L 1 A 4785/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 A 2129/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 A 4785/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Gewährung pauschalierter Dienstaufwandsentschädigungen an Hauptgeschäftsführer und stellvertretender Hauptgeschäftsführer einer gewerblichen Berufsgenossenschaft ohne den konkreten Nachweis der Aufwendungen verstößt gegen § 6 Abs. 1 LBesG.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsbescheid.

Die Klägerin ging zum 1. Mai 2005 aus der Fusion mehrerer Bau-Berufsgenossenschaften hervor, u.a. der W. Bau-Berufsgenossenschaft, der früheren Klägerin. Mit der Fusion verbunden war ein Wechsel der Aufsichtsbehörde vom Sozialministerium Baden-Württemberg zum Bundesversicherungsamt.

Der Hauptgeschäftsführer (Beigeladener Nr. 1) sowie die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin (Beigeladene Nr. 2) der früheren Klägerin erhielten monatliche Dienstaufwandsentschädigungen, der Beigeladene Nr. 1 in Höhe von DM 300,00 bzw. EUR 153,39, die Beigeladene Nr. 2 in Höhe von zwei Drittel dieses Betrages (DM 200,00 bzw. EUR 102,26). Diese Beträge entsprachen einer Empfehlungsvereinbarung der Sozialpartner aus dem Jahre 1980 und wurden vom Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg als für die frühere Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde aufsichtsrechtlich toleriert.

Nach Änderung des § 17 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zum 1. Januar 1999 und in der Folge auch des § 6 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg (LBesG) bat das Finanzministerium Baden-Württemberg die jeweiligen Aufsichtsbehörden für ihr Ressort um Überprüfung von Dienst- und Aufwandsentschädigungen in festen Beträgen. Das Sozialministerium Baden-Württemberg vertrat in einem Schreiben vom 8. Oktober 1999 an das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg die Auffassung, die Neufassung des § 17 BBesG lasse Aufwandsentschädigungen in festen Beträgen weiter zu. Anhaltspunkte, dass diese im Einzelnen zu hoch seien, lägen nicht vor. Nach einem nochmaligen Schreiben des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 21. Februar 2000 sah auch das Sozialministerium Baden-Württemberg für eine Weitergewährung der Aufwandsentschädigungen in festen Beträgen keine Rechtsgrundlage mehr, sodass diese zum 31. Dezember 2000 einzustellen seien (interner Vermerk vom 30. März 2000). Dies teilte das Sozialministerium Baden-Württemberg u.a. der früheren Klägerin mit. Zugleich wies es daraufhin, es bestünden keine Einwendungen, unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, Haushaltsmittel in angemessener Höhe auf den vorhandenen Verfügungsfond zu übertragen (Schreiben vom 16. Mai 2000).

Der Vorstand der früheren Klägerin beschloss in seiner Sitzung am 17. November 2000, die Aufwandsentschädigungen im bisherigen Umfang weiterzuzahlen und von einer Änderung des Stellenplans insoweit abzusehen. Zugleich verpflichtete er die Beigeladenen ab Dezember 2000 bis November 2002 Nachweise über die Aufwendungen zu führen, die sie aus den Aufwandsentschädigungen bestreiten.

Am 22. Februar 2001 erfolgte eine Besprechung zwischen dem Sozialministerium Baden-Württemberg und den betroffenen Versicherungsträgern, u.a. der früheren Klägerin. Das Sozialministerium wollte über die Weitergewährung der Dienstaufwandsentschädigungen auf der Grundlage vorgelegter Aufzeichnungen entscheiden. Solche Aufzeichnungen legte die frühere Klägerin nicht vor.

Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften legte dem Bundesversicherungsamt exemplarisch Unterlagen bzw. Erklärungen von neun gewerblichen Berufsgenossenschaften vor. Aus diesen Unterlagen waren für das Bundesversicherungsamt die Voraussetzungen für eine Weiterzahlung der pauschalierten Aufwandsentschädigungen nicht nachzuvollziehen, sodass es dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften mitteilte, entsprechende Regelungen in den Stellenplänen bzw. Anlagen zu den Stellenplänen künftig von Genehmigungen auszuschließen, und die Geschäftsführer der bundesunmittelbaren gewerblichen Berufsgenossenschaften bat, entsprechende Zahlungen von Aufwandsentschädigungen ab dem 1. Januar 2004 einzustellen (Schreiben vom 29. August 2003).

Da die frühere Klägerin keine Unterlagen vorlegte, bat das Sozialministerium Baden-Württemberg den Vorstandsvorsitzenden der früheren Klägerin, die Auszahlung pauschalierter Aufwandsentschädigungen zum Ende des Jahres 2003 einzustellen, die Dienstordnungen/Stellenpläne entsprechend zu ändern und im Fall der Weiterzahlung ab 1. Januar 2004, die nur bei Vorlage der Aufzeichnungen toleriert werden könne, die Zahlung unter Rückzahlungsvorbehalt zu stellen (Schreiben vom 16. Oktober 2003). Die frühere Klägerin teilte dem Sozialministerium mit, der ständige Ausschuss des Vorstandes sowie der Vorstand würden sich in ihren nächsten Sitzungen mit der Frage der Gewährung von Dienstaufsichtsentschädigungen beschäftigen (Schreiben vom 19. November 2003). Da keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Voraussetzungen für eine Weitergewährung vorlägen, erteilte das Sozialministerium Baden-Württemberg der früheren Klägerin den aufsichtlichen Rat, die Weiterzahlung der pauschalierten Aufwandsentschädigungen an den Geschäftsführer und die stellvertretende Geschäftsführerin zum 31. Dezember 2003 einzustellen und den Stellenplan als Anlage zur Dienstordnung entsprechend zu ändern (Schreiben vom 9. Dezember 2003). Nachdem die frühere Klägerin keinen Grund zur Änderung sah (Schreiben vom 26 Januar 2004), verpflichtete das Sozialministerium Baden-Württemberg die frühere Klägerin, in der Fußnote zum Stellenplan die Sätze "Der Hauptgeschäftsführer erhält eine monatliche Aufwandsentschädigung von EUR 153,39. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer erhält eine monatliche Aufwandsentschädigung von EUR 102,26" zu streichen, im Haushaltsplan 2004 bei der Kontenart 700 die Ansätze für die Aufwandsentschädigungen an den Hauptgeschäftsführer und die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin zu streichen, die Zahlung der monatlichen Aufwandsentschädigungen an den Hauptgeschäftsführer und seine Stellvertreterin zum nächst erreichbaren Termin, spätestens jedoch zum 15. April 2004, einzustellen sowie die nach dem 1. Januar 2004 geleisteten Aufwandsentschädigungen spätestens innerhalb eines Monats nach der Zahlungseinstellung zurückzufordern und ihrem Vermögen wieder zuzuführen, den Erstattungsanspruch gegebenenfalls durchzusetzen und gab der früheren Klägerin schließlich auf, ihm (dem Sozialministerium) über das Veranlasste bis spätestens 15. April 2004 zu berichten (Verpflichtungsbescheid vom 2. März 2004). Zur Begründung führte das Sozialministerium aus, um festzustellen, ob den Geschäftsführern typischerweise betriebsbezogene finanzielle Aufwendungen entstünden, die mit Aufwandsentschädigungen ausgeglichen werden dürften, sei mit ihnen am 22. Januar 2001 vereinbart worden, dass sie die in der Zeit von Dezember 2000 bis einschließlich November 2002 mit den Aufwandsentschädigungen bestrittenen Aufwendungen schriftlich festhielten und ihm (dem Sozialministerium) die Aufzeichnungen vorlegten. Dies hätten sie trotz einer ihnen eingeräumten Fristverlängerung bis 14. November 2003 nicht getan. Der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBesG erforderliche Nachweis der Voraussetzungen zulässiger Gewährung der Aufwandsentschädigungen sei nicht erbracht. Da spätestens am 14. November 2003 festgestanden habe, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Aufwandsentschädigungen nicht erfüllt seien, sei die Einstellung der Zahlung ab 1. Januar 2004 erforderlich. Die Regelung über die Gewährung von Aufwandsentschädigungen im Stellenplan widerspreche geltendem Recht und sei daher ersatzlos zu streichen. Als Folge hiervon entbehre auch die Veranschlagung entsprechender Mittel im Haushalt 2004 rechtlicher Grundlage. Nach § 109 des Landesbeamtengesetzes (LBG) in Verbindung mit § 12 Abs. 2 BBesG könnten die seit 1. Januar 2004 bis zur Einstellung der Gewährung gezahlten Aufwandsentschädigungen nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden. Die Verpflichtung, den Erstattungsanspruch geltend zu machen, sei zur Herstellung der Gesetzmäßigkeit geboten. Die gesetzte Rückzahlungsfrist sei zumutbar. Die (Ermessens-)Abwägung führe zum Ergebnis, dass der Verpflichtungsbescheid notwendig sei, weil die frühere Klägerin trotz des Schreibens vom 16. Oktober 2003 und des Beratungsschreibens vom 9. Dezember 2003 nicht bereit sei, die Zahlung der Aufwandsentschädigung ab 1. Januar 2004 einzustellen. Es (das Sozialministerium) könne es als Aufsichtsbehörde nicht hinnehmen, dass die Geschäftsführer eines Sozialversicherungsträgers die Aufwandsentschädigungen über den 1. Januar 2004 hinaus bezögen, ohne dass die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit dargelegt und belegt seien, während die Geschäftsführer aller anderen landesunmittelbaren Träger sie ausnahmslos spätestens seit dem 1. Januar 2004 nicht mehr erhielten.

Die frühere Klägerin hat am 1. April 2004 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben. Die Zahlung der Aufwandsentschädigungen verstoße nicht gegen § 6 Abs. 1 Satz 2 LBesG. Bereits aus der Stellung und den Aufgaben der Beigeladenen ergäben sich die vom Gesetzgeber geforderte hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte. Zum einen müssten sie in ihren Privatwohnungen eine angemessene Büroausstattung (PC, Drucker, Faxanschluss, Möglichkeit des Zugangs zum Internet) vorhalten, um auch außerhalb der normalen Bürozeiten ihren dienstlichen Aufgaben nachkommen zu können. Da es regelmäßig zu einer Vermischung aus privateigener dienstlicher Nutzung komme, seien die geforderten Nachweise in Form von Aufzeichnungen nicht möglich. Des Weiteren hätten sie auf Grund ihrer dienstrechtlichen Stellung auch die Aufgabe so genannter Repräsentationspflichten nach innen (z.B. bei runden Geburtstagen, Weihnachtsfeier, Bestehen von Prüfungen von Dienstanwärtern) zu erfüllen. Die jahrelange Akzeptanz durch die Aufsichtsbehörde lasse nur den Schluss zu, dass ihre (der früheren Klägerin) Vorgehensweise als rechtskonform zu beurteilen sei. Zudem werde keine Aufwandsentschädigung in festen Monatsbeträgen, wie dies § 6 Abs. 1 Satz 2 LBesG verlange, gezahlt, sondern eine Pauschale. Der bloße Hinweis auf die Handhabung bei anderen landesunmittelbaren Trägern werde der erforderlichen Ermessensabwägung nicht gerecht. Eine Rückforderung sei nach den Grundsätzen über die Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung nicht möglich, da ein Entreicherungstatbestand vorliege.

Das frühere beklagte Land Baden-Württemberg hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, weil die Klage vom Geschäftsführer "im Auftrag" des Vorstandes unterzeichnet sei und es hierfür an einer wirksamen Bevollmächtigung durch den Vorstand mangele. Der Vorstand habe erst am 7. April 2004 nach Ablauf der Rechtsmittelfrist einen Beschluss gefasst, der als Bevollmächtigung ausgelegt werden könne. In der Sache selbst hält das früher beklagte Land und auch die jetzige Beklagte (im Folgenden einheitlich Beklagte) an ihrer bisherigen Auffassung fest. Auch die Klagebegründung trage nicht substantiiert zu konkreten Anhaltspunkten vor. Allein an Stellung und Aufgaben des Geschäftsführers und seiner Stellvertreterin anknüpfende Mutmaßungen genügten nicht.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. Juli 2005). Die Klage sei zulässig, weil es sich hinsichtlich des Erfordernisses der Unterschrift nur um eine "Soll-Vorschrift" handele. Vor dem Hintergrund der neuen Rechtslage sei die Beklagte zumindest ermächtigt, wenn nicht gar weiter gehend verpflichtet, auf die Klägerin im Sinne einer Respektierung des neuen Rechtes einzuwirken. Dies habe sie in den hier zu Gebote stehenden Mitteln getan. Diese fruchteten nicht, weshalb die Beklagte zu dem Mittel des Verpflichtungsbescheides habe greifen müssen. Der sinngemäß von der Klägerin gemachte Hinweis auf Gutgläubigkeit bzw. Fortfall der Bereicherung im Zusammenhang mit der Rückforderung der geleisteten Aufwandsentschädigungen schlage nicht durch. Die Pflicht zum Einzelnachweis sei auch kein faktisch unzumutbares Verlangen.

Gegen das ihr am 17. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. November 2005 Berufung eingelegt. Eine vom Sozialgericht berichtigte Urteilsabschrift ist der Klägerin am 6. Dezember 2005 zugestellt worden. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Zahlung der Dienstaufwandsentschädigung verstoße nicht gegen § 6 Abs. 1 Satz 2 LBesG. Bereits aus der Stellung und den Aufgaben der Beigeladenen ergäben sich die vom Gesetz geforderten hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte. Der Versicherungsträger habe sicherzustellen, dass er seine Aufgaben unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllen könne. Dem werde man durch die Forderung nach Einzelbelegen, deren Erbringung arbeits- und zeitintensiv sei und Verwaltungskosten verursache, nicht gerecht. Die jahrelange Akzeptanz durch das Sozialministerium lasse den Schluss zu, dass ihre (der Klägerin) Vorgehensweise rechtskonform gewesen sei.

Die Klägerin hat eine Aufstellung der monatlichen Kosten des Beigeladenen Nr. 1 vorgelegt, in der die monatlichen Kosten mit EUR 276,32 beziffert sind.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juli 2005 und den Verpflichtungsbescheid vom 2. März 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt, sich aber der Auffassung der Klägerin angeschlossen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Verpflichtungsbescheid vom 2. März 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Die Fusion der früheren Klägerin mit anderen Bau-Berufsgenossenschaften mit Wirkung zum 1. Mai 2005 führte sowohl auf Klägerseite als auch auf Beklagtenseite zu einem Beteiligtenwechsel. Durch die Fusion entstand ein Versicherungsträger, dessen Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesunmittelbarer Versicherungsträger), sodass mit der Fusion das Bundesversicherungsamt die nach § 90 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) zuständige Aufsichtsbehörde wurde.

2. Nach § 87 Abs. 1 SGB IV unterliegen die Versicherungsträger staatlicher Aufsicht. Sie erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht, das für die Versicherungsträger maßgebend ist. Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben (§ 89 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IV).

2.1. Die Gewährung pauschalierter Dienstaufwandsentschädigungen an die Beigeladenen verstieß gegen das Gesetz.

Nach § 6 Abs. 1 LBesG dürfen Aufwandsentschädigungen nur gewährt werden, wenn und soweit aus dienstlicher Veranlassung finanzielle Aufwendungen entstehen, deren Übernahme dem Beamten oder Richter nicht zugemutet werden kann, und der Haushaltsplan Mittel ausdrücklich dafür zur Verfügung stellt (Satz 1). Aufwandsentschädigungen in festen Beträgen sind nur zulässig, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächlicher Erhebungen nachvollziehbar ist, dass und in welcher Höhe dienstbezogene finanzielle Aufwendungen typischerweise entstehen (Satz 2). § 6 LBesG gilt nach Art. 4 § 3 des Landesanpassungsbesoldungsgesetzes für die dienstordnungsmäßig Angestellten der der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung entsprechend. Die frühere Klägerin unterstand als Körperschaft der Aufsicht des Landes Baden-Württemberg, sodass für die Besoldung ihrer dienstordnungsmäßig Angestellten die Vorschriften des LBesG Anwendung finden. Die Anwendbarkeit des § 6 LBesG bestimmt auch § 5 Abs. 1 der Dienstordnung der früheren Klägerin, wonach Angestellte, denen aus dienstlicher Veranlassung Aufwendungen entstehen, deren Übernahme nicht zugemutet werden kann, eine Aufwandsentschädigung nach Maßgabe des § 6 LBesG erhalten.

§ 17 Satz 1 und 2 BBesG ist wortgleich. Bereits nach § 17 BBesG a.F. reichte es für die Zulässigkeit einer Aufwandsentschädigung nicht aus, dass auf den Beamten, Soldaten oder Richter Kosten zukommen, die mit dem Dienstverhältnis in einem irgendwie gearteten, weiteren Zusammenhang stehen. Vielmehr ist erforderlich, dass der Aufwand unmittelbar durch die Dienstausübung veranlasst wird. Nur derart dienstlich bedingte Aufwendungen rechtfertigen die Entschädigung, weil dem Beamten nicht zugemutet wird, mit eigenen Einkünften in Ausübung des Dienstes entstehende Kosten zu tragen, die zudem bei anderen Beamten nicht anfallen (BVerwGE 111, 313).

Die Beklagte ging zu Recht davon aus, dass den Beigeladenen kein dienstbezogener Aufwand entstand, dessen Übernahme ihnen nicht zumutbar war.

Mit der von ihr erhobenen Aufsichtsklage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Verpflichtungsbescheids. Bei einer reinen Anfechtungsklage wird mit der Aufsichtsklage lediglich die Aufhebung einer Entscheidung begehrt. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist deshalb der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also des Erlasses des angefochtenen Verpflichtungsbescheides.

Die frühere Klägerin legte die Aufwendungen für die Beigeladenen, die mit den Dienstaufwandsentschädigungen abgegolten wurden, bis zum Erlass des angefochtenen Verpflichtungsbescheides nicht dar. Erst im Berufungsverfahren legte sie eine Aufstellung der dem Beigeladenen Nr. 1 entstandenen Aufwendungen vor. Damit war für die Aufsichtsbehörde bei Erlass des angefochtenen Verpflichtungsbescheides nicht erkennbar, welche dienstbezogenen Aufwendungen bei den Beigeladenen entstehen können. Allein aus dem Umstand, dass es sich um die Führungspositionen bei der früheren Klägerin handelte, ergeben sich noch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allein dass die frühere Klägerin es für notwendig ansah, dass die Beigeladenen in ihren Wohnungen eine Büroausstattung vorhalten, rechtfertigt noch nicht eine Aufwandsentschädigung. Eine Dienstaufwandsentschädigung ist die pauschalierte Entschädigung, welche zur Abgeltung solcher Sachaufwendungen aus dienstlichem Anlass gewährt wird, die sich aus der Art der Dienstaufgabe zwingend ergeben und nicht durch die Dienstbezüge aus dem übertragenen Amt oder durch Entschädigung aufgrund besonderer Vorschriften abgegolten werden (BSG SozR 3-2200 § 352 Nr. 1). Wenn es zu den Dienstaufgaben der Beigeladenen gehörte, auch außerhalb der üblichen Bürozeiten dienstliche Aufgaben wahrzunehmen, und diese Aufgaben dann in oder von der eigenen Privatwohnung aus wahrgenommen werden müssen, sind solche Aufwendungen für Inhaber von Führungspositionen durch die gezahlte Vergütung bzw. Besoldung abgedeckt. Dies gilt jedenfalls, soweit diese sich im üblichen Rahmen hält. Dass dieser Rahmen überschritten ist, und den Beigeladenen in nicht unerheblichen Umfang Aufwendungen für die dienstliche Tätigkeit in ihrer Privatwohnung entstehen, ist von der früheren Klägerin nicht behauptet worden und auch nicht erkennbar.

Gleiches gilt auch für Ausgaben für Repräsentation oder Bewirtung. Die Beklagte hat zutreffend darauf verwiesen, dass Geschenke für Kollegen zu Geburtstagen über eine interne Sammelaktion finanziert werden können, wie dies vielfach üblich ist. Auch besteht die Möglichkeit, derartige Aufwendungen über die Mittel des im Haushaltsplan eingerichteten Verfügungsfonds zu decken.

Die von der Klägerin im Berufungsverfahren dargelegten Aufwendungen des Beigeladenen Nr. 1 für das Jahr 2002 führen zu keiner anderen Beurteilung, sondern bestätigen vielmehr, dass die Aufwendungen von der Besoldung umfasst sind. Weshalb beispielsweise der Mitgliedsbeitrag für die Betriebssportgemeinschaft der früheren Klägerin sowie Ausgaben anlässlich von Veranstaltungen der Betriebssportgemeinschaft über eine Dienstaufwandsentschädigung auszugleichen sind, ist nicht nachvollziehbar.

Dass die gezahlten Aufwandsentschädigungen nicht auf anfallenden dienstbezogenen Aufwendungen beruhen, zeigt das Vorbringen der früheren Klägerin, die Zahlung erfolge nicht in festen Beträgen, sondern aus Gründen der Verwaltungsökonomie als Pauschale, um konkrete Berechnungen des gewährten Betrages nicht anstellen zu müssen. Die pauschale Zahlung läuft letztlich auf eine zusätzliche Besoldung hinaus, die aber § 6 LBesG (und auch § 17 BBesG) verhindern sollen. Im Vordergrund steht nicht eine erforderliche Erstattung von entstehenden Kosten durch die dienstliche Tätigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2000).

2.2. Die Beklagte hat auch zu Recht gestützt auf § 109 LBG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 BBesG der Klägerin die Rückforderung der ab 1. Januar 2004 gezahlten Aufwandsentschädigungen auferlegt. Nach § 109 LBG, der nach § 3 Abs. 1 der Dienstordnung der früheren Klägerin entsprechend gilt, sind für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 BBesG entsprechend anzuwenden. Danach regelt sich - abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall des Abs. 1 - die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Satz 1). Die Dienstaufwandsentschädigungen sind wie dargelegt zu Unrecht gezahlt worden. Die Klägerin und auch die Beigeladenen - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt - können nicht den Einwand der Entreicherung geltend machen (§ 819 Abs. 1 BGB). Denn auf Grund der vor Erlass des angefochtenen Verpflichtungsbescheids erfolgten Korrespondenz und auch dem Beratungsschreibens vom 9. Dezember 2003 der früher zuständigen Aufsichtsbehörde hätten die frühere Klägerin und die Beigeladenen die Rechtswidrigkeit der Zahlungen der Dienstaufwandsentschädigungen erkennen können.

2.3. Das für den Erlass eines Verpflichtungsbescheids in § 89 SGB IV vorgeschriebenen Verfahren beachtete die frühere zuständige Aufsichtsbehörde hinreichend. Der Erlass eines Aufsichtsbescheides hat in einem abgestuften Verfahren zu erfolgen (BSG SozR 3-2400 § 89 Nr. 4), wobei die Durchführung einer Beratung grundsätzlich Voraussetzung der Rechtmäßigkeit einer Verpflichtungsanordnung ist und eine Beratung Vorrang vor dem Erlass eines Verpflichtungsbescheides hat (vgl. dazu BSG SozR 3-2400 § 89 Nr. 1). Die früher zuständige Aufsichtsbehörde hat der früheren Klägerin wie auch den anderen ihrer Aufsicht unterstehenden Unfallversicherungsträgern in mehreren Schreiben und Beratungen dargelegt, dass sie an der früheren Auffassung zur Gewährung einer Dienstaufwandsentschädigung nach der Änderung der §§ 17 BBesG, 6 LBesG nicht mehr festhält. Nachdem die frühere Klägerin eine abweichende Auffassung vertreten hat, erteilte ihr die frühere Aufsichtsbehörde mit dem Schreiben vom 9. Dezember 2003 den aufsichtlichen Rat, die Weiterzahlung der pauschalierter Aufwandsentschädigung an den Geschäftsführer von den stellvertretende Geschäftsführer zum 31. Dezember 2003 einzustellen und den Stellenplan als Anlage zur Dienstordnung entsprechend zu ändern.

2.4. Schließlich ist die Abwägung der früher zuständigen Aufsichtsbehörde im Rahmen des ihr bei Erlass des Verpflichtungsbescheides zustehenden Ermessens rechtlich nicht zu beanstanden. Da die Beklagte sich bewusst war, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen, liegt eine Ermessensunterschreitung nicht vor. Es liegt auch kein Ermessensfehlgebrauch vor, weil die Beklagte ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Regelung ausübte. Sie hat zu Recht darauf abgehoben, es könne nicht hingenommen werden, dass die Dienstaufwandsentschädigung über den 1. Januar 2004 hinaus gezahlt wird, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Diesen Standpunkt vertrat die frühere Aufsichtsbehörde auch gegenüber den anderen der Aufsicht unterliegenden Berufsgenossenschaften, sich im Übrigen der Rechtsauffassung anschlossen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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