Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 831/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution i.S.d. § 8 Nr. 3 der Anlage A 2. „Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger“ der BuB-RL liegt jedenfalls dann vor, wenn ein regelmäßiger Konsum auch nach über fünfjähriger Behandlung vorliegt. § 8 Nr. 3 sieht in diesem Fall die zwingende Beendigung der Substitutionsbehandlung vor. Ein Ermessensspielraum kommt der KV nicht zu. Eine Fortsetzung der Behandlung in Einzelfällen sieht die Substitutions-RL nicht vor.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Sie hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Pflicht zur Beendigung der Substitutionsbehandlung der Patientin K ...
Die Klägerin betreibt eine Einrichtung, in der u. a. Substitutionsbehandlungen für BTM-abhängige Hilfeempfänger durchgeführt werden. Sie beschäftigt den Arzt M., dem mit Bescheid vom 09.02.2004 die Qualifikationsgenehmigung zur Abrechnung von substitutionsgestützten Behandlungen Opiatabhängiger erteilt worden war.
Die Beklagte nahm eine Qualitätsüberprüfung der Behandlung der Frau K., geb. 1969 vor, da bei dieser die Substitutionsbehandlung bereits länger als fünf Jahre durchgeführt werde. Die Klägerin reichte die angeforderten Unterlagen ein. Zum 16.11.2004 meldete sie die Patientin K. wegen eines JVA-Aufenthalts ab. Zum 06.01.2005 meldete sie sie wieder erneut an. Die Beklagte teilte der Klägerin unter Datum vom 15.02.2005 mit, die Qualitätssicherungskommission habe wegen des seit Jahren bestehenden Beikonsums von unterschiedlichen Substanzen die Beendigung der Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung empfohlen. Sie forderte deshalb weitere Unterlagen ein, die die Klägerin einreichte. Sie teilte unter Datum vom 25.02.2005 mit, trotz nur leichter Verringerung des Beigebrauchs sei von einer positiven Entwicklung auszugehen, da der jetzige Status im Vergleich zur desolaten Gesamtsituation bei Neuaufnahme bereits einen deutlichen Fortschritt darstelle.
Mit Bescheid vom 29.04.2005 verpflichte die Beklagte die Klägerin zur Beendigung der Substitutionsbehandlung der Patientin K. bis spätestens 10.06.2005. Sie führte aus, mit Unterbrechungen werde die Patienten seit 1994, bei der Klägerin seit 2001 substituiert. Es bestehe seit Jahren ein kontinuierlicher Beigebrauch von Opiaten, Kokain und Benzodiazepinen. Die Ausweitung oder Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution stelle ein Abbruchkriterium dar.
Hiergegen legte die Klägerin am 09.06.2005 Widerspruch ein. Sie führte aus, es treffe zwar zu, dass das Beikonsumprofil keine wesentliche Veränderung erfahren habe. Die Gesamtsituation habe sich aber dennoch deutlich verbessert, was eine Beendigung wieder in Frage stellen würde. Eine rasche Verelendung wäre zu erwarten, ein baldiges sterben sei nicht ausgeschlossen. Die Behandlung sollte um sechs Monate verlängert werden.
Die Qualitätssicherungskommission empfahl eine Zurückweisung des Widerspruchs, weil die chronologische Auflistung der durchgeführten Urinkontrollen vom 11.05.2004 bis 21.06.2005 ein stabiles Beikonsumprofil aufweise. Somit bestehe eine Kontraindikation zur Substitutionsbehandlung. Mit einer Veränderung des Substanzgebrauchs sei deshalb in den nächsten Monaten nicht zu rechnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005, der Klägerin zugestellt am 09.09.2005, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.09.2005 die Klage erhoben. Sie trägt ergänzend zu ihrem Widerspruchsvorbringen vor, eine Substitutionsbehandlung sei u. a. eine Behandlungsmöglichkeit, wenn bei einer manifesten Abhängigkeit die Behandlung mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung erfolge. Voraussetzung für ein drogenfreies Leben sei eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes. Dies könne ohne eine Substitutionsbehandlung nicht erreicht werden. Sie habe die Patientin bis zum 26.10.2005 weitersubstituiert. Es sei zu keiner Besserung im Beigebrauchsprofil gekommen, jedoch sei eine regelmäßige Anbindung an die Infektionsambulanz der Universitätsklinik gelungen. Die Patientin habe in eine betreute Wohngemeinschaft vermittelt werden können. Dort werde sie weiter substituiert. Ohne die Anbindung an das Methadonprogramm wäre dies nicht möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 06.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2005 die Beklagte zu verpflichten, die Substitutionsbehandlung für die Hilfeempfängerin K. weiter bis zum 26.10.2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, es handele sich um eine gebundene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte hat zu Recht die Pflicht zur Beendigung der Substitutionsbehandlung der Patientin K. festgestellt.
Nach § 8 der Anlage A 2. "Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger" der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) in der Fassung vom 17. Januar 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2006; Nr. 48 (S. 1523) in Kraft getreten am 01. April 2006 (im Folgenden: SRL) ist bei Vorliegen folgender Voraussetzungen die Substitution zu beenden:
1. gleichzeitige Substitution durch einen anderen Arzt, sofern die Mehrfachsubstitution nicht nach § 7 Abs. 3 einvernehmlich eingestellt wird,
2. nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels,
3. Ausweitung oder Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution,
4. dauerhafte Nicht-Teilnahme des Substituierten an ggf. erforderlichen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen,
5. Feststellung der Kommission nach § 9, dass die Voraussetzungen des § 3 nicht oder nicht mehr vorliegen.
Die Voraussetzungen nach Nr. 3 der genannten Vorschrift lagen vor. Eine Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution liegt jedenfalls dann vor, wenn ein regelmäßiger Konsum auch nach über fünfjähriger Behandlung vorliegt. Für die Kammer folgt dies aus § 9 SRL. Danach richten die KVen fachkundige Kommissionen zur Beratung bei der Erteilung von Genehmigungen für Substitutionsbehandlungen nach § 2 sowie für die Qualitätssicherung und die Überprüfung der Indikation nach § 3 durch Stichproben im Einzelfall (Qualitätssicherungskommissionen) ein (Abs. 1 Satz 1). Die Kommissionen haben die Qualität der vertragsärztlichen Substitution und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 durch Stichproben im Einzelfall zu überprüfen (Abs. 3 Satz 1). Bei allen Substitutionsbehandlungen gemäß diesen Richtlinien hat der Arzt mit Ablauf von jeweils 5 Behandlungsjahren die patientenbezogenen Dokumentationen gem. § 7 mit den jeweiligen umfassenden Therapiekonzepten und den Behandlungsdokumentationen an die Qualitätssicherungskommission zur Prüfung zu übermitteln (Abs. 5). Die Qualitätsprüfungen nach Abs. 3 bis 5 umfassen die Einhaltung aller Bestimmungen dieser Richtlinien (Abs. 6).
Mit der Überprüfung der Behandlung nach 5 Jahren geben damit die SRL vor, dass nach diesem Zeitraum erstmals eine Kontrolle erfolgen soll, ob das Ziel der SRL erreicht wird und ob deren Bestimmungen eingehalten werden. Die SRL dient aber auch in ihrer Neufassung ausschließlich der Krankenbehandlung mit dem Ziel der Suchtmittelfreiheit. Nach der Präambel der SRL umfasst Krankenbehandlung im Sinne des § 27 SGB V auch die Behandlung von Suchterkrankungen. Das alleinige Auswechseln des Opiats durch ein Substitutionsmittel stellt jedoch keine geeignete Behandlungsmethode dar und ist von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht umfasst. Oberstes Ziel der Behandlung ist die Suchtmittelfreiheit. Ist dieses Ziel nicht unmittelbar und zeitnah erreichbar, so ist im Rahmen eines umfassenden Therapiekonzeptes, das auch, soweit erforderlich, begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungs-Maßnahmen mit einbezieht, eine Substitution zulässig.
Bei der Patientin K. war auch im Jahr 2005 weiterhin ein manifester Beigebrauch nachweisbar. Dies ist zwischen den Beteiligten unbestritten. § 8 Nr. 3 SRL sieht aber die zwingende Beendigung der Substitutionsbehandlung vor, wenn der Beigebrauch über Jahre hinweg anhält. Ein Ermessensspielraum kommt der Klägerin nicht zu. Eine Fortsetzung der Behandlung in Einzelfällen sieht die SRL nicht vor. Maßgeblich nach der SRL ist lediglich, ob die Behandlung innerhalb des Krankenversicherungssystems durchzuführen ist. Dies schließt es nicht aus, dass eine weitere Substitutionsbehandlung von anderen Kostenträgern getragen wird.
Die SRL sind auch rechtmäßig.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, sind die BUB-Richtlinien und auch die Substitutions-RL als Regelungen zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung auf Grund des § 135 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V erlassen worden. Die Wirksamkeit dieser Rechtsgrundlagen, sowohl des § 135 Abs. 1 SGB V als auch der NUB-Richtlinien bzw. jetzt BUB-Richtlinien unterliegt keinen Zweifeln. Dem Einwand, eine Festlegung der Behandlungsvoraussetzungen durch Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen reiche im Hinblick auf verfassungsrechtliche Anforderungen nicht aus, ist das BSG bereits früher entgegengetreten. Dies gilt auch für die in den Substitutions-RL festgelegten Kriterien für die Anerkennung eines Notfalles zur sofortigen Substitutionsbehandlung (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 06.11.2002, Aktenzeichen: B 6 KA 39/01 R, juris Rdnr. 17). Auch die alten Substitutions-RL gingen von dem Konzept der suchtmittelfreien Behandlung aus. Die Neufassung in Form der SRL hat insofern eine Vereinfachung der Behandlungsmöglichkeiten gebracht, als vom Vorliegen bestimmter Indikationen und einer vor Behandlungsbeginn einzuholenden Genehmigung nunmehr abgesehen wird. Von daher hält die Kammer auch die SRL für rechtmäßig.
Nach allem war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Sie hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Pflicht zur Beendigung der Substitutionsbehandlung der Patientin K ...
Die Klägerin betreibt eine Einrichtung, in der u. a. Substitutionsbehandlungen für BTM-abhängige Hilfeempfänger durchgeführt werden. Sie beschäftigt den Arzt M., dem mit Bescheid vom 09.02.2004 die Qualifikationsgenehmigung zur Abrechnung von substitutionsgestützten Behandlungen Opiatabhängiger erteilt worden war.
Die Beklagte nahm eine Qualitätsüberprüfung der Behandlung der Frau K., geb. 1969 vor, da bei dieser die Substitutionsbehandlung bereits länger als fünf Jahre durchgeführt werde. Die Klägerin reichte die angeforderten Unterlagen ein. Zum 16.11.2004 meldete sie die Patientin K. wegen eines JVA-Aufenthalts ab. Zum 06.01.2005 meldete sie sie wieder erneut an. Die Beklagte teilte der Klägerin unter Datum vom 15.02.2005 mit, die Qualitätssicherungskommission habe wegen des seit Jahren bestehenden Beikonsums von unterschiedlichen Substanzen die Beendigung der Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung empfohlen. Sie forderte deshalb weitere Unterlagen ein, die die Klägerin einreichte. Sie teilte unter Datum vom 25.02.2005 mit, trotz nur leichter Verringerung des Beigebrauchs sei von einer positiven Entwicklung auszugehen, da der jetzige Status im Vergleich zur desolaten Gesamtsituation bei Neuaufnahme bereits einen deutlichen Fortschritt darstelle.
Mit Bescheid vom 29.04.2005 verpflichte die Beklagte die Klägerin zur Beendigung der Substitutionsbehandlung der Patientin K. bis spätestens 10.06.2005. Sie führte aus, mit Unterbrechungen werde die Patienten seit 1994, bei der Klägerin seit 2001 substituiert. Es bestehe seit Jahren ein kontinuierlicher Beigebrauch von Opiaten, Kokain und Benzodiazepinen. Die Ausweitung oder Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution stelle ein Abbruchkriterium dar.
Hiergegen legte die Klägerin am 09.06.2005 Widerspruch ein. Sie führte aus, es treffe zwar zu, dass das Beikonsumprofil keine wesentliche Veränderung erfahren habe. Die Gesamtsituation habe sich aber dennoch deutlich verbessert, was eine Beendigung wieder in Frage stellen würde. Eine rasche Verelendung wäre zu erwarten, ein baldiges sterben sei nicht ausgeschlossen. Die Behandlung sollte um sechs Monate verlängert werden.
Die Qualitätssicherungskommission empfahl eine Zurückweisung des Widerspruchs, weil die chronologische Auflistung der durchgeführten Urinkontrollen vom 11.05.2004 bis 21.06.2005 ein stabiles Beikonsumprofil aufweise. Somit bestehe eine Kontraindikation zur Substitutionsbehandlung. Mit einer Veränderung des Substanzgebrauchs sei deshalb in den nächsten Monaten nicht zu rechnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005, der Klägerin zugestellt am 09.09.2005, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.09.2005 die Klage erhoben. Sie trägt ergänzend zu ihrem Widerspruchsvorbringen vor, eine Substitutionsbehandlung sei u. a. eine Behandlungsmöglichkeit, wenn bei einer manifesten Abhängigkeit die Behandlung mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung erfolge. Voraussetzung für ein drogenfreies Leben sei eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes. Dies könne ohne eine Substitutionsbehandlung nicht erreicht werden. Sie habe die Patientin bis zum 26.10.2005 weitersubstituiert. Es sei zu keiner Besserung im Beigebrauchsprofil gekommen, jedoch sei eine regelmäßige Anbindung an die Infektionsambulanz der Universitätsklinik gelungen. Die Patientin habe in eine betreute Wohngemeinschaft vermittelt werden können. Dort werde sie weiter substituiert. Ohne die Anbindung an das Methadonprogramm wäre dies nicht möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 06.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2005 die Beklagte zu verpflichten, die Substitutionsbehandlung für die Hilfeempfängerin K. weiter bis zum 26.10.2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, es handele sich um eine gebundene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte hat zu Recht die Pflicht zur Beendigung der Substitutionsbehandlung der Patientin K. festgestellt.
Nach § 8 der Anlage A 2. "Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger" der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) in der Fassung vom 17. Januar 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2006; Nr. 48 (S. 1523) in Kraft getreten am 01. April 2006 (im Folgenden: SRL) ist bei Vorliegen folgender Voraussetzungen die Substitution zu beenden:
1. gleichzeitige Substitution durch einen anderen Arzt, sofern die Mehrfachsubstitution nicht nach § 7 Abs. 3 einvernehmlich eingestellt wird,
2. nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels,
3. Ausweitung oder Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution,
4. dauerhafte Nicht-Teilnahme des Substituierten an ggf. erforderlichen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen,
5. Feststellung der Kommission nach § 9, dass die Voraussetzungen des § 3 nicht oder nicht mehr vorliegen.
Die Voraussetzungen nach Nr. 3 der genannten Vorschrift lagen vor. Eine Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution liegt jedenfalls dann vor, wenn ein regelmäßiger Konsum auch nach über fünfjähriger Behandlung vorliegt. Für die Kammer folgt dies aus § 9 SRL. Danach richten die KVen fachkundige Kommissionen zur Beratung bei der Erteilung von Genehmigungen für Substitutionsbehandlungen nach § 2 sowie für die Qualitätssicherung und die Überprüfung der Indikation nach § 3 durch Stichproben im Einzelfall (Qualitätssicherungskommissionen) ein (Abs. 1 Satz 1). Die Kommissionen haben die Qualität der vertragsärztlichen Substitution und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 durch Stichproben im Einzelfall zu überprüfen (Abs. 3 Satz 1). Bei allen Substitutionsbehandlungen gemäß diesen Richtlinien hat der Arzt mit Ablauf von jeweils 5 Behandlungsjahren die patientenbezogenen Dokumentationen gem. § 7 mit den jeweiligen umfassenden Therapiekonzepten und den Behandlungsdokumentationen an die Qualitätssicherungskommission zur Prüfung zu übermitteln (Abs. 5). Die Qualitätsprüfungen nach Abs. 3 bis 5 umfassen die Einhaltung aller Bestimmungen dieser Richtlinien (Abs. 6).
Mit der Überprüfung der Behandlung nach 5 Jahren geben damit die SRL vor, dass nach diesem Zeitraum erstmals eine Kontrolle erfolgen soll, ob das Ziel der SRL erreicht wird und ob deren Bestimmungen eingehalten werden. Die SRL dient aber auch in ihrer Neufassung ausschließlich der Krankenbehandlung mit dem Ziel der Suchtmittelfreiheit. Nach der Präambel der SRL umfasst Krankenbehandlung im Sinne des § 27 SGB V auch die Behandlung von Suchterkrankungen. Das alleinige Auswechseln des Opiats durch ein Substitutionsmittel stellt jedoch keine geeignete Behandlungsmethode dar und ist von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht umfasst. Oberstes Ziel der Behandlung ist die Suchtmittelfreiheit. Ist dieses Ziel nicht unmittelbar und zeitnah erreichbar, so ist im Rahmen eines umfassenden Therapiekonzeptes, das auch, soweit erforderlich, begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungs-Maßnahmen mit einbezieht, eine Substitution zulässig.
Bei der Patientin K. war auch im Jahr 2005 weiterhin ein manifester Beigebrauch nachweisbar. Dies ist zwischen den Beteiligten unbestritten. § 8 Nr. 3 SRL sieht aber die zwingende Beendigung der Substitutionsbehandlung vor, wenn der Beigebrauch über Jahre hinweg anhält. Ein Ermessensspielraum kommt der Klägerin nicht zu. Eine Fortsetzung der Behandlung in Einzelfällen sieht die SRL nicht vor. Maßgeblich nach der SRL ist lediglich, ob die Behandlung innerhalb des Krankenversicherungssystems durchzuführen ist. Dies schließt es nicht aus, dass eine weitere Substitutionsbehandlung von anderen Kostenträgern getragen wird.
Die SRL sind auch rechtmäßig.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, sind die BUB-Richtlinien und auch die Substitutions-RL als Regelungen zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung auf Grund des § 135 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V erlassen worden. Die Wirksamkeit dieser Rechtsgrundlagen, sowohl des § 135 Abs. 1 SGB V als auch der NUB-Richtlinien bzw. jetzt BUB-Richtlinien unterliegt keinen Zweifeln. Dem Einwand, eine Festlegung der Behandlungsvoraussetzungen durch Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen reiche im Hinblick auf verfassungsrechtliche Anforderungen nicht aus, ist das BSG bereits früher entgegengetreten. Dies gilt auch für die in den Substitutions-RL festgelegten Kriterien für die Anerkennung eines Notfalles zur sofortigen Substitutionsbehandlung (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 06.11.2002, Aktenzeichen: B 6 KA 39/01 R, juris Rdnr. 17). Auch die alten Substitutions-RL gingen von dem Konzept der suchtmittelfreien Behandlung aus. Die Neufassung in Form der SRL hat insofern eine Vereinfachung der Behandlungsmöglichkeiten gebracht, als vom Vorliegen bestimmter Indikationen und einer vor Behandlungsbeginn einzuholenden Genehmigung nunmehr abgesehen wird. Von daher hält die Kammer auch die SRL für rechtmäßig.
Nach allem war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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