L 4 RA 103/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 6010/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RA 103/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung der Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Mai 1975 als Pflichtbeitragszeit nach § 5 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).

Der 1943 geborene Kläger arbeitete von August 1967 bis Dezember 1974 in der DDR als Berufsschullehrer beim Rat des Kreises L. Vom 01. Januar bis zum 31. Mai 1975 nahm er an einem postgradualen Lehrgang an der Hochschule für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) M teil. Anschließend arbeitete er bis zum 30. Okto¬ber 1982 an dieser Hochschule als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Ab dem 01. November 1982 übte er eine entsprechende Tätigkeit an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften in B aus.

Anlässlich eines Kontenklärungsverfahrens prüfte die Beklagte die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaftszeiten des Klägers nach dem AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung. In diesem Zusammenhang legte der Kläger verschiedene Bescheinigungen vor. Hierbei handelte es sich unter anderem um eine Bescheinigung über Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Oberschulamtes L vom 08. Oktober 1996, die später durch eine Erklärung des Regionalschulamtes L vom 08. August 2001 ergänzt wurde, nach der der Kläger seine Beschäftigung am 01. August 1967 aufgenommen und dem Zusatzversorgungssystem für Pädagogen bis zum 31. Dezember 1974 angehört hatte. Des weiteren legte er eine Bescheinigung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften vom 15. November 1990 über einen monatlichen Bruttoverdienst von 820,00 DM für die Zeit vom 01. April 1971 bis zum 01. Juni 1975 und einen dann ab dem 01. Juni 1975 kontinuierlich steigenden Verdienst von 1.200,00 DM aufwärts vor. Ferner überreichte der Kläger eine Erklärung von Frau Prof. Dr. S vom Zentrum für Landwirtschaft und Genossenschaftswesen der TU D, Sitz M, die unter dem 26. März 1992 angegeben hatte, dass dem Kläger während der Teilnahme an dem postgradualen Lehrgang den staatlichen Regelungen entsprechend als Lehrer einer Betriebsberufsschule sein Gehalt weitergezahlt worden sei. In ihrem Anschreiben vom selben Tage, mit dem sie die vorgenannte Erklärung an den Kläger übersendet hatte, führte sie hingegen aus, dass sie ihm lediglich die Teilnahme an dem Lehrgang bestätigen und einen Abzug über die damaligen gehaltlichen Regelungen für Lehrgangsteilnehmer übergeben könne, hingegen keine Unterlagen über ein gezahltes Einkommen vorlägen. Diesen Regelungen zur Finanzierung der Aufwendungen der Teilnehmer an dem fünfmonatigen Intensivlehrgang vom 06. Januar bis zum 29. Mai 1975 zufolge erhielten Delegierte aus volkseigenen Betrieben, staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen und staatlichen Einrichtungen von ihrer Dienststelle ihr Gehalt in der bisherigen Höhe weiter, Delegierte aus LPG und kooperativen Einrichtungen hingegen durch die Hochschule ein Sonderstipendium in Höhe ihres bisherigen durchschnittlichen Bruttoeinkommens. Schließlich weist der Versicherungsausweis des Klägers im fraglichen Zeitraum bis zum 31. Dezember 1974 einen beitragspflichtigen Bruttoverdienst für eine Beschäftigung als Berufsschullehrer beim Rat des Kreises L und einen solchen für eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für LPG in M ab dem 01. Juni 1975 aus. Für die Monate vom Januar bis zum Mai 1975 enthält er als Eintrag "Postgraduale Weiterbildung" und "Pauschalversicherung".

Im Laufe des Verwaltungsverfahrens erklärte der Kläger mit Schreiben vom 25. September 2000, dass er für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Mai 1975 keine Unterlagen (gemeint sind – wie der Kontext eindeutig ergibt - Entgeltbescheinigungen) habe beschaffen können. Er sei in dieser Zeit zur Vorbereitung für eine Tätigkeit in Wissenschaft oder Lehre an die Hochschule für LPG in M, einer Einrichtung des Landwirtschaftsministeriums, delegiert worden. Seine damalige Dienststelle, der Rat des Kreises L, Abteilung Berufsbildung und Berufsberatung, die dem Volksbildungsministerium unterstanden habe, habe die Gehaltszahlung verweigert, weil die Teilnahme nicht zwischen den beiden Ministerien abgestimmt gewesen sei. Daraufhin sei er behandelt worden wie Teilnehmer aus den LPG. Seines Wissens habe das Landwirtschaftsministerium die Gehaltszahlung übernommen. Eine entsprechende Anfrage beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sei erfolglos geblieben.

Mit Bescheid vom 28. September 2001 stellte die Beklagte als zuständiger Versorgungsträger nach § 5 AAÜG die Zugehörigkeit des Klägers zum System der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen für den Zeitraum vom 01. August 1967 bis zum 02. November 1969 sowie vom 01. Mai 1971 bis zum 31. Dezember 1974 und die in diesen Zeiträumen jeweils erzielten Arbeitsentgelte fest. Für den Zeitraum vom 01. Juni 1975 bis zum 30. Juni 1990 stellte sie die Zugehörigkeit des Klägers zum System der zusätzlichen Altersversorgung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte fest.

Mit seinem hiergegen am 09. November 2001 erhobenen Widerspruch rügte der Kläger, dass der Zeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Mai 1975 nicht als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt worden sei. Die Eintragungen im Sozialversicherungsausweis müssten fehlerhaft bzw. unvollständig sein, was er jedoch nicht zu vertreten habe. Die Fehlerhaftigkeit ergebe sich auch aus dem Aufhebungsvertrag bzgl. seines Arbeitsverhältnisses mit dem Rat des Kreises L, nach dem das Arbeitsrechtsverhältnis bis Ende Mai 1975 Bestand gehabt habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2002 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG nur bei einer entgeltlichen Beschäftigung oder Tätigkeit vorlägen. Die Ausbildung an einer Hochschule bzw. Fachschule oder sonstigen Bildungseinrichtung erfülle diese Voraussetzungen regelmäßig nicht. Die Ausbildung sei kein Bestandteil eines Beschäftigungsverhältnisses gewesen. Etwa geleistete Zahlungen stellten kein Entgelt aus einem Beschäftigungsverhältnis dar.

Mit seiner am 23. September 2002 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und behauptet, im streitgegenständlichen Zeitraum auf Anweisung seines bisherigen Arbeitgebers an dem Lehrgang teilgenommen zu haben. Es habe sich um eine fortgeführte entgeltliche Tätigkeit als Arbeitnehmer gehandelt. Die Zeit stelle daher ebenso wie die bisherige berufliche Tätigkeit als Berufsschullehrer eine Pflichtbeitragszeit dar. Dass sich seine Arbeitsaufgabe geändert habe, ändere nichts an der eigentlichen Struktur des Arbeitsvertrages und damit an der Ableistung von Pflichtbeitragszeiten. Auch habe er – anders als Delegierte aus den Genossenschaften - kein Stipendium erhalten. Die Differenzen zwischen dem Rat des Kreises L und dem delegierenden Rat des Bezirkes seien dahin beigelegt worden, dass sein ehemaliger Arbeitgeber – der Rat des Kreises L – die Gehaltszahlungen während der Teilnahme an dem Lehrgang übernommen habe. Weiter habe Frau Professor Dr. Sbestätigt, dass er während des Zeitraums der Weiterbildung an der Hochschule für LPG M sein Gehalt als Lehrer weiterbezahlt bekommen habe.

Mit Urteil vom 06. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AAÜG nicht vorlägen. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger in der Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Mai 1975 eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt habe, was nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu seinen Lasten gehe. Insbesondere aufgrund der Entgeltbescheinigung des Oberschulamtes L und den Erklärungen des Klägers im Schreiben vom 25. September 2000 erscheine es wahrscheinlicher, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum kein Gehalt von seinem bisherigen Arbeitgeber bezogen, sondern entsprechend den Teilnehmern aus LPG ein Sonderstipendium in Höhe seines bisherigen Arbeitsentgeltes bezogen habe. Die Zahlung eines Stipendiums stelle aber keine Gehaltszahlung im Sinne von § 5 Abs. 1 AAÜG dar.

Gegen dieses ihm am 25. November 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. Dezember 2003 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er rügt, das Sozialgericht habe dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht genüge getan und die vorliegenden Unterlagen sowie seine Angaben fehlerhaft gewürdigt. Da feststehe, dass sein Arbeitsverhältnis mit dem Rat des Kreises L bis zum 31. Mai 1975 fortbestanden habe, sei auch davon auszugehen, dass der daraus resultierende Lohnanspruch erfüllt worden sei. Andernfalls hätten Anhaltspunkte für eine vom Üblichen abweichende Vorgehensweise vorliegen müssen. Hingegen gäbe es für die Zahlung eines Sonderstipendiums keinerlei Hinweise. Auch aus seinen Angaben ergäben sich derartige Anhaltspunkte gerade nicht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2002 zu verpflichten, die Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Mai 1975 als Zugehörigkeitszeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Berlin ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 28. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Mai 1975 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte.

Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG stellt der Versorgungsträger in einem dem Rentenfeststellungsverfahren vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlichen Verfahren einzelne Daten verbindlich fest, die für die spätere Feststellung des Wertes der Rente oder der Anwartschaften nach dem SGB VI von Bedeutung sein können. Davon, dass er im hiesigen Verfahren die streitgegenständliche Zeit zu Unrecht nicht als Beitragszeit festgestellt hätte, vermochte der Senat sich nicht zu überzeugen.

Unstreitig hat der Kläger zum 01. August 1991 eine Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 AAÜG gehabt, sodass er dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt. Es stellt sich daher allein die Frage, ob er im Zeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Mai 1975 die Voraussetzungen für die positiven Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem erfüllt hat. Maßgebend ist insoweit § 5 AAÜG. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Das Vorliegen einer – hier allein in Betracht kommenden - Beschäftigung beurteilt sich bei Sachverhalten, die sich historisch während und nach Maßgabe der Geltung von Bundesrecht entwickelt haben, nach § 7 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 4 RA 40/02 RSozR 4-8570 § 5 Nr. 1). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ausschlaggebende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen (Direktionsgewalt des Arbeitgebers) und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens des Arbeitgebers. Ob der Kläger im fraglichen Zeitraum in diesem Sinne noch einer Beschäftigung beim Rat des Kreises L nachgegangen ist, erscheint durchaus zweifelhaft, auch wenn sein Arbeitsverhältnis mit diesem – wie dem Auflösungsvertrag zum 31. Mai 1975 zu entnehmen ist – formal weiter bestanden hat. Denn dass er – wie er im Klageverfahren behauptet hat - auf Anweisung des Rates des Kreises L an dem Lehrgang teilgenommen habe und sich dadurch lediglich seine Arbeitsaufgabe und sein Einsatzort geändert hätten, nicht aber die eigentliche Struktur seines Arbeitsvertrages, ist durchaus fraglich. Im Gegenteil ist nicht ersichtlich, dass die Teilnahme an dem Lehrgang Ausfluss der Anstellung des Klägers beim Rat des Kreises L und er während der Teilnahme noch in den Arbeitsprozess an der Berufsschule einbezogen gewesen ist. Nach seinen eigenen Bekundungen im Verwaltungsverfahren diente der postgraduale Lehrgang nämlich gerade nicht seiner Arbeit als Berufsschullehrer beim Rat des Kreises L, sondern der Vorbereitung seiner sich daran anschließenden wissenschaftlichen Tätigkeit, sodass der Rat des Kreises L mangels Abstimmung zwischen den beteiligten Ministerien auch die weitere Gehaltszahlung verweigert habe.

Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Kläger im fraglichen Zeitraum einer Beschäftigung nachgegangen ist oder die Teilnahme an dem postgradualen Lehrgang nicht vielmehr den Charakter einer Aus- oder Fortbildungsmaßnahme hatte. Denn ob die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gleichstellung mit rentenrechtlichen Pflichtbeitragszeiten erfüllt sind, hängt nicht nur davon ab, ob der Betroffene eine Beschäftigung ausgeübt hat, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war. Weiter ist vielmehr erforderlich, dass die Beschäftigung entgeltlich war. Denn obwohl § 5 AAÜG dies nicht ausdrücklich sagt, folgt dies aus der Gleichstellung mit Pflichtbeitragszeiten sowie aus der Funktion der §§ 5 bis 8 AAÜG, die Überleitung des SGB VI auch auf zum 31. Dezember 1991 in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebietes überführte Renten zu regeln. Für die Bewertung der vom SGB VI geforderten - hier fiktiven - Vorleistung für die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland kommt es dabei allein auf die Verdienste aus der so genannten Systembeschäftigung an. Nach Bundesrecht ist die Entgeltzahlungspflicht eine Hauptpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Zu ihrer Erfüllung kann er sich grundsätzlich auch Dritter bedienen. Eine Entgeltlichkeit der Beschäftigung ist dabei dann anzunehmen, wenn der DDR-Arbeitgeber weiterhin dafür Gehalt gezahlt hat bzw. nach DDR-Vorgaben hätte zahlen müssen, wenn ein Dritter (z.B. der Staat) die Zahlungen übernommen hätte oder wenn der Kläger darin eingewilligt hätte, dass ein Dritter an Stelle des Arbeitgebers das Gehalt – unter Umständen mit niedrigerem Betrag - zahlen sollte. Wenn aber nach den Gegebenheiten des Einzelfalles oder hilfstatsächlich nach den allgemeinen Vorgaben in der DDR die Zahlungen von dritter Seite nicht die Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber bewirken oder ersetzen sollten, sondern anderen Zwecken als denen des Arbeitsentgelts dienten, waren sie kein Entgelt im Sinne von § 5 AAÜG, also kein Arbeitsverdienst aus der Systembeschäftigung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 4 RA 40/02 RSozR 4-8570 § 5 Nr. 1).

Zu Recht ist das Sozialgericht Berlin wie zuvor auch schon die Beklagte davon ausgegangen, dass hier nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum – wenn überhaupt - einer Beschäftigung nachgegangen ist, für die ihm Arbeitsentgelt gezahlt worden ist. Denn dass der Rat des Kreises L – wie der Kläger inzwischen glauben machen will – sein Gehalt weitergezahlt hat, kann nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht angenommen werden. Der Versicherungsausweis des Klägers weist lediglich bis zum 31. Dezember 1974 einen beitragspflichtigen Bruttoverdienst für eine Beschäftigung als Berufsschullehrer beim Rat des Kreises L und dann wieder einen beitragspflichtigen Bruttoverdienst für eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für LPG in M ab dem 01. Juni 1975 aus. Für die hier streitgegenständlichen Monate vom Januar bis Mai 1975 enthält er als Eintrag jedoch lediglich "Postgraduale Weiterbildung" und "Pauschalversicherung". Eine Gehaltszahlung lässt sich dem jedoch gerade nicht entnehmen. Soweit der Kläger behauptet, die Eintragung sei falsch und erst nachträglich von seinem späteren Arbeitgeber vorgenommen worden, ist dies eine unbewiesene Behauptung, die keine andere Bewertung rechtfertigt. Im Gegenteil steht die Eintragung mit den Bescheinigungen über Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Oberschulamtes bzw. Regionalschulamtes L vom 08. Oktober 1996 bzw. 08. August 2001 in Einklang, in denen eine Gehaltszahlung und eine Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem für Pädagogen lediglich bis zum 31. Dezember 1974 bescheinigt wird. Soweit der Kläger weiter meint, mit der Erklärung der Frau Prof. Dr. S vom 26. März 1992 sei die Gehaltszahlung durch den Rat des Kreises L bewiesen, geht dies fehl. Diese hat zwar angegeben, dass dem Kläger während der Teilnahme an dem postgradualen Lehrgang den staatlichen Regelungen entsprechend als Lehrer einer Betriebsberufsschule sein Gehalt weitergezahlt worden sei. In ihrem Anschreiben vom selben Tage, mit dem sie die vorgenannte Erklärung an den Kläger übersendet hat, hat sie hingegen ausgeführt, dass sie ihm lediglich die Teilnahme an dem Lehrgang bestätigen und einen Abzug über die damaligen gehaltlichen Regelungen für Lehrgangsteilnehmer übergeben könne, ihr hingegen gerade keine Unterlagen über ein gezahltes Einkommen vorlägen. Und in der Tat erhielten zwar nach den Regelungen zur Finanzierung der Aufwendungen der Teilnehmer an dem fünfmonatigen Intensivlehrgang vom 06. Januar bis zum 29. Mai 1975 Delegierte aus volkseigenen Betrieben, staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen und staatlichen Einrichtungen von ihrer Dienststelle ihr Gehalt in der bisherigen Höhe weiter, während Delegierten aus LPG und kooperativen Einrichtungen durch die Hochschule ein Sonderstipendium in Höhe ihres bisherigen durchschnittlichen Bruttoeinkommens gewährt wurde, was – den Mutmaßungen der Hochschullehrerin entsprechend - tatsächlich erwarten ließe, dass der Kläger sein Gehalt vom Rat des Kreises L weiterbezogen hat. Dagegen spricht jedoch neben den bereits erwähnten fehlenden Eintragungen im Sozialversicherungsausweis und Bescheinigungen ganz maßgeblich der ursprüngliche Vortrag des Klägers im Verwaltungsverfahren. Denn dort hat er selbst in seinem Schreiben vom 25. September 2000 angegeben, dass seine damalige Dienststelle, der Rat des Kreises L, die Gehaltszahlung verweigert habe, weil die Teilnahme nicht zwischen den beiden involvierten Ministerien abgestimmt gewesen sei, woraufhin er wie Teilnehmer aus den LPG behandelt worden sei. Danach wäre indes zu vermuten, dass ihm ein Stipendium gewährt worden ist. Seine jetzigen Bemühungen, sich an dieser Erklärung nicht festhalten zu lassen bzw. ihr eine völlig andere Bedeutung zu verleihen, sind zur Überzeugung des Senats lediglich als Versuch zu werten, die vom Sozialgericht Berlin völlig zu Recht aufgezeigten Widersprüche zwischen dem ursprünglichen Vorbringen und dem Klagevortrag zu rechtfertigen, führen jedoch nicht zu einer anderen Wertung.

Im Übrigen spricht auch keine Vermutung für die Richtigkeit der jetzigen Angaben des Klägers. Im Gegenteil war der Erhalt eines versicherungs- und beitragspflichtigen Verdienstes während eines Studiums in der DDR durchaus nicht die Regel. Der Student war zwar während des Studiums versicherungspflichtig; ein ihm gewährtes Stipendium unterlag hingegen nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung (vgl. BSG a.a.O.). Da der Kläger im fraglichen Zeitraum nach seinem Sozialversicherungsausweis zwar kein beitragspflichtiges Bruttoeinkommen erzielt hat, jedoch pauschal versichert war, spricht hier viel für die bereits vom Sozialgericht Berlin geäußerte Vermutung, dass dem Kläger – von welcher Seite auch immer – während des postgradualen Lehrgangs ein Stipendium gewährt worden ist. Eben dies hat letztlich auch der Kläger noch im Verwaltungsverfahren angenommen, indem er dargelegt hat, dass er aufgrund der Weigerung des Rates des Kreises L, sein Gehalt fortzuzahlen, wie ein Teilnehmer aus den LPG behandelt worden sei. Diese Teilnehmer haben aber nach den Regelungen zur Finanzierung der Aufwendungen der Teilnehmer für den fraglichen Intensivlehrgang von der Hochschule gerade nicht mehr ihr Gehalt, sondern ein Sonderstipendium in Höhe ihres bisherigen durchschnittlichen Bruttoeinkommens erhalten. Ein solches Stipendium stellt sich jedoch nicht als Gegenleistung für eine Arbeitstätigkeit dar, sondern dient dazu, den Lebensunterhalt der Teilnehmer und ihrer Familienangehörigen während der Maßnahme sicher zu stellen und ihnen damit die Teilnahme überhaupt zu ermöglichen. Das erforderliche synallagmatische Verhältnis vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen.

Anderes kann schließlich auch nicht daraus folgen, dass der Kläger der Bescheinigung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften vom 15. November 1990 zufolge in der Zeit vom 01. April 1971 bis zum 01. Juni 1975 einen monatlichen Bruttoverdienst von 820,00 DM, für die Zeit ab dem 01. Juni 1975 dann einen kontinuierlich steigenden Verdienst von 1.200,00 DM aufwärts erhalten hat. Dies kann nichts über ein Arbeitsentgelt aus einer Systembeschäftigung für Januar bis Mai 1975 aussagen, da auch die vier Jahre davor angeblich Bruttoverdienste zugeflossen sind. In dieser Zeit war der Kläger jedoch nicht – jedenfalls nicht hauptberuflich – bei der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften beschäftigt. Im Übrigen enthält sein Sozialversicherungsausweis auch keine entsprechenden Eintragungen.

Anlass zu weiteren Ermittlungen sieht der Senat nicht. Die zuständigen Stellen bzw. ihre Rechtsnachfolger sind bereits befragt worden. Diese haben in dem von der Beklagten inzwischen festgestellten Umfang entgeltliche Beschäftigungen des Klägers bestätigt. Weitere von dem Kläger initiierte Anfragen insbesondere bei der DISOS GmbH sind erfolglos geblieben. Sonstige Ermittlungsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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