Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 552/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 1342/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 19. Oktober 2005 geändert: Die Vollziehung aus dem Teilrücknahmebescheid vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2005 wird bezüglich des Rücknahmezeitraumes vom 01. August bis 15. August 2005 ausgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat den Antragsstellern außergerichtliche Kosten des erst- und des zweitinstanzlichen Verfahrens wegen einstweiligen Rechtsschutzes zu einem Zehntel dem Grunde nach zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitbefangen im Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes ist ein Aussetzungsbegehren der Antragsteller (Ast.) in Bezug auf den Änderungsbescheid des Antragsgegners (Agg.) vom 22. September 2005 betreffend den Zeitraum vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005, welcher sich als Teil-Rücknahmebescheid gegenüber dem Gewährungsbescheid vom 21. Juni 2005 darstellt.
Im Einzelnen:
Der am 04. Juli 1967 geborene Ast. F Mgab in seinem Erstantrag vom 12. November 2004 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) an, er lebe mit seiner nicht dauernd getrennt lebenden Ehegattin Frau A M, (geboren am 04. Mai 1972), dem Sohn E (geboren 31. Oktober 1999), der Tochter S (geboren 18. März 2002), für welche beide Kindergeld bezogen werde, in einer 75 m2-Vierraummietwohnung. Für ihn sei Erwerbsminderungsrente beantragt für Zeiten ab 19. November 2003, aber nicht bewilligt.
Mit Bescheid vom 12. November 2004 erkannte der Agg. für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 den Ast. zu 1 Leistungen zu als "Alg II-R. L." in Höhe von 463,86 Euro zuzüglich "SozG-R.L." in Höhe von 39,44 Euro zuzüglich Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUuH) in Höhe von 446,99 Euro monatlich.
Am 31. Mai 2005 stellte der Ast. zu 1 Fortzahlungsantrag für Zeiten ab 01. Juli 2005. Mit Bescheid vom 21. Juni 2005 erkannte der Agg. für die Zeit vom 01. Juli bis 31. Juli 2005 1.052,65 Euro zu, für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 erkannte er monatlich 1.132,99 Euro "als Höhe der monatlich zustehenden Leistungen" zu.
Mit Bescheid vom 15. August 2005 bewilligte die Agentur für Arbeit Cottbus der Ehefrau des Ast. zu 1 aufgrund ihres Antrages vom 10. Mai 2005 für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 01. Juli 2005 als Schneiderin einen Existenzgründungszuschuss (EGZ) für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis - zunächst - 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 600 Euro als Zuschuss. Der EGZ werde monatlich nachträglich ab 16. August 2005 überwiesen.
Daraufhin erließ der Agg. einen "Änderungsbescheid" vom 22. September 2005, in welchem er für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 nunmehr nur noch Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft (BG) in Höhe von 562,99 Euro "bewilligen" wollte. Folgende Änderungen seien eingetreten: "Berücksichtigung des Einkommens (Existenzgründungszuschuss) Ihrer Frau". Ausweislich der diesem Bescheid beigefügten Berechnungsbögen für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 hatte der Agg. der Ehefrau des Ast. zu 1 als sonstiges Einkommen monatlich 600 Euro aus dem EGZ angerechnet und dieses um monatlich jeweils 30 Euro bereinigt (= 570 Euro). Mit Datum ebenfalls vom 22. September 2005 hörte der Agg. gegenüber der Frau des Ast. zu einer eingetretenen Überzahlung für die Zeit vom 01. August 2005 bis 30. September 2005 in Höhe von insgesamt 1.140 Euro i. S. von § 24 SGB X an. In ihrem Widerspruch vom 22. September 2005 beriefen sich die Eheleute auf die Nichtanrechenbarkeit des EGZ, wie dies aus der Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (L 8 AS 97/05 ER) hervorgehe. Am 26. September 2005 hat der Ast. vor dem Sozialgericht Cottbus den "Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz" gestellt. Ausweislich der Niederschrift hat er beantragt,
den Bescheid der Agg. vom 22. September 2005 aufzuheben und die Agg. zu verpflichten, ihm Alg II in voller Höhe zu gewähren bzw. den Existenzgründerzuschuss seiner Frau nicht auf seine Leistungen anzurechnen.
Er hat sich wiederholt auf die vorzitierte Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen bezogen. Der Agg. hat vorgetragen, der EGZ (§ 421 l SGB III) sei keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II, welche bei der Anrechnung als Einkommen unberücksichtigt bleiben könne. Eine gleichzeitige Gewährung von Alg II und Existenzgründungszuschuss sei somit nicht zulässig. Zwischen beiden Leistungen liege Zweckidentität vor.
Insbesondere sei der Existenzgründungszuschuss nicht nach § 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II/VO) anrechnungsfrei. Im Übrigen liege auch eine anderslautende Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts - L 7 AS 227/05 ER - vom 29. Juni 2005 vor.
Das Sozialgericht hat angenommen, der Ast. zu 1 beantrage schriftsätzlich sinngemäß, den Agg. zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Berücksichtigung des gezahlten Existenzgründungszuschusses zu verpflichten. Diesen so verstandenen Antrag hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 "zurückgewiesen". Wegen der Gründe des Beschlusses wird auf die Aktenunterlagen Bezug genommen. Gegen den am 22. Oktober 2005 zugestellten Beschluss hat der Ast., nunmehr vertreten durch seine Bevollmächtigten, am 04. November 2005 Beschwerde eingelegt und die Einreichung einer Vollmachtsurkunde angekündigt. Desgleichen wurde eine Beschwerdebegründung in Aussicht gestellt.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 28. November 2005 nicht abgeholfen.
Den Widerspruch vom 22. September 2005 gegen den Bescheid vom 22. September 2005 wollte der Agg. mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2005 zurückweisen (Bl. 44 der VA). Unter dem 13. Dezember 2005 hat der Agg. (erneut) in einem Bescheid "über die Bewilligung von Leistungen" für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 zum Ausdruck gebracht, er "bewillige" für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis 31. Juli 2005 1.062,65 Euro und für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 562,99 Euro.
Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 01. Januar 2006 hat der Ast. am 01. Dezember 2005 gestellt. Es hätte sich keine Änderung der Verhältnisse (bis auf die Höhe der Gesamtnebenkosten zur Miete) ergeben.
Mit Eingangsbestätigung des Senats vom 06. Dezember 2005 wurde erstmalig eine Vollmachtsurkunde angefordert.
Mit richterlichem Hinweisschreiben vom 17. Januar 2006 sind die Ast. darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde bisher unbegründet und eine Originalurkunde bezüglich der Bevollmächtigung vorzulegen sei. Ferner erging Hinweis, streitbefangen dürfte im Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes in Wahrheit zunächst ein Aussetzungsbegehren sein: Der Änderungsbescheid vom 22. September 2005 für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 dürfte sich als Teil-Rücknahmebescheid gegenüber dem Gewährungsbescheid vom 21. Juni 2005 beurteilen. Aus der Verwaltungsakte ergebe sich diesbezüglich ein zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 25. November 2005. Es wurde angefragt bei den Ast., ob insoweit Klage erhoben sei. Beigefügt war dem Schreiben des Senats ein - anonymisierter - Beschluss des erkennenden Senats vom 16. Dezember 2005 - L 25 B 1265/05 AS PKH und andere. Es werde gebeten zu prüfen, ob in dessen Lichte an dem Rechtsmittel festgehalten werden solle, ggf. aus welchen Gründen.
Vollmacht wurde am 6.Juni 2006 zur Akte gereicht. Ein Widerspruchsbescheid vom 25. November 2005 sei den Ast. nicht bekanntgegeben. Wegen der unterschiedlichen obergerichtlichen Rechtsprechungsergebnisse werde seitens der Ast. angeregt, das hiesige Verfahren bis zur Entscheidung des BSG auszusetzen.
Der Agg. hat entgegnet, er habe mit einfacher Post den Widerspruchsbescheid an den Ast. zu 1 abgesandt, ohne dass Postrückläufe zu verzeichnen gewesen seien. Einem Ruhensbegehren werde nicht zugestimmt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Agg. sowie die Verfahrensakte Bezug genommen. Die genannten Unterlagen haben dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist wie im Tenor ausgeführt, begründet, im Übrigen unbegründet.
Ein Aussetzungs- bzw.Ruhensantrag ist schon wegen des auf einstweiligen Rechtschutzes gerichteten Zweckes des Verfahrens nicht statthaft. Abgesehen hiervon hat der Agg. diesbezüglich nicht zugestimmt.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Ast. bzw. der von ihnen erhobenen Anfechtungsklage vom 26. September 2005 war in dem bezeichneten Umfange anzuordnen. Für den Aufhebungszeitraum seit 16. Oktober 2005 ergab die angegriffene Verwaltungsentscheidung des Agg. - bei hier anzustellender summarischer Prüfung - keinen Anhalt ihrer Rechtswidrigkeit. Dabei geht der Senat davon aus, dass der streitgegenständliche Teil-Rücknahmebescheid ("Änderungsbescheid" vom 22.September 2005 bzw. 13.Dezember 2005) betreffend den Zeitraum vom 1. August bis 31.Dezember 2005 nicht in Bestandskraft erwachsen ist. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte lässt sich eine Bekanntgabe an die Ast. nicht feststellen (§ 85 Abs.3 S.1 SGG i.V.m. §37 SGB X).
Im Einzelnen:
Wegen der faktischen Verbundenheit der in der Bedarfsgemeinschaft (BG) als gesetzlicher Haftungsverband zu beurteilenden Leistungsansprüche seiner einzelnen Mitglieder, welche in § 38 SGB II vorausgesetzt ist, geht der Senat vorderhand davon aus, der Ast. zu 1 habe jeweils für sämtliche Mitglieder der BG nicht nur Antrag gegenüber dem Agg. gestellt sowie zusammen mit seiner Ehefrau, der Ast. zu 2, Widerspruch erhoben, sondern auch Antrag auf "einstweiligen Rechtsschutz" am 26. September 2005 beim SG Cottbus gestellt. Nach der Formulierung seines Antrags in der Niederschrift vor diesem Gericht, ("den Bescheid vom 22. September 2005 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, mir Alg II in voller Höhe zu gewähren bzw. den EGZ meiner Frau nicht auf meine Leistungen anzurechnen", welcher nicht explizit auf eine nur vorläufige Regelung zielt, hat der Ast. zu 1 auch für die Mitglieder seiner BG wie sich selbst Hauptsacheklage erhoben. Diese ist indes als (isolierte) Anfechtungsklage zu beurteilen (dazu unten).
Das Gericht der Hauptsache kann daher - in einer Eingriffssache wie vorliegend - auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung entfalten, diese anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Die aufschiebende Wirkung entfällt u. a. in besonderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende - wie hier - entscheidet, grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung.
Hinsichtlich der inhaltlichen Maßstäbe ist zugrunde zu legen, dass eine Aussetzung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung bestehen (arg. § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG; Conradis in LPK - SGB II, § 39 Rz. 11). Insbesondere auch dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis bezüglich der Normierung des Suspensiveffektes des Rechtsbehelfs (Widerspruch, Anfechtungsklage) entspricht es, dass die in §§ 86 a, 86 b Abs. 1 SGG vorausgesetzte, aber nicht näher ausgestaltete Interessenabwägung typisierend zu Lasten des Einzelnen ausfällt (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005 § 39 Rz. 2 unter Hinweis auf Krodel NZS 2001 S. 452 ff.). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungs-(Rücknahme) und ggf. Erstattungsentscheidung bestehen daher nur, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs der Hauptsache wahrscheinlicher als dessen Misserfolg ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 a Rz. 27 m.w.N.).
Dies ist unter Berücksichtigung der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu stellenden Anforderungen an die Sachaufklärung bei nur summarischer Prüfung bezüglich des Zeitraumes 01. August bis 15. August 2005 zu bejahen. Darüber hinaus bestehen konkrete Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung im Ergebnis nicht.
Vorderhand ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der Agg. auf einen Antrag im Rahmen der Vertretung der Bedarfsgemeinschaft (§ 38 SGB II) wie hier nicht lediglich einen einheitlichen Verfügungssatz (Regelungssatz, Tenor) eines Verwaltungsaktes verlautbart, sondern regelmäßig deren mehrere, abhängig von der Anzahl der Mitglieder der BG und dadurch bedingten Einzelregelungen.
Regelmäßig missverständlich ist daher der in den Maschinenbescheiden des Agg. ausgeworfene Gesamtbetrag "Höhe der monatlich zustehenden Leistungen", welche jeweils für die gesamte Bedarfsgemeinschaft rechtlich untechnisch zusammengefasst sind. In Wahrheit erkennt der Agg. konkret-individuell Einzelansprüche zu bzw. spricht diesbezüglich (Teil-) Rücknahmeentscheidungen aus, welche jeweils nach den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zu differenzieren sind.
Hat wie vorliegend mit Bescheid vom 21. Juni 2005 der Agg. Leistungen in bestimmter Höhe (für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 1.132,99 Euro "Gesamtleistung") zuerkannt und sollen diese rechtlich begünstigende Einzelregelungen zum Nachteil einzelner Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geändert werden, liegt in der Änderung eine (Teil-) Rücknahme im Sinne eines belastenden Verwaltungsaktes konkret-individuell gegenüber den jeweiligen Erklärungsempfängern. Der Senat sieht bezüglich der Anrechnung des EGZ insoweit in dem Bescheid vom 22. September 2005 einen Teilrücknahmebescheid gegenüber den Mitgliedern der BG. Denn in diesem Bescheid ist der Ehefrau als "Partnerin" zum einen ein Bedarf von 409,75 Euro zugeordnet worden, hiergegen wurde ein bereinigtes Einkommen von 570 Euro angerechnet, womit im Ergebnis ein Leistungsanspruch der Ehefrau verneint wurde, was in diesem Bescheid im Sinne einer Teilrücknahme durchgesetzt werden sollte. Der Senat geht - der Berechnungsbogen des Gewährungsbescheids vom 21. Juni 2005 liegt nicht vor - davon aus, dass Teilrücknahmeregelungen gegenüber sämtlichen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft vorgenommen werden sollten.
Maßgebliche Eingriffsgrundlage auf Seiten des Agg. ist § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III, welcher durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II für anwendbar erklärt wurde. Der - bewilligende - Verwaltungsakt - vom 21. Juni 2005 - ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes - wie hier - Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen wie hier Einkommen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches - hier SGB II - anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Aus dem Bewilligungsbescheid vom 15. August 2005 stand Frau A M EGZ für die Zeit seit 01. Juli 2005 in Höhe von 600 Euro monatlich zu. Allerdings wurden die Zahlungen monatlich nachträglich erst ab 16. August 2005 erbracht. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des Senats für Zeiten bis zum 15. August 2005 wegen des Zuflussprinzips im Recht der Einkommensanrechnung bis dahin den Vollzug des "Änderungs" - in Wahrheit: Teilrücknahmebescheides vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2005 auszusetzen.
Die Einkommensanrechnung des EGZ begegnet im Übrigen keinen Bedenken:
Bei der Berechnung des "Einkommens der BG" ist der EGZ zu Recht berücksichtigt worden. Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen, mit Ausnahme der im SGB II selbst vorgesehenen Leistungen ("Leistungen nach diesem Buch") und weiterer, hier offenkundig nicht einschlägiger Leistungen. Der EGZ nach § 421 l SGB III ist eine Geldleistung. Als Leistung nach dem SGB II wäre der EGZ dennoch eine freigestellte Einnahme im Sinne von § 9 SGB II, wenn er zum Leistungskatalog des § 16 SGB II zählte; denn soweit dort nach dem SGB III vorgesehene Leistungen auch als Leistungen zur Eingliederung an nach dem SGB II Berechtigte erbracht werden (können), handelt es sich um "Leistungen nach diesem Gesetz". In § 16 SGB II ist der EGZ (im Gegensatz etwa zu dem Eingliederungszuschuss - § 217 ff. SGB III - und den Mobilitätshilfen - § 53 ff. SGB III) nicht genannt. Dies beruht - dazu unten - nicht auf einer irrtümlichen Auslassung, so dass eine ergänzende Auslegung im Sinne des verfolgten Begehrens ausscheidet.
Von § 11 Abs. 1 SGB II abweichende weitere gesetzliche Bestimmungen zur Frage der Anrechung des EGZ bei der Bestimmung des Einkommens existieren nicht. Auch der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO), die auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 SGB II Bestimmungen enthält, welche weitere Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, lässt sich eine Privilegierung des EGZ nicht entnehmen. Entgegen der Ansicht der Antragsteller lässt sich der EGZ nicht als Teil der Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit begreifen. Der EGZ steht zwar in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit, er wird aber nicht durch die selbständige Tätigkeit selbst erwirtschaftet. Er fließt hingegen dem Unternehmen nur aus Anlass der werbenden gewerblichen Tätigkeit zu, stellt deswegen keinen ordentlichen Ertrag (Umsatzerlöse aus dem Unternehmenszweck) dar, sondern allenfalls einen außerordentlichen Ertrag, welcher nur insoweit in die Erfolgsrechnung der jeweiligen Periode eingehen könnte, als er gelegentlich der unternehmerischen Tätigkeit anfällt. Viel spricht dafür, dass der EGZ von der unternehmerischen Ertragsrechnung überhaupt nicht buchhalterisch zu erfassen ist: Er stützt vielmehr erst - nachgelagert - das verfügbare persönliche Haushaltseinkommen des Trägers der Einzelunternehmung und damit dessen Lebensbedarf. Als Förderinstrument nach dem SGB III ist der EGZ eine staatliche Sozialleistung an der Schnittstelle von Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftsordnungspolitik. Diese soll die Existenzgründungsphase durch eine degressiv ausgestaltete staatliche Subvention flankierend unterstützen (dazu unten).
Eine Privilegierung der Einnahmen aus dieser öffentlichen Zuwendung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB III scheidet aus.
Danach sind als Einkommen nicht zu berücksichtigen, Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch (dem SGB II) dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 11 Abs. 3 SGB II enthält keine gesetzliche Definition des Begriffs der "zweckbestimmten Einnahme". Grundlage der Freistellung ist es zu sichern, dass der Zweck, zu dem die Leistung, deren Anrechnung in Frage steht, nicht vereitelt wird, weil sie im Anrechnungsfall anstelle der danach (teilweise) ausfallenden Leistung für deren Zwecke eingesetzt werden müsste. Spiegelbildlich ist diese Auslegung daran zu orientieren, zu verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen aus öffentlichen Mitteln erbracht werden (BSG, SozR 3-5910 § 76 Nr. 4; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rdnr. 213). Zur Frage, wie vollständig und eindeutig die anderweitige Zweckbindung der Einnahme sein muss, sind unterschiedliche Auslegungen vorstellbar. Zu der § 11 Abs. 3 SGB II ähnlichen Bestimmung, die für die Arbeitslosenhilfe gegolten hat - § 138 Abs. 3 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - hat es das BSG für ausreichend erachtet, wenn "bei einer Anrechnung ein weiterer, mit der Leistungsgewährung verbundener Zweck, wie z. B. die Aufrechterhaltung eines bestimmten wirtschaftlichen Zustandes, verfehlt würde;" (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 5); zu § 77 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ist demgegenüber entschieden, dass eine zweckneutrale Leistung anrechenbar ist, wobei es sich um eine solche bereits dann handelt, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang eine vom Gesetzgeber gewollte Zweckbindung nicht eindeutig ableiten lässt (BSG, SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 zur Frage der Anrechnung einer Verletztenrente; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht - BVerwGE 69, 177 zur Frage der Anrechnung einer Entschädigungsrente; BVerwGE, Urteil vom 28. Mai 2003 - 5 C 41/02, GVBL 2004, 54 zur Frage der Anrechnung der Eigenheimzulage). Der Senat legt insoweit seiner Entscheidung zugrunde, dass jedenfalls Leistungen, die weitgehend zweckidentisch sind, der Anrechnung unterliegen. Dies ist bezüglich der Grundsicherungsleistung nach dem SGB II und dem EGZ nach § 421 l SGB III der Fall, wie ein Vergleich der Leistungszwecke ergibt. Beide Leistungen dienen der Unterhaltssicherung (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 29. Juni 2005 - L 7 AS 22/05; SG Wiesbaden, Beschluss vom 10. Mai 2005 - S 16 AS 33/05 ER und Beschluss vom 23. August 2005, - S 16 AS 107/05 ER; Verwaltungsgericht Bremen vom 20. Juni 2005, S 1 V 873/05).
Zu vergleichen sind Zwecke des EGZ und der Leistung, die sich durch seine Anrechnung mindern, das heißt des Alg-II, welches eindeutig der Unterhaltssicherung dient (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SGB II). Auch der EGZ dient mit seinem Hauptzweck der Unterhaltssicherung, weil dieser für die Aufnahme und das Unterhalten einer selbständigen Tätigkeit gezahlt wird, deren Ziel und Zweck seinerseits in der Erzielung von (Gewinn-)Einkommen und also deswegen dem Lebensunterhalt dient, sofern aus dem verfügbaren Einkommen - was hier nicht von Interesse ist - nicht gespart wird.
Nach § 421 l Abs. 1 SGB III in der Fassung des 4. Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004 (BGBL 1 S. 2902) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen EGZ. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer (1) in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden ist, (2) nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des 4. Buches Sozialgesetzbuch erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird, und (3) eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegen hat; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständige Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Der Zuschuss wird nach Abs. 2 der Vorschrift bis zu drei Jahre erbracht und längstens für jeweils ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach der Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Die gesetzliche Regelung des EGZ beschränkt sich also darauf, Leistungsvoraussetzungen und -umfang festzulegen. Eine ausdrückliche Zweckbestimmung enthält sie zwar nicht. Allerdings ergibt sich durch die Bezeichnung, den Regelungszusammenhang und insbesondere durch das zentrale entscheidungssteuernde Tatbestandsmerkmal (1) - die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit - hinreichend deutlich Ziel und Zweck der Zuwendung: Denn jede selbständige Tätigkeit, sofern sie nicht unternehmenssteuerrechtlich als Liebhaberei zu qualifizieren ist, dient gerade der Erzielung von (Residual-)Einkommen, gleichviel ob dabei weitergehend nach einem kalkulatorischen Unternehmerlohn für die selbständige Arbeit als solche und des weiteren nach einer Eigenkapitalverzinsung differenziert wird. Dieser Hauptzweck der gesetzgeberischen Maßnahme wird durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Dort (Bundestags-Drucksache 15/26 S. 19, 22 ff.) ist zu entnehmen, dass mit dem EGZ "der Übergang in die Selbständigkeit zeitlich befristet sozial flankiert (werden) soll, indem Gründerinnen und Gründer in den Schutz der Sozialversicherung einbezogen bleiben". Von dem Zuschuss können (Hervorhebung des Senats) Beitragszahlungen zur Sozialversicherung geleistet werden. Schwarzarbeit solle zurückgedrängt werden. Weiter heißt es, die Höhe des EGZ im ersten Jahr entspreche etwa der Hälfte der Summe aus dem durchschnittlich monatlichen Arbeitslosengeld und den darauf entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen. Ferner wird die Notwendigkeit, eine zeitliche Förderung nach § 57 SGB III (Überbrückungsgeld) auszuschließen, damit begründet, es handele sich um gleichgerichtete Leistungen. Hier wird deutlich, dass es sich nach gesetzgeberischem Willen bezüglich beider Instrumente - EGZ und Überbrückungsgeld - um Beispiele so genannter "incentives" handelt, im vorliegenden Zusammenhang ausgestaltet als Instrumente mittelbarer arbeitsmarktpolitischer und zugleich wirtschaftsordnungspolitischer Intervention. Gefördert werden soll der Abgang aus der Arbeitslosigkeit zur Entlastung des Arbeitsmarktes durch den Rollenwechsel von der - potentiellen - Arbeitnehmereigenschaft hin zur Aufnahme einer kleinunternehmerischen Tätigkeit. Es soll nicht mehr Lohnersatzeinkommen aus Versicherungs- oder Fürsorgesystemen, sondern künftiges Gewinneinkommen aus selbständiger unternehmerischer Tätigkeit bezogen werden. Typischerweise zu erwartende Anlaufaufwendungen (oftmals verbunden mit Anlaufverlusten) soll in Teilen durch eine degressive staatliche Förderung entgegengewirkt werden. Weitergehende inhaltliche Bindungen an eine Verwendung des EGZ sind den gesetzlichen Materialien nicht zu entnehmen. An dem wirtschaftspolitischem Ziel des Zurückdrängens der Schattenwirtschaft wird deutlich, dass gerade auch (allgemein-) wirtschaftspolitische (Neben )Zwecke verfolgt wurden.
Dieses Auslegungsergebnis - die Anrechnungspflichtigkeit des EGZ wegen Zweckidentität im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II - findet eine Bestätigung in dem, was die Gesetzesmaterialien zu den §§ 16, 29 SGB II zum EGZ aussagen. Der Entwurf eines 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BT-Drucksache 15/1516) verhielt sich in § 16 Abs. 1 SGB II nicht zu den in § 421 l SGB III geregelten EGZ. Zwar sah die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (BT-Drucksache 15/1728, S. 177/178) vor, auch § 421 l SGB III mit den in § 16 Abs. 1 SGB II geregelten Katalog der Eingliederungsleistungen aufzunehmen. Dieser Empfehlung ist der Vermittlungsausschuss indes nicht gefolgt (BT-Drucksache 15/2259), so dass das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) ohne eine Aufnahme des § 421 l SGB III in § 16 Abs. 1 SGB II verabschiedet wurde. Das Verhältnis des EGZ zu den Leistungen nach dem SGB II war sodann Gegenstand der Beratungen des Entwurfs des kommunalen Optionsgesetzes im Jahre 2004 (BT-Drucksache 15/2816). Da EGZ und Überbrückungsgeld trotz ihrer Lebensunterhalt sichernden Funktion kumulativ zum Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch zu zahlen gewesen wären, sah die Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (BT-Drucksache 15/2997) zum kommunalen Optionsgesetz (BT-Drucksache 15/2816) eine Formulierung des § 16 vor, die den EGZ bewusst nicht erwähnte. Ein vergleichbares Instrumentarium bei Selbständigkeit für SGB II-Leistungsbezieher sei das Einstiegsgeld nach § 29 SGB II (BT-Drucksache 15/2997, S. 24, vgl. Eicher/Spellbrink § 16 Rdnr. 26, § 29, Rdnr. 4). Dementsprechend enthält § 16 Abs. 1 SGB II in der Fassung des kommunalen Optionsgesetzes vom 05. August 2004, BGBl I S. 2014) auch keinen Verweis auf § 421 l SGB II.
Die Ausgestaltung des Einstiegsgeldes bestätigt des Weiteren das hier gefundene Ergebnis: Diese Leistung wird als Zuschuss zum Alg II erbracht (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SGB II), tangiert also den Bedarf der Hilfeempfänger nicht.
Nach allem konnte die Beschwerde nur in dem ausgesprochenen Umfange Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Gegen diesen Beschluss sieht das Gesetz einen ordentlichen Rechtsbehelf nicht vor.
Gründe:
I.
Streitbefangen im Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes ist ein Aussetzungsbegehren der Antragsteller (Ast.) in Bezug auf den Änderungsbescheid des Antragsgegners (Agg.) vom 22. September 2005 betreffend den Zeitraum vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005, welcher sich als Teil-Rücknahmebescheid gegenüber dem Gewährungsbescheid vom 21. Juni 2005 darstellt.
Im Einzelnen:
Der am 04. Juli 1967 geborene Ast. F Mgab in seinem Erstantrag vom 12. November 2004 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) an, er lebe mit seiner nicht dauernd getrennt lebenden Ehegattin Frau A M, (geboren am 04. Mai 1972), dem Sohn E (geboren 31. Oktober 1999), der Tochter S (geboren 18. März 2002), für welche beide Kindergeld bezogen werde, in einer 75 m2-Vierraummietwohnung. Für ihn sei Erwerbsminderungsrente beantragt für Zeiten ab 19. November 2003, aber nicht bewilligt.
Mit Bescheid vom 12. November 2004 erkannte der Agg. für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 den Ast. zu 1 Leistungen zu als "Alg II-R. L." in Höhe von 463,86 Euro zuzüglich "SozG-R.L." in Höhe von 39,44 Euro zuzüglich Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUuH) in Höhe von 446,99 Euro monatlich.
Am 31. Mai 2005 stellte der Ast. zu 1 Fortzahlungsantrag für Zeiten ab 01. Juli 2005. Mit Bescheid vom 21. Juni 2005 erkannte der Agg. für die Zeit vom 01. Juli bis 31. Juli 2005 1.052,65 Euro zu, für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 erkannte er monatlich 1.132,99 Euro "als Höhe der monatlich zustehenden Leistungen" zu.
Mit Bescheid vom 15. August 2005 bewilligte die Agentur für Arbeit Cottbus der Ehefrau des Ast. zu 1 aufgrund ihres Antrages vom 10. Mai 2005 für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 01. Juli 2005 als Schneiderin einen Existenzgründungszuschuss (EGZ) für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis - zunächst - 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 600 Euro als Zuschuss. Der EGZ werde monatlich nachträglich ab 16. August 2005 überwiesen.
Daraufhin erließ der Agg. einen "Änderungsbescheid" vom 22. September 2005, in welchem er für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 nunmehr nur noch Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft (BG) in Höhe von 562,99 Euro "bewilligen" wollte. Folgende Änderungen seien eingetreten: "Berücksichtigung des Einkommens (Existenzgründungszuschuss) Ihrer Frau". Ausweislich der diesem Bescheid beigefügten Berechnungsbögen für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 hatte der Agg. der Ehefrau des Ast. zu 1 als sonstiges Einkommen monatlich 600 Euro aus dem EGZ angerechnet und dieses um monatlich jeweils 30 Euro bereinigt (= 570 Euro). Mit Datum ebenfalls vom 22. September 2005 hörte der Agg. gegenüber der Frau des Ast. zu einer eingetretenen Überzahlung für die Zeit vom 01. August 2005 bis 30. September 2005 in Höhe von insgesamt 1.140 Euro i. S. von § 24 SGB X an. In ihrem Widerspruch vom 22. September 2005 beriefen sich die Eheleute auf die Nichtanrechenbarkeit des EGZ, wie dies aus der Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (L 8 AS 97/05 ER) hervorgehe. Am 26. September 2005 hat der Ast. vor dem Sozialgericht Cottbus den "Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz" gestellt. Ausweislich der Niederschrift hat er beantragt,
den Bescheid der Agg. vom 22. September 2005 aufzuheben und die Agg. zu verpflichten, ihm Alg II in voller Höhe zu gewähren bzw. den Existenzgründerzuschuss seiner Frau nicht auf seine Leistungen anzurechnen.
Er hat sich wiederholt auf die vorzitierte Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen bezogen. Der Agg. hat vorgetragen, der EGZ (§ 421 l SGB III) sei keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II, welche bei der Anrechnung als Einkommen unberücksichtigt bleiben könne. Eine gleichzeitige Gewährung von Alg II und Existenzgründungszuschuss sei somit nicht zulässig. Zwischen beiden Leistungen liege Zweckidentität vor.
Insbesondere sei der Existenzgründungszuschuss nicht nach § 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II/VO) anrechnungsfrei. Im Übrigen liege auch eine anderslautende Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts - L 7 AS 227/05 ER - vom 29. Juni 2005 vor.
Das Sozialgericht hat angenommen, der Ast. zu 1 beantrage schriftsätzlich sinngemäß, den Agg. zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Berücksichtigung des gezahlten Existenzgründungszuschusses zu verpflichten. Diesen so verstandenen Antrag hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 "zurückgewiesen". Wegen der Gründe des Beschlusses wird auf die Aktenunterlagen Bezug genommen. Gegen den am 22. Oktober 2005 zugestellten Beschluss hat der Ast., nunmehr vertreten durch seine Bevollmächtigten, am 04. November 2005 Beschwerde eingelegt und die Einreichung einer Vollmachtsurkunde angekündigt. Desgleichen wurde eine Beschwerdebegründung in Aussicht gestellt.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 28. November 2005 nicht abgeholfen.
Den Widerspruch vom 22. September 2005 gegen den Bescheid vom 22. September 2005 wollte der Agg. mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2005 zurückweisen (Bl. 44 der VA). Unter dem 13. Dezember 2005 hat der Agg. (erneut) in einem Bescheid "über die Bewilligung von Leistungen" für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 zum Ausdruck gebracht, er "bewillige" für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis 31. Juli 2005 1.062,65 Euro und für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 562,99 Euro.
Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 01. Januar 2006 hat der Ast. am 01. Dezember 2005 gestellt. Es hätte sich keine Änderung der Verhältnisse (bis auf die Höhe der Gesamtnebenkosten zur Miete) ergeben.
Mit Eingangsbestätigung des Senats vom 06. Dezember 2005 wurde erstmalig eine Vollmachtsurkunde angefordert.
Mit richterlichem Hinweisschreiben vom 17. Januar 2006 sind die Ast. darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde bisher unbegründet und eine Originalurkunde bezüglich der Bevollmächtigung vorzulegen sei. Ferner erging Hinweis, streitbefangen dürfte im Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes in Wahrheit zunächst ein Aussetzungsbegehren sein: Der Änderungsbescheid vom 22. September 2005 für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 dürfte sich als Teil-Rücknahmebescheid gegenüber dem Gewährungsbescheid vom 21. Juni 2005 beurteilen. Aus der Verwaltungsakte ergebe sich diesbezüglich ein zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 25. November 2005. Es wurde angefragt bei den Ast., ob insoweit Klage erhoben sei. Beigefügt war dem Schreiben des Senats ein - anonymisierter - Beschluss des erkennenden Senats vom 16. Dezember 2005 - L 25 B 1265/05 AS PKH und andere. Es werde gebeten zu prüfen, ob in dessen Lichte an dem Rechtsmittel festgehalten werden solle, ggf. aus welchen Gründen.
Vollmacht wurde am 6.Juni 2006 zur Akte gereicht. Ein Widerspruchsbescheid vom 25. November 2005 sei den Ast. nicht bekanntgegeben. Wegen der unterschiedlichen obergerichtlichen Rechtsprechungsergebnisse werde seitens der Ast. angeregt, das hiesige Verfahren bis zur Entscheidung des BSG auszusetzen.
Der Agg. hat entgegnet, er habe mit einfacher Post den Widerspruchsbescheid an den Ast. zu 1 abgesandt, ohne dass Postrückläufe zu verzeichnen gewesen seien. Einem Ruhensbegehren werde nicht zugestimmt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Agg. sowie die Verfahrensakte Bezug genommen. Die genannten Unterlagen haben dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist wie im Tenor ausgeführt, begründet, im Übrigen unbegründet.
Ein Aussetzungs- bzw.Ruhensantrag ist schon wegen des auf einstweiligen Rechtschutzes gerichteten Zweckes des Verfahrens nicht statthaft. Abgesehen hiervon hat der Agg. diesbezüglich nicht zugestimmt.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Ast. bzw. der von ihnen erhobenen Anfechtungsklage vom 26. September 2005 war in dem bezeichneten Umfange anzuordnen. Für den Aufhebungszeitraum seit 16. Oktober 2005 ergab die angegriffene Verwaltungsentscheidung des Agg. - bei hier anzustellender summarischer Prüfung - keinen Anhalt ihrer Rechtswidrigkeit. Dabei geht der Senat davon aus, dass der streitgegenständliche Teil-Rücknahmebescheid ("Änderungsbescheid" vom 22.September 2005 bzw. 13.Dezember 2005) betreffend den Zeitraum vom 1. August bis 31.Dezember 2005 nicht in Bestandskraft erwachsen ist. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte lässt sich eine Bekanntgabe an die Ast. nicht feststellen (§ 85 Abs.3 S.1 SGG i.V.m. §37 SGB X).
Im Einzelnen:
Wegen der faktischen Verbundenheit der in der Bedarfsgemeinschaft (BG) als gesetzlicher Haftungsverband zu beurteilenden Leistungsansprüche seiner einzelnen Mitglieder, welche in § 38 SGB II vorausgesetzt ist, geht der Senat vorderhand davon aus, der Ast. zu 1 habe jeweils für sämtliche Mitglieder der BG nicht nur Antrag gegenüber dem Agg. gestellt sowie zusammen mit seiner Ehefrau, der Ast. zu 2, Widerspruch erhoben, sondern auch Antrag auf "einstweiligen Rechtsschutz" am 26. September 2005 beim SG Cottbus gestellt. Nach der Formulierung seines Antrags in der Niederschrift vor diesem Gericht, ("den Bescheid vom 22. September 2005 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, mir Alg II in voller Höhe zu gewähren bzw. den EGZ meiner Frau nicht auf meine Leistungen anzurechnen", welcher nicht explizit auf eine nur vorläufige Regelung zielt, hat der Ast. zu 1 auch für die Mitglieder seiner BG wie sich selbst Hauptsacheklage erhoben. Diese ist indes als (isolierte) Anfechtungsklage zu beurteilen (dazu unten).
Das Gericht der Hauptsache kann daher - in einer Eingriffssache wie vorliegend - auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung entfalten, diese anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Die aufschiebende Wirkung entfällt u. a. in besonderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende - wie hier - entscheidet, grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung.
Hinsichtlich der inhaltlichen Maßstäbe ist zugrunde zu legen, dass eine Aussetzung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung bestehen (arg. § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG; Conradis in LPK - SGB II, § 39 Rz. 11). Insbesondere auch dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis bezüglich der Normierung des Suspensiveffektes des Rechtsbehelfs (Widerspruch, Anfechtungsklage) entspricht es, dass die in §§ 86 a, 86 b Abs. 1 SGG vorausgesetzte, aber nicht näher ausgestaltete Interessenabwägung typisierend zu Lasten des Einzelnen ausfällt (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005 § 39 Rz. 2 unter Hinweis auf Krodel NZS 2001 S. 452 ff.). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungs-(Rücknahme) und ggf. Erstattungsentscheidung bestehen daher nur, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs der Hauptsache wahrscheinlicher als dessen Misserfolg ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 a Rz. 27 m.w.N.).
Dies ist unter Berücksichtigung der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu stellenden Anforderungen an die Sachaufklärung bei nur summarischer Prüfung bezüglich des Zeitraumes 01. August bis 15. August 2005 zu bejahen. Darüber hinaus bestehen konkrete Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung im Ergebnis nicht.
Vorderhand ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der Agg. auf einen Antrag im Rahmen der Vertretung der Bedarfsgemeinschaft (§ 38 SGB II) wie hier nicht lediglich einen einheitlichen Verfügungssatz (Regelungssatz, Tenor) eines Verwaltungsaktes verlautbart, sondern regelmäßig deren mehrere, abhängig von der Anzahl der Mitglieder der BG und dadurch bedingten Einzelregelungen.
Regelmäßig missverständlich ist daher der in den Maschinenbescheiden des Agg. ausgeworfene Gesamtbetrag "Höhe der monatlich zustehenden Leistungen", welche jeweils für die gesamte Bedarfsgemeinschaft rechtlich untechnisch zusammengefasst sind. In Wahrheit erkennt der Agg. konkret-individuell Einzelansprüche zu bzw. spricht diesbezüglich (Teil-) Rücknahmeentscheidungen aus, welche jeweils nach den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zu differenzieren sind.
Hat wie vorliegend mit Bescheid vom 21. Juni 2005 der Agg. Leistungen in bestimmter Höhe (für die Zeit vom 01. August 2005 bis 31. Dezember 2005 1.132,99 Euro "Gesamtleistung") zuerkannt und sollen diese rechtlich begünstigende Einzelregelungen zum Nachteil einzelner Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geändert werden, liegt in der Änderung eine (Teil-) Rücknahme im Sinne eines belastenden Verwaltungsaktes konkret-individuell gegenüber den jeweiligen Erklärungsempfängern. Der Senat sieht bezüglich der Anrechnung des EGZ insoweit in dem Bescheid vom 22. September 2005 einen Teilrücknahmebescheid gegenüber den Mitgliedern der BG. Denn in diesem Bescheid ist der Ehefrau als "Partnerin" zum einen ein Bedarf von 409,75 Euro zugeordnet worden, hiergegen wurde ein bereinigtes Einkommen von 570 Euro angerechnet, womit im Ergebnis ein Leistungsanspruch der Ehefrau verneint wurde, was in diesem Bescheid im Sinne einer Teilrücknahme durchgesetzt werden sollte. Der Senat geht - der Berechnungsbogen des Gewährungsbescheids vom 21. Juni 2005 liegt nicht vor - davon aus, dass Teilrücknahmeregelungen gegenüber sämtlichen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft vorgenommen werden sollten.
Maßgebliche Eingriffsgrundlage auf Seiten des Agg. ist § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III, welcher durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II für anwendbar erklärt wurde. Der - bewilligende - Verwaltungsakt - vom 21. Juni 2005 - ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes - wie hier - Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen wie hier Einkommen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches - hier SGB II - anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Aus dem Bewilligungsbescheid vom 15. August 2005 stand Frau A M EGZ für die Zeit seit 01. Juli 2005 in Höhe von 600 Euro monatlich zu. Allerdings wurden die Zahlungen monatlich nachträglich erst ab 16. August 2005 erbracht. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des Senats für Zeiten bis zum 15. August 2005 wegen des Zuflussprinzips im Recht der Einkommensanrechnung bis dahin den Vollzug des "Änderungs" - in Wahrheit: Teilrücknahmebescheides vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2005 auszusetzen.
Die Einkommensanrechnung des EGZ begegnet im Übrigen keinen Bedenken:
Bei der Berechnung des "Einkommens der BG" ist der EGZ zu Recht berücksichtigt worden. Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen, mit Ausnahme der im SGB II selbst vorgesehenen Leistungen ("Leistungen nach diesem Buch") und weiterer, hier offenkundig nicht einschlägiger Leistungen. Der EGZ nach § 421 l SGB III ist eine Geldleistung. Als Leistung nach dem SGB II wäre der EGZ dennoch eine freigestellte Einnahme im Sinne von § 9 SGB II, wenn er zum Leistungskatalog des § 16 SGB II zählte; denn soweit dort nach dem SGB III vorgesehene Leistungen auch als Leistungen zur Eingliederung an nach dem SGB II Berechtigte erbracht werden (können), handelt es sich um "Leistungen nach diesem Gesetz". In § 16 SGB II ist der EGZ (im Gegensatz etwa zu dem Eingliederungszuschuss - § 217 ff. SGB III - und den Mobilitätshilfen - § 53 ff. SGB III) nicht genannt. Dies beruht - dazu unten - nicht auf einer irrtümlichen Auslassung, so dass eine ergänzende Auslegung im Sinne des verfolgten Begehrens ausscheidet.
Von § 11 Abs. 1 SGB II abweichende weitere gesetzliche Bestimmungen zur Frage der Anrechung des EGZ bei der Bestimmung des Einkommens existieren nicht. Auch der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO), die auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 SGB II Bestimmungen enthält, welche weitere Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, lässt sich eine Privilegierung des EGZ nicht entnehmen. Entgegen der Ansicht der Antragsteller lässt sich der EGZ nicht als Teil der Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit begreifen. Der EGZ steht zwar in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit, er wird aber nicht durch die selbständige Tätigkeit selbst erwirtschaftet. Er fließt hingegen dem Unternehmen nur aus Anlass der werbenden gewerblichen Tätigkeit zu, stellt deswegen keinen ordentlichen Ertrag (Umsatzerlöse aus dem Unternehmenszweck) dar, sondern allenfalls einen außerordentlichen Ertrag, welcher nur insoweit in die Erfolgsrechnung der jeweiligen Periode eingehen könnte, als er gelegentlich der unternehmerischen Tätigkeit anfällt. Viel spricht dafür, dass der EGZ von der unternehmerischen Ertragsrechnung überhaupt nicht buchhalterisch zu erfassen ist: Er stützt vielmehr erst - nachgelagert - das verfügbare persönliche Haushaltseinkommen des Trägers der Einzelunternehmung und damit dessen Lebensbedarf. Als Förderinstrument nach dem SGB III ist der EGZ eine staatliche Sozialleistung an der Schnittstelle von Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftsordnungspolitik. Diese soll die Existenzgründungsphase durch eine degressiv ausgestaltete staatliche Subvention flankierend unterstützen (dazu unten).
Eine Privilegierung der Einnahmen aus dieser öffentlichen Zuwendung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB III scheidet aus.
Danach sind als Einkommen nicht zu berücksichtigen, Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch (dem SGB II) dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. § 11 Abs. 3 SGB II enthält keine gesetzliche Definition des Begriffs der "zweckbestimmten Einnahme". Grundlage der Freistellung ist es zu sichern, dass der Zweck, zu dem die Leistung, deren Anrechnung in Frage steht, nicht vereitelt wird, weil sie im Anrechnungsfall anstelle der danach (teilweise) ausfallenden Leistung für deren Zwecke eingesetzt werden müsste. Spiegelbildlich ist diese Auslegung daran zu orientieren, zu verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen aus öffentlichen Mitteln erbracht werden (BSG, SozR 3-5910 § 76 Nr. 4; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rdnr. 213). Zur Frage, wie vollständig und eindeutig die anderweitige Zweckbindung der Einnahme sein muss, sind unterschiedliche Auslegungen vorstellbar. Zu der § 11 Abs. 3 SGB II ähnlichen Bestimmung, die für die Arbeitslosenhilfe gegolten hat - § 138 Abs. 3 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - hat es das BSG für ausreichend erachtet, wenn "bei einer Anrechnung ein weiterer, mit der Leistungsgewährung verbundener Zweck, wie z. B. die Aufrechterhaltung eines bestimmten wirtschaftlichen Zustandes, verfehlt würde;" (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 5); zu § 77 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ist demgegenüber entschieden, dass eine zweckneutrale Leistung anrechenbar ist, wobei es sich um eine solche bereits dann handelt, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang eine vom Gesetzgeber gewollte Zweckbindung nicht eindeutig ableiten lässt (BSG, SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 zur Frage der Anrechnung einer Verletztenrente; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht - BVerwGE 69, 177 zur Frage der Anrechnung einer Entschädigungsrente; BVerwGE, Urteil vom 28. Mai 2003 - 5 C 41/02, GVBL 2004, 54 zur Frage der Anrechnung der Eigenheimzulage). Der Senat legt insoweit seiner Entscheidung zugrunde, dass jedenfalls Leistungen, die weitgehend zweckidentisch sind, der Anrechnung unterliegen. Dies ist bezüglich der Grundsicherungsleistung nach dem SGB II und dem EGZ nach § 421 l SGB III der Fall, wie ein Vergleich der Leistungszwecke ergibt. Beide Leistungen dienen der Unterhaltssicherung (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 29. Juni 2005 - L 7 AS 22/05; SG Wiesbaden, Beschluss vom 10. Mai 2005 - S 16 AS 33/05 ER und Beschluss vom 23. August 2005, - S 16 AS 107/05 ER; Verwaltungsgericht Bremen vom 20. Juni 2005, S 1 V 873/05).
Zu vergleichen sind Zwecke des EGZ und der Leistung, die sich durch seine Anrechnung mindern, das heißt des Alg-II, welches eindeutig der Unterhaltssicherung dient (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SGB II). Auch der EGZ dient mit seinem Hauptzweck der Unterhaltssicherung, weil dieser für die Aufnahme und das Unterhalten einer selbständigen Tätigkeit gezahlt wird, deren Ziel und Zweck seinerseits in der Erzielung von (Gewinn-)Einkommen und also deswegen dem Lebensunterhalt dient, sofern aus dem verfügbaren Einkommen - was hier nicht von Interesse ist - nicht gespart wird.
Nach § 421 l Abs. 1 SGB III in der Fassung des 4. Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004 (BGBL 1 S. 2902) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen EGZ. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer (1) in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden ist, (2) nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des 4. Buches Sozialgesetzbuch erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird, und (3) eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegen hat; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständige Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Der Zuschuss wird nach Abs. 2 der Vorschrift bis zu drei Jahre erbracht und längstens für jeweils ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach der Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Die gesetzliche Regelung des EGZ beschränkt sich also darauf, Leistungsvoraussetzungen und -umfang festzulegen. Eine ausdrückliche Zweckbestimmung enthält sie zwar nicht. Allerdings ergibt sich durch die Bezeichnung, den Regelungszusammenhang und insbesondere durch das zentrale entscheidungssteuernde Tatbestandsmerkmal (1) - die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit - hinreichend deutlich Ziel und Zweck der Zuwendung: Denn jede selbständige Tätigkeit, sofern sie nicht unternehmenssteuerrechtlich als Liebhaberei zu qualifizieren ist, dient gerade der Erzielung von (Residual-)Einkommen, gleichviel ob dabei weitergehend nach einem kalkulatorischen Unternehmerlohn für die selbständige Arbeit als solche und des weiteren nach einer Eigenkapitalverzinsung differenziert wird. Dieser Hauptzweck der gesetzgeberischen Maßnahme wird durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Dort (Bundestags-Drucksache 15/26 S. 19, 22 ff.) ist zu entnehmen, dass mit dem EGZ "der Übergang in die Selbständigkeit zeitlich befristet sozial flankiert (werden) soll, indem Gründerinnen und Gründer in den Schutz der Sozialversicherung einbezogen bleiben". Von dem Zuschuss können (Hervorhebung des Senats) Beitragszahlungen zur Sozialversicherung geleistet werden. Schwarzarbeit solle zurückgedrängt werden. Weiter heißt es, die Höhe des EGZ im ersten Jahr entspreche etwa der Hälfte der Summe aus dem durchschnittlich monatlichen Arbeitslosengeld und den darauf entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen. Ferner wird die Notwendigkeit, eine zeitliche Förderung nach § 57 SGB III (Überbrückungsgeld) auszuschließen, damit begründet, es handele sich um gleichgerichtete Leistungen. Hier wird deutlich, dass es sich nach gesetzgeberischem Willen bezüglich beider Instrumente - EGZ und Überbrückungsgeld - um Beispiele so genannter "incentives" handelt, im vorliegenden Zusammenhang ausgestaltet als Instrumente mittelbarer arbeitsmarktpolitischer und zugleich wirtschaftsordnungspolitischer Intervention. Gefördert werden soll der Abgang aus der Arbeitslosigkeit zur Entlastung des Arbeitsmarktes durch den Rollenwechsel von der - potentiellen - Arbeitnehmereigenschaft hin zur Aufnahme einer kleinunternehmerischen Tätigkeit. Es soll nicht mehr Lohnersatzeinkommen aus Versicherungs- oder Fürsorgesystemen, sondern künftiges Gewinneinkommen aus selbständiger unternehmerischer Tätigkeit bezogen werden. Typischerweise zu erwartende Anlaufaufwendungen (oftmals verbunden mit Anlaufverlusten) soll in Teilen durch eine degressive staatliche Förderung entgegengewirkt werden. Weitergehende inhaltliche Bindungen an eine Verwendung des EGZ sind den gesetzlichen Materialien nicht zu entnehmen. An dem wirtschaftspolitischem Ziel des Zurückdrängens der Schattenwirtschaft wird deutlich, dass gerade auch (allgemein-) wirtschaftspolitische (Neben )Zwecke verfolgt wurden.
Dieses Auslegungsergebnis - die Anrechnungspflichtigkeit des EGZ wegen Zweckidentität im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II - findet eine Bestätigung in dem, was die Gesetzesmaterialien zu den §§ 16, 29 SGB II zum EGZ aussagen. Der Entwurf eines 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BT-Drucksache 15/1516) verhielt sich in § 16 Abs. 1 SGB II nicht zu den in § 421 l SGB III geregelten EGZ. Zwar sah die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (BT-Drucksache 15/1728, S. 177/178) vor, auch § 421 l SGB III mit den in § 16 Abs. 1 SGB II geregelten Katalog der Eingliederungsleistungen aufzunehmen. Dieser Empfehlung ist der Vermittlungsausschuss indes nicht gefolgt (BT-Drucksache 15/2259), so dass das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) ohne eine Aufnahme des § 421 l SGB III in § 16 Abs. 1 SGB II verabschiedet wurde. Das Verhältnis des EGZ zu den Leistungen nach dem SGB II war sodann Gegenstand der Beratungen des Entwurfs des kommunalen Optionsgesetzes im Jahre 2004 (BT-Drucksache 15/2816). Da EGZ und Überbrückungsgeld trotz ihrer Lebensunterhalt sichernden Funktion kumulativ zum Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch zu zahlen gewesen wären, sah die Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (BT-Drucksache 15/2997) zum kommunalen Optionsgesetz (BT-Drucksache 15/2816) eine Formulierung des § 16 vor, die den EGZ bewusst nicht erwähnte. Ein vergleichbares Instrumentarium bei Selbständigkeit für SGB II-Leistungsbezieher sei das Einstiegsgeld nach § 29 SGB II (BT-Drucksache 15/2997, S. 24, vgl. Eicher/Spellbrink § 16 Rdnr. 26, § 29, Rdnr. 4). Dementsprechend enthält § 16 Abs. 1 SGB II in der Fassung des kommunalen Optionsgesetzes vom 05. August 2004, BGBl I S. 2014) auch keinen Verweis auf § 421 l SGB II.
Die Ausgestaltung des Einstiegsgeldes bestätigt des Weiteren das hier gefundene Ergebnis: Diese Leistung wird als Zuschuss zum Alg II erbracht (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SGB II), tangiert also den Bedarf der Hilfeempfänger nicht.
Nach allem konnte die Beschwerde nur in dem ausgesprochenen Umfange Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Gegen diesen Beschluss sieht das Gesetz einen ordentlichen Rechtsbehelf nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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