L 4 KR 3845/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 586/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3845/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts H. vom 28. Juni 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob H. Z., die Ehefrau des 1936 geborenen und 2004 verstorbenen S. Z. (S.Z.) als dessen Rechtsnachfolgerin (Klägerin) die Auszahlung von Krankengeld (Krg) für S.Z. für die Zeit vom 15. April 2000 bis 05. März 2001 beanspruchen kann.

S.Z. war gelernter Außenhandelskaufmann. Aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 23. September 1992 war er Alleingesellschafter-Geschäftsführer der mit Gesellschaftsvertrag vom 11. April 1980 gegründeten H. GmbH, deren Zweck Herstellung und Vertrieb von Eierteigwaren und gleichwertigen Produkten war und die dann in S. Z. GmbH (GmbH) umbenannt wurde. Ferner war er Inhaber einer von ihm betriebenen Handelsagentur, in deren Rahmen er Waren, insbesondere Suppen, an Gastronomiebetriebe, Krankenhäuser und Kaffeehäuser vermittelte. Seit 01. September 1993 bezog er von der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund (DRVB)) Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU, monatlicher Rentenbetrag ursprünglich DM 954,65, vgl. Bescheid vom 20. Juli 1994). Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) wurde ihm nicht gewährt, weil er seine selbstständige Tätigkeit nicht aufgegeben hatte. Später bezog er Regelaltersrente. S.Z. war bei der Beklagten seit 01. August 1967 mit Anspruch auf Krg freiwillig krankenversichert, wobei umstritten ist, ob ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU), wie von der Klägerin geltend gemacht, oder, wie von der Beklagten vorgetragen, ab dem 22. Tag der AU.

Wegen Coxarthrose bezog der Kläger im ersten Dreijahreszeitraum vom 27. Juni 1991 bis 26. Juni 1994 Krg für die Dauer von 78 Wochen bis zum 20. Juni 1994, im zweiten Dreijahreszeitraum vom 27. Juni 1994 bis 26. Juni 1997 für den Zeitraum von 78 Wochen und im dritten Dreijahreszeitraum vom 27. Juni 1997 bis 26. Juni 2000 aufgrund von seit 30. Juni 1997 bestehender AU ab dem 22. Tag der AU vom 21. Juli 1997 bis 14. Januar 1999, wobei die Höchstdauer von 78 Wochen am 17. Januar 1999 ausgeschöpft gewesen wäre. Es bestand bei S.Z. auch eine coronare Herzerkrankung. Die praktische Ärztin Dr. St. hatte S.Z. unter dem 19. Januar 1999 bescheinigt, er sei bis 14. Januar 1999 arbeitsunfähig (au); Arbeitsfähigkeit liege ab Freitag, dem 15. Januar 1999, vor. Mit Schreiben vom 18. Dezember 1998 bat S.Z. die Beklagte um Mitteilung, ob bei einer eventuellen Hüftgelenksoperation im Frühjahr 1999 wieder Krg geleistet werde. Die Beklagte bat Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in H. um Stellungnahme, ob S.Z. seit dem Ende der letzten AU am 14. Januar 1999 sowie zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich arbeitsfähig sei. Dr. B. erstattete am 10. März 1999 aufgrund einer Untersuchung ein Gutachten. Darin führte er aus, die Tätigkeit des S.Z. sei mit dem Stichwort "Außendienst mit Ware" gekennzeichnet. Sie bestehe aus dem Beliefern von Lebensmitteln, indem ein LKW beladen werde und Markenartikel an Lebensmittelläden geliefert und dort aufgestellt würden. S.Z. habe einen eigenen LKW. Das Gewicht der Ware liege zwischen acht und 15 kg. S.Z. müsse viel tragen. S.Z. habe bei der Untersuchung angegeben, dass jeder Schritt schmerzhaft sei. Ohne Tabletten könne er überhaupt nicht laufen. Bei Wetterwechsel habe er zunehmende Beschwerden. Dann ginge nichts mehr. Die Beschwerden seien links größer als rechts. Die Gehstrecke sei ungefähr 50 m; er gehe mit dem Stock. Auch Treppensteigen sei möglich, wobei er mit dem Stock noch gewaltig nachhelfen müsse. Als Diagnosen erhob Dr. B. eine ausgeprägte Coxarthrose links stärker als rechts mit deutlicher Einschränkung der Gehfähigkeit und Beweglichkeit, eine coronare Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen, eine arterielle Hypertonie sowie eine Adipositas und gelangte zu dem Ergebnis, das Leiden des S.Z. sei chronisch. Eine wesentliche Besserung aufgrund des Hüftleidens sei zuletzt nicht eingetreten. Sein Leistungsvermögen habe sich innerhalb der letzten zwei Jahre nicht gebessert. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit könne voraussichtlich auf Dauer nicht mehr durchgeführt werden. Ein sinnvolles Leistungsbild für den allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich bei den deutlichen Einschränkungen nicht definieren. Auf die Anfrage der Beklagten, wann und in welchem Umfang er seine bisherige Tätigkeit ab 15. Januar 1999 wieder aufgenommen habe (Schreiben vom 29. März 1999), teilte S.Z. am 09. April 1999 mit, ihm sei ärztlicherseits mitgeteilt worden, dass er ohne weiteres am Hüftgelenk operiert werden könne; deswegen habe er nach dem 14. Januar 1999 entsprechende körperliche Belastungen vorgenommen. Leider habe er dabei starke Schmerzen im Hüftgelenk bekommen, die ihn trotz starkem Schmerzmittel daran gehindert hätten, seinem Beruf nachzugehen. In Anbetracht dessen bat er, ihn als au einzustufen und sofortige Operationsmaßnahmen einzuleiten. Dr. St. teilte der Beklagten auf Anfrage vom 29. März 1999 unter dem 14. April 1999 zunächst mit, S.Z. sei aus kardiologischer Sicht für operationstauglich gehalten worden. Er habe seinen Beruf wegen der starken Hüftschmerzen nicht ausüben können. Sie habe ihm geraten, sich umgehend einer Hüftoperation zu unterziehen, die so schnell wie möglich genehmigt werden solle. Sie ergänzte auf weitere Anfrage vom 20. April 1999 unter dem 21. Mai 1999, bei S.Z. sei bezüglich des Herzens ab 15. Januar 1999 Arbeitsfähigkeit gegeben gewesen. Hinsichtlich des Zustands des Hüftgelenks und bezogen auf die Arbeit als Großhändler sei eine Warenauslieferung nicht möglich gewesen. S.Z. benötige dafür Hilfskräfte und auch einen kaufmännischen Stellvertreter. Wenn S.Z. zum jetzigen Zeitpunkt Stolpern und Fallen würde, könnte sein schwer geschädigtes linkes Hüftgelenk splittern. Er könne sich nur dann operieren lassen, wenn er Krg erhalte. Vom 15. April bis 03. Mai 2000 wurde der Kläger wegen akutem Hinterwand-Reinfarkt stationär im Krankenhaus am Plattenwald in Bad F. behandelt (vgl. Arztbrief des Chefarztes der Abteilung Innere Medizin/Kardiologie und Angiologie Prof. Dr. M. vom 14. Juni 2000). Am 27. Juni 2000 bescheinigte Dr. St. S.Z. AU u.a. wegen akutem Hinterwandinfarkt, und zwar zunächst bis 25. Juli 2000. Bei der Beklagten gingen dann weitere Auszahlungsscheine für Krg mit entsprechenden AU-Bescheinigungen der genannten Ärztin für die Zeit vom 09. Oktober 2000 bis 23. März 2001 jeweils auch wegen der akuten Herzerkrankung ein. Mit Schreiben vom 29. Juni 2000 teilte die Beklagte S.Z. mit, aufgrund der akuten Coxarthrose sei die Erschöpfung des Anspruchs auf Krg am 17. Januar 1999 eingetreten. Da er aufgrund des MDK-Gutachtens vom 10. März 1999 wegen dieser Erkrankung auf Dauer au sei, habe er keinen erneuten Anspruch auf Krg. Die jetzigen Diagnosen seien als hinzugetretene Erkrankungen zu werten, welche den Leistungsanspruch nicht verlängerten und auch nicht neu begründeten. In dem bei der Beklagten am 06. Juli 2000 eingegangenen Attest vom 03. Juli 2000 bestätigte Dr. St., S.Z. sei in der Zeit vom 01. Januar 1999 bis 03. Juli 2000 wegen der Coxarthrose beidseits arbeitsfähig gewesen. Die Beklagte erhob eine weitere Stellungnahme des Dr. B. vom 10. Juli 2000, in der dieser bestätigte, die bei S.Z. seit vielen Jahren bestehende ausgeprägte Coxarthrose beidseits sei nicht ausgeheilt; falls der Versicherte zwischenzeitlich gearbeitet habe, habe er dies auf Kosten der Gesundheit getan. Schon im März 1999 habe sich ein sinnvolles Leistungsbild zur Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei den deutlichen Einschränkungen aufgrund der Hüfterkrankung sowie der coronaren Herzerkrankung nicht definieren lassen. Mit Bescheid vom 13. Juli 2000 bestätigte die Beklagte gegenüber S.Z. daraufhin, dass ein erneuter Anspruch auf Krg aufgrund der ab 27. Juni 2000 bescheinigten AU nicht bestehe. Das Grundleiden der ausgeprägten Coxarthrose beidseits sei 1999 nicht ausgeheilt gewesen. S.Z. machte mit dem dagegen eingelegten Widerspruch geltend, er sei wöchentlich zur Beobachtung bei seinem Hausarzt und dessen Nachfolgerin gewesen; er habe entsprechend deren Weisungen mehrmals täglich privat Übungen gemacht, um die Muskulatur am linken Bein zu stabilisieren. Dadurch habe er eine Eigengesundung ohne jegliche Medikamente erreicht, die es ihm ermöglicht habe, ab 20. Januar 1999 seiner Arbeit wieder nachzugehen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. Sch. habe im Übrigen im Beisein seiner Ehefrau und seiner Assistentin bestätigt, dass es ein Wunder sei, dass er gehen und sein linkes Bein kreisen lassen könne. Er sei ab 20. Januar 1999 aufgrund der Coxarthrose absolut arbeitsfähig gewesen und habe seine Arbeit durchgeführt. Dafür berufe er sich auf die Steuerfachgehilfin Annette G ... Der Widerspruch des S.Z. blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses vom 23. Februar 2001).

Deswegen erhob S.Z. am 13. März 2001 Klage beim Sozialgericht (SG) H. und wiederholte, wegen der Coxarthrose lediglich bis zum 14. Januar 1999 au gewesen zu sein. Aufgrund der von ihm selbst durchgeführten und von Dr. Sch. empfohlenen Übungen hätten sich die Schmerzzustände infolge der Coxarthrose so weit zurückgebildet und gebessert, dass er in vollem Umfang seiner bisherigen Erwerbstätigkeit wieder habe nachgehen können. Ab 15. Januar 1999 sei er nicht au gewesen. Erst aufgrund des am 15. April 2000 erlittenen Herzinfarkts sei wieder AU eingetreten. Der Kläger reichte eine Bescheinigung des Dr. Sch. vom 06. Mai 2002 sowie Auszahlungsscheine für Krg für die Zeit ab 09. Oktober 2000 ein. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Bei S.Z. habe die schwere Coxarthrose seit mehreren Jahren ununterbrochen bestanden. Er sei durchgehend auch über den 14. Januar 1999 hinaus wegen Coxarthrose au gewesen. Er sei nicht mindestens sechs Monate im Hinblick auf die Coxarthrose arbeitsfähig gewesen. Bei der Herzerkrankung habe es sich um eine hinzugetretene Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) gehandelt. Auch aus der eingeholten Auskunft des Dr. Sch. vom 10. Januar 2003 ergebe sich nicht, dass S.Z. vom 27. Juni 2000 bis 06. März 2001 arbeitsfähig gewesen sei. Der Arzt bestätige vielmehr AU am 03. Juli 2000. Dies sei dann erst recht für den davor liegenden und hier maßgeblichen Zeitraum ab 27. Juni 2000 anzunehmen. Dem Umstand, dass bei dem Aufnahmebefund vom 15. April 2000 alle Extremitäten als aktiv frei beweglich bezeichnet worden seien, komme keine entscheidende Bedeutung zu. Hätten die S.Z. untersuchenden Ärzte Kenntnis von der jahrelang bestehenden Coxarthrose gehabt, wären sie bei einer genaueren Untersuchung der Extremitäten zu einem anderen Ergebnis gekommen. Auch Dr. St. habe am 21. Mai 1999 lediglich bezüglich des Herzens Arbeitsfähigkeit ab 15. Januar 1999 angegeben. Das SG holte eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Dr. Sch. vom 10. Januar 2003 ein und zog den Arztbrief des Prof. Dr. M. vom 14. Juni 2000 bei. Mit Urteil vom 28. Juni 2004, das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 16. August 2004 zugestellt wurde, verurteilte das SG die Beklagte, S.Z. für die Zeit vom 15. April 2000 bis 05. März 2001 Krg zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 03. September 2004 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie trägt vor, S.Z. habe keinen Anspruch auf Krg in der streitigen Zeit gehabt, da die AU wegen der Herzerkrankung ab 15. April 2000 zu der bereits bestehenden AU wegen Coxarthrose hinzugetreten sei. Die Annahme der Arbeitsfähigkeit trotz Coxarthrose ab 15. Januar 1999 durch das SG sei nicht nachvollziehbar. Der vom Gericht in der mündlichen Verhandlung am 08. Mai 2002 genommene Augenschein könne keinen Beweis für den Gesundheitszustand des S.Z. im Jahre 2000 erbringen. Der Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses am Plattenwald vom 14. Juni 2000 sage über die Arbeitsfähigkeit bezüglich der Coxarthrose nichts aus, denn Grund für die stationäre Aufnahme sei der akute Herzinfarkt gewesen. Auch die Auskunft des Dr. Sch. sei für den Beweis der Arbeitsfähigkeit des S.Z. unergiebig, da dieser den Versicherten im maßgeblichen Zeitraum gar nicht untersucht und behandelt habe. Jedenfalls spreche mehr für eine AU vor dem 03. Juli 2000 als dagegen. Im Übrigen wäre zu berücksichtigen, dass S.Z. als Selbstständiger mit Anspruch auf Krg erst ab dem 22. Tag der AU versichert gewesen sei. Mithin bestünde während des stationären Krankenhausaufenthalts kein Anspruch auf Krg, da dieser Zeitraum nur 19 Tage und damit weniger als die Karenzzeit von 21 Tagen umfasse. Für die Zeit vom 04. Mai bis 26. Juni 2000 lägen keine bei ihr eingereichten Nachweise der AU vor. Dr. St. habe AU erst ab 27. Juni 2000 bescheinigt. Nach ihrer Satzung habe es nie eine freiwillige Versicherung mit Anspruch auf Krg ab dem ersten Tag der AU gegeben, insbesondere nicht zu einem monatlichen Beitrag von DM 1.800,00, wie er jetzt beziffert werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts H. vom 28. Juni 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat das Verfahren nach dem Tod des S.Z. fortgeführt. Sie beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Bei S.Z. habe ab 15. Januar 1999 wieder Arbeitsfähigkeit bestanden, da das Hüftgelenk keinen so gravierenden Befund aufgewiesen habe, dass AU als selbstständiger Großhandelskaufmann dadurch begründet worden wäre. Er habe ab 20. Januar 1999 bis zum Herzinfarkt gearbeitet. Dies könne die Steuerfachgehilfin G. bestätigen, welche seine Bücher geführt habe. Die Beklagte berufe sich zu Unrecht auf ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK; dieses sei lediglich nach Aktenlage erstellt worden. In der streitigen Zeit habe ihr verstorbener Ehemann zwei Firmen betrieben. In der GmbH sei es um Warenauslieferung mit einem Kleintransporter gegangen. Diese Warenauslieferung zum einen oder anderen Kunden habe er auch selbst vorgenommen, was grundsätzlich ohne weiteres möglich gewesen sei. Andererseits sei er in der Handelsagentur tätig gewesen, wobei keine Waren auszuliefern gewesen seien. Die Geschäfte seien am Telefon oder per Fax abgewickelt worden. S.Z. sei bereits durch die Arbeit als Handelsvertreter in der Handelsagentur beansprucht worden, so dass er selbst keine wesentliche Zeit gehabt habe, um im Rahmen der GmbH chefuntypisch Waren selbst auszuliefern. Im Übrigen ergebe sich aus der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung des Jahres 2000 für die Handelsagentur, dass trotz des Herzinfarkts noch ein Jahresüberschuss von DM 31.793,97 erwirtschaftet worden sei. Dies zeige, dass S.Z. auch vorher entsprechend tätig gewesen sei. Die Klägerin hat verschiedene Unterlagen eingereicht.

Der Berichterstatter des Senats hat eine schriftliche Auskunft als sachverständige Zeugin der Dr. St. vom 02. Juni 2005 eingeholt, die Klägerin am 20. Dezember 2005 angehört, die Rentenakten der DRVB, S.Z. betreffend, beigezogen und ferner vom Finanzamt (FA) H. Steuerunterlagen für 1999 und 2000 hinsichtlich der GmbH sowie der Eheleute Z. beigezogen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG mit Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2001 ist rechtmäßig und verletzte S.Z. nicht in seinen Rechten. Ihm stand Krg für die Zeit vom 15. April 2000 bis 05. März 2001 nicht zu, deshalb kann auch die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin die Auszahlung von Krg für diese Zeit nicht beanspruchen. Das SG hätte damit der Klage nicht stattgeben dürfen.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie au macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus behandelt werden. Die Satzung kann für freiwillig Versicherte den Anspruch auf Krg ausschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen (Abs. 2 der Vorschrift). Für die Dauer des Krg gilt § 48 SGB V, der in Abs. 1 bestimmt: Versicherte erhalten Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der AU an. Tritt während der AU eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert. Nach § 48 Abs. 2 SGB V ist bestimmt: Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krg bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krg wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten AU mit Anspruch auf Krg versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate 1. nicht wegen dieser Krankheit au waren und 2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen. Bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krg werden nach § 48 Abs. 3 SGB V Zeiten, in denen der Anspruch auf Krg ruht oder für die das Krg versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krg berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krg besteht, bleiben jedoch unberücksichtigt. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht der Anspruch auf Krg, soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitseinkommen erhalten. Ferner ruht der Anspruch nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, solange die AU der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der AU erfolgt.

Im Hinblick auf die bei S.Z. bestehende Coxarthrose lief die dritte Frist von drei Jahren nach § 48 Abs. 2 SGB V vom 27. Juni 1997 bis 26. Juni 2000. In dieser Blockfrist war der Höchstanspruch von 78 Wochen am 17. Januar 1999 erschöpft, nachdem AU ab 30. Juni 1997 bestanden hatte. Ersichtlich war die AU bis zunächst 17. Januar 1999 nur im Hinblick auf die Bezugstätigkeit der Warenauslieferung des S.Z. im Rahmen der GmbH bejaht worden, nicht jedoch im Hinblick auf bloße Büro- und sonstige Organisationstätigkeiten, wie sie vor allem im Rahmen der Handelsagentur angefallen sein mögen. Ab 15. April 2000 bestand schon deswegen kein Anspruch auf Krg, weil der Senat, entgegen der Beurteilung des SG, nicht festzustellen vermag, dass bei S.Z. ab 18. Januar 1999 die beiderseitige Coxarthrose ausgeheilt war und keine AU bis zum 15. April bzw. 27. Juni 2000 verursacht hat. Insoweit stellt vielmehr der ab 15. April 2000 bestehende akute Herzinfarkt, weswegen ein Krankenhausaufenthalt vom 15. April bis 03. Mai 2000 stattgefunden hatte und weswegen Dr. St. AU vom 27. Juni bis 25. Juli 2000 und vom 09. Oktober 2000 bis 23. März 2001 bescheinigt hatte, eine hinzugetretene Krankheit dar. Der Senat geht davon aus, dass als maßgebende Tätigkeit für die Beurteilung von AU auch für die Zeit ab 18. Januar 1999 eine Außendiensttätigkeit mit Warenauslieferung im Rahmen des Geschäftszwecks der GmbH anzusehen ist, wie sie S.Z. auch noch bei der Untersuchung durch Dr. B. am 10. März 1999 angegeben hatte. Danach bestand seine Tätigkeit im Wesentlichen im Beliefern mit Lebensmitteln, wobei der eigene LKW von ihm beladen wurde. Markenartikel wurden an Lebensmittelläden ausgeliefert und dort aufgestellt. Das Gewicht der Ware lag zwischen acht und 15 kg, wobei S.Z. viel tragen musste. Dies wird auch durch das Schreiben des S.Z. vom 09. April 1999 sowie die weiteren Schreiben der Dr. St. vom 14. und 20. April 1999 bestätigt. S.Z. hatte darauf hingewiesen, im Hinblick auf starke Schmerzen im Hüftgelenk könne er seinem Beruf nicht nachgehen, weshalb er als au einzustufen sei. Auch Dr. St. wies unter dem 14. April 1999 darauf hin, dass S.Z. wegen der starken Hüftschmerzen seinen Beruf nicht ausüben könne. Sie bestätigte unter dem 21. Mai 1999, dass ihm hinsichtlich seiner Tätigkeit als Großhändler eine Warenauslieferung nicht möglich sei. Die fortbestehende AU wegen Coxarthrose war nicht deswegen zu verneinen, weil S.Z. möglicherweise im Rahmen der Handelsagentur oder auch im Rahmen der GmbH nach dem 17. Januar 1999 und auch noch 2000 Bürotätigkeiten und organisatorische Aufgaben verrichtet haben mag, so dass deswegen nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung für 2000 bei der Handelsagentur ein Jahresüberschuss von DM 31.793,97 erzielt wurde. Die fortbestehende AU wegen Coxarthrose wird auch dadurch bestätigt, dass die behandelnde Ärztin Dr. St. unter dem 21. Mai 1999 davon ausgegangen ist, dass Arbeitsfähigkeit nur bezüglich des Herzens ab 15. Januar 1999 gegeben war. In ihrer Auskunft vom 29. Juni 2005 hat die Ärztin für die Zeit ab 17. Januar 1999 auch weiterhin eine deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkung beschrieben und darauf hingewiesen, S.Z. seien seit 1998 regelmäßig Schmerzmittel sowie Bewegungsbäder verordnet worden. Er habe über ständige Schmerzen geklagt, weshalb die Verordnung von Dauermedikamenten erforderlich gewesen sei. Danach konnte S.Z. zwar Büroarbeiten und organisatorische Aufgaben verrichten, jedoch keine Warenauslieferung. Dr. St. hat nach ihrer Auskunft zwar bis 15. April 2000 dann keine AU-Bescheinigung mehr ausgestellt. Jedoch finden sich in ihren Eintragungen über Behandlungen ab 17. Januar 1999 auch solche wegen der ausgeprägten Coxarthrose beidseits, nämlich am 08. März und am 05. Juli 1999. Das dann unter dem 03. Juli 2000 ausgestellte Attest der Dr. St., wonach S.Z. in der Zeit vom 01. Januar 1999 bis 03. Juli 2000 wegen der Coxarthrose beidseits arbeitsfähig gewesen sei, überzeugt danach nicht, insbesondere nicht für die hier maßgebende Tätigkeit der Warenauslieferung. Dabei hatte Dr. St. S.Z. am 03. Juli 2000 an Dr. Sch. überwiesen. Dieser stellte nach seiner Auskunft vom 10. Oktober 2003 an diesem Tag eine deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks fest. Er bejahte auch AU wegen der Aktivierung der Coxarthrose. Erst bei der Untersuchung am 25. April 2002 bestand von Seiten des linken Hüftgelenks kein gravierender Befund mehr, der eine AU als selbstständiger Großhandelskaufmann begründet hätte. Auch aus dieser Auskunft ergibt sich nicht, dass im Hinblick auf die Coxarthrose vor dem 03. Juli 2000 Arbeitsfähigkeit für die Tätigkeit der Warenauslieferung bestanden hätte. Zwar ist bei S.Z. die im Jahre 1999 als höchst dringend angesehene Hüftgelenksoperation bis zum 08. Mai 2002, als das SG aufgrund eines Augenscheins nach dem angegriffenen Urteil festgestellt hatte, dass S.Z. in der Lage gewesen sei, ungehindert seitens des Hüftgelenks alle Bewegungen des täglichen Lebens auszuführen, bzw. bis zu seinem Tode tatsächlich nicht durchgeführt worden. Die vom SG am 08. Mai 2002 getroffene Feststellung rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass bei S.Z. die Coxarthrose beidseits bereits 1999 bzw. 2000 völlig ausgeheilt war und keine AU für die Tätigkeit der Warenauslieferung begründet hat, zumal auch Dr. Sch. erst für den 25. April 2002 AU wegen der Coxarthrose verneint hat. Im Übrigen berücksichtigt der Senat, dass die Klägerin am 20. Dezember 2005 angegeben hat, dass bei ihrem verstorbenen Ehemann im Jahre 1999 die Ausprägung der Hüftgelenksarthrose sehr wechselhaft gewesen sei. Mitunter seien die Schmerzen so stark gewesen, dass er nicht mehr habe laufen können. Ersichtlich deswegen war S.Z. auch nur selten im Rahmen der Warenauslieferung tätig. Zwar ist nach dem Befund bei der Krankenhausaufnahme am 15. April 2000 wegen des akuten Hinterwandinfarkts in dem Klinikbericht vom 14. Juni 2000 u.a. angegeben, alle Extremitäten seien aktiv frei beweglich. Doch misst der Senat dieser Angabe keine entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des S.Z. bei der Warenauslieferung bei, nachdem in der vorausgegangenen Anamnese jenes Berichts zur Vorgeschichte die seit langen Jahren bestehende Coxarthrose nicht einmal erwähnt wurde, so dass für die untersuchenden Ärzte keine Veranlassung bestand, die Hüftgelenke besonders zu würdigen.

Danach scheidet ein Anspruch auf Krg für die streitige Zeit aus, weil sich nicht feststellen lässt, dass die AU wegen Coxarthrose ab 18. Januar 1999 tatsächlich beendet war. Darauf, ob ein Anspruch auf Krg ab 15. April 2000 zunächst auch deswegen zu verneinen war, weil S.Z. lediglich mit Anspruch auf Krg ab dem 22. Tag der AU versichert gewesen sein könnte, wie von der Beklagten geltend gemacht, kommt es somit nicht an. Ferner ist auch nicht entscheidungserheblich, ob der Beklagten die AU-Bescheinigungen für die Zeit vom 04. Mai bis 26. Juni sowie vom 26. Juli bis 08. Oktober 2000 überhaupt zeitnah (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) vorgelegt wurden. Abgesehen von der zuletzt von der Klägerin eingereichten ärztlichen Bescheinigungen vom 12. Juni 2006, worin bestätigt wird, dass für S.Z. auch für diese genannte Zeit AU-Bescheinigungen bzw. entsprechende Auszahlungsscheine ausgestellt worden seien, befinden sich in den Akten der Beklagten für diese Zeiten keine zeitnahen Unterlagen oder Auszahlungsscheine. Auch darauf, ob die von S.Z. mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Februar 2004 vorgelegten Auszahlungsscheine mit Bestätigungen von AU für die Zeit ab 09. Oktober 2000 bei der Beklagten eingereicht worden waren, kommt es nicht an.

Danach war das angegriffene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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