Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2434/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5004/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 75 Abs. 5 SGG ist auf einen Sozialhilfeträger nicht anwendbar, weshalb eine Verurteilung desselben auch nach Beiladung ausscheidet. Im übrigen ist eine Beiladung nicht notwendig, wenn im Vorfeld der Leistungserbringung keine Unklarheit über die Zuständigkeit für das Rehabilitationsbegehren bestand. Mögliche Erstattungsansprüche begründen die Notwendigkeit einer Beiladung im Leistungsstreit nicht.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07. November 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme eines Therapie-Tandems streitig.
Die 1992 geborene Klägerin, die bei der Beklagten familienversichert ist, leidet seit Geburt an einem Down-Syndrom mit im Vordergrund stehender geistiger Entwicklungsverzögerung. Ein Herzfehler wurde im Kindesalter chirurgisch versorgt und operativ gut korrigiert. Darüber hinaus bestehen Schwerhörigkeit und Kurzsichtigkeit sowie Zeichen einer allgemeinen muskulären Hypotonie. Sie bezieht Leistungen der Pflegeversicherung Pflegestufe II. Ausweislich des zuletzt erstellten Pflegegutachtens vom 16.06.2004 besuchte sie eine Außenklasse der Grundschule und erhält einmal pro Woche Ergotherapie und Logopädie.
Am 03.05.2004 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage einer Verordnung des Kinderarztes S. ein Therapie-Tandem der Marke "Copilot 26". Bei diesem sitzt das behinderte Kind vor der erwachsenen Begleitperson und kann mitlenken sowie ggfs. mit in die Pedale treten.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. K. führte aus, unter der Produktgruppe 22 würden im Hilfsmittelverzeichnis die Mobilitätshilfen aufgeführt, u.a. auch Zwei - bzw. Dreiräder erfasst, um das therapeutische Ziel der Stärkung des Stütz- und Bewegungsapparates wie auch der Gleichgewichtsreaktion und Bewegungskoordination zu trainieren. Bei Fahrrädern mit Fremdbedienung entfalle dieses Therapieziel, da das Fahrrad durch den mitfahrenden Erwachsenen im Gleichgewicht gehalten werde und lediglich ein Durchbewegen der unteren Extremitäten erfolge, was jedoch auch durch andere Maßnahmen, wie z.B. Krankengymnastik, Gehen etc. ebenso zu erreichen sei. Entsprechend den leistungsrechtlichen Entscheidungen der Spitzenverbände seien Tandems und Rikschas ausdrücklich aus dem Leistungskatalog ausgeschlossen worden, da es sich um Gebrauchsgegenstände der Freizeitgestaltung handle. Die Unterstützung der ärztlichen Behandlung bzw. ein Behindertenausgleich träten gegenüber den oben beschriebenen Bestimmungsarten in den Hintergrund. Der Wunsch, sich schneller fortzubewegen bzw. längere Wegstrecken zurückzulegen, falle nicht unter die Leistungspflicht der GKV. Bei der Fortbewegung auf einem Tandem könne also ein wesentlicher Behinderungsausgleich nicht erfolgen, wie dies die BSG-Rechtsprechung für die Hilfsmittelversorgung fordere. Somit sei dem beantragten Artikel keine Hilfsmittelqualität zuzuerkennen.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.05.2004 den Antrag ab.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die fehlende Aufnahme des Therapie-Tandems in das Hilfsmittelverzeichnis sei kein Ablehnungsgrund. Dieses habe auch einen ganz erheblichen therapeutischen Wert, nämlich in Form der Stimulation der Sinne, des Muskeltrainings, der Schonung der Gelenke, einer kontrollierten Stärkung der Herz- und Kreislauffunktionen, einer Koordinationsförderung zwischen Armen und Beinen sowie zwischen linker und rechter Körperhälfte, der Balancesicherheit und Training der Stütz- und Gleichgewichtsreaktionen, des physischen und psychischen Durchhaltens, der Sicherheit und Selbständigkeit, der Unterstützung krankengymnastischer Behandlung, der verbesserten Mobilität und eines größeren Aktionskreises, der Förderung des richtigen Verhaltens im Straßenverkehr, der zusätzlichen Kommunikation mit der Begleitperson, der natürlichen Bewegungsmuster, Ausdauertraining und ganz wichtig: Ermöglichung der Integration in die Aktivitäten Gleichaltriger. Bislang habe die Familie über einen Trailer am Erwachsenenfahrrad verfügt und so oft mit anderen Familien und deren Kindern wegfahren können. Da der Trailer mittlerweile zu klein geworden sei, sei dies nicht mehr möglich. Das BSG habe festgestellt, dass die Erschließung eines größeren Aktionskreises von mehreren Kilometern durchaus zu den Grundbedürfnissen zähle. In einem anderen Urteil des LSG sei ausgeführt worden, dass ein Dreirad benötigt werde, um dem Bewegungsdrang der Altersgenossen folgen zu können. Der Behindertenausgleich sei bei Kindern auf eine möglichst weitgehende Eingliederung in den Kreis der spielenden Altersgenossen gerichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, nach dem eingeholten Gutachten könne durch das Tandem kein wesentlicher Behinderungsausgleich erfolgen und es sei nicht dazu geeignet, einen Beitrag zur sozialen Integration in die Gruppe Gleichaltriger zu leisten. Nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung des 13. Senats des BSG bestehe daher keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse für ein Therapie-Tandem.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, durch das Hilfsmittel solle einer an der Gesundheit geschädigten Person ein körperlicher und geistiger Freiraum geschaffen werden, der eine hinreichende Kommunikation zulasse, z.B. durch die Teilnahme am Straßenverkehr und am gesellschaftlichen Leben. Die Klägerin habe das Tandem bislang nicht erworben, es werde daher ein Anspruch auf Sachleistung geltend gemacht.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Prof. Dr. Dr. D., unter Mithilfe von Dr. R., führte aus, die Klägerin besuche nunmehr eine Schule für geistig Behinderte, zu der sie morgens von einem Sonderschulbus abgeholt werde. Im Ort sei sie bekannt und besuche die Tanzgruppe des örtlichen Sportvereins. Zudem gehe sie von ihrer Mutter begleitet in den Konfirmandenunterricht vor Ort. Familiär würden häufig Radtouren unternommen, so dass für die Klägerin ein so genanntes Add-Bike angeschafft worden wäre. Hierbei handle es sich um ein Anhängerfahrrad, das mit einem festgestellten Lenker und normalen Tretpedalen an den Gepäckträger angehängt gezogen werde, wobei das Kind frei mittreten könne. Hierfür sei die Klägerin mittlerweile zu groß. Daneben besuche sie regelmäßig das Schwimmbad, habe allerdings das Schwimmen ohne Schwimmhilfe noch nicht gelernt. Schwierigkeiten habe sie auch mit dem Rollerfahren, da Koordination und Gleichgewicht noch nicht ausreichten. Sie fahre stattdessen mit dem Kettcar oder mit dem Dreirad. Zu den regelmäßigen Aktivitäten gehörten neben dem üblichen Spielen auf den nahe gelegenen Spielplätzen Besuche bei ihrer Tante im Nachbardorf (3,5 km entfernt), wo sie auch alleine übernachte. Aufgrund ihrer geistigen Behinderung sei die Klägerin derzeit nicht verkehrssicher. Sie leiste auch nur begrenzt einer Aufsichtsperson Folge. Aufgrund der erkennbaren Unruhe und der fehlenden Konzentration sei eine Begleitperson unerlässlich. Die muskuläre Hypotonie führe zu einer Minderung der körperlichen Ausdauer, die beispielsweise an dem Aktionsradius der zu Fuß erreichbaren Ziele gemessen werden könne. So schaffe sie es nur mit Mühe die üblichen Ziele im Dorf zu Fuß zu erreichen oder werde von den Eltern gefahren. Die Seh- und Hörschwäche wirke sich dabei nicht wesentlich funktionseinschränkend aus. In ihrer jugendlichen Entwicklungsphase könnten die motorischen Fähigkeiten noch verbessert und Aufgaben der sozialen Kompetenz entwickelt werden. Aufgrund des aufgeweckten, nach außen orientierten Wesens sei es wichtig, ihr die Möglichkeiten verschiedenster Sozialkontakte zu geben. Das Therapie-Tandem wäre eine gute Möglichkeit, diese Entwicklungsphase zu unterstützen. Dieses könne den Gleichgewichtssinn und die Balancesicherheit auf natürliche Weise schulen. Hinzu käme ein Ausdauertraining bzw. die Stärkung des physischen und psychischen Durchhaltevermögens, natürlich die pädagogischen Aspekte der Förderung der Selbständigkeit im Straßenverkehr. Insgesamt gesehen werde das Therapietandem deswegen für ein Kind mit Down-Syndrom in der jugendlichen Entwicklungsphase für geeignet gehalten, die statomotorische Entwicklung und die Einbindung in die umliegende Sozialstruktur maßgeblich zu fördern.
Mit Urteil vom 07.11.2005, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 15.11.2005, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, bei dem Therapie-Tandem handle es sich zwar nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Auch stehe der Versorgung nicht entgegen, dass es nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sei. Es sei jedoch nicht erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei allein die medizinische, nicht jedoch eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation. Ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung liege nur dann vor, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitige oder mildere und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffe. Das Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" sei nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung und nicht wie ein vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Gesunden zu verstehen. Die Klägerin könne sich aufgrund ihrer geistigen Behinderung zwar nicht selbständig, d.h. ohne Aufsicht bewegen, sei aber in ihren Bewegungen und auch im Gehen weitgehend unbehindert. Eine Einschränkung bestehe nur insoweit, als sie aufgrund der reduzierten muskulären Ausdauer keine besonders weiten Wege zurücklegen könne. Die üblichen Ziele in ihrer Umgebung könne sie jedoch auch zu Fuß erreichen. Ein selbständiges Bewegen würde ihr durch das Therapie-Tandem nicht ermöglicht, da sie auch bei dieser Bewegungsform nur unter Aufsicht Radfahren könne. Ohnehin gehöre das Radfahren nicht zu den Grundbedürfnissen. Bei den zusprechenden Urteilen des BSG habe es sich um eine ganz außerordentliche Bewegungseinschränkung gehandelt und hierbei sei in der konkreten Familiensituation den gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung zugekommen. Diese Voraussetzungen lägen im Falle der Klägerin nicht vor. Sie leide nicht an einer außergewöhnlichen Bewegungseinschränkung, sondern nähme an der Tanzgruppe des örtlichen Sportvereins teil, besuche in Begleitung ihrer Mutter den Konfirmandenunterricht, gehe regelmäßig ins Schwimmbad und könne auf dem Spielplatz spielen. Sie sei unter Aufsicht auch in der Lage, Kettcar und Dreirad zu fahren und besuche eine Schule für geistig Behinderte. Sie habe somit gute Möglichkeiten zur sozialen Integration und Kommunikation. Dass Fahrradausflüge eine besondere Bedeutung für die Integration hätten, sei nicht ersichtlich. Sie sei offensichtlich auch ansonsten gut sozial integriert, wobei nicht verkannt werde, dass dies im wesentlichen der Förderung durch die Eltern zu verdanken sei. Dem stehe auch nicht das Gutachten entgegen, da die durch das Therapie-Tandem verfolgten Ziele (Verbesserung motorischer Fähigkeiten, Entwicklung von Aufgaben der sozialen Kompetenz, Steigerung der Aufmerksamkeit, des Verantwortungsgefühls und der Selbständigkeit sowie allgemeines körperliches Training) auch durch andere therapeutische Maßnahmen wie beispielsweise die Möglichkeiten des Behindertensports, des normalen Gehens mit der Tochter im Straßenverkehr oder - soweit erforderlich - auch durch Krankengymnastik erreicht werden könnten. Durch das Therapie-Tandem könne auch nicht eine Eingliederung in die Gruppe gleichaltriger Jugendlicher gefördert werden, da immer die Anwesenheit einer Begleitperson erforderlich wäre, mithin die der Eltern oder auch der älteren Brüder.
Mit ihrer dagegen am 23.11.2005 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das erstinstanzliche Gericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass in der Entwicklungsphase von Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses ein Grundbedürfnis sei. Die Beklagte habe auch nicht § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ausreichend beachtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07. November 2005 sowie den Bescheid vom 14. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Therapie-Tandem "Copilot 26" der Firma H. als Hilfsmittel zu gewähren, hilfsweise den Sozialhilfeträger im anhängigen Verfahren beizuladen und das Verfahren nochmals zu eröffnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Kritik an der Fragestellung des SG im Allgemeinen und daher sehr vage bleibe. Die Fragestellungen seien aber hinsichtlich der leistungsrechtlich notwendigen Klärung zielführend gewesen und hätten dazu beigetragen, den Sachverhalt ausreichend zu klären.
In dem durchgeführten Erörterungstermin vom 22.03.2006 wurde ein Beteiligtenwechsel vorgenommen und die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, da der geltend gemachte Kostenübernahmeanspruch die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR übersteigt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Der Senat hat vorliegend von einer Beiladung anderer Rehabilitationsträger, insbesondere der Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX -), abgesehen. Die von der Klägerin angestrebte Verurteilung scheidet ohnehin angesichts des klaren Wortlauts des § 75 Abs. 5 SGG aus, denn ein beigeladener Sozialhilfeträger ist weder Versicherungsträger, noch Land, so dass die Vorschrift auf andere als die genannten Beigeladenen nicht anwendbar ist (vgl. Binder, Kommentar zum SGG, § 75 Rz. 14; Ulmer, in: Hennig u.a., Kommentar zum SGG, § 75 Rz. 45). Es fehlt auch an einer auslegungsfähigen Lücke für eine analoge Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG. Denn durch das 7. Gesetz zur Änderung des SGG vom 9.12.2004 wurden zwar eine Vielzahl von Vorschriften im SGG im Hinblick auf die Übernahme der Zuständigkeit für das SGB II und SGB XII (BGBl. I, S. 3302) geändert, nicht jedoch der § 75 Abs. 5 SGG (so auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 9.11.2005, L 9 B 268/05 SO ER). Dass vorliegend nicht notwendig beizuladen war (§ 75 Abs. 2 SGG), ist weiter darin begründet, dass im Vorfeld der Leistungserbringung keine Unklarheit über die Zuständigkeit für das Rehabilitationsbegehren bestand. Die beklagte Krankenkasse hat deswegen den Antrag der Klägerin nach § 14 Abs. 1 SGB IX nicht weitergeleitet, statt dessen den Anspruch in eigener Zuständigkeit geprüft und die Leistung wegen fehlender Erforderlichkeit des Hilfsmittels abgelehnt. Deswegen liegt eine der Entscheidung des BSG (Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - SozR 4-3250 § 14 Nr. 1) vergleichbare Konstellation nicht vor. Vielmehr muss in einem solchen Fall, wenn ein Rehabilitationsträger sich für zuständig für das Rehabilitationsbegehren erklärt, dieser den Anspruch der Klägerin unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten prüfen, ggfs. in eigener Zuständigkeit die Leistung erbringen und diese dann von dem primär leistungspflichtigen Träger erstattet verlangen (so auch Gagel, Trägerübergreifende Fallbehandlung statt Antragsabwicklung als Grundprinzip des SGB IX, SGb 2004, 464, 466). Auch im Hinblick auf mögliche Erstattungsansprüche scheidet dann eine Beiladung aus, da mangels Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX ein Erstattungsanspruch gegen einen anderen Rehabilitationsträger ohnehin weitgehend ausgeschlossen ist und mögliche Erstattungsansprüche die Notwendigkeit einer Beiladung im Leistungsstreit nicht begründen können (BSG 7.12.2004 SozR 4-2500 § 51 Nr 1). Schließlich setzt die Beiladung auch nach der Entscheidung des BSG vom 26.10.2004 ( B 7 AL 16/04 R - SozR 4-3250 § 14 Nr. 1) voraus, dass ein mutmaßlich endgültig zuständiger Rehabilitationsträger in Betracht kommt. Das ist hier aber nicht der Fall, andere Leistungsträger sind nicht leistungspflichtig (BSG SozR 1500 § 75 Nr. 74). Einem Leistungsanspruch nach § 31 SGB IX steht die fehlende Erforderlichkeit des Hilfsmittels entgegen (dazu siehe unten). Deswegen wäre auch ein Anspruch nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ausgeschlossen, weil eine Besserstellung von Empfängern von Eingliederungshilfe und ergänzender Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber Rehabilitationsleistungen aus anderen Leistungssystemen zu vermeiden ist (so Voelzke in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB XII, § 54 Rdnr. 56).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, denn die Klägerin hat nach § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) keinen Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und sieht deswegen insoweit von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch der Senat in Würdigung der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Verordnung, des Gutachtens des MDK sowie des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. D. der Auffassung ist, dass sich die Klägerin auf das Grundbedürfnis der Teilnahme an der sonst üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses (BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 27) schon deshalb nicht berufen kann, weil sie dazu nicht auf das Hilfsmittel angewiesen ist. Vielmehr geht aus sämtlichen Gutachten hervor, dass die Klägerin überaus gut in den Kreis Gleichaltriger integriert ist, insbesondere an Schul- und zahlreichen sozialen bzw. sportlichen Veranstaltungen teilnehmen kann (Tanzsport, Konfirmandenunterricht, regelmäßiger Schwimmbadbesuch, Fahren von Kettcar und Dreirad).
Das SG hat auch zutreffend dargestellt, dass die von Prof. Dr. Dr. D. erarbeiteten Behandlungsziele mit dem Therapie-Tandem durch andere Maßnahmen der Krankenversicherung erreicht werden können und sie sich im Nahbereich, auf den es bei dem Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ankommt, ausreichend und unbehindert bewegen kann. Die reduzierte muskuläre Ausdauer bedingt lediglich, dass sie besonders weite Wege nicht zurücklegen kann.
Nach alledem war deshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme eines Therapie-Tandems streitig.
Die 1992 geborene Klägerin, die bei der Beklagten familienversichert ist, leidet seit Geburt an einem Down-Syndrom mit im Vordergrund stehender geistiger Entwicklungsverzögerung. Ein Herzfehler wurde im Kindesalter chirurgisch versorgt und operativ gut korrigiert. Darüber hinaus bestehen Schwerhörigkeit und Kurzsichtigkeit sowie Zeichen einer allgemeinen muskulären Hypotonie. Sie bezieht Leistungen der Pflegeversicherung Pflegestufe II. Ausweislich des zuletzt erstellten Pflegegutachtens vom 16.06.2004 besuchte sie eine Außenklasse der Grundschule und erhält einmal pro Woche Ergotherapie und Logopädie.
Am 03.05.2004 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage einer Verordnung des Kinderarztes S. ein Therapie-Tandem der Marke "Copilot 26". Bei diesem sitzt das behinderte Kind vor der erwachsenen Begleitperson und kann mitlenken sowie ggfs. mit in die Pedale treten.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. K. führte aus, unter der Produktgruppe 22 würden im Hilfsmittelverzeichnis die Mobilitätshilfen aufgeführt, u.a. auch Zwei - bzw. Dreiräder erfasst, um das therapeutische Ziel der Stärkung des Stütz- und Bewegungsapparates wie auch der Gleichgewichtsreaktion und Bewegungskoordination zu trainieren. Bei Fahrrädern mit Fremdbedienung entfalle dieses Therapieziel, da das Fahrrad durch den mitfahrenden Erwachsenen im Gleichgewicht gehalten werde und lediglich ein Durchbewegen der unteren Extremitäten erfolge, was jedoch auch durch andere Maßnahmen, wie z.B. Krankengymnastik, Gehen etc. ebenso zu erreichen sei. Entsprechend den leistungsrechtlichen Entscheidungen der Spitzenverbände seien Tandems und Rikschas ausdrücklich aus dem Leistungskatalog ausgeschlossen worden, da es sich um Gebrauchsgegenstände der Freizeitgestaltung handle. Die Unterstützung der ärztlichen Behandlung bzw. ein Behindertenausgleich träten gegenüber den oben beschriebenen Bestimmungsarten in den Hintergrund. Der Wunsch, sich schneller fortzubewegen bzw. längere Wegstrecken zurückzulegen, falle nicht unter die Leistungspflicht der GKV. Bei der Fortbewegung auf einem Tandem könne also ein wesentlicher Behinderungsausgleich nicht erfolgen, wie dies die BSG-Rechtsprechung für die Hilfsmittelversorgung fordere. Somit sei dem beantragten Artikel keine Hilfsmittelqualität zuzuerkennen.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.05.2004 den Antrag ab.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die fehlende Aufnahme des Therapie-Tandems in das Hilfsmittelverzeichnis sei kein Ablehnungsgrund. Dieses habe auch einen ganz erheblichen therapeutischen Wert, nämlich in Form der Stimulation der Sinne, des Muskeltrainings, der Schonung der Gelenke, einer kontrollierten Stärkung der Herz- und Kreislauffunktionen, einer Koordinationsförderung zwischen Armen und Beinen sowie zwischen linker und rechter Körperhälfte, der Balancesicherheit und Training der Stütz- und Gleichgewichtsreaktionen, des physischen und psychischen Durchhaltens, der Sicherheit und Selbständigkeit, der Unterstützung krankengymnastischer Behandlung, der verbesserten Mobilität und eines größeren Aktionskreises, der Förderung des richtigen Verhaltens im Straßenverkehr, der zusätzlichen Kommunikation mit der Begleitperson, der natürlichen Bewegungsmuster, Ausdauertraining und ganz wichtig: Ermöglichung der Integration in die Aktivitäten Gleichaltriger. Bislang habe die Familie über einen Trailer am Erwachsenenfahrrad verfügt und so oft mit anderen Familien und deren Kindern wegfahren können. Da der Trailer mittlerweile zu klein geworden sei, sei dies nicht mehr möglich. Das BSG habe festgestellt, dass die Erschließung eines größeren Aktionskreises von mehreren Kilometern durchaus zu den Grundbedürfnissen zähle. In einem anderen Urteil des LSG sei ausgeführt worden, dass ein Dreirad benötigt werde, um dem Bewegungsdrang der Altersgenossen folgen zu können. Der Behindertenausgleich sei bei Kindern auf eine möglichst weitgehende Eingliederung in den Kreis der spielenden Altersgenossen gerichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, nach dem eingeholten Gutachten könne durch das Tandem kein wesentlicher Behinderungsausgleich erfolgen und es sei nicht dazu geeignet, einen Beitrag zur sozialen Integration in die Gruppe Gleichaltriger zu leisten. Nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung des 13. Senats des BSG bestehe daher keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse für ein Therapie-Tandem.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, durch das Hilfsmittel solle einer an der Gesundheit geschädigten Person ein körperlicher und geistiger Freiraum geschaffen werden, der eine hinreichende Kommunikation zulasse, z.B. durch die Teilnahme am Straßenverkehr und am gesellschaftlichen Leben. Die Klägerin habe das Tandem bislang nicht erworben, es werde daher ein Anspruch auf Sachleistung geltend gemacht.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Prof. Dr. Dr. D., unter Mithilfe von Dr. R., führte aus, die Klägerin besuche nunmehr eine Schule für geistig Behinderte, zu der sie morgens von einem Sonderschulbus abgeholt werde. Im Ort sei sie bekannt und besuche die Tanzgruppe des örtlichen Sportvereins. Zudem gehe sie von ihrer Mutter begleitet in den Konfirmandenunterricht vor Ort. Familiär würden häufig Radtouren unternommen, so dass für die Klägerin ein so genanntes Add-Bike angeschafft worden wäre. Hierbei handle es sich um ein Anhängerfahrrad, das mit einem festgestellten Lenker und normalen Tretpedalen an den Gepäckträger angehängt gezogen werde, wobei das Kind frei mittreten könne. Hierfür sei die Klägerin mittlerweile zu groß. Daneben besuche sie regelmäßig das Schwimmbad, habe allerdings das Schwimmen ohne Schwimmhilfe noch nicht gelernt. Schwierigkeiten habe sie auch mit dem Rollerfahren, da Koordination und Gleichgewicht noch nicht ausreichten. Sie fahre stattdessen mit dem Kettcar oder mit dem Dreirad. Zu den regelmäßigen Aktivitäten gehörten neben dem üblichen Spielen auf den nahe gelegenen Spielplätzen Besuche bei ihrer Tante im Nachbardorf (3,5 km entfernt), wo sie auch alleine übernachte. Aufgrund ihrer geistigen Behinderung sei die Klägerin derzeit nicht verkehrssicher. Sie leiste auch nur begrenzt einer Aufsichtsperson Folge. Aufgrund der erkennbaren Unruhe und der fehlenden Konzentration sei eine Begleitperson unerlässlich. Die muskuläre Hypotonie führe zu einer Minderung der körperlichen Ausdauer, die beispielsweise an dem Aktionsradius der zu Fuß erreichbaren Ziele gemessen werden könne. So schaffe sie es nur mit Mühe die üblichen Ziele im Dorf zu Fuß zu erreichen oder werde von den Eltern gefahren. Die Seh- und Hörschwäche wirke sich dabei nicht wesentlich funktionseinschränkend aus. In ihrer jugendlichen Entwicklungsphase könnten die motorischen Fähigkeiten noch verbessert und Aufgaben der sozialen Kompetenz entwickelt werden. Aufgrund des aufgeweckten, nach außen orientierten Wesens sei es wichtig, ihr die Möglichkeiten verschiedenster Sozialkontakte zu geben. Das Therapie-Tandem wäre eine gute Möglichkeit, diese Entwicklungsphase zu unterstützen. Dieses könne den Gleichgewichtssinn und die Balancesicherheit auf natürliche Weise schulen. Hinzu käme ein Ausdauertraining bzw. die Stärkung des physischen und psychischen Durchhaltevermögens, natürlich die pädagogischen Aspekte der Förderung der Selbständigkeit im Straßenverkehr. Insgesamt gesehen werde das Therapietandem deswegen für ein Kind mit Down-Syndrom in der jugendlichen Entwicklungsphase für geeignet gehalten, die statomotorische Entwicklung und die Einbindung in die umliegende Sozialstruktur maßgeblich zu fördern.
Mit Urteil vom 07.11.2005, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 15.11.2005, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, bei dem Therapie-Tandem handle es sich zwar nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Auch stehe der Versorgung nicht entgegen, dass es nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sei. Es sei jedoch nicht erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei allein die medizinische, nicht jedoch eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation. Ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung liege nur dann vor, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitige oder mildere und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffe. Das Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" sei nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung und nicht wie ein vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Gesunden zu verstehen. Die Klägerin könne sich aufgrund ihrer geistigen Behinderung zwar nicht selbständig, d.h. ohne Aufsicht bewegen, sei aber in ihren Bewegungen und auch im Gehen weitgehend unbehindert. Eine Einschränkung bestehe nur insoweit, als sie aufgrund der reduzierten muskulären Ausdauer keine besonders weiten Wege zurücklegen könne. Die üblichen Ziele in ihrer Umgebung könne sie jedoch auch zu Fuß erreichen. Ein selbständiges Bewegen würde ihr durch das Therapie-Tandem nicht ermöglicht, da sie auch bei dieser Bewegungsform nur unter Aufsicht Radfahren könne. Ohnehin gehöre das Radfahren nicht zu den Grundbedürfnissen. Bei den zusprechenden Urteilen des BSG habe es sich um eine ganz außerordentliche Bewegungseinschränkung gehandelt und hierbei sei in der konkreten Familiensituation den gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung zugekommen. Diese Voraussetzungen lägen im Falle der Klägerin nicht vor. Sie leide nicht an einer außergewöhnlichen Bewegungseinschränkung, sondern nähme an der Tanzgruppe des örtlichen Sportvereins teil, besuche in Begleitung ihrer Mutter den Konfirmandenunterricht, gehe regelmäßig ins Schwimmbad und könne auf dem Spielplatz spielen. Sie sei unter Aufsicht auch in der Lage, Kettcar und Dreirad zu fahren und besuche eine Schule für geistig Behinderte. Sie habe somit gute Möglichkeiten zur sozialen Integration und Kommunikation. Dass Fahrradausflüge eine besondere Bedeutung für die Integration hätten, sei nicht ersichtlich. Sie sei offensichtlich auch ansonsten gut sozial integriert, wobei nicht verkannt werde, dass dies im wesentlichen der Förderung durch die Eltern zu verdanken sei. Dem stehe auch nicht das Gutachten entgegen, da die durch das Therapie-Tandem verfolgten Ziele (Verbesserung motorischer Fähigkeiten, Entwicklung von Aufgaben der sozialen Kompetenz, Steigerung der Aufmerksamkeit, des Verantwortungsgefühls und der Selbständigkeit sowie allgemeines körperliches Training) auch durch andere therapeutische Maßnahmen wie beispielsweise die Möglichkeiten des Behindertensports, des normalen Gehens mit der Tochter im Straßenverkehr oder - soweit erforderlich - auch durch Krankengymnastik erreicht werden könnten. Durch das Therapie-Tandem könne auch nicht eine Eingliederung in die Gruppe gleichaltriger Jugendlicher gefördert werden, da immer die Anwesenheit einer Begleitperson erforderlich wäre, mithin die der Eltern oder auch der älteren Brüder.
Mit ihrer dagegen am 23.11.2005 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das erstinstanzliche Gericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass in der Entwicklungsphase von Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses ein Grundbedürfnis sei. Die Beklagte habe auch nicht § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ausreichend beachtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07. November 2005 sowie den Bescheid vom 14. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Therapie-Tandem "Copilot 26" der Firma H. als Hilfsmittel zu gewähren, hilfsweise den Sozialhilfeträger im anhängigen Verfahren beizuladen und das Verfahren nochmals zu eröffnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Kritik an der Fragestellung des SG im Allgemeinen und daher sehr vage bleibe. Die Fragestellungen seien aber hinsichtlich der leistungsrechtlich notwendigen Klärung zielführend gewesen und hätten dazu beigetragen, den Sachverhalt ausreichend zu klären.
In dem durchgeführten Erörterungstermin vom 22.03.2006 wurde ein Beteiligtenwechsel vorgenommen und die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, da der geltend gemachte Kostenübernahmeanspruch die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR übersteigt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Der Senat hat vorliegend von einer Beiladung anderer Rehabilitationsträger, insbesondere der Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX -), abgesehen. Die von der Klägerin angestrebte Verurteilung scheidet ohnehin angesichts des klaren Wortlauts des § 75 Abs. 5 SGG aus, denn ein beigeladener Sozialhilfeträger ist weder Versicherungsträger, noch Land, so dass die Vorschrift auf andere als die genannten Beigeladenen nicht anwendbar ist (vgl. Binder, Kommentar zum SGG, § 75 Rz. 14; Ulmer, in: Hennig u.a., Kommentar zum SGG, § 75 Rz. 45). Es fehlt auch an einer auslegungsfähigen Lücke für eine analoge Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG. Denn durch das 7. Gesetz zur Änderung des SGG vom 9.12.2004 wurden zwar eine Vielzahl von Vorschriften im SGG im Hinblick auf die Übernahme der Zuständigkeit für das SGB II und SGB XII (BGBl. I, S. 3302) geändert, nicht jedoch der § 75 Abs. 5 SGG (so auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 9.11.2005, L 9 B 268/05 SO ER). Dass vorliegend nicht notwendig beizuladen war (§ 75 Abs. 2 SGG), ist weiter darin begründet, dass im Vorfeld der Leistungserbringung keine Unklarheit über die Zuständigkeit für das Rehabilitationsbegehren bestand. Die beklagte Krankenkasse hat deswegen den Antrag der Klägerin nach § 14 Abs. 1 SGB IX nicht weitergeleitet, statt dessen den Anspruch in eigener Zuständigkeit geprüft und die Leistung wegen fehlender Erforderlichkeit des Hilfsmittels abgelehnt. Deswegen liegt eine der Entscheidung des BSG (Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - SozR 4-3250 § 14 Nr. 1) vergleichbare Konstellation nicht vor. Vielmehr muss in einem solchen Fall, wenn ein Rehabilitationsträger sich für zuständig für das Rehabilitationsbegehren erklärt, dieser den Anspruch der Klägerin unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten prüfen, ggfs. in eigener Zuständigkeit die Leistung erbringen und diese dann von dem primär leistungspflichtigen Träger erstattet verlangen (so auch Gagel, Trägerübergreifende Fallbehandlung statt Antragsabwicklung als Grundprinzip des SGB IX, SGb 2004, 464, 466). Auch im Hinblick auf mögliche Erstattungsansprüche scheidet dann eine Beiladung aus, da mangels Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX ein Erstattungsanspruch gegen einen anderen Rehabilitationsträger ohnehin weitgehend ausgeschlossen ist und mögliche Erstattungsansprüche die Notwendigkeit einer Beiladung im Leistungsstreit nicht begründen können (BSG 7.12.2004 SozR 4-2500 § 51 Nr 1). Schließlich setzt die Beiladung auch nach der Entscheidung des BSG vom 26.10.2004 ( B 7 AL 16/04 R - SozR 4-3250 § 14 Nr. 1) voraus, dass ein mutmaßlich endgültig zuständiger Rehabilitationsträger in Betracht kommt. Das ist hier aber nicht der Fall, andere Leistungsträger sind nicht leistungspflichtig (BSG SozR 1500 § 75 Nr. 74). Einem Leistungsanspruch nach § 31 SGB IX steht die fehlende Erforderlichkeit des Hilfsmittels entgegen (dazu siehe unten). Deswegen wäre auch ein Anspruch nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ausgeschlossen, weil eine Besserstellung von Empfängern von Eingliederungshilfe und ergänzender Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber Rehabilitationsleistungen aus anderen Leistungssystemen zu vermeiden ist (so Voelzke in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB XII, § 54 Rdnr. 56).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, denn die Klägerin hat nach § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) keinen Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und sieht deswegen insoweit von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch der Senat in Würdigung der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Verordnung, des Gutachtens des MDK sowie des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. D. der Auffassung ist, dass sich die Klägerin auf das Grundbedürfnis der Teilnahme an der sonst üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses (BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 27) schon deshalb nicht berufen kann, weil sie dazu nicht auf das Hilfsmittel angewiesen ist. Vielmehr geht aus sämtlichen Gutachten hervor, dass die Klägerin überaus gut in den Kreis Gleichaltriger integriert ist, insbesondere an Schul- und zahlreichen sozialen bzw. sportlichen Veranstaltungen teilnehmen kann (Tanzsport, Konfirmandenunterricht, regelmäßiger Schwimmbadbesuch, Fahren von Kettcar und Dreirad).
Das SG hat auch zutreffend dargestellt, dass die von Prof. Dr. Dr. D. erarbeiteten Behandlungsziele mit dem Therapie-Tandem durch andere Maßnahmen der Krankenversicherung erreicht werden können und sie sich im Nahbereich, auf den es bei dem Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ankommt, ausreichend und unbehindert bewegen kann. Die reduzierte muskuläre Ausdauer bedingt lediglich, dass sie besonders weite Wege nicht zurücklegen kann.
Nach alledem war deshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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