L 7 SO 1902/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 730/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1902/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zum Ermessen des Sozialhilfeträgers beim Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII.
Zum Nachranggrundsatz im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.
Zur Vertragsbindung der Träger der Sozialhilfe und der Einrichtungsträger im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen
Zur Betreuung von behinderten Menschen mit schwerem herausforderndem Verhalten.
Der Sozialhilfeträger kann ein Leistungsangebot eines Einrichtungsträgers nicht unter Hinweis auf fehlenden Bedarf oder unter Verweis auf seiner Auffassung nach bessere oder geeignetere Formen der Betreuung ablehnen.
1.) Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, mit der Antragstellerin vorläufig für die Dauer von maximal einem Jahr ab dem 1. Februar 2006 auf der Grundlage des Angebots vom 24. Juni 2005 eine Leistungsvereinbarung im Sinne des § 75 Abs. 3 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) über die Erbringung von Vollstationären Hilfen (mit integriertem tagesstrukturierendem Angebot) in Therapeutischen Wohngruppen für Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung und zusätzlichen massiven Verhaltensauffälligkeiten abzuschließen. Die Beteiligten haben dabei davon auszugehen, dass die maximale Verweildauer 24 Monate beträgt und dass auch nicht erwachsene Personen aufgenommen werden können. Im Übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich des Antrages a) zurückgewiesen.

2.) Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, mit der Antragstellerin vorläufig für die Dauer von maximal einem Jahr ab dem 1. Februar 2006 auf der Grundlage des Angebots vom 24. Juni 2005 eine Leistungsvereinbarung im Sinne des § 75 Abs. 3 Ziffer 1 SGB XII über die Erbringung von Vollstationären Hilfen (mit integriertem tagesstrukturierendem Angebot) für Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung und zusätzlichen auf nicht absehbare Zeit bestehenden massiven Verhaltensauffälligkeiten abzuschließen. Der Antragsgegner hat dabei davon auszugehen, dass es für den von dem Leistungsangebot erfassten Personenkreis einen eigenen Leistungstyp im Sinne des § 3 des Rahmenvertrages nach § 79 Abs. 1 SGB XII geben muss und dass der Betreuungsbedarf des im Angebot beschriebenen zu betreuenden Personenkreises nicht ausreichend vom Leistungstyp I.2.1 der Anlage zum Rahmenvertrag erfasst wird. Nicht gebunden ist der Antragsgegner an den im Angebot genannten Personalschlüssel. Er muss aber akzeptieren, dass ein höherer Personalbedarf besteht als im Durchschnitt beim Leistungstyp I.2.1 mit der Hilfebedarfsgruppe 5. Im Übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich des Antrages b) zurückgewiesen.

3.) Die Antragstellerin trägt ein Drittel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Antragsgegner trägt zwei Drittel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Gerichtskosten. Im Übrigen behalten die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten auf sich. Der Streitwert wird auf EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners zum Abschluss von zwei Leistungsvereinbarungen im Sinne des § 75 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf der Grundlage von hierzu gemachten Leistungsangeboten.

1.) Die Antragstellerin ist als eingetragener Verein organisiert. Sie ist Mitglied des Diakonischen Werkes der evangelischen Landeskirche in Württemberg. Als Einrichtungsträger der Behindertenhilfe betreut sie in verschiedenen Einrichtungen über 4500 Menschen mit Behinderungen. Dazu gehört auch die stationäre Betreuung zahlreicher Menschen mit geistiger und/oder mehrfacher Behinderung und unter diesen auch eines Personenkreises von Menschen, die zusätzlich schwere Verhaltensauffälligkeiten (z.B. im Sinne der Auto- oder Fremdaggression) zeigen. Dies führte und führt im Rahmen ihrer Betreuung in unregelmäßigen Zeitabständen zur Notwendigkeit von Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken oder medikamentöser Behandlungen (Psychopharmaka, Sedativa). Die Antragstellerin hat Anfang der Neunzigerjahre begonnen, Menschen aus diesem Personenkreis in intensiv betreute Wohngruppen zusammen zu fassen. Dabei sah ihr Konzept schon bald eine Unterscheidung zwischen zeitlich befristeter Betreuung in Intensivgruppen mit dem Ziel einer Reintegration und einem Intensivdauerwohnen mit dem Ziel der Verhaltensstabilisierung und Beheimatung vor (vgl. das von der Antragstellerin vorgelegte Betreuungskonzept; Peter Windisch, 4. Mai 2005).

Im Hinblick auf die Änderungen der § 93 ff. Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts und die dadurch bedingte Ablösung der früher in der stationären Hilfe festgelegten Pflegesätze durch neue Formen der Finanzierung schlossen die damals noch existenten Landeswohlfahrtsverbände Baden und Württemberg-Hohenzollern u.a. mit dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. einen Rahmenvertrag nach § 93d Abs. 2 BSHG (15. Dezember 1998). Dieser dient nach seinem § 1 Abs. 1 der Festlegung von Rahmenbedingungen für den Abschluss von Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG über die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe in und durch Einrichtungen, die Übernahme der Vergütungen und die Maßstäbe für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen. In § 1 Abs. 7 ist festgelegt, dass Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG mit dem Sozialhilfeträger abzuschließen sind, in dessen Bereich der Standort der Einrichtung liegt. § 3 bestimmt unter der Überschrift "Art der Leistungen", dass für die Hilfearten nach dem BSHG differenziert nach Zielgruppen Leistungstypen gebildet werden, die in einer Anlage 1 beschrieben werden. Nach § 3 Abs. 4 ist die Beschreibung neuer Leistungstypen und die Aufnahme in den Rahmenvertrag Aufgabe der nach § 23 des Vertrages zu bildenden Vertragskommission. Abschließend heißt es in diesem Absatz: "Bis zur Aufnahme eines neuen Leistungstyps in den Rahmenvertrag (Anlage 1) sind Individualvereinbarungen zwischen Einrichtungs- und Sozialhilfeträger abzuschließen." In der genannten Anlage wird unter I.2.1 ein Leistungstyp wie folgt beschrieben: "Vollstationäre Hilfe (ohne tagesstrukturierendes Angebot im Sinne der Ziffer 1.4) für geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene." Zielgruppe sind nach der dortigen Beschreibung geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene (ab 18 Jahre) im Sinne von § 39 BSHG und der Eingliederungshilfeverordnung (wesentlich behinderte Menschen), mit unterschiedlichem Hilfebedarf in den Bereichen individuelle Basisversorgung, Haushaltsführung, individuelle und soziale Lebensgestaltung, Freizeitgestaltung, Kommunikation, psychische Hilfen und medizinische Hilfen, zugeordnet zu fünf Gruppen von Hilfeempfängern mit vergleichbarem Hilfebedarf. Unter I.4.5 wird ein tagesstrukturierendes Angebot für geistig und körperlich behinderte Menschen beschrieben, das erwachsene Menschen mit wesentlichen geistigen und körperlichen Behinderungen erfasst, die wegen Art und/oder Schwere der Behinderung nicht oder noch nicht oder noch nicht wieder in einer Werkstatt für Behinderte beschäftigt werden können.

Zur Einstufung der einzelnen Behinderten in die genannten Hilfebedarfsgruppen wird auf ein von Dr. Metzler, Universität Tübingen, entwickeltes Verfahren zurückgegriffen (vgl. Metzler, Ein Modell zur Bildung von Gruppen von Hilfeempfängern mit vergleichbarem Hilfebedarf gemäß § 93a BSHG - Voraussetzungen und methodische Umsetzung - Gutachten für den Verband für anthroposophische Heilpädagogik u.a., Februar 1998). In § 16 des Rahmenvertrages wird im Hinblick auf die Umstellung des Finanzierungssystems der Eingliederungshilfe innerhalb des BSHG eine Vereinbarung getroffen zur Umstellung der Pflegesätze zum 1. April 1999 (Stichwort: budgetneutrale Umstellung). In einer Anlage zum Rahmenvertrag heißt es: "Weder Leistungserbringer noch Leistungsträger verfügen derzeit über ausreichende Daten zum spezifischen Bedarf der einzelnen Gruppen, der Zahl der diesen Gruppen zuzuordnenden Bewohner und die kostenmäßigen Auswirkungen. Eine zukünftige differenzierte Ausgestaltung der Leistungstypen ist deshalb nicht ausgeschlossen."

Auf der Grundlage des Rahmenvertrages schloss die Antragstellerin unter dem 14. Juli 1999 mit den Landeswohlfahrtsverbänden Baden und Württemberg-Hohenzollern eine Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG, die in § 2 unter der Überschrift "Leistungsvereinbarung" auf eine Anlage verweist, die die Leistungstypen des Rahmenvertrages erfasst. Weiter heißt es in § 2, der Inhalt der Leistungen werde durch den jeweiligen Leistungstyp i.V.m. der Kurzbeschreibung definiert. Zum Zeitpunkt der budgetgleichen Umstellung werde auf eine detaillierte Leistungsbeschreibung verzichtet. Diese sei in der Folge von der Einrichtung zu erarbeiten und zu einem späteren Zeitpunkt zu vereinbaren. § 6 regelt, dass zukünftig im gegenseitigen Einvernehmen Vereinbarungen auch für einzelne Leistungstypen abgeschlossen werden können.

Im Jahr 2002 schloss die Antragstellerin unter anderem mit den genannten Landeswohlfahrtsverbänden eine ab 1. Februar 2002 geltende "Vereinbarung über die auf drei Jahre befristete modellhafte Erprobung des Leistungstyps I.7 (§ 93 Abs. 2 BSHG i.V.m. § 93a Abs. 1 BSHG)", die bis zum 31. Dezember 2004 befristet war und anschließend bis zum 30. Juni 2005 verlängert wurde. Mit diesem Modellversuch wurden so genannte Therapeutische Wohngruppen gebildet, in denen ein neuer Leistungstyp I.7 erprobt werden sollte, der nicht in die bisher bestehenden Hilfebedarfsgruppen eingeordnet werden konnte und der ein spezielles (personal-) intensives Betreuungsprogramm (Wohnen und tagesstrukturierende Angebote inklusive Unterkunft und Verpflegung, Beratung, Betreuung, Förderung und Pflege) für solche geistig behinderte Menschen bot, die neben ihrer Behinderung auch erhebliche Verhaltensauffälligkeiten aufweisen, die ihre Integration in gewöhnliche Wohngruppen und Betreuungsformen in Einrichtungen der Behindertenhilfe stark erschweren. In der Vereinbarung wird der betreffende Personenkreis in § 2 Abs. 4 wie folgt beschrieben: "Bei dem zu betreuenden Personenkreis handelt es sich um erwachsene behinderte Menschen mit wesentlichen geistigen, körperlichen und/oder seelischen Behinderungen im Sinne von § 39 BSHG und der Eingliederungshilfeverordnung mit schwerwiegenden Verhaltensstörungen oder -schwierigkeiten. Es sind emotional und sozial sehr stark retardierte geistig behinderte Menschen sowie psychisch kranke Menschen, deren Verhaltensweisen gekennzeichnet sind durch schwerwiegende Selbstgefährdung, schwerwiegende Fremdgefährdung oder massive Beeinträchtigungen anderer Personen. Dabei sind Intensität und Ausmaß dieser Verhaltensweisen so schwerwiegend, dass eine Eingliederung in übliche Wohn- und Betreuungsformen unmöglich geworden ist. Es muss erwartet werden können, dass in einem überschaubaren Zeitraum (bis zu drei Jahren) eine Eingliederung in eine übliche Betreuungsform möglich wird. Angesprochen sind damit selbstgefährdende Verhaltensweisen, die freiheitsentziehende Maßnahmen und/oder medikamentöse Intervention erforderlich machen, fremdgefährdende Verhaltensweisen, die zu einer dauerhaften und ernsten Gefährdung von Mitmenschen führen sowie nicht zumutbare Beeinträchtigungen von Mitbewohnern und Mitarbeitern. Eine Differenzierung nach Hilfebedarfsgruppen erfolgt nicht."

An diesem Modellversuch nahmen aus den Einrichtungen der Antragstellerin mehrere behinderte Menschen teil. Hierfür wurden 30 Plätze vereinbart. Eine vom Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) im Februar 2006 veröffentlichte Auswertung des Modellversuchs durch Prof. Dr. Friedrich Dieckmann und Dipl.-Psych. Christos Giovis kommt zu dem Ergebnis, dass es gelungen sei, die personenseitigen Bedingungen für ein Zusammenleben in normalisierten Wohn- und Hilfearrangements im Durchschnitt deutlich zu verbessern. Die Anzahl herausfordernder Verhaltensweisen und die Häufigkeit schwerer herausfordernder Verhaltensweisen (SHV) seien deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig sei das Gefährdungspotenzial der gezeigten SHV gesunken. Etwa 32 % der Teilnehmer hätten das vorgegebene Ziel der Modellversuches, den Wechsel in eine weniger aussondernde "normale" Wohnform, tatsächlich vollzogen. Etwa 55 % der Teilnehmer müssten nach den vorliegenden Daten prinzipiell einen solchen Wechsel erreichen können. Die therapeutischen Wohngruppen seien bislang allerdings nicht oder nur unzureichend in die regionalen Hilfesysteme verankert worden. Die lange Verweildauer in therapeutischen Wohngruppen stelle ein Integrationshindernis dar.

2.) Auf der Ebene der Vertragskommission wurde seit Februar 2005 über eine Anschlusslösung für den vom Modellversuch erfassten Personenkreis beraten (Sitzungen vom 23. Februar, 13. Juni, 5. Juli und 8. November 2005 sowie 9. März 2006). Zu einer Einigung ist es dabei nicht gekommen. Parallel hierzu machte die Antragstellerin dem Antragsgegner unter dem 24. Juni 2005 zwei Leistungsangebote betreffend 1. eine Therapeutische Wohngruppe (zwölf Plätze) mit dem Ziel der Reintegration in eine allgemeine Betreuungsform in einem überschaubaren Zeitraum (bis zu drei Jahren) und 2. Vollstationäre Hilfen für Menschen mit neben der Behinderung zusätzlichen auf nicht absehbare Zeit bestehenden massiven Verhaltensauffälligkeiten. Hierzu nahm der Antragsgegner über den KVJS am 4. November 2005 dahingehend Stellung, dass er bereit sei, im Nachgang zu den Verhandlungen eine Vereinbarung über therapeutische Wohngruppen abzuschließen, allerdings nicht auf der Grundlage des Angebotes. Eine Folgevereinbarung könne nur zu den Vergütungskonditionen während des Modellversuchs und nur analog zum SGB XII abgeschlossen werden. Was den Antrag auf Dauerwohngruppen angehe, müsse diese Situation auf Landesebene gelöst werden. Hier bestehe kein Rechtsanspruch auf eine Verhandlung des Leistungsangebots und der dazugehörigen Vergütungskalkulation. Zu Verhandlungen sei der Sozialhilfeträger nur verpflichtet, wenn ein Angebot zu einem Leistungstyp gemacht werde, der sich im Leistungstypenkatalog des Rahmenvertrags wiederfinde. Außerdem sei der KVJS nicht der Auffassung, dass die Versorgung des vom Angebot erfassten Personenkreises in anderen Wohnangebotsformen und Leistungstypen nicht möglich sein solle. Der KVJS verfolge bei der Betreuung der Behinderten eine andere Linie, nämlich den Einsatz von Experten-/Konsulententeams. Man könne daher dem Anliegen, Verhandlungen über einen neuen Leistungstyp zu führen, nicht näher treten.

In der Folgezeit fanden nach Kenntnis des Senats zwischen den Beteiligten keine weiteren Verhandlungen über die genannten Leistungsangebote statt.

3.) Am 1. Februar 2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie macht geltend, für den erfassten Personenkreis müsse eine Anschlusslösung gefunden werden, da der erforderliche Betreuungsaufwand mit dem Leistungstyp I.2.1 nicht ausreichend beschrieben sei. Sie hat folgende Anträge gestellt:

a) Der Antragsgegner wird vorläufig mit Wirkung ab Antragstellung auf die Dauer von einem Jahr verpflichtet, eine Leistungsvereinbarung im Sinne des § 75 Abs. 3 Ziffer 1 SGB XII mit der Antragstellerin abzuschließen über die Erbringung von Vollstationären Hilfen (mit integriertem tagesstrukturierendem Angebot) in Therapeutischen Wohngruppen für Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung und zusätzlichen massiven Verhaltensauffälligkeiten für zwölf Plätze entsprechend dem Leistungsangebot der Klägerin vom 24. Juni 2005 mit einem Personalschlüssel von 1:0,71; mit der weiteren Maßgabe, dass hinsichtlich der Prüfungsvereinbarung im Sinne des § 75 Abs. 3 Ziffer 3 SGB XII die Bestimmungen des Rahmenvertrags Baden-Württemberg nach § 79 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen für vollstationäre und teilstationäre Einrichtungen in der jeweilig gültigen Fassung Anwendung finden.

b) Eine weitere Leistungsvereinbarung im Sinne des § 75 Abs. 3 Ziffer 1 SGB XII über die Erbringung von Vollstationären Hilfen (mit integriertem tagesstrukturierendem Angebot) abzuschließen für Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung und zusätzlichen auf nicht absehbare Zeit bestehenden massiven Verhaltensauffälligkeiten für 24 Plätze entsprechend dem Leistungsangebot der Klägerin vom 24. Juni 2005 und mit einem Personalschlüssel von 1:0,80; mit der weiteren Maßgabe, dass hinsichtlich der Prüfungsvereinbarung im Sinne des § 75 Abs. 3 Ziffer 3 SGB XII die Bestimmungen des Rahmenvertrags Baden-Württemberg nach § 79 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen für vollstationäre und teilstationäre Einrichtungen in der jeweilig gültigen Fassung Anwendung finden.

Der Antragsgegner ist den Anträgen entgegengetreten und hat geltend gemacht, der Rahmenvertrag enthalte detaillierte Leistungsvereinbarungen. Ein Anspruch auf Einführung eines neuen Leistungstyps sei nicht gegeben. Der von dem Modellprojekt erfasste Personenkreis falle nach Beendigung des Projekts unter den vorhandenen Leistungstyp I.2.1 und könne so ausreichend versorgt werden. Ein Anspruch auf Erzwingung eines Vertragsabschlusses bestehe nicht.

Mit Beschluss vom 9. März 2006 hat das SG diesen Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Abschluss der gewünschten Vereinbarungen sei nicht glaubhaft gemacht. Grundsätzlich bestehe ein subjektiv-öffentliches Recht der privaten Träger auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen über den Abschluss einer Vereinbarung. Die Ermessensausübung der Träger der Sozialhilfe habe sich neben der Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes an den gesetzlichen Kriterien des § 75 SGB XII zu orientieren, womit die Kriterien der Leistungsfähigkeit, der Bedarfsdeckung nach den Grundsätzen des § 9 Abs. 1 SGB XII und die Höhe des Entgelts maßgebend seien. Für den vom Angebot der Antragstellerin erfassten Personenkreis lägen wohl die Voraussetzungen des § 77 Abs. 3 SGB XII vor, wonach Neuverhandlungen notwendig seien. Dem Anspruch auf Abschluss der vorgelegten Leistungsvereinbarung stehe jedoch entgegen, dass ein entsprechender Bedarf im Sinne von § 9 SGB XII derzeit nicht gesichert sei. Es sei keineswegs erwiesen, dass das bisher im Rahmen des Modellprojekts mit dem Leistungstyp I.7 verfolgte Konzept der Zusammenfassung mehrerer geistig und psychisch behinderter Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten in Kleingruppen das einzig mögliche oder auch nur das beste Konzept zur Förderung der betroffenen Menschen sei. Es sei medizinisch zumindest umstritten, ob eine dauerhafte Betreuung von Personen mit schwersten Verhaltensauffälligkeiten in einer Kleingruppe dem geltenden Stand der neurobiologischen, psychiatrischen, psychologischen und pädagogischen Erkenntnisse entspreche. Da insoweit durchaus eine andere Förderungsmöglichkeit denkbar sei, könne von einem Zwang des Antragsgegners zum Abschluss der begehrten Vereinbarungen nicht ausgegangen werden.

Der Senat hat eine schriftliche Sachverständigenauskunft von Prof. Dr. D. , M. , vom 9. Mai 2006 eingeholt. Darin wird ausgeführt, entscheidend sei bei der Betreuung der Menschen mit herausforderndem Verhalten nicht die "Beseitigung" dieses Verhaltens durch restriktive oder andere Maßnahmen, sondern der Aufbau alternativer Verhaltensweisen, die einen höheren Verstärkungswert für den Einzelnen hätten. Es gehe darum, den Menschen nach einer langen Geschichte der Aussonderung Lebensfelder und Lebensmöglichkeiten wieder zu eröffnen. Insoweit müsse die Entwicklung, die mit der Psychiatrieenquete von 1975 (Stichwort: Enthospitalisierung von Menschen mit geistiger Behinderung und auffälligen Verhaltensweisen) begonnen habe, fortgesetzt werden durch Betreuung in gemeindenahen Einrichtungen. Dies zeige auch der internationale Vergleich - etwa mit Großbritannien. Es sei dabei wichtig, dass Systeme, in denen herausfordernde Verhaltensweisen aufträten, möglichst frühzeitig beraten und unterstützt würden. Die nicht nur kurzzeitige Herausnahme von Menschen mit Behinderungen, die sich herausfordernd verhielten, sollte vermieden werden. Es gehe vielmehr darum, individuelle Wohnarrangements zu finden, die so vielfältig seien wie die Wohnformen behinderter Menschen insgesamt. Die auch nur kurzfristige vorübergehende Zusammenfassung und Aussonderung von Menschen mit herausforderndem Verhalten aus den bisherigen Lebenszusammenhängen in spezielle Gruppen - oft weit entfernt von ihrem Lebensmittelpunkt - sei nur zu rechtfertigen, wenn diese Personen durch gemeinsam vereinbarte, gezielte und befristete therapeutische und pädagogische Maßnahmen eine reelle Chance hätten, dauerhaft integriert in üblichen Wohnformen und mit Wohndiensten zu leben. Der betroffene Personenkreis sei sehr heterogen in Bezug auf die Art und den Aufwand der Betreuung. In Nordrhein-Westfalen sei ein Leistungstyp für Personen mit hohem Integrationsbedarf vereinbart worden.

Der Senat hat außerdem den Abschlussbericht eines Modellprojekts im Auftrag des Diakonischen Werks der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen e.V. und des Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie Sachsen aus dem Jahr 2002 beigezogen. Darin heißt es, dass ein Großteil der erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung und mit auffälligem Verhalten in großen Einrichtungen lebe und dass es Ziel sein müsse, sie zu enthospitalisieren. Es liege nahe, dass viele Merkmale auffälligen Verhaltens ihrer Ursache in der institutionalisierten Lebensform hätten. Für diese Menschen müssten geeignete Betreuungssettings gefunden bzw. entwickelt werden. Die Etablierung von Sondereinrichtungen scheine nur für einen sehr kleinen Teil dieser Menschen wirklich notwendig zu sein und berge erhebliche Risiken. Um Menschen mit geistiger Behinderung und auffälligem Verhalten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, sei daher die Bereitstellung der erforderlichen - gegenüber einer Standardversorgung erweiterten - personellen und materiellen Ressourcen unverzichtbar.

Der Vorsitzende hat in einem Erörterungstermin vom 11. Mai 2006 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Dabei ist auch ein Zeuge vernommen worden. Wegen des Inhalts des Termins wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen. Zu den (zeitlich befristeten) Therapeutischen Wohngruppen hat der Antragsgegner der Antragstellerin ein Angebot für eine vorläufige Vereinbarung für die Dauer des beim SG anhängigen Klageverfahrens - S 11 SO 7598/05 - unterbreitet, dem diese nur unter - teilweise inzwischen zugestandener Änderungen - zustimmen will. Streitig ist noch eine eventuelle Verlängerung des Aufenthalts über 24 Monate hinaus und eine Klausel betr. die Höhe der vereinbarten Vergütung und deren Verhältnis zu Verfahren einzelner Behinderter auf Kostenübernahme.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten des Antragsgegners und die Akten des SG - S 11 SO 730/06 ER und S 11 7598/05 - verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde (§ 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang begründet. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

1.) Das SG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Anträge zulässig ist, da für die hier zu entscheidenden Fragen keine vorrangige Zuständigkeit der nach § 80 SGB XII gebildeten Schiedsstelle besteht, die einen direkten Antrag an das SG mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig machte. Die Schiedsstelle hat ausschließlich über Streitigkeiten um Vergütungsvereinbarungen (§ 75 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII) zu entscheiden. Die jeweils zugrunde liegende Leistungsvereinbarung (§ 74 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII) muss vor Anrufung der Schiedsstelle vereinbart und notfalls vor Gericht erstritten werden (Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, § 77 Rdnr. 8; offen gelassen in Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. Dezember 2005 - L 9 B 22/05 SO ER - (juris); für den - hier nicht einschlägigen - Fall des gleichzeitigen Streites über eine Leistungs- und eine Prüfungsvereinbarung bejaht das Hessische LSG eine entspr. "Vorfragenkompetenz" der Schiedsstelle, Beschluss vom 20. Juni 2005, FEVS 57, 153).

Die Anträge sind ordnungsgemäß gestellt worden. Soweit infolge des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469 - VRG -) die Zuständigkeiten der überörtlichen Träger der Sozialhilfe auf die Landkreise übergegangen sind (vgl. Artikel 122 VRG), liegt eine so genannte kommunale Vereinbarung über die Wahrnehmung der Aufgaben u.a. der Behindertenhilfe nach dem SGB XII vom 29. Oktober 2004 vor, mit welcher dem nach Artikel 178 VRG neu gegründeten KVJS im Rahmen der Behindertenhilfe (Eingliederungshilfe nach SGB XII) die Wahrnehmung der Aufgaben im Auftrag und im Namen der örtlichen Träger der Sozialhilfe bei der Durchführung von Verhandlungen, dem Abschluss von Vereinbarungen im Sinne der §§ 75 bis 78 SGB XII einschließlich der Durchführung von Schiedsstellen- und Klageverfahren übertragen worden ist (vgl. Abschnitt II § 4 Abs. 1 Nr. 1). Daher ist der KVJS für den im vollem Umfang passiv legitimierten Antragsgegner vertretungsbefugt.

2.) Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gegeben. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht (Sicherungsanordnung (Abs. 2 Satz 1 a.a.O.)), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 86b Rdnrn. 25 ff.; Funke-Kaiser in Bader u.a., Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 3. Auflage, § 123 Rdnrn. 7, 11). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 421.21 Hochschulzulassungsrecht Nr. 37; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 123 Rdnrn. 64, 73 ff., 80 ff.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO § 123 Rdnrn. 78 ff.). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Dabei sind die diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f.; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927 ff.); Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, a.a.O. § 123 Rdnr. 58; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O. Rdnrn. 95, 99 ff.). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ggf. ist eine Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG NVwZ 1997, a.a.O.; NVwZ 2005, a.a.O.). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B -(juris), 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B -, FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B -, FEVS 57, 164 (jeweils m.w.N. aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung); Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. Rdnrn. 165 ff.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O. Rdnr. 79; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O. Rdnr. 62).

a) Hinsichtlich des Abschlusses einer Leistungsvereinbarung betreffend Therapeutische Wohngruppen mit einer Aufenthaltsdauer von bis zu 24 Monaten für Menschen mit zusätzlichen Verhaltensauffälligkeiten im Sinne schweren herausfordernden Verhaltens ist eine gerichtliche Regelung im Eilverfahren nur insoweit erforderlich, als das hierzu ausgesprochene Anerkenntnis des Antragsgegners umgesetzt werden muss, da mangels Annahme durch die Antragstellerin insoweit das Verfahren nicht erledigt ist (§ 101 Abs. 2 SGG). Diese gerichtliche Regelung ist auch deshalb notwendig geworden, weil die Beteiligten sich über Details der im gerichtlichen Verfahren nicht streitigen Vergütungsvereinbarung bislang nicht einigen konnten. Das Anerkenntnis des Antragsgegners bezieht sich auf die von dem Leistungsangebot zu den Therapeutischen Wohngruppen erfasste Zielgruppe, den Personalschlüssel und die im diesbezüglichen Angebot vom 24. Juni 2005 aufgeschlüsselten Leistungsmerkmale.

Die weitergehende Forderung der Antragstellerin betreffend die Vergütung ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens und vom Gericht deshalb nicht zu bescheiden. Für die gewünschte Klausel zu einer möglichen Verlängerung der Aufenthaltsdauer besteht im Rahmen einer vorläufigen Regelung durch einstweilige Anordnung kein Bedarf, zumindest ist ein solcher nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass während der Dauer der vorläufigen Vereinbarung mit der Notwendigkeit einer Verlängerung des Aufenthaltes in einer Therapeutischen Wohngruppe tatsächlich zu rechnen ist. Angesichts der Tatsache, dass es ihr um langjährig in der Einrichtung befindliche Menschen geht, deren Betreuungsbedarf und -modalität zwischen den Beteiligten streitig ist, wäre eine solche Glaubhaftmachung aber zu erwarten gewesen. Insoweit ist derzeit eine vorläufige Regelung nicht erforderlich.

b) Die Antragstellerin hat hinsichtlich der Vollstationären Hilfen für geistig oder mehrfach behinderte Menschen mit auf nicht absehbare Zeit bestehenden massiven Verhaltensauffälligkeiten gegen den Antragsgegner als für die Einrichtung zuständigem Sozialhilfeträger einen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorläufig zu regelnden Anspruch auf zielgerichtete Fortsetzung der mit ihrem diesbezüglichen Angebot vom 24. Juni 2005 begonnenen Verhandlungen und auf Abschluss einer Leistungsvereinbarung unter Anerkennung bestimmter Prämissen. Außerdem ist eine vorläufige gerichtliche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich.

(1) Der Antragsgegner ist verpflichtet, über das Leistungsangebot der Antragstellerin vom 24. Juni 2006 betr. Vollstationäre Hilfen (mit tagesstrukturierendem Angebot) für Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung und zusätzlichen auf nicht absehbare Zeit bestehenden massiven Verhaltensauffälligkeiten zu verhandeln und einen für diese erforderlichen Leistungstyp unter Anerkennung der Notwendigkeit eines höheren Personalaufwandes als bei Leistungstyp I.7 i.V.m. der Hilfebedarfsgruppe 5 zu vereinbaren. Dieser Anordnungsanspruch ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

§ 75 Abs. 2 SGB XII formuliert entsprechend den früheren Bestimmungen im BSHG hinsichtlich der Erbringung von Eingliederungshilfe in stationären Einrichtungen ein Nachrangprinzip (vgl. Münder in Rothkegel, Sozialhilferecht, Teil III Kap. 33 Rdnr. 9) in dem Sinn, dass der Sozialhilfeträger grundsätzlich keine eigenen Einrichtungen betreiben soll, sondern dass die vorhandenen Einrichtungen Dritter vorrangig in Anspruch zu nehmen sind (vgl. hierzu Münder in LPK-SGB XII, § 75 Rdnrn. 7 bis 10). Gerade gegenüber den Trägern der freien Wohlfahrtspflege, zu denen die Antragstellerin gehört, verstärkt § 5 SGB XII dieses Nachrangprinzip noch im Sinne einer Verpflichtung zur Zusammenarbeit und zur Respektierung der Selbständigkeit der freien Träger in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Erbringt ein privater Träger Eingliederungshilfeleistungen aufgrund eines mit dem Behinderten bestehenden Heimvertrages, kann dieser eine Übernahme der Vergütung nur auf der Grundlage von nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossenen Verträgen verlangen. Das bedeutet, dass er in dem durch die Aufnahme des Behinderten entstandenen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 22. September 2005 - L 7 SO 3421/05 ER-B -, ZFSH/SGB 2006, 33 m.w.N.) Erstattungsansprüche gegen den Träger der Sozialhilfe nur auf der Grundlage solcher (ggf. individuell zu vereinbarender) Verträge hat. Sein Anspruch ist also nicht auf eine Sachleistung, sondern vielmehr auf Kostenübernahme gerichtet. Dieses Dreiecksverhältnis wird wesentlich gestaltet durch die genannten Verträge (Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung). Bereits für die Anwendung der strukturell und inhaltlich weitgehend identischen Vorgängervorschrift des § 93 BSHG bestand in der fachgerichtlichen Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass der Einrichtungsträger und der Sozialhilfeträger nicht im Sinne völliger Vertragsfreiheit Verträge abschließen können oder auch nicht, sondern dass der Träger der Sozialhilfe auf eine Angebot eines Einrichtungsträgers hin eine an den Zielen der Eingliederungshilfe einschließlich des genannten Nachranggrundsatzes ausgerichtete Ermessensentscheidung über den Abschluss von Verträgen zu treffen hat (BVerwG, Urteil vom 3. September 1993, BVerwGE 94, 202; Verwaltungsgericht (VG) Hannover, Beschluss vom 29. Dezember 2004 - 7 B 4953/04 -, NordÖR 2005, 275 und Hessisches LSG, Beschluss vom 20. Juni 2005, FEVS 57, 153). Dies gilt auch deshalb, weil der Sozialhilfeträger wegen seiner Verpflichtung zur Erfüllung der individuellen Ansprüche der Behinderten eine Gewährleistungspflicht dahingehend hat, dass notwendige Einrichtungen vorgehalten werden (Münder in Rothkegel, Sozialhilferecht, Teil III Kap. 33, Rdnr. 7 und in LPK-SGB XII, Vor § 75 Rdnr. 4), was ihn auch verpflichtet, die bestehenden Einrichtungen nicht zu gefährden.

Die hier zwischen den Beteiligten streitige (öffentlich-rechtliche, vgl. hierzu BVerwG a.a.O.) Leistungsvereinbarung (vgl. § 75 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII) ist wesentliche Voraussetzung dafür, dass in einem zweiten Schritt eine Vergütungsvereinbarung geschlossen werden kann (darauf weist zu Recht das Hessische LSG a.a.O. hin; so auch Münder in Rothkegel, Sozialhilferecht, Teil III Kap. 33, Rdnr. 6), die den unter den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit errechneten Aufwand der Einrichtungsträger deckt. Da § 77 Abs. 1 SGB XII den Grundsatz der Vereinbarung mit Wirkung für die Zukunft festschreibt - verbunden mit der Begrenzung der Rückwirkung von Vergütungsvereinbarungen in § 77 Abs. 2 SGB XII - haben die Einrichtungsträger ein vitales Interesse am zeitnahen Abschluss solcher Leistungsvereinbarungen, sofern eine von ihnen angebotene Betreuungsleistung nicht oder nicht mehr von den bestehenden Verträgen erfasst ist.

(2) Die Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers hat sich an den in § 75 Abs. 3 SGB XII genannten Grundsätzen zu orientieren. Bedarfsgesichtspunkte dürfen nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG a.a.O.; Münder in Rothkegel, Sozialhilferecht, Teil III Kap. 33, Rdnr. 15 und in LPK-SGB XII, § 75 Rdnr. 16). Dasselbe gilt nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Erwägungen des Antragsgegners betr. den Stand von Wissenschaft und Forschung. Diese können allenfalls zur Beurteilung der Geeignetheit eines Betreuungskonzepts herangezogen werden, nicht aber im Sinne eines Vorrangs solcher Formen, die der Sozialhilfeträger für die besseren hält. Vielmehr hat der Kostenträger im Sinne des o.g. Nachrangprinzips die Selbständigkeit der freien Träger in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu respektieren; das gilt jedenfalls wenn und so lange, als die angebotenen Betreuungsformen wissenschaftlich vertretbar sind. Allenfalls über die Prüfung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) können hier ggf. Abstriche an besonders kostenintensiven Konzepten verlangt werden. Ziel der Regelung des § 75 Abs. 3 SGB XII ist nämlich, der Gefahr zu begegnen, dass Einrichtungen unwirtschaftlich arbeiten, was ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigen würde (VG Stade, Beschluss vom 14. Juli 1999 - 1 B 1044/99 -; bestätigt durch Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 23. August 1999, FEVS 51, 312 zu der insoweit identischen Vorgängerregelung des § 93 Abs. 2 BSHG). Unter diesem Aspekt ist hier die Festlegung des endgültigen Personalschlüssels noch verhandlungsbedürftig.

Ein weiter Ermessensspielraum kann dem Sozialhilfeträger ohnehin nicht zugestanden werden, da der Hilfebedürftige, um den es in der Sache geht, auf die Existenz von Vereinbarungen nach § 75 SGB XII angewiesen ist, soweit es um die Durchsetzung seines Individualanspruchs auf Eingliederungshilfe für die in einer Einrichtung in Anspruch genommenen Leistungen und damit verbunden um die Respektierung seiner Wünsche (§ 9 Abs. 2 SGB XII) geht (so zu Recht VG Hannover, a.a.O.).

(3) Das Ermessen des Sozialhilfeträgers ist im vorliegenden Fall nicht durch die Existenz geltender Verträge beschränkt oder gar ausgeschlossen. Zwar sind sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner vertragsgebunden hinsichtlich des Rahmenvertrages. Das hindert jedoch nicht den Abschluss der von der Antragstellerin begehrten Leistungsvereinbarung, wie sich bereits aus § 3 des Rahmenvertrages ergibt. Dort werden allerdings grundsätzlich Leistungstypen für die Hilfearten nach dem SGB XII vereinbart und ggf. durch die gemeinsam installierte Vertragskommission (vgl. § 23 des Rahmenvertrages) fortentwickelt. Einzelvereinbarungen zwischen Leistungs- und Einrichtungsträgern sind solange und in dem Umfang nicht möglich, als eine konkrete und abschließende Regelung im Rahmenvertrag besteht. § 3 Abs. 4 des Rahmenvertrags enthält aber eine Öffnungsklausel betr. die Vereinbarung neuer Leistungstypen zwischen Einrichtungs- und Sozialhilfeträgern, die dem Sozialhilfeträger ausdrücklich das Recht zugesteht, im Wege einer Einzelvereinbarung auch einen neuen Leistungstyp zu schaffen. Das ist auch deshalb notwendig und zulässig, weil der Rahmenvertrag keine zeitliche Begrenzung enthält und die Fortentwicklung der Leistungsgrundsätze - wie sich in diesem Verfahren deutlich zeigt - lange Zeit in Anspruch nehmen kann, in welcher jedoch die Gestaltung des Hilfeangebots der einzelnen Einrichtungsträger weiter entwickelt werden kann und darf.

Bei richtiger Auslegung dieser Vorschrift ist allerdings Voraussetzung einer solchen Einzelvereinbarung, dass ein neuer Leitungstyp deshalb erforderlich ist, weil die bestehenden einem vorhandenen, tatsächlichen Betreuungsbedarf nicht (mehr) gerecht werden, ein hierfür entwickeltes Angebot der Einrichtung nicht erfassen und dass schließlich die Vertragskommission nicht in vertretbarer Zeit zu einem Ergebnis kommt (so auch der im Erörterungstermin vom 11. Mai 2006 gehörte Zeuge W. B. (stellvertretender Vorsitzender der Vertragskommission)). Diese Voraussetzungen sind gegeben, wie sich aus den Ausführungen weiter unten ergibt. Außerdem sind nach Auffassung des Senats Einzelvereinbarungen ausgeschlossen, wenn und soweit in der Vertragskommission Erfolg versprechende Verhandlungen gerade in dem fraglichen Bereich geführt werden (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 22. September 2005 a.a.O.).

Nach den dem Senat vorliegenden Protokollen der Vertragskommission ist dort zwar seit Juni 2005 über eine Anschlusslösung für die von dem Modellversuch erfassten Personen diskutiert worden. Eine Vereinbarung oder auch nur Annäherung der Positionen wurde dabei offensichtlich nicht erzielt. Immerhin heißt es in dem Protokoll der Sitzung vom 6. Dezember 2005: "Die Leistungserbringer akzeptieren, dass für den Personenkreis der Menschen mit herausforderndem Verhalten im Vereinbarungsweg Lösungen gesucht werden, die auch Änderungen in der inhaltlichen Bearbeitungsweise Rechnung tragen ..." Aus den vor dieser Aussage wiedergegebenen Äußerungen der Vertreter der Leistungserbringer und der Leistungsträger ist aber ohne Weiteres zu erkennen, dass hinsichtlich des genannten Personenkreises gegenüber dem Stand von Juni 2005 keine Annäherung erfolgt ist und im Grunde zwei Betreuungskonzepte einander gegenüber stehen, nämlich zum einen das von Intensivbetreuungsgruppen wie die von der Antragstellerin konzipierte und zum anderen das einer wohnortnahen Betreuung in allgemeinen Gruppen mit der Möglichkeit der Intervention durch so genannte Konsulententeams. Zu diesem zweiten Konzept ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden, von der dem Senat bislang keine Ergebnisse vorliegen. Im Protokoll vom 8. November 2005 wird ausdrücklich von dem "strittigen Punkt" der Intensivbetreuten gesprochen.

Angesichts dieses Standes der Verhandlungen und Gespräche stellt sich die Situation so dar, dass die Frage der Betreuung des Personenkreises der Behinderten mit schwerem herausfordernden Verhalten, die auf nicht absehbare Zeit nicht in übliche Wohn- und Betreuungsformen integriert werden können, derzeit auch nach dem Verständnis der Parteien des Rahmenvertrages nicht abschließend geregelt ist. Das hat der Zeuge W. B. bestätigt. Letztlich muss auch die Tatsache der Durchführung des Modellversuches mit dem Leistungstyp I.7 so verstanden werden, dass den beteiligten Einrichtungs- und Sozialhilfeträgern die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des Rahmenvertrages bewusst war, weil die vorhandenen Leistungstypen und Hilfebedarfsgruppen den Betreuungsbedarf des hier angesprochenen Personenkreises nicht ausreichend beschreiben.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind außerdem vertragsgebunden hinsichtlich der zwischen ihnen bestehenden Leistungsvereinbarung vom 14. Juli 1999. Aber auch dieser Vertrag hindert den geltend gemachten Anspruch auf Abschluss eines zusätzlichen Vertrages betreffend einen neuen Leistungstyp nicht, wie sich ohne weiteres aus dessen § 6 ergibt. Diese Öffnungsklausel ist schon deshalb notwendig, weil die Leistungsvereinbarung entgegen dem im Gesetz vorgesehenen Normalfall (§ 77 Abs. 1 SGB XII) keine zeitliche Begrenzung enthält. Es liegt jedoch auf der Hand, dass gerade im Bereich der Betreuung des hier betroffenen Personenkreises im Gefolge der Modellversuche in Sachsen und Baden-Württemberg eine Fortentwicklung der Betreuungskonzepte und damit notwendig auch der Leistungstypen diskutiert wird. Dies zeigen auch die Protokolle der Vertragskommission. Eine solche Diskussion setzt aber Einigkeit darüber voraus, dass keine Vertragsbindung im Sinne umfassender Regelung aller Leistungstypen besteht, die nämlich diese Auseinandersetzungen unnötig machte. Den aus all dem folgenden grundsätzlichen Anspruch der Antragstellerin auf Verhandlung ihres Leistungsangebots und ggf. Vereinbarung der angebotenen Betreuungsform verkennt der KVJS, der in seinem Schreiben vom 24. November 2005 weitere Verhandlungen über einen neuen Leistungstyp generell abgelehnt und die Antragstellerin insoweit an die Vertragskommission verwiesen hat.

(4) Dass sich der KVJS bei seiner Weigerung auf die Auswertung des Modellversuchs und daneben auf neuere Erkenntnisse über die Betreuung des betroffenen Personenkreises beruft, berechtigt ihn nicht zum Abbruch der Verhandlungen, solange die von der Antragsgegnerin angebotene Leistungsform noch dem Stand von Wissenschaft und Praxis entspricht. Das ist nach der in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage aber der Fall. Die von Prof. Dr. Dieckmann/Dipl.-Psych Giovis verfasste Auswertung des Modellversuchs belegt ohne Zweifel, dass der Personenkreis der Behinderten mit schwerem herausforderndem Verhalten nicht vollständig in normale Wohnformen reintegrierbar ist. Unter 5.1 der Untersuchung wird ausgeführt, dass etwa 55 % der Teilnehmer nach den vorliegenden Daten prinzipiell einen Wechsel erreichen können müssten und dass 32 % der Teilnehmer des Modellversuches diesen Wechsel tatsächlich vollzogen haben. Selbst wenn man von den genannten 55 % ausgeht, stellt sich die weitere Frage, was mit den verbleibenden 45 % zu geschehen hat. Hier muss zwar einerseits festgestellt werden, dass eine lange Verweildauer in den Kleingruppen, in denen diese Behinderten zusammengefasst sind, ein Integrationshindernis darstellen kann (so Dieckmann/Giovis unter 5.2). Dennoch muss auch Prof. Dr. D. konstatieren, dass nicht für alle Teilnehmer des Modellversuchs eine Anschlusslösung gefunden werden kann, die weniger aussondernden Charakter hat (vgl. Vorbemerkungen unter 3. seiner schriftlichen Sachverständigenauskunft für den Senat vom 9. Mai 2006). Dieser Auskunft ist auch zu entnehmen, dass zwar einerseits die Tendenz in der Behindertenhilfe dahin geht, integrative Wohnformen zu finden, die auch möglichst heimatnah realisiert werden sollen, dass aber andererseits nach langjährigem Aufenthalt in Großeinrichtungen eine solche Rückführung in heimatnahe integrierte Wohnformen nicht immer möglich erscheint. Daraus kann nur gefolgert werden, dass diese Personen weiter intensiver Betreuung bedürfen. Gerade die im Modellversuch erzielten Erfolge in der persönlichen Lebenssituation der Teilnehmer, die nicht in normale Wohnformen integriert werden konnten, belegen, dass die Zusammenfassung und Intensivbetreuung auch für diesen Personenkreis eine deutliche Verbesserung der Lebenssituation bringt. Dies hat der Leiter des nach Artikel 178 § 3 Abs. 4 Satz 2 VRG gebildeten Medizinisch-Pädagogischen Fachdienstes, Prof. Dr. H. , in einer vorläufigen Auswertung des Modellversuchs vom 20. Mai 2005 bereits beschrieben. Auch erscheint es einleuchtend, dass Personen, die langjährig in Einrichtungen wie der der Antragstellerin gelebt haben, nicht einfach in grundsätzlich neue und andere Betreuungsformen überführt werden können.

Außerdem ist festzustellen, dass die wissenschaftlichen Auffassungen zu der notwendigen und "besseren" Betreuung der Menschen mit schwerem herauforderndem Verhalten keinesfalls das vom Antragsgegner bevorzugte Konzept einhellig als das eindeutig bessere bezeichnen. Hier ist vielmehr mit Prof. D. davon auszugehen, dass die Menschen sehr unterschiedlich sind und sehr unterschiedliche Betreuungsarrangements gefunden werden müssen (Vorbemerkung 3. und Antwort zu Frage 1 in der sachverständigen Auskunft vom 9. Mai 2006). Zum Stand der wissenschaftlichen Diskussion über die Betreuung der Behinderten mit schwerem auffälligem (herausforderndem) Verhalten hat das SG Ulm in einem Beschluss vom 2. Mai 2006 -S 3 SO 4211/05 ER - folgendes ausgeführt:

"Aus der neueren medizinischen, psychiatrischen und pädagogischen Fachliteratur, die der Kammer vorlag, ergibt sich ein anderes Bild als von der Antragsgegnerseite behauptet. Das Gericht hat dabei Wert darauf gelegt, weitestgehend andere Fachliteratur als von Antragstellerin bereits zitiert (Bl. 111, 154 d. Ger.-Akte) zu prüfen, um eine höhere Objektivität zu gewährleisten. Dort wird zusammengefasst folgendes ausgeführt:

Eine zeitgemäße Behindertenhilfe legitimiere sich nicht mehr durch die bloße Pflege, Versorgung und Verwahrung der betroffenen behinderten Menschen. Ihr Ziel sei vielmehr die "kundenorientierte" Integration der Leistungsempfänger in kleinere soziale Einheiten, kleinere Wohngruppen, mit einem eigenen geschützten Lebensraum (vgl. Metzler/Wacker, "Soziale Dienstleistungen": Zur Qualität helfender Beziehungen [Studien zu Lebenswelten behinderter Menschen Bd. 4], 1998, S. 88 f., 104; Speck, Menschen mit geistiger Behinderung, 10. Aufl. 2005, S. 322; siehe auch Metzler, Hilfebedarf von Menschen mit geistiger Behinderung und erheblichen Verhaltensauffälligkeiten, S. 59 = Bl. 338 d. Gerichtsakte). Die Einrichtungen hätten im Rahmen von Untersuchungen und Befragungen berichtet, dass verstärkt auf kleinere Gruppen mit 6 – 11 Mitgliedern und überwiegend homogener Behinderung gesetzt werde (Nachweise bei: Wacker/Wetzler/Metzler/Hornung in: Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Leben im Heim. Angebotsstrukturen und Chancen selbständiger Lebensführung in Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, 1998, S. 75 ff., 124 ff., 302 ff.; siehe auch: Choi, Untersuchung zur Realisierung von mehr Selbstbestimmung für Menschen mit geistiger Behinderung. Die qualitativ neuen Anforderungen an das Interaktionsverhalten der Mitarbeiter im Wohnbereich, 2005 (zugleich Univ. Diss. Bremen 2004, S. 91 f., 189, 194). Dort werde für die behinderten Menschen ein geschützter Wohnraum geschaffen, der ihre Individualität wahre, schütze und fördere. In diesem Sinne hätten sich Erfolge bei Wohngruppen mit einer speziellen heilpädagogischen Betreuung gezeigt (Irblich, Strukturierung des Lebensumfeldes als Intervention bei psychischen Problemen geistig behinderter Menschen in: Irblich/Stahl (Hrsg.) Menschen mit geistiger Behinderung, 2003, S. 559 ff, bes. 583 ff.). In einer der ersten Studien zur heilpädagogischen Betreuung in Heimen konnte Theunissen belegen, dass auch geistig schwerstbehinderte Menschen dort erfolgreich in ihrer Entwicklung gefördert werden können und dass Heime mit einer solchen heilpädagogischen Betreuungsstruktur als Lebensort für behinderte Menschen wesentlich besser geeignet sind als psychiatrische Anstalten/Krankenhäuser (Theunissen, Heilpädagogik im Umbruch, 1991; ders., Pädagogik bei geistiger Behinderung und Verhaltsauffälligkeiten, 3. Aufl., 2000). Es fehle aber an ausreichenden geeigneten derartigen Plätzen, weshalb die Leistungsträger und die Einrichtungen in Zukunft gemeinsame Anstrengungen unternehmen müssten, um die Situation zu verbessern (Badelt, Geistig behinderte Menschen in ihren sozialen Bezügen, in: Irblich/Stahl (Hrsg.) Menschen mit geistiger Behinderung, 2003, S. 268 ff., bes. S. 302 f.). Die Erfolge, die in den kleineren Wohngruppen erzielt werden, hätten nur Bestand, wenn die strukturellen Betreuungsbedingungen stabil seien (so die Ergebnisse der empirischen Untersuchung von Choi, a.a.O., S. 147 f., 190 ff.; auf die Bedeutung der Kontinuität des Lebensortes und der Hausgemeinschaft weist auch Speck, a.a.O., S. 336 hin; ebenso Metzler, Hilfebedarf von Menschen mit geistiger Behinderung und erheblichen Verhaltensauffälligkeiten, S. 59 = Bl. 338 d. Gerichtsakte). Ein Personalabbau - wie er vorliegend nach der eidesstattlichen Versicherung des Direktors der Antragstellerin droht - bedinge regelmäßig Rückfälle in bereits überwunden geglaubte Verhaltensweisen. (Irblich, Strukturierung des Lebensumfeldes, a.a.O., S. 559 ff, bes. 583 ff.; vgl. Choi, a.a.O., S. 147 f., 190 ff). Die Behauptung des Antragsgegners, wonach das Leistungsangebot der Antragstellerin nicht den Erkenntnissen der neurobiologischen, psychiatrischen, psychologischen und pädagogischen Lehren entspreche, ist folglich nicht zu belegen. Sie steht im Übrigen – wie auch der weitere Vortrag, wonach die Leistungstypen/Hilfebedarfsgruppen des Rahmenvertrages den Hilfebedarf der behinderten Menschen ausreichend abbilden würden - auch im Widerspruch zu den Äußerungen des KVJS im Rundschreiben vom 05.12.2005 (s.o.). Sonst bräuchte man sich wohl kaum über eine Hilfebedarfsgruppe "5 +" bzw. eine "systemimmanente Weiterentwicklung" zu unterhalten und den Landratsämtern mitzuteilen, dass zukünftig das erweiterte Leistungsangebot der Therapeutischen Wohngruppe (von "Ghettoisierung" ist an dieser Stelle nicht die Rede) nicht als neuer Leistungstyp dauerhaft installiert werden könne, sondern über "flexible Zuschläge" eingeführt werden könne.

Wenn diese "Zuschläge" im Rahmen einer "systemimmanenten Weiterentwicklung" allerdings gedacht sein sollten, um klare Regelungen zu vermeiden, wäre dies aus den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bedenklich. Mit einem unscharfen "Zuschlagssystem" ohne zugrundeliegende Leistungsvereinbarung werden die Leistungsvoraussetzungen unscharf gemacht, was mit den Gesichtspunkten der "Berechenbarkeit und Verlässlichkeit", die das Verhältnis zwischen Leistungsträger und Einrichtung kennzeichnen sollen (BVerwG 30.09.1993 - 5 C 41/91 - BVerwGE 94, 202 ff.) nicht in Einklang steht. Es wird auch für die Hilfeempfänger bzw. deren Betreuer ungleich schwieriger, die Voraussetzungen und den Inhalt ihrer Rechte einzuschätzen."

Angesichts des so skizzierten Standes der wissenschaftlichen Diskussion kann nach Auffassung des Senats nicht davon gesprochen werden, die Zusammenfassung des betroffenen Personenkreises der Behinderten mit schwerem herausforderndem Verhalten in intensivbetreuten Gruppen stelle unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine geeignete Leistungsform dar, weshalb es für diesen Personenkreis keiner Betreuung in dieser Form bedürfte und ein entsprechender Leistungstyp nicht in eine Vereinbarung nach §§ 75, 76 SGB XII aufgenommen werden muss. Es ist vielmehr eine in jedem einzelnen Fall zu beantwortende Frage, welcher Behinderte konkret einer höheren Betreuung bedarf. Dies kann nicht abstrakt beantwortet werden. Abstrakt kann nur festgestellt werden, dass es offenbar eine nicht unerhebliche Zahl von Menschen gibt, die zur Vermeidung von Schäden oder erheblicher Beschränkungen einen höheren Betreuungsbedarf haben als solche Behinderte, die keine herausfordernden Verhaltensweisen zeigen.

Gerade die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Modellversuchs, die eine Integration in übliche Wohn- und Betreuungsformen nicht realisieren konnten, dürften vorrangig zu denjenigen gehören, deren Lebenssituation durch Intensivbetreuung deutlich verbessert werden kann. Damit steht für den Senat fest, dass die Notwendigkeit der Erfassung ihres Betreuungsbedarfs in einem eigenen Leistungstyp besteht.

(5) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sind die Behinderten mit schwerem herausforderndem Verhalten auch nicht ausreichend durch den im Rahmenvertrag festgelegten Leistungstyp I.2.1 beschrieben. Zwar kann nicht bestritten werden, dass angesichts der relativ allgemeinen Formulierung dieses Leistungstyps in einem weiter verstandenen Sinn auch diese Personen dazugezählt werden könnten. Gleichwohl ergibt sich bereits aus der von Frau Dr. Metzler vorgenommenen Auswertung eines Modellprojekts des Diakonischen Werks der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen e.V. und des Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie Sachsen aus dem Jahr 2002, dass eine pauschale Bemessung des Hilfebedarfs innerhalb des Personenkreises von Menschen mit geistiger Behinderung und erheblichen Verhaltensauffälligkeiten nicht möglich ist, weshalb nunmehr Instrumente entwickelt werden müssten, um über die Hilfebedarfsgruppenzuordnung nach dem nach Frau Dr. Metzler benannten Verfahren hinaus weitergehende Erfordernisse im Umgang mit diesen Menschen strukturiert abbilden zu können. Offensichtlich wird mit der Erfassung des Betreuungsbedarfs über den so genannten Metzler-Fragebogen der spezifische Bedarf der hier angesprochenen Menschen nicht ausreichend abgebildet. Abgefragt werden nämlich überwiegend Assistenzleistungen und nicht die hier daneben notwendigen Schutz- und Überwachungsmaßnahmen einschließlich der spezifischen Heilpädagogik. Im Zusammenhang der auch in Baden-Württemberg geführten Diskussion betr. die Fortentwicklung der Betreuungskonzepte im Anschluss an den Modellversuch muss die Auswertung gerade dieses Modellversuchs eine entscheidungserhebliche Rolle spielen. Zu diesem Punkt wird in der Vertragskommission diskutiert, ohne dass sich bislang ein Ergebnis abzeichnet. Damit ist aber für den Senat erkennbar, dass nach dem derzeitigen Stand der Diskussion nicht behauptet werden kann, der Leistungstyp I.2.1 des Rahmenvertrages beschreibe den erforderlichen Leistungs- oder Betreuungsbedarf des Personenkreises der Behinderten mit SHV zureichend.

Vor diesem Hintergrund ist es plausibel und nachvollziehbar, dass in Anlehnung an die Beschreibung des betroffenen Personenkreises in dem Modellversuch ein Leistungstyp entwickelt wird, der den besonderen Bedarf dieser Menschen näher beschreibt. Hierfür liefert das Angebot der Antragstellerin vom 24. Juni 2005 tragfähige Ansatzpunkte. Es enthält eine genaue Beschreibung der Zielgruppe und eine umfassende Darstellung des Betreuungsaufwandes und der Art der Leistung sowie der für erforderlich gehaltenen personellen Ressourcen einschließlich der notwendigen Qualifikation des Fachpersonals. Außerdem werden die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung angegeben. Mit dieser detaillierten Auflistung werden die notwendigen kalkulatorischen Grundlagen geschaffen, die auch einem externen Vergleich zugänglich sein müssen (zur erforderlichen Ausdifferenzierung des Leistungsangebots vgl. VG Hannover, Urteil vom 16. Dezember 2005 - 7 A 4338/05 - (juris)).

(6) Der im Angebot angegebene Personalschlüssel von 1: 0,8 muss jedoch von den Verhandlungspartnern noch erörtert werden. Das Leistungsangebot enthält hierfür keine nachvollziehbare Aufschlüsselung oder Erläuterung. Auch aus den vorliegenden wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen können noch keine Schlüsse gezogen werden, die gerade diesen Schlüssel begründen. Sicher ist nur, dass wegen der besonderen Schwierigkeiten ein höherer (personalintensiverer) Schlüssel erforderlich ist als in den normalen Wohngruppen innerhalb der stationären Behindertenbetreuungseinrichtung der Antragsstellerin. Wie oben ausgeführt genügen die zur Einstufung in das bestehende System erfassten Bedarfe nicht dem hier notwendigen, speziellen (Personal-) Aufwand.

(7) Gemäß § 75 Abs. 2 S. 2 SGB XII sind Leistungsvereinbarungen nur mit solchen Einrichtungen abzuschließen, die unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und der Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Abs. 1 SGB XII zur Erbringung der Leistungen geeignet sind. Zweifel an der Geeignetheit und Leistungsfähigkeit der Antragstellerin, am Vorhandensein der fachlichen Ressourcen und Qualitäten sind nicht ersichtlich und werden auch vom Antragsgegner nicht geltend gemacht. Die Antragstellerin ist eine seit Jahrzehnten in der Behindertenbetreuung tätige Großeinrichtung, die ohne Zweifel über die sachliche und personelle Leistungsfähigkeit verfügt, um den hier angesprochenen Personenkreis angemessen zu betreuen. In dieser Situation ist hinsichtlich der Fortführung der Verhandlungen und hinsichtlich der Notwendigkeit eines Abschlusses mit einem eigenen Leistungstyp eine Ermessenreduzierung auf nur eine denkbare Möglichkeit - nämlich einen alsbaldigen Vertragsschluss unter Anerkennung der im Tenor genannten Bedingungen gegeben (vgl. zur Ermessensreduzierung Münder in LPK-SGB XII, § 75 Rdnr. 19), weshalb der Anordnungsanspruch für dieses Leistungsangebot zu bejahen war.

c) Es besteht hinsichtlich der begehrten Vertragsabschlüsse auch ein Anordnungsgrund. Wegen der oben dargestellten Vertragsgrundsätze (nur Vereinbarungen für die Zukunft) läuft die Antragstellerin Gefahr, den erbrachten Aufwand seit Juni 2005 bis zu einem Vertragsschluss endgültig nicht vollständig erstattet zu bekommen. Dabei auf das Gesamtbudget der Antragstellerin abzustellen und deren wirtschaftliche Gefährdung zu verneinen - wie es der Antragsgegner tut - wird der Sachlage nicht gerecht. Wenn es sich bei den Leistungen der Antragstellerin um solche im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte handelt, so ist die letztliche Kostenerstattungspflicht der Träger der Sozialhilfe nicht zu umgehen. Im Lichte der Grundsätze des § 5 SGB XII ist es nicht hinnehmbar, dass ein Leistungserbringer endgültig für einen längeren Zeitraum höhere Aufwendungen als Kostenerstattungen hat und er auch im Falle eines Vertragsschlusses keine Erstattung dieser Aufwendungen für die Vergangenheit erhalten kann. Eine rückwirkende Vergütungsvereinbarung ist jedoch nach § 77 Abs. 2 SGB XII ausgeschlossen. Da eine Vergütungsvereinbarung aber eine Leistungsvereinbarung voraussetzt, führt der Stillstand der Verhandlungen auf der Ebene der Leistungsvereinbarung faktisch zu einem täglich wachsenden - nicht rückholbaren - Zuschussbedarf für die Antragstellerin. Das ist ihr nicht zuzumuten. Schließlich kann nicht unbeachtet bleiben, dass Einrichtungen nicht gezwungen werden dürfen, Leistungen unterhalb der Gestehungskosten anzubieten (BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1998, BVerwGE 108, 47).

d) Der Senat begrenzt im Rahmen des ihm durch das Gesetz eingeräumten Ermessens (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 ZPO) die einstweilige Anordnung auf den Zeitpunkt ab Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG für die Dauer eines Jahres. Die einstweilige Anordnung dient der vorläufigen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile und ist deshalb grundsätzlich in die Zukunft gerichtet (vgl. Beschluss des Senats vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B -, FEVS 57, 164), wobei die Verfahrensdauer des Eilverfahrens nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen darf. Angesichts der Schwierigkeit der Materie wäre allerdings die sonst übliche Begrenzung auf sechs Monate zu knapp. Beide Regelungen entsprechen im Übrigen dem im Antrag formulierten Begehren (§ 123 SGG).

e) Der weiter gehende Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner bereits zum Abschluss des Vertrages entsprechend dem gesamten, unveränderten Inhalt des Leistungsangebots vom 24. Juni 2005 zu verpflichten, ist vom SG im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. Wie sich aus den Ausführungen oben ergibt, ist gerade in der Frage des Personalschlüssels auch eine anderes Ergebnis möglich und denkbar als genau der verlangte von 1: 0,8. Damit ist - auch wenn ein gegenüber dem Leistungstyp I.2.1 und der Hilfebedarfsgruppe 5 höherer Personalschlüssel geboten ist - insoweit ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Hier bedarf es inhaltlicher Verhandlungen der auf beiden Seiten beteiligten Fachleute.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO und § 64 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Der Senat geht davon aus, dass das Obsiegen der Antragstellerin - was den sachlichen Gehalt angeht - hinsichtlich des Antrags unter b) mehr als die Hälfte des Streitgegenstandes betrifft. Angesichts der Verweigerung von Verhandlungen überhaupt muss deshalb die Verpflichtung hierzu unter Anerkennung zweier wesentlicher Vorgaben der Antragstellerin als weitgehendes Obsiegen diesen Streitstoff betreffend angesehen werden. Demgegenüber ist die teilweise Zurückweisung der Beschwerde in Bezug auf den Antrag a) zwar nicht als gleichwertig anzusehen. Dennoch erscheint eine insgesamt hälftige Aufteilung angemessen, da im Rahmen der Entscheidung nach § 155 Abs. 1 VWGO auch das prozessuale Verhalten der Beteiligten berücksichtigt werden kann. Für den Senat ist es nicht ganz verständlich, warum die Antragstellerin bis heute noch nicht auf das modifizierte Angebot des Antragsgegners eingegangen ist. Die Differenzierung hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus der Tatsache, dass der Antragsgegner gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von den Gerichtskosten befreit ist.

4.) Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. Die Antragstellerin hat die jährlichen Mindereinnahmen, um die es letztlich in diesem Verfahren geht, mit EUR beziffert, was der Antragsgegner nachvollzogen und bestätigt hat. Angesichts der Tatsache, dass es noch nicht direkt um die Vergütung und auch nur um eine vorläufige Regelung geht, ist ein Festsetzung auf ein Viertel dieses Betrages angemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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