Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
81
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 2371/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5741,32 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 9. September 2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2) Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Vergütung für Leistungen der häuslichen Krankenpflege.
Die Klägerin erbrachte zugunsten mehrerer Versicherter der Beklagten in der Zeit von September 1999 bis einschließlich Dezember 2000 Leistungen der häuslichen Krankenpflege, obwohl zwischen ihr und der Beklagten die Einzelheiten der Versorgung mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege vertraglich nicht geregelt waren.
Die erbrachten Leistungen rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten auf der Grundlage des mit der AOK Berlin und anderen Krankenkassen mit Wirkung zum 1. September 1999 gemäß § 132a SGB V geschlossenen Vertrages ab.
Die Beklagte zahlte auf die Abrechnungen jeweils nur die im so genannten BKK-Vertrag vereinbarte Vergütung. Den Abschluss dieses Vertrages hatte die Beklagte auch der Klägerin angeboten. Diese hatte das Angebot jedoch zurückgewiesen, weil es eine um rund 20 % geringere Vergütung als der mit der AOK Berlin und anderen Krankenkassen mit Wirkung zum 1. September 1999 geschlossene Vertrag vorsah.
Die Klägerin hat am 9. September 2000 Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.229,05 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 – Eingang bei Gericht am 20. Oktober 2005 – hat sie die Klage erweitert und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 7604,13 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 2001 zu zahlen. In der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2006 hat sie die Klage bezüglich der Zinsforderung teilweise zurückgenommen. Sie ist der Auffassung, dass sie von der Beklagten die Differenzbeträge aus ungerechtfertigter Bereicherung fordern könne.
Sie beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.345,45 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 9. September 2000 aus 5741, 32 EUR und seit dem 1. Januar 2001 aus 7604,13 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben, nachdem sie mit Schriftsatz vom 28. August 2002 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung nur bis zum 31. Dezember 2003 verzichtet hatte. Sie ist – unabhängig von der erhobenen Einrede der Verjährung – der Meinung, dass der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Differenzbeträge zustehe. Die Leistungen seien nicht ohne Rechtsgrund erbracht worden. Denn Rechtsgrund der Leistungen sei die im Verfahren S 75 KR 743/99 ER an sie, die Beklagte, ergangene Verpflichtung, die Klägerin so zu behandeln wie die Leistungserbringer, mit denen sie den BKK-Vertrag abgeschlossen hatte. Aufgrund dieser Anordnung liege deshalb auch – anders als in dem vom Bundessozialgericht am 13. Mai 2004 (B 3 KR 2/03 R) entschiedenen Fall – kein Dissens vor.
Der von der Klägerin geltend gemachte Bereicherungsanspruch scheitere im Übrigen daran, dass der objektive Wert der erbrachten Leistungen nicht höher als die nach dem BKK-Vertrag gezahlte Vergütung sei. Hierzu behauptet die Beklagte, dass sie die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfe von Pflegedienste, die bereit gewesen wären, zu den Bedingungen des BKK-Vertrages zu arbeiten, hätte sicherstellen können. Neben den zehn Pflegediensten, die den BKK-Vertrag tatsächlich unterzeichnet hätten, seien wenigstens 59 weitere Pflegedienste bereit gewesen, den BKK-Vertrag abzuschließen. Im Übrigen seien selbst die Pflegedienste, die den BKK-Vertrag tatsächlich abgeschlossen hätten, in der Lage gewesen, die Versorgung der bis zu 1400 Versicherten der Betriebskrankenkassen aus dem Raum Berlin, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege in den Jahren 1999 und 2000 hätten beanspruchen können, sicherzustellen. Diesen Pflegediensten hätten am 1. September 1999 insgesamt 265, zum 1. Januar 2000 insgesamt 320 und zum 1. Juni 2000 insgesamt 356 examinierte Vollzeitpflegekräfte zur Verfügung gestanden. Jede dieser Pflegefachkräfte habe 15 bis 25 Versicherte am Tag versorgen können, da die Pflege pro Person häufig nur 10 bis 30 Minuten in Anspruch genommen habe. Etwa 5300 Versicherte hätten mithin durch die Pflegedienste, die Partner des so genannten BKK-Vertrages geworden seien, betreut werden können. Und selbst wenn diese Pflegedienstkräfte nicht ausgereicht hätten, hätten die Vertragspartner des BKK-Vertrages weitere Pflegedienstkräfte einstellen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand der Klage ist eine Forderung von insgesamt 13.345,45 EUR nebst Zinsen. In der Klageerweiterung vom 19. Oktober 2005 liegt eine Klageänderung. Ein Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben, weil der Klageantrag unter Änderung des Klagegrundes, nämlich unter Erstreckung auf weitere Abrechnungsfälle, erweitert wurde. Die Klageänderung ist nach § 99 Abs. 1 und 2 SGG zulässig, weil sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Februar 2005 auf sie eingelassen hat, ohne ihr zu widersprechen.
Die Klage ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten nur die Zahlung von 5741,32 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 9. September 2000 aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt 1, 818 Abs. 2 BGB beanspruchen. Im Übrigen ist der Anspruch zwar entstanden, aber nicht durchsetzbar, weil der Beklagten infolge Verjährung ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht.
§§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB sind anwendbar. Denn die Beziehungen zwischen den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege und den Krankenkassen war vor dem 1. Januar 2000 dem Privatrecht zuzuordnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 2/03 R.). Seit dem 1. Januar 2000 ergibt sich die Anwendbarkeit der §§ 812, 818 BGB aus § 69 S. 3 SGB V.
Die Voraussetzungen von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB liegen vor. Die Beklagte hat "etwas erlangt", indem sie durch die Klägerin von Verbindlichkeiten befreit wurde (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 2/03 R.). Diese Befreiung von Verbindlichkeiten erfolgte "ohne Rechtsgrund". Ein Rechtsgrund liegt insbesondere nicht in dem Beschluss des LSG Berlin vom 19. April 2000 (L 15 B 9/00 KR ER) zu dem Beschluss der 75. Kammer des SG Berlin (S 75 KR 743/99 ER I). Es kann dahinstehen, ob dieser Beschluss nicht bereits wegen seines vorläufigen Charakters als Grund, der die endgültige Neuordnung einer Güterlage rechtfertigen soll, ausscheidet. Denn als Rechtsgrund scheidet der Beschluss jedenfalls deshalb aus, weil die Beklagte durch ihn lediglich dazu verpflichtet wurde, ihren Versicherten die Klägerin als Leistungserbringerin zur Auswahl zu stellen. Keinesfalls wurde die Beklagte durch diesen Beschluss dazu berechtigt und die Klägerin dazu verpflichtet, die Leistungen allein und endgültig auf der Grundlage des BKK-Vertrages abzurechnen. Denn in den Beschlussgründen heißt es ausdrücklich (Bl. 10.), dass der Klägerin "zumindest ein Anspruch [ ] auf Gleichbehandlung mit den bisherigen Anbietern im Hinblick auf die Konditionen des BKK-Vertrages" zustehe. Ob der Klägerin ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu den von ihr begehrten, günstigeren, Konditionen zusteht, hat das LSG in seinem Beschluss ausdrücklich offen gelassen.
Da die Herausgabe des Erlangten der Beklagten nicht möglich ist, ist sie nach § 818 Abs. 2 BGB der Klägerin zum Wertersatz verpflichtet. Für die Wertbestimmung nach § 818 Abs. 2 BGB ist der objektive Verkehrswert des Erlangten maßgeblich. Dieser bestimmt sich hier nach den üblicherweise gezahlten Entgelten, also den von der AOK Berlin und anderen Krankenkassen auf der Grundlage des so genannten AOK-Vertrages gezahlten Entgelten. Diese Entgeltsätze hätte die Beklagte aufbringen müssen, um die von ihr zu erbringenden Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu finanzieren.
Mit den Vertragspartnern des BKK-Vertrages hätte die Beklagte die Versorgung ihrer Versicherten nicht sicherstellen können. Hiervon ist nicht allein deshalb auszugehen, weil diese Partner nicht einmal die Versorgung der Versicherten der City BKK hätten sicherstellen können (vgl. LSG Berlin, Urteil vom 02.03.2005, L 9 KR 19/01), sondern auch, weil sich die Behauptung der Beklagten, dass eine Pflegekraft 15 bis 20 Patienten in einer Schicht habe versorgen können, nicht erweisen lässt und die Unerweislichkeit dieser Tatsachen zu Lasten der Beklagten geht (vgl. vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 2/03 R.).
Selbst wenn sich nämlich feststellen ließe, wie hoch der Pflegeaufwand für jeden einzelnen Versicherten tatsächlich war, der von den Vertragspartnern des BKK-Vertrages versorgt wurden und hätte versorgt werden müssen, wäre diese Versorgung nicht durch die Klägerin und andere Pflegedienste übernommen worden, so lässt doch keinesfalls mehr feststellen, welche Fahrtzeiten jede der durch einen der Vertragspartner des BKK-Vertrages beschäftigte Pflegedienstkraft hätte aufwenden müssen, um zu jedem der durch die Klägerin zugunsten der Beklagten versorgten Versicherten zu gelangen. Weder zu dem genauen Weg, den die Pflegedienstkraft eingeschlagen hätte, noch zu der Verkehrslage, die in der Vergangenheit auf diesem Weg herrschte, lassen sich im Nachhinein Feststellungen treffen.
Auch die Behauptung der Beklagten, dass die Vertragspartner des BKK-Vertrages weitere Pflegedienstkräfte hätten einstellen können, lässt sich nicht erweisen. Denn es gibt keine Möglichkeit festzustellen, ob in den Jahren 1999 und 2000 genug ausgebildete Pflegedienstkräfte tatsächlich auf Arbeitssuche waren, die von diesen Vertragspartnern hätten eingestellt werden können.
Im Übrigen kann dahinstehen, ob die Behauptung der Beklagten, dass weitere Pflegedienste bereit gewesen seien, den BKK-Vertrag abzuschließen, der Wahrheit entspricht. Entscheidend ist, dass diese Pflegedienste den Vertrag nicht abgeschlossen haben und sie deshalb der Beklagten zur Versorgung ihrer Versicherten nicht zur Verfügung standen.
Die mit der Klageerweiterung geltend gemachten Ansprüche sind zwar nach Maßgabe der §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB entstanden. Sie sind jedoch nicht durchsetzbar, weil die Beklagte berechtigt ist, die Leistung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBG iVm § 214 Abs. 1 BGB in der seit 2. Januar 2002 gültigen Fassung in Verbindung mit § 69 S. 3 SGB V zu verweigern. Mit Schriftsatz vom 28. August 2002 hatte die Beklagte auf die Erhebung der Einrede der Verjährung nur bis zum 31. Dezember 2003 verzichtet. Die Ansprüche sind verjährt, und zwar selbst dann, wenn vorliegend die vierjährige Verjährungsfrist des § 45 Abs. 1 SGB I Anwendung fände. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB iVm §§ 198 S. 1, 201 S. 1 BGB a. F. begann die Verjährungsfrist für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche – die zum Zeitpunkt der Vermögensverschiebung (vgl. Palandt, 61. Aufl. 2002, § 818 Rn. 3.), also zum Zeitpunkt der Leistungserbringung, entstanden sind – spätestens am 31. Dezember 2000 zu laufen und endete spätestens am 31. Dezember 2004. Erhoben hat die Klägerin die Ansprüche mittels Klageerweiterung indes erst mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005.
Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf § 291 S. 1 und 2 BGB iVm § 288 S. 1 BGB in der bis 1. Mai 2000 gültigen Fassung. Die Kostenentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 183, 193 Abs. 1 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen Fassung, und zwar auch bezüglich der erst nach dem 1. Januar 2002 geltend gemachten Klageerweiterung. Denn nach Art. 17 Abs. 1 S. 2 6. SGGÄndG (BGBl. I [2001] S. 2144 [2158].) gilt § 183 SGG in der alten Fassung für "Verfahren" nach § 197a SGG – und nicht etwa einen bestimmten Streitgegenstand –, die vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig waren, weiter.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Vergütung für Leistungen der häuslichen Krankenpflege.
Die Klägerin erbrachte zugunsten mehrerer Versicherter der Beklagten in der Zeit von September 1999 bis einschließlich Dezember 2000 Leistungen der häuslichen Krankenpflege, obwohl zwischen ihr und der Beklagten die Einzelheiten der Versorgung mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege vertraglich nicht geregelt waren.
Die erbrachten Leistungen rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten auf der Grundlage des mit der AOK Berlin und anderen Krankenkassen mit Wirkung zum 1. September 1999 gemäß § 132a SGB V geschlossenen Vertrages ab.
Die Beklagte zahlte auf die Abrechnungen jeweils nur die im so genannten BKK-Vertrag vereinbarte Vergütung. Den Abschluss dieses Vertrages hatte die Beklagte auch der Klägerin angeboten. Diese hatte das Angebot jedoch zurückgewiesen, weil es eine um rund 20 % geringere Vergütung als der mit der AOK Berlin und anderen Krankenkassen mit Wirkung zum 1. September 1999 geschlossene Vertrag vorsah.
Die Klägerin hat am 9. September 2000 Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.229,05 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 – Eingang bei Gericht am 20. Oktober 2005 – hat sie die Klage erweitert und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 7604,13 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 2001 zu zahlen. In der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2006 hat sie die Klage bezüglich der Zinsforderung teilweise zurückgenommen. Sie ist der Auffassung, dass sie von der Beklagten die Differenzbeträge aus ungerechtfertigter Bereicherung fordern könne.
Sie beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.345,45 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 9. September 2000 aus 5741, 32 EUR und seit dem 1. Januar 2001 aus 7604,13 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben, nachdem sie mit Schriftsatz vom 28. August 2002 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung nur bis zum 31. Dezember 2003 verzichtet hatte. Sie ist – unabhängig von der erhobenen Einrede der Verjährung – der Meinung, dass der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Differenzbeträge zustehe. Die Leistungen seien nicht ohne Rechtsgrund erbracht worden. Denn Rechtsgrund der Leistungen sei die im Verfahren S 75 KR 743/99 ER an sie, die Beklagte, ergangene Verpflichtung, die Klägerin so zu behandeln wie die Leistungserbringer, mit denen sie den BKK-Vertrag abgeschlossen hatte. Aufgrund dieser Anordnung liege deshalb auch – anders als in dem vom Bundessozialgericht am 13. Mai 2004 (B 3 KR 2/03 R) entschiedenen Fall – kein Dissens vor.
Der von der Klägerin geltend gemachte Bereicherungsanspruch scheitere im Übrigen daran, dass der objektive Wert der erbrachten Leistungen nicht höher als die nach dem BKK-Vertrag gezahlte Vergütung sei. Hierzu behauptet die Beklagte, dass sie die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfe von Pflegedienste, die bereit gewesen wären, zu den Bedingungen des BKK-Vertrages zu arbeiten, hätte sicherstellen können. Neben den zehn Pflegediensten, die den BKK-Vertrag tatsächlich unterzeichnet hätten, seien wenigstens 59 weitere Pflegedienste bereit gewesen, den BKK-Vertrag abzuschließen. Im Übrigen seien selbst die Pflegedienste, die den BKK-Vertrag tatsächlich abgeschlossen hätten, in der Lage gewesen, die Versorgung der bis zu 1400 Versicherten der Betriebskrankenkassen aus dem Raum Berlin, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege in den Jahren 1999 und 2000 hätten beanspruchen können, sicherzustellen. Diesen Pflegediensten hätten am 1. September 1999 insgesamt 265, zum 1. Januar 2000 insgesamt 320 und zum 1. Juni 2000 insgesamt 356 examinierte Vollzeitpflegekräfte zur Verfügung gestanden. Jede dieser Pflegefachkräfte habe 15 bis 25 Versicherte am Tag versorgen können, da die Pflege pro Person häufig nur 10 bis 30 Minuten in Anspruch genommen habe. Etwa 5300 Versicherte hätten mithin durch die Pflegedienste, die Partner des so genannten BKK-Vertrages geworden seien, betreut werden können. Und selbst wenn diese Pflegedienstkräfte nicht ausgereicht hätten, hätten die Vertragspartner des BKK-Vertrages weitere Pflegedienstkräfte einstellen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand der Klage ist eine Forderung von insgesamt 13.345,45 EUR nebst Zinsen. In der Klageerweiterung vom 19. Oktober 2005 liegt eine Klageänderung. Ein Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben, weil der Klageantrag unter Änderung des Klagegrundes, nämlich unter Erstreckung auf weitere Abrechnungsfälle, erweitert wurde. Die Klageänderung ist nach § 99 Abs. 1 und 2 SGG zulässig, weil sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Februar 2005 auf sie eingelassen hat, ohne ihr zu widersprechen.
Die Klage ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten nur die Zahlung von 5741,32 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 9. September 2000 aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt 1, 818 Abs. 2 BGB beanspruchen. Im Übrigen ist der Anspruch zwar entstanden, aber nicht durchsetzbar, weil der Beklagten infolge Verjährung ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht.
§§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB sind anwendbar. Denn die Beziehungen zwischen den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege und den Krankenkassen war vor dem 1. Januar 2000 dem Privatrecht zuzuordnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 2/03 R.). Seit dem 1. Januar 2000 ergibt sich die Anwendbarkeit der §§ 812, 818 BGB aus § 69 S. 3 SGB V.
Die Voraussetzungen von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB liegen vor. Die Beklagte hat "etwas erlangt", indem sie durch die Klägerin von Verbindlichkeiten befreit wurde (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 2/03 R.). Diese Befreiung von Verbindlichkeiten erfolgte "ohne Rechtsgrund". Ein Rechtsgrund liegt insbesondere nicht in dem Beschluss des LSG Berlin vom 19. April 2000 (L 15 B 9/00 KR ER) zu dem Beschluss der 75. Kammer des SG Berlin (S 75 KR 743/99 ER I). Es kann dahinstehen, ob dieser Beschluss nicht bereits wegen seines vorläufigen Charakters als Grund, der die endgültige Neuordnung einer Güterlage rechtfertigen soll, ausscheidet. Denn als Rechtsgrund scheidet der Beschluss jedenfalls deshalb aus, weil die Beklagte durch ihn lediglich dazu verpflichtet wurde, ihren Versicherten die Klägerin als Leistungserbringerin zur Auswahl zu stellen. Keinesfalls wurde die Beklagte durch diesen Beschluss dazu berechtigt und die Klägerin dazu verpflichtet, die Leistungen allein und endgültig auf der Grundlage des BKK-Vertrages abzurechnen. Denn in den Beschlussgründen heißt es ausdrücklich (Bl. 10.), dass der Klägerin "zumindest ein Anspruch [ ] auf Gleichbehandlung mit den bisherigen Anbietern im Hinblick auf die Konditionen des BKK-Vertrages" zustehe. Ob der Klägerin ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu den von ihr begehrten, günstigeren, Konditionen zusteht, hat das LSG in seinem Beschluss ausdrücklich offen gelassen.
Da die Herausgabe des Erlangten der Beklagten nicht möglich ist, ist sie nach § 818 Abs. 2 BGB der Klägerin zum Wertersatz verpflichtet. Für die Wertbestimmung nach § 818 Abs. 2 BGB ist der objektive Verkehrswert des Erlangten maßgeblich. Dieser bestimmt sich hier nach den üblicherweise gezahlten Entgelten, also den von der AOK Berlin und anderen Krankenkassen auf der Grundlage des so genannten AOK-Vertrages gezahlten Entgelten. Diese Entgeltsätze hätte die Beklagte aufbringen müssen, um die von ihr zu erbringenden Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu finanzieren.
Mit den Vertragspartnern des BKK-Vertrages hätte die Beklagte die Versorgung ihrer Versicherten nicht sicherstellen können. Hiervon ist nicht allein deshalb auszugehen, weil diese Partner nicht einmal die Versorgung der Versicherten der City BKK hätten sicherstellen können (vgl. LSG Berlin, Urteil vom 02.03.2005, L 9 KR 19/01), sondern auch, weil sich die Behauptung der Beklagten, dass eine Pflegekraft 15 bis 20 Patienten in einer Schicht habe versorgen können, nicht erweisen lässt und die Unerweislichkeit dieser Tatsachen zu Lasten der Beklagten geht (vgl. vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 2/03 R.).
Selbst wenn sich nämlich feststellen ließe, wie hoch der Pflegeaufwand für jeden einzelnen Versicherten tatsächlich war, der von den Vertragspartnern des BKK-Vertrages versorgt wurden und hätte versorgt werden müssen, wäre diese Versorgung nicht durch die Klägerin und andere Pflegedienste übernommen worden, so lässt doch keinesfalls mehr feststellen, welche Fahrtzeiten jede der durch einen der Vertragspartner des BKK-Vertrages beschäftigte Pflegedienstkraft hätte aufwenden müssen, um zu jedem der durch die Klägerin zugunsten der Beklagten versorgten Versicherten zu gelangen. Weder zu dem genauen Weg, den die Pflegedienstkraft eingeschlagen hätte, noch zu der Verkehrslage, die in der Vergangenheit auf diesem Weg herrschte, lassen sich im Nachhinein Feststellungen treffen.
Auch die Behauptung der Beklagten, dass die Vertragspartner des BKK-Vertrages weitere Pflegedienstkräfte hätten einstellen können, lässt sich nicht erweisen. Denn es gibt keine Möglichkeit festzustellen, ob in den Jahren 1999 und 2000 genug ausgebildete Pflegedienstkräfte tatsächlich auf Arbeitssuche waren, die von diesen Vertragspartnern hätten eingestellt werden können.
Im Übrigen kann dahinstehen, ob die Behauptung der Beklagten, dass weitere Pflegedienste bereit gewesen seien, den BKK-Vertrag abzuschließen, der Wahrheit entspricht. Entscheidend ist, dass diese Pflegedienste den Vertrag nicht abgeschlossen haben und sie deshalb der Beklagten zur Versorgung ihrer Versicherten nicht zur Verfügung standen.
Die mit der Klageerweiterung geltend gemachten Ansprüche sind zwar nach Maßgabe der §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB entstanden. Sie sind jedoch nicht durchsetzbar, weil die Beklagte berechtigt ist, die Leistung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBG iVm § 214 Abs. 1 BGB in der seit 2. Januar 2002 gültigen Fassung in Verbindung mit § 69 S. 3 SGB V zu verweigern. Mit Schriftsatz vom 28. August 2002 hatte die Beklagte auf die Erhebung der Einrede der Verjährung nur bis zum 31. Dezember 2003 verzichtet. Die Ansprüche sind verjährt, und zwar selbst dann, wenn vorliegend die vierjährige Verjährungsfrist des § 45 Abs. 1 SGB I Anwendung fände. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB iVm §§ 198 S. 1, 201 S. 1 BGB a. F. begann die Verjährungsfrist für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche – die zum Zeitpunkt der Vermögensverschiebung (vgl. Palandt, 61. Aufl. 2002, § 818 Rn. 3.), also zum Zeitpunkt der Leistungserbringung, entstanden sind – spätestens am 31. Dezember 2000 zu laufen und endete spätestens am 31. Dezember 2004. Erhoben hat die Klägerin die Ansprüche mittels Klageerweiterung indes erst mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005.
Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf § 291 S. 1 und 2 BGB iVm § 288 S. 1 BGB in der bis 1. Mai 2000 gültigen Fassung. Die Kostenentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 183, 193 Abs. 1 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen Fassung, und zwar auch bezüglich der erst nach dem 1. Januar 2002 geltend gemachten Klageerweiterung. Denn nach Art. 17 Abs. 1 S. 2 6. SGGÄndG (BGBl. I [2001] S. 2144 [2158].) gilt § 183 SGG in der alten Fassung für "Verfahren" nach § 197a SGG – und nicht etwa einen bestimmten Streitgegenstand –, die vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig waren, weiter.
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