverpflichtung" unterlaufen werden, die zu einer Verwaltungspraxis jenseits der verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften führen soll.

Nach alledem hat die Berufung des Klägers Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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