Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 2445/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1577/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. März 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zu Recht für die Zeit ab 13.03.2003 aufgehoben hat.
Der am 1970 geborene Kläger ist US-amerikanischer Staatsangehöriger. Am 15.01.2002 meldete er sich mit Wirkung vom 01.03.2002 beim Arbeitsamt Stuttgart arbeitslos und gab an, vom 01.01.1997 bis 28.02.1998 sowie vom 11.10.1999 bis 28.02.2002 sei er als Systemingenieur - zuletzt bei der I. N. S. GmbH in N.-I. - beschäftigt gewesen. Dem Kläger wurde Arbeitslosengeld ab 01.03.2002 bewilligt. Nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld beantragte der Kläger am 19.02.2003 die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Dem Kläger wurde am 04.03.2003 ab 24.02.2003 Arbeitslosenhilfe bewilligt.
Mit Schreiben vom 07.03.2003 forderte die Beklagte den Kläger auf, die verlängerte Aufenthaltserlaubnis ab 31.03.2003 bis spätestens zum 05.04.2003 zu übersenden. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, die Mitwirkung des Klägers sei erforderlich, weil ohne die erbetenen Unterlagen bzw. Nachweise nicht festgestellt werden könne, ob und inwieweit der Leistungsanspruch unverändert fortbestehe. Sollte der Kläger bis zum 05.04.2003 nicht antworten bzw. die angeforderten Unterlagen nicht einreichen, werde die Geldleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung entzogen.
Mit Bescheid vom 10.03.2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 13.03.2003 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, Anspruch auf Leistungen habe nur, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Dieses setze unter anderem voraus, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben dürfe. Der Kläger benötige nach § 284 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur Ausübung einer Beschäftigung eine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung. Da der Kläger keine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung besitze, dürfe er nur dann eine Beschäftigung ausüben, wenn Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes dies zuließen, d.h. der deutsche Arbeitsmarkt für den Kläger offen sei. Der deutsche Arbeitsmarkt habe sich jedoch für den Kläger als verschlossen erwiesen. Trotz einjähriger Vermittlungsbemühungen habe sich für den Kläger keine Dauerbeschäftigung finden lassen, für die dem Kläger unter Berücksichtigung des Vorrangs Deutscher und ihnen gleichgestellter nichtdeutscher Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis habe erteilt werden können. Der Kläger habe keinem Arbeitgeber zur Einstellung vorgeschlagen werden können, weil die Vermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien. Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung seien an zu geringen Deutschkenntnissen gescheitert. Die Möglichkeiten der überbezirklichen Arbeitsvermittlung seien ebenfalls ausgeschöpft. Berufliche Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen kämen nicht in Betracht. Die vorhersehbare Entwicklung des Arbeitsmarktes lasse keine Besserung der Vermittlungsmöglichkeiten des Klägers erwarten.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Seine Bevollmächtigte trug zur Begründung vor, der Kläger sei von Beruf Netzwerk-Ingenieur und lebe und arbeite seit 20.07.1999 in Deutschland. Er besitze sowohl eine Aufenthaltserlaubnis als auch eine Aufenthaltsgenehmigung, die allerdings für eine bestimmte Tätigkeit ausgestellt und bis 30.03.2003 zeitlich befristet gewesen sei. Der Kläger sei unverschuldet arbeitslos geworden. Die Beklagte habe keine ausreichenden Vermittlungsbemühungen im Falle des Klägers unternommen. Der Kläger habe mitgeteilt, ihm sei lediglich eine Seminarteilnahme "Berufliche Neuorientierung: Fit für die Anforderung der Zukunft - Durchstarten zum neuen Job" angeboten worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2003 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger sei weder Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes noch Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft. Er besitze keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung und sei auch nicht aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung von der Genehmigungspflicht befreit (§ 284 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Folglich dürfe der Kläger eine Beschäftigung nur aufnehmen, wenn er die dafür erforderliche Arbeitsgenehmigung besitze. Diese werde entweder als Arbeitsberechtigung (§ 286 SGB III) oder als Arbeitserlaubnis (§ 285 SGB III) erteilt. Der Kläger sei nicht im Besitz einer Arbeitsberechtigung. Der Kläger gehöre auch nicht zu dem Personenkreis, dem nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Arbeitserlaubnis erteilt werden könne. Sie sei nicht zu erteilen, wenn für Beschäftigungen, für die der Widerspruchsführer in Frage käme, deutsche und bevorrechtigte ausländische Arbeitnehmer zur Verfügung stünden, der Arbeitsmarkt also für den Widerspruchsführer verschlossen sei. Die Feststellung, dass der deutsche Arbeitsmarkt für den Kläger im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) verschlossen sei, könne erst nach längeren erfolglosen Vermittlungsbemühungen getroffen werden. Die Prüfungsfrist betrage mindestens ein Jahr. Sie beginne mit dem Tag der Arbeitslosmeldung - im Falle des Klägers also am 01.03.2002 - und laufe kalendermässig ab. Die Prüfungsfrist habe vorliegend am 28.02.2003 geendet. Während der Prüfungsfrist sei eine Vermittlung nicht möglich gewesen, weil dem Arbeitsamt ausreichend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätten. Es sei auch nicht zu erwarten, dass sich diese Situation in absehbarer Zeit ändern werde. Der Kläger komme nach seinem beruflichen Werdegang (Kenntnisse, Fähigkeiten, Dauer der Arbeitslosigkeit) für Tätigkeiten als Informatiker in Betracht. Hierfür stünden dem Arbeitsamt allein in seinem Zuständigkeitsbereich aber ausreichend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung. Die Möglichkeiten der überbezirklichen Arbeitsvermittlung seien ausgeschöpft. Auch der Besuch beruflicher Qualifizierungsmaßnahmen sei nicht möglich, da der Kläger nicht über die dafür erforderlichen sprachlichen Kenntnissse verfüge. Nach mindestens einjährigen erfolglosen Vermittlungsbemühungen sei demnach festzustellen, dass dem Kläger der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt verschlossen sei. Der Kläger sei folglich nicht verfügbar im Sinne des § 119 Abs. 1 SGB III und damit nach § 190 Abs. 1 SGB III nicht mehr arbeitslos. Ihm stehe Arbeitslosenhilfe daher nicht zu.
Dagegen erhob der Kläger am 16.05.2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) und verfolgte sein Begehren weiter.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2003 teilte die Bevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger seit 01.10.2003 in Berlin lebe. Mit Schreiben vom 15.04.2004 legte die Bevollmächtigte ihr Mandat nieder.
Nach öffentlicher Zustellung der Terminsmitteilung hob das SG mit Urteil vom 10.03.2005 den Bescheid vom 10.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2003 auf. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 24.03.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.04.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der Arbeitsmarkt sei für den Kläger verschlossen. Im Zeitraum zwischen dem 23.01.2002 und dem 02.06.2003 seien dem Kläger acht Vermittlungsvorschläge als Datenverarbeitungsfachmann unterbreitet worden. Zu Einstellungen sei es nicht gekommen. Bei sechs Vermittlungsvorschlägen lägen keine konkreten Rückmeldungen der Arbeitgeber vor, warum die Einstellung nicht habe stattfinden können. Bei zwei Vermittlungsvorschlägen sei von den Arbeitgebern die Angabe gemacht worden, dass unzureichende Deutschkenntnisse das Einstellungshemmnis gewesen seien. Die gemeldeten Stellen für Datenverarbeitungsfachleute der Bundesrepublik Deutschland hätten zum Jahr 2002 deutlich abgenommen. Zur Blütezeit im Jahr 2000 seien noch 15770 Stellen gemeldet gewesen. 2001 sei diese Anzahl auf 8916 zurückgegangen, im Jahr 2002 hätten bundesweit sogar nur noch 4199 Stellen für Datenverarbeitungsfachleute zur Verfügung gestanden. Diesen 4199 Stellen im Bundesgebiet im Jahr 2002 hätten 49469 bevorrechtigte Datenverarbeitungsfachleute in der Arbeitslosigkeit gegenübergestanden. Dieses bundesweite Missverhältnis im Jahr 2002 von einer offenen Stelle auf ca. 11,8 bevorrechtigten Bewerbern im Bundesgebiet habe sich im Tagespendelbereich der Arbeitsagentur Stuttgart mindestens in analoger Art und Weise dargestellt. Dem Kläger sei auch eine berufliche Eingliederungsmaßnahme angeboten worden, die jedoch ohne Erfolg gewesen sei. Soweit der Kläger vor Erlass des Aufhebungsbescheides vom 10.03.2003 nicht angehört worden sei, sei sie im Berufungsverfahren bemüht gewesen, dem Kläger nochmals Gelegenheit zu geben, ausführlich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen. Ihr Schreiben habe jedoch nicht zugestellt werden können. Da jedoch die damalige Bevollmächtigte des Klägers sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu den entscheidungserheblichen Tatsachen geäußert habe, auf die sie ihre Entscheidung gestützt habe, sei damit die im Verwaltungsverfahren unterbliebene Anhörung nachgeholt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat einen Antrag nicht gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Stuttgart und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und in der Sache auch begründet.
Allerdings ist der Bescheid vom 10.03.2003 nicht bereits aus formalen Gründen rechtswidrig. Zwar ist eine Anhörung des Klägers vor Erlass des Bescheides unterblieben, dies führt hier aber nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Bescheides, da die Anhörung im Widerspruchsverfahren wirksam nachgeholt worden ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Im vorliegenden Fall genügt hierfür die Durchführung des Widerspruchsverfahrens, da die Beklagte im Bescheid vom 10.03.2003 die für die Entscheidung maßgebenden Tatsachen angegeben und den Widerspruch sachlich (inhaltlich) beschieden hat.
Entgegen der Auffassung des SG gelangt der Senat jedoch zu dem Ergebnis, dass die Beklagte berechtigt gewesen ist, die dem Kläger bewilligte Arbeitslosenhilfe aufzuheben. Rechtsgrundlage hierfür ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist dadurch eingetreten, dass der Kläger spätestens ab dem 01.03.2003 nicht mehr den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden hat und deshalb nicht mehr arbeitslos gewesen ist.
Die Voraussetzungen, unter denen der Kläger als US-amerikanischer Staatsbürger nach dem bis zum 31.12.2004 geltenden Recht eine Beschäftigung ausüben durfte und deshalb verfügbar war, hat das SG in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Im Gegensatz zum SG ist der Senat aber der Ansicht, dass nach erfolglosen Vermittlungsbemühungen in der Zeit vom 01.03.2002 bis 28.02.2003 auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt als Diplom-Informatiker, der Schluss gerechtfertigt ist, dass es keine offenen Stellen mehr gibt, in die er vermittelt werden kann. Dies hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend dargelegt. Offenbar hat dies letztlich auch der Kläger eingesehen, wie sich aus dem Umstand ergibt, dass er seit spätestens August 2004, möglicherweise aber auch schon früher, im Bundesgebiet postalisch nicht mehr erreichbar gewesen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zu Recht für die Zeit ab 13.03.2003 aufgehoben hat.
Der am 1970 geborene Kläger ist US-amerikanischer Staatsangehöriger. Am 15.01.2002 meldete er sich mit Wirkung vom 01.03.2002 beim Arbeitsamt Stuttgart arbeitslos und gab an, vom 01.01.1997 bis 28.02.1998 sowie vom 11.10.1999 bis 28.02.2002 sei er als Systemingenieur - zuletzt bei der I. N. S. GmbH in N.-I. - beschäftigt gewesen. Dem Kläger wurde Arbeitslosengeld ab 01.03.2002 bewilligt. Nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld beantragte der Kläger am 19.02.2003 die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Dem Kläger wurde am 04.03.2003 ab 24.02.2003 Arbeitslosenhilfe bewilligt.
Mit Schreiben vom 07.03.2003 forderte die Beklagte den Kläger auf, die verlängerte Aufenthaltserlaubnis ab 31.03.2003 bis spätestens zum 05.04.2003 zu übersenden. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, die Mitwirkung des Klägers sei erforderlich, weil ohne die erbetenen Unterlagen bzw. Nachweise nicht festgestellt werden könne, ob und inwieweit der Leistungsanspruch unverändert fortbestehe. Sollte der Kläger bis zum 05.04.2003 nicht antworten bzw. die angeforderten Unterlagen nicht einreichen, werde die Geldleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung entzogen.
Mit Bescheid vom 10.03.2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 13.03.2003 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, Anspruch auf Leistungen habe nur, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Dieses setze unter anderem voraus, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben dürfe. Der Kläger benötige nach § 284 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur Ausübung einer Beschäftigung eine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung. Da der Kläger keine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung besitze, dürfe er nur dann eine Beschäftigung ausüben, wenn Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes dies zuließen, d.h. der deutsche Arbeitsmarkt für den Kläger offen sei. Der deutsche Arbeitsmarkt habe sich jedoch für den Kläger als verschlossen erwiesen. Trotz einjähriger Vermittlungsbemühungen habe sich für den Kläger keine Dauerbeschäftigung finden lassen, für die dem Kläger unter Berücksichtigung des Vorrangs Deutscher und ihnen gleichgestellter nichtdeutscher Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis habe erteilt werden können. Der Kläger habe keinem Arbeitgeber zur Einstellung vorgeschlagen werden können, weil die Vermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien. Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung seien an zu geringen Deutschkenntnissen gescheitert. Die Möglichkeiten der überbezirklichen Arbeitsvermittlung seien ebenfalls ausgeschöpft. Berufliche Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen kämen nicht in Betracht. Die vorhersehbare Entwicklung des Arbeitsmarktes lasse keine Besserung der Vermittlungsmöglichkeiten des Klägers erwarten.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Seine Bevollmächtigte trug zur Begründung vor, der Kläger sei von Beruf Netzwerk-Ingenieur und lebe und arbeite seit 20.07.1999 in Deutschland. Er besitze sowohl eine Aufenthaltserlaubnis als auch eine Aufenthaltsgenehmigung, die allerdings für eine bestimmte Tätigkeit ausgestellt und bis 30.03.2003 zeitlich befristet gewesen sei. Der Kläger sei unverschuldet arbeitslos geworden. Die Beklagte habe keine ausreichenden Vermittlungsbemühungen im Falle des Klägers unternommen. Der Kläger habe mitgeteilt, ihm sei lediglich eine Seminarteilnahme "Berufliche Neuorientierung: Fit für die Anforderung der Zukunft - Durchstarten zum neuen Job" angeboten worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2003 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger sei weder Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes noch Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft. Er besitze keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung und sei auch nicht aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung von der Genehmigungspflicht befreit (§ 284 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Folglich dürfe der Kläger eine Beschäftigung nur aufnehmen, wenn er die dafür erforderliche Arbeitsgenehmigung besitze. Diese werde entweder als Arbeitsberechtigung (§ 286 SGB III) oder als Arbeitserlaubnis (§ 285 SGB III) erteilt. Der Kläger sei nicht im Besitz einer Arbeitsberechtigung. Der Kläger gehöre auch nicht zu dem Personenkreis, dem nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Arbeitserlaubnis erteilt werden könne. Sie sei nicht zu erteilen, wenn für Beschäftigungen, für die der Widerspruchsführer in Frage käme, deutsche und bevorrechtigte ausländische Arbeitnehmer zur Verfügung stünden, der Arbeitsmarkt also für den Widerspruchsführer verschlossen sei. Die Feststellung, dass der deutsche Arbeitsmarkt für den Kläger im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) verschlossen sei, könne erst nach längeren erfolglosen Vermittlungsbemühungen getroffen werden. Die Prüfungsfrist betrage mindestens ein Jahr. Sie beginne mit dem Tag der Arbeitslosmeldung - im Falle des Klägers also am 01.03.2002 - und laufe kalendermässig ab. Die Prüfungsfrist habe vorliegend am 28.02.2003 geendet. Während der Prüfungsfrist sei eine Vermittlung nicht möglich gewesen, weil dem Arbeitsamt ausreichend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätten. Es sei auch nicht zu erwarten, dass sich diese Situation in absehbarer Zeit ändern werde. Der Kläger komme nach seinem beruflichen Werdegang (Kenntnisse, Fähigkeiten, Dauer der Arbeitslosigkeit) für Tätigkeiten als Informatiker in Betracht. Hierfür stünden dem Arbeitsamt allein in seinem Zuständigkeitsbereich aber ausreichend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung. Die Möglichkeiten der überbezirklichen Arbeitsvermittlung seien ausgeschöpft. Auch der Besuch beruflicher Qualifizierungsmaßnahmen sei nicht möglich, da der Kläger nicht über die dafür erforderlichen sprachlichen Kenntnissse verfüge. Nach mindestens einjährigen erfolglosen Vermittlungsbemühungen sei demnach festzustellen, dass dem Kläger der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt verschlossen sei. Der Kläger sei folglich nicht verfügbar im Sinne des § 119 Abs. 1 SGB III und damit nach § 190 Abs. 1 SGB III nicht mehr arbeitslos. Ihm stehe Arbeitslosenhilfe daher nicht zu.
Dagegen erhob der Kläger am 16.05.2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) und verfolgte sein Begehren weiter.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2003 teilte die Bevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger seit 01.10.2003 in Berlin lebe. Mit Schreiben vom 15.04.2004 legte die Bevollmächtigte ihr Mandat nieder.
Nach öffentlicher Zustellung der Terminsmitteilung hob das SG mit Urteil vom 10.03.2005 den Bescheid vom 10.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2003 auf. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 24.03.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.04.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der Arbeitsmarkt sei für den Kläger verschlossen. Im Zeitraum zwischen dem 23.01.2002 und dem 02.06.2003 seien dem Kläger acht Vermittlungsvorschläge als Datenverarbeitungsfachmann unterbreitet worden. Zu Einstellungen sei es nicht gekommen. Bei sechs Vermittlungsvorschlägen lägen keine konkreten Rückmeldungen der Arbeitgeber vor, warum die Einstellung nicht habe stattfinden können. Bei zwei Vermittlungsvorschlägen sei von den Arbeitgebern die Angabe gemacht worden, dass unzureichende Deutschkenntnisse das Einstellungshemmnis gewesen seien. Die gemeldeten Stellen für Datenverarbeitungsfachleute der Bundesrepublik Deutschland hätten zum Jahr 2002 deutlich abgenommen. Zur Blütezeit im Jahr 2000 seien noch 15770 Stellen gemeldet gewesen. 2001 sei diese Anzahl auf 8916 zurückgegangen, im Jahr 2002 hätten bundesweit sogar nur noch 4199 Stellen für Datenverarbeitungsfachleute zur Verfügung gestanden. Diesen 4199 Stellen im Bundesgebiet im Jahr 2002 hätten 49469 bevorrechtigte Datenverarbeitungsfachleute in der Arbeitslosigkeit gegenübergestanden. Dieses bundesweite Missverhältnis im Jahr 2002 von einer offenen Stelle auf ca. 11,8 bevorrechtigten Bewerbern im Bundesgebiet habe sich im Tagespendelbereich der Arbeitsagentur Stuttgart mindestens in analoger Art und Weise dargestellt. Dem Kläger sei auch eine berufliche Eingliederungsmaßnahme angeboten worden, die jedoch ohne Erfolg gewesen sei. Soweit der Kläger vor Erlass des Aufhebungsbescheides vom 10.03.2003 nicht angehört worden sei, sei sie im Berufungsverfahren bemüht gewesen, dem Kläger nochmals Gelegenheit zu geben, ausführlich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen. Ihr Schreiben habe jedoch nicht zugestellt werden können. Da jedoch die damalige Bevollmächtigte des Klägers sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu den entscheidungserheblichen Tatsachen geäußert habe, auf die sie ihre Entscheidung gestützt habe, sei damit die im Verwaltungsverfahren unterbliebene Anhörung nachgeholt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat einen Antrag nicht gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Stuttgart und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und in der Sache auch begründet.
Allerdings ist der Bescheid vom 10.03.2003 nicht bereits aus formalen Gründen rechtswidrig. Zwar ist eine Anhörung des Klägers vor Erlass des Bescheides unterblieben, dies führt hier aber nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Bescheides, da die Anhörung im Widerspruchsverfahren wirksam nachgeholt worden ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Im vorliegenden Fall genügt hierfür die Durchführung des Widerspruchsverfahrens, da die Beklagte im Bescheid vom 10.03.2003 die für die Entscheidung maßgebenden Tatsachen angegeben und den Widerspruch sachlich (inhaltlich) beschieden hat.
Entgegen der Auffassung des SG gelangt der Senat jedoch zu dem Ergebnis, dass die Beklagte berechtigt gewesen ist, die dem Kläger bewilligte Arbeitslosenhilfe aufzuheben. Rechtsgrundlage hierfür ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist dadurch eingetreten, dass der Kläger spätestens ab dem 01.03.2003 nicht mehr den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden hat und deshalb nicht mehr arbeitslos gewesen ist.
Die Voraussetzungen, unter denen der Kläger als US-amerikanischer Staatsbürger nach dem bis zum 31.12.2004 geltenden Recht eine Beschäftigung ausüben durfte und deshalb verfügbar war, hat das SG in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Im Gegensatz zum SG ist der Senat aber der Ansicht, dass nach erfolglosen Vermittlungsbemühungen in der Zeit vom 01.03.2002 bis 28.02.2003 auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt als Diplom-Informatiker, der Schluss gerechtfertigt ist, dass es keine offenen Stellen mehr gibt, in die er vermittelt werden kann. Dies hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend dargelegt. Offenbar hat dies letztlich auch der Kläger eingesehen, wie sich aus dem Umstand ergibt, dass er seit spätestens August 2004, möglicherweise aber auch schon früher, im Bundesgebiet postalisch nicht mehr erreichbar gewesen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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