Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 701/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2556/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. April 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) streitig.
Der am 1951 geborene Kläger stellte am 10.05.2002 einen Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB). Nach Auswertung der vom Kläger mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen stellte das Versorgungsamt Freiburg mit Bescheid vom 16.07.2002 einen GdB von 30 fest. Zur Begründung führte es aus, beim liege Kläger ein mit Diät und oralen Antidiabetika und Insulin einstellbarer Diabetes mellitus vor. Auf den Widerspruch des Klägers zog das Versorgungsamt weitere Unterlagen bei und kam zu dem Ergebnis, dass zusätzlich zu den bisher berücksichtigten Befunden auch ein Leberschaden (Fettleber) anzunehmen sei, der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei und zu einer Anhebung des Gesamt-GdB von 30 auf 40 führe. Der Diabetes sei dagegen weiterhin mit einem GdB von 30 korrekt eingeschätzt. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 09.01.2003 stellte es den GdB ab 10.05.2002 auf 40 fest. Das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg wies den Widerspruch des Klägers im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2003 als unbegründet zurück.
Am 18.03.2002 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat geltend gemacht, der Widerspruchsbescheid sei in den Briefkasten seiner im selben Haus wohnenden Tochter eingeworfen worden. Diese habe ihm den Bescheid erst am 18.02.2003 übergeben. Zur Sache hat er ausgeführt, als zusätzliche Gesundheitsstörungen seien eine Polyneuropathie der unteren Extremitäten, eine Netzhauterkrankung, eine Hochtonschwerhörigkeit und ein "schnappender Finger" vom Beklagten nicht berücksichtigt worden. Auf Anfrage des SG hat der behandelnde Arzt des Klägers Dr. T., Internist, mit Schreiben vom 24.12.2003 als Diagnosen "Diabetes mellitus Typ II, diabetische Polyneuropathie, diabetische Retinopathie, arterielle Hypertonie WHO-Grad I, Fettstoffwechselstörung, Prostatahyperplasie" mitgeteilt und ausgeführt, die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes decke sich mit seiner Einschätzung. Der Kläger hat sich demgegenüber auf das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf berufen und einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin Dr. S. vom 29.03.2004 vorgelegt. Mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2005, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 14.04.2005, hat das SG die Klage abgewiesen; hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides verwiesen.
Mit einem am 13.05.2005 beim SG eingegangenen Schreiben hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, dass der Ansicht des Sozialgerichts Düsseldorf zu folgen ist und für die Beurteilung die Maßstäbe der Deutschen Diabetes-Gesellschaft heranzuziehen sind. Der Diabetes sei zwar durch Spritzen einstellbar, führe jedoch zu schwerwiegenden Behinderungen, die einen GdB von 50 rechtfertigten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. April 2005 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 seit 10. Mai 2002 anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 05.04.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der GdB des Klägers beträgt wie vom SG und vom Beklagten entschieden 40.
Der Beklagte wird seit 01.01.2005 wirksam durch das Regierungspräsidium Stuttgart (Abteilung 10) vertreten. Nach § 71 Abs. 5 SGG wird in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Land durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. In Baden-Württemberg sind die Aufgaben des Landesversorgungsamts durch Art 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur-Reformgesetz -VRG) vom 01.07.2004 (GBl S. 469) mit Wirkung ab 01.01.2005 (Art 187 VRG) auf das Regierungspräsidium Stuttgart übergegangen.
Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den daraus resultierenden GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004 (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Nach den AHP 1996/2004 stellen die für den Diabetes mellitus vorgegebenen Beurteilungsrichtlinien seine Einstellbarkeit unter Berücksichtigung der Therapie in den Vordergrund. Der Vorschlag des Ausschusses Soziales der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) von 1998 weicht davon etwas ab, da er den Aufwand für eine gute Stoffwechseleinstellung mehr berücksichtigt haben möchte (vgl. B. Eisfelder, der Medizinische Sachverständige 2004, Seite 23). Nach den AHP 1996 wird ein durch Diät und alleinige Insulinbehandlung gut einstellbarer Diabetes mellitus mit einem GdB von 40 eingestuft, ein GdB von 50 ist erst dann zugrunde zu legen, wenn der Diabetes mellitus durch Diät und alleinige Insulinbehandlung nur schwer einstellbar ist. Die AHP 2004 haben bezogen auf den vorliegenden Fall (Diabetes mellitus Typ II) eine Änderung insofern gebracht, als ein durch Diät und orale Antidiabetika und ergänzende oder alleinige Insulinbehandlung behandelter Diabetes mellitus mit einem GdB von 30 bewertet wird, wenn der Diabetes mellitus ausreichend einstellbar ist. Häufige, ausgeprägte Hypoglykämien sowie Organkomplikationen sind ihren Auswirkungen entsprechend zusätzlich zu bewerten. Nach den AHP 2004 (Kap. 26.15 S. 99) wird daher ein Diabetes mellitus vom Typ II, der allein mit Insulin behandelt wird und der unter dieser Therapie ausreichend eingestellt ist, mit einem GdB von 30 bewertet, wenn häufige, ausgeprägte Hypoglykämien oder Organkomplikationen nicht zusätzlich vorliegen (Urteil des erkennenden Senats vom 30.09.2005 - L 8 SB 4477/04 -). Die von den AHP 2004 (jetzt ausdrücklich) vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Typ I und dem Typ II ist sachgerecht, weil damit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass Probleme bei der Einstellung einer Stoffwechselkonstanz bei einem Diabetes vom Typ I häufiger auftreten (LSG Rheinland-Pfalz Urt. v. 26.10.2004 - L 6 SB 20/04 -).
Zur Überzeugung des Senats steht augrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen und der vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. Trötschler fest, dass der insulinpflichtige Diabetes mellitus beim Kläger mit einem GdB von 30 zu bewerten ist, weil er durch Medikamente und Insulinbehandlung ausreichend einstellbar ist. Nach dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief des Dr. S. vom 08.04.2005 (Bl. 22 der LSG-Akte) lagen die Blutzuckerwerte "im überwiegend ordentlichen Bereich". Ausgeprägte Hypoglykämien wurden nicht beschrieben.
Die mit einer diabetischen Stoffwechsellage verbundene Fettstoffwechselstörung und die übrigen Organkomplikationen (Retinopathie und Polyneuropathie) sind mit einem GdB von insgesamt 20 für die festgestellte Fettleber ausreichend bewertet. Denn eine Fettleber ohne Mesenchymreaktion bedingt nach den AHP (Kap. 26.10 Seite 84) nur einen GdB von 0-10 und nach dem von Dr. D. im Schreiben vom 30.09.2005 (Bl. 29 der LSG-Akte) mitgeteilten Sonografiebefund war die Leber normal groß und die Leberwerte nur gering verändert. Die diabetische Retinopathie hat jedenfalls bislang zu keinen nachweisbaren Störungen der Sehfähigkeit geführt. Im Juni 2003 bestand nach Auskunft des Augenarztes Dr. F. (Bl. 28 der SG-Akte) noch keine Indikation für eine Laserkoagulationsbehandlung. Eine wesentliche Verschlimmerung dieses Befundes ist nicht dokumentiert. Die Polyneuropathie der unteren Extremitäten hat noch zu keinen motorischen Ausfällen geführt. Taubheitsgefühle und Missempfindungen wie sie im Bericht der Dres. G. vom 12.03.2003 (Bl. 26 der SG-Akte) beschrieben werden, rechtfertigen ohnehin allenfalls einen GdB von 10. Ein solcher Einzel-GdB ist aber für die Anhebung des Gesamt-GdB nicht von Bedeutung. Damit lässt sich eine Anhebung des für den Diabetes anzusetzenden GdB von 30 auf mehr als 40 nicht begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) streitig.
Der am 1951 geborene Kläger stellte am 10.05.2002 einen Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB). Nach Auswertung der vom Kläger mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen stellte das Versorgungsamt Freiburg mit Bescheid vom 16.07.2002 einen GdB von 30 fest. Zur Begründung führte es aus, beim liege Kläger ein mit Diät und oralen Antidiabetika und Insulin einstellbarer Diabetes mellitus vor. Auf den Widerspruch des Klägers zog das Versorgungsamt weitere Unterlagen bei und kam zu dem Ergebnis, dass zusätzlich zu den bisher berücksichtigten Befunden auch ein Leberschaden (Fettleber) anzunehmen sei, der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei und zu einer Anhebung des Gesamt-GdB von 30 auf 40 führe. Der Diabetes sei dagegen weiterhin mit einem GdB von 30 korrekt eingeschätzt. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 09.01.2003 stellte es den GdB ab 10.05.2002 auf 40 fest. Das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg wies den Widerspruch des Klägers im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2003 als unbegründet zurück.
Am 18.03.2002 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat geltend gemacht, der Widerspruchsbescheid sei in den Briefkasten seiner im selben Haus wohnenden Tochter eingeworfen worden. Diese habe ihm den Bescheid erst am 18.02.2003 übergeben. Zur Sache hat er ausgeführt, als zusätzliche Gesundheitsstörungen seien eine Polyneuropathie der unteren Extremitäten, eine Netzhauterkrankung, eine Hochtonschwerhörigkeit und ein "schnappender Finger" vom Beklagten nicht berücksichtigt worden. Auf Anfrage des SG hat der behandelnde Arzt des Klägers Dr. T., Internist, mit Schreiben vom 24.12.2003 als Diagnosen "Diabetes mellitus Typ II, diabetische Polyneuropathie, diabetische Retinopathie, arterielle Hypertonie WHO-Grad I, Fettstoffwechselstörung, Prostatahyperplasie" mitgeteilt und ausgeführt, die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes decke sich mit seiner Einschätzung. Der Kläger hat sich demgegenüber auf das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf berufen und einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin Dr. S. vom 29.03.2004 vorgelegt. Mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2005, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 14.04.2005, hat das SG die Klage abgewiesen; hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides verwiesen.
Mit einem am 13.05.2005 beim SG eingegangenen Schreiben hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, dass der Ansicht des Sozialgerichts Düsseldorf zu folgen ist und für die Beurteilung die Maßstäbe der Deutschen Diabetes-Gesellschaft heranzuziehen sind. Der Diabetes sei zwar durch Spritzen einstellbar, führe jedoch zu schwerwiegenden Behinderungen, die einen GdB von 50 rechtfertigten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. April 2005 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 seit 10. Mai 2002 anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 05.04.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der GdB des Klägers beträgt wie vom SG und vom Beklagten entschieden 40.
Der Beklagte wird seit 01.01.2005 wirksam durch das Regierungspräsidium Stuttgart (Abteilung 10) vertreten. Nach § 71 Abs. 5 SGG wird in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Land durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. In Baden-Württemberg sind die Aufgaben des Landesversorgungsamts durch Art 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur-Reformgesetz -VRG) vom 01.07.2004 (GBl S. 469) mit Wirkung ab 01.01.2005 (Art 187 VRG) auf das Regierungspräsidium Stuttgart übergegangen.
Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den daraus resultierenden GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004 (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Nach den AHP 1996/2004 stellen die für den Diabetes mellitus vorgegebenen Beurteilungsrichtlinien seine Einstellbarkeit unter Berücksichtigung der Therapie in den Vordergrund. Der Vorschlag des Ausschusses Soziales der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) von 1998 weicht davon etwas ab, da er den Aufwand für eine gute Stoffwechseleinstellung mehr berücksichtigt haben möchte (vgl. B. Eisfelder, der Medizinische Sachverständige 2004, Seite 23). Nach den AHP 1996 wird ein durch Diät und alleinige Insulinbehandlung gut einstellbarer Diabetes mellitus mit einem GdB von 40 eingestuft, ein GdB von 50 ist erst dann zugrunde zu legen, wenn der Diabetes mellitus durch Diät und alleinige Insulinbehandlung nur schwer einstellbar ist. Die AHP 2004 haben bezogen auf den vorliegenden Fall (Diabetes mellitus Typ II) eine Änderung insofern gebracht, als ein durch Diät und orale Antidiabetika und ergänzende oder alleinige Insulinbehandlung behandelter Diabetes mellitus mit einem GdB von 30 bewertet wird, wenn der Diabetes mellitus ausreichend einstellbar ist. Häufige, ausgeprägte Hypoglykämien sowie Organkomplikationen sind ihren Auswirkungen entsprechend zusätzlich zu bewerten. Nach den AHP 2004 (Kap. 26.15 S. 99) wird daher ein Diabetes mellitus vom Typ II, der allein mit Insulin behandelt wird und der unter dieser Therapie ausreichend eingestellt ist, mit einem GdB von 30 bewertet, wenn häufige, ausgeprägte Hypoglykämien oder Organkomplikationen nicht zusätzlich vorliegen (Urteil des erkennenden Senats vom 30.09.2005 - L 8 SB 4477/04 -). Die von den AHP 2004 (jetzt ausdrücklich) vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Typ I und dem Typ II ist sachgerecht, weil damit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass Probleme bei der Einstellung einer Stoffwechselkonstanz bei einem Diabetes vom Typ I häufiger auftreten (LSG Rheinland-Pfalz Urt. v. 26.10.2004 - L 6 SB 20/04 -).
Zur Überzeugung des Senats steht augrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen und der vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. Trötschler fest, dass der insulinpflichtige Diabetes mellitus beim Kläger mit einem GdB von 30 zu bewerten ist, weil er durch Medikamente und Insulinbehandlung ausreichend einstellbar ist. Nach dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief des Dr. S. vom 08.04.2005 (Bl. 22 der LSG-Akte) lagen die Blutzuckerwerte "im überwiegend ordentlichen Bereich". Ausgeprägte Hypoglykämien wurden nicht beschrieben.
Die mit einer diabetischen Stoffwechsellage verbundene Fettstoffwechselstörung und die übrigen Organkomplikationen (Retinopathie und Polyneuropathie) sind mit einem GdB von insgesamt 20 für die festgestellte Fettleber ausreichend bewertet. Denn eine Fettleber ohne Mesenchymreaktion bedingt nach den AHP (Kap. 26.10 Seite 84) nur einen GdB von 0-10 und nach dem von Dr. D. im Schreiben vom 30.09.2005 (Bl. 29 der LSG-Akte) mitgeteilten Sonografiebefund war die Leber normal groß und die Leberwerte nur gering verändert. Die diabetische Retinopathie hat jedenfalls bislang zu keinen nachweisbaren Störungen der Sehfähigkeit geführt. Im Juni 2003 bestand nach Auskunft des Augenarztes Dr. F. (Bl. 28 der SG-Akte) noch keine Indikation für eine Laserkoagulationsbehandlung. Eine wesentliche Verschlimmerung dieses Befundes ist nicht dokumentiert. Die Polyneuropathie der unteren Extremitäten hat noch zu keinen motorischen Ausfällen geführt. Taubheitsgefühle und Missempfindungen wie sie im Bericht der Dres. G. vom 12.03.2003 (Bl. 26 der SG-Akte) beschrieben werden, rechtfertigen ohnehin allenfalls einen GdB von 10. Ein solcher Einzel-GdB ist aber für die Anhebung des Gesamt-GdB nicht von Bedeutung. Damit lässt sich eine Anhebung des für den Diabetes anzusetzenden GdB von 30 auf mehr als 40 nicht begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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