S 11 RJ 14/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 RJ 14/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 25.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2002 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Beitragsnachforderung seitens der Beklagten aufgrund der Beschäftigung der Beigeladenen zu 3.) bis 14.).

Der am 00.00.1940 geborene Kläger war einer von zuletzt zwei geschäftsführenden Gesellschaftern der Firma Q1 Privatgesellschaft mit beschränkter Haftung (Q1GmbH) nach belgischem Recht, die zum 01.01.1998 in das Handelsregister beim Handelsgericht F1 eingetragen wurde. Durch Urteil desselben Gerichts vom 08.11.2001 kam es nach belgischem Recht zum Konkursabschluss wegen unzureichender Aktiva. Die Q1 Q1GmbH unterhielt jedenfalls zwischen dem 01.11.1999 und dem 21.11.2000 eine Zweigniederlassung in F2.

Im März 2001 teilte das Hauptzollamt B der Beklagten mit, die Polizei-direktion H – Kriminalpolizei – habe Beweismittel sichergestellt, aus denen sich ein Verdacht auf die Nichtabführung von Beiträgen zur Sozial-versicherung bezüglich der Beigeladenen zu 3.) bis 14.) ergebe. Nach Aus-wertung der Unterlagen und Durchführung einer Betriebsprüfung am 14.08.2001 teilte die Beklagte teilte dem Kläger zunächst mit, dass eine Nachforderung von Beiträgen in Höhe von 98.058,02 DM zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 17.694,00 DM (insgesamt 115.752,02 DM) beabsichtigt sei und erließ am 25.10.2001 den angekündigten Bescheid an den Kläger "als Geschäftsführer der ehemaligen Firma Q1 GmbH". Zur Begründung führte sie aus, die Fa Q1 Q1GmbH sei als Nachunter-nehmer für die H1 Firma Q2 GmbH tätig gewesen und habe sich der Arbeitsleistung der Beigeladenen zu 3) bis 14.) bedient, die laut den Arbeitserlaubnissen Beschäftigte einer Firma C1 L. in Budapest gewesen seien. Die Firma Q1 habe gegenüber der Firma Q2 GmbH versichert, die Arbeitnehmer seien im Besitz gültiger Arbeitserlaubnisse. Es hätten jedoch weder ein genehmigter Werkvertrag zwischen der Firma C1 L. und der Firma Q1 Q1GmbH noch gültige Arbeitserlaubnisse vorgelegen: Vielmehr habe es sich bei den Arbeitserlaubnissen um Fälschungen gehandelt. Auch sei davon auszugehen, dass die Firma Q1 Q1GmbH lediglich den Namen der ungarischen Firma gebraucht habe, um die Arbeitserlaubnisse echt wirken zu lassen. Ausweislich der Rechnungslegung habe die Firma Q2 GmbH auch allein mit der Firma Q1 Q1GmbH abgerechnet.

Seinen am 16.11.2001 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, die Q2 GmbH habe ursprünglich als Nachunternehmer ein anderes Unternehmen – die Firma H2 U H3 in F2 – beschäftigt, mit der die Q1 Q1GmbH in einem sog. "Bauwerkvertrag" vom 15.11.1999 vereinbart habe, den Vertrag mit der Firma Q2 GmbH "statt ihr weiterzuführen". Hiernach habe die Q1 Q1GmbH jedoch allein Abrechnung, Bauleitung u.ä. übernehmen, aber keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigen sollen. Eine Versicherung der Q1 Q1GmbH, gegebenenfalls für gültige Arbeitserlaubnisse eigener Arbeitnehmer zu sorgen, habe sich nur auf den – hypothetischen – Fall bezogen, dass sie selbst (und nicht die H2 U H3) überhaupt Arbeitnehmer beschäftige. Jedoch seien die Beigeladenen zu 3.) bis 14.) weiterhin bei der H2 U H3 beschäftigt gewesen, die auch weiterhin die Entlohnung übernommen habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18.06.2002 zurück. Sie wiederholte und vertiefte ihr bisheriges Vorbringen.

Hiergegen richtet sich die am 26.06.2002 erhobene Klage.

Der Kläger weist ergänzend darauf hin, dass er zwischen November 1999 und März 2000 schwer erkrankt gewesen sei, weswegen aussschließlich der andere Gesellschafter der Q1 Q1GmbH, Herr M, die Geschäfte des Unternehmens geführt habe. Er vertritt weiter die Auffassung, dass für die Forderung der Beklagten allein das Gesellschaftsvermögen haften könne. Eine eigene Haftung käme allein dann in Betracht, wenn er gegen Vorschriften des Strafgesetzbuchs (StGB) verstoßen habe, was jedoch angesichts des eingestellten Ermittlungsverfahrens gegen ihn nicht der Fall sei.

Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 25.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und weist darauf hin, dass sich aus den gesamten Aussagen der beigeladenen Arbeitnehmer im polizeilichen Ermittlungsverfahren keinerlei Hinweis auf die Beteiligung der ungarischen Firma C1 L. ergebe. Vielmehr hätten alle Arbeitnehmer ausgesagt, sie hätten sich auf eine Zeitungsannonce bei einer deutschen Firma beworben und erst in Deutschland einen (vermeintlichen) Antrag auf Arbeitserlaubnis unterschrieben. Im Übrigen habe auch der von der Polizei vernommene Zeuge I angegeben, ein verantwortlicher Mitarbeiter der Firma H2 U H3 habe ihn im November informiert, dass die Firma nunmehr in Q1 umbenannt werde, woraufhin es zu einem Vertragsschluss mit dieser Firma gekommen sei. Auch habe die Q1 Q1GmbH ihren Vertrag mit der Firma Q2 GmbH u.a. deswegen gekündigt, weil letztere absprachewidrig über Personal der ersteren verfügt habe. Dies lasse darauf schließen, dass im Bereich der Firma Q2 GmbH Arbeitnehmer der Q1 Q1GmbH eingesetzt gewesen seien. Schließlich habe die Q1 Q1GmbH der Q2 GmbH eine Unbedenk-lichkeitsbescheinigung der IKK Nordrhein vorgelegt, was allein dann sinnvoll gewesen sei, wenn sie eigene Arbeinehmer habe einsetzen wollen. Der Auffassung des Klägers, dass allein das Gesellschaftsvermögen für die geltend gemacht Nachforderung hafte, hält die Beklagte unter Verweis auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ) vom 15.10.1996 (VI ZR 319/95) und vom 01.10.1991 (VI ZR 374/90) entgegen, es sei Aufgabe des Geschäftsführers einer GmbH, die Arbeitnehmeranteile an die Sozialversicherung abzuführen. Komme er dieser Aufgabe nicht nach, so sei er haftungsrechtlich hierfür persönlich verantwortlich. Auch seien die straf- und haftungsrechtlichen Tatbestände derart unterschiedlich, dass eine fehlende Strafbarkeit nicht genüge, um auch die Haftung für die Beiträge zur Sozialversicherung auszuschließen.

Das Gericht hat die von der Nachforderung betroffenen Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger zum Verfahren beigeladen. Es weiterhin bei-gezogen: Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft (StA) N gegen den Geschäftsführer der H2 U H3 Herrn C2 (geb. 00.00.1940) vom 04.07.2002 sowie das Urteil des Amtsgerichts (AG) N vom 31.10.2002. Im Übrigen hat die StA mitgeteilt, dass ein Verfahren gegen den hiesigen Kläger nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden sei, da sie nicht mit letzter Sicherheit habe nachweisen können, dass der Kläger persönlich von der Beschäftigung der hiesigen Beigeladenen zu 3.) bis 14.) gewußt habe. Schließlich hat das Gericht eine Auskunft aus dem Gewerberegister der Stadt F2 sowie einen Handelsregisterauszug des Handelsgerichts F1 (Belgien), beide über die Q1 Q1GmbH, beigezogen.

Hinsichtlich der wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Einen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger durfte die Beklagte nicht im Wege angefochtenen Bescheide geltend machen (dazu sogleich); ein Anspruch unmittelbar gegen den Kläger im Wege einer Durchgriffshaftung besteht nicht (dazu sodann).

Die Bescheide der Beklagten sind deswegen rechtswidrig, weil sie mit ihnen einen Anspruch geltend macht, den sie nicht durch Verwaltungsakt geltend machen kann.

Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Kläger von der Be-schäftigung der Beigeladenen zu 3.) bis 14.) bei der Q1 Q1GmbH wußte und dadurch den Tatbestand von § 266 a des Strafgesetzbuchs (StGB), der vorsätzliches Handeln voraussetzt, verwirklicht hat. Ebenso kann dahin-stehen, ob ein Anspruch der Beklagten aus § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), insbesondere in Verbindung mit den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozial-versicherung – (SGB IV) über die Beitragszahlung (§§ 28 d ff SGB IV), auch dann gegeben ist, wenn der subjektive Tatbestand des § 266 a StGB mangels beweisbaren Vorsatzes nicht erfüllt ist. Denn beide Male handelt es sich um einen privatrechtlichen Anspruch, den ein Sozialversicherungsträger nicht im Wege eines Verwaltungsaktes geltend machen kann.

Nach § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsver-fahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ist ein Verwaltungsakt jede behördliche Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten stellen – wie sich aus Verfahren, Aufbau, Formulierung und Rechtsmittelbelehrung ergibt – Verwaltungsakte in diesem Sinne dar, dienen jedoch der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Kläger. Zur Durchsetzung eines Anspruchs zivilrechtlicher Natur dürfen Verwaltungs-träger sich nicht der Rechtsform des Verwaltungsakts bedienen, sondern müssen im Wege einer zivilgerichtlichen Klage gegen den Schuldner vorgehen (auf sozialrechtlichem Gebiet etwa SG Hildesheim, Urteil vom 18.09.2001 – S 2 KR 53/98, Breithaupt 2002, S. 10 ff; Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., § 31, Rn 23; vgl. weiter auch BAG, Beschluss vom 20.03.2002 – 5 AZB 25/01, BB 2002, 1427 f; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.11.2003 – 3 U 125/03).

Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind darauf gerichtet, gegenüber dem Kläger einen Schadensersatzanspruch zivilrechtlicher Natur geltend zu machen. Die Rechtsnatur eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen besonderer Verpflichtungen richtet sich nach der Rechtsnatur desjenigen Verhältnisses, dem die verletzten Verpflichtungen entstammen (BSG, SozR 4100 § 145 Nr. 1; Engelmann, a.a.O., Rn 18 und 14 m.w.N.; allgemein zur Abgrenzung von öffentlichem Recht und Privatrecht etwa GemSOBG, SozR 1500 § 51 Nr. 39 und Nr. 53). Zwar gründet der geltend gemachte Anspruch letztlich in einer Verletzung der eindeutig öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Vorliegend macht die Beklagte jedoch nicht etwa einen Anspruch gegen die Q1 Q1GmbH (als Arbeitgeber i.S.d. § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV) geltend, sondern wendet sich an den ehemaligen Geschäftsführer besagter Firma als natürliche Person. Dies ergibt sich bereits aus dem Ausgangsbescheid, der ausdrücklich an den Kläger "als Geschäftsführer der ehemaligen Firma Q1 GmbH" gerichtet war. Weiterhin ergibt es sich auch aus dem Verweis der Beklagten auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen zur Haftung des Geschäftsführers (und nicht des Arbeitgebers) nach § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266 a StGB.

Die Haftung eines (ehemaligen) Geschäftsführers einer juristischen Person wegen der Nichtabführung von Beiträgen zur Sozialversicherung hat ihre gesetzliche Grundlage nach ständiger Rechtsprechung in § 823 Abs. 2 BGB und ist privatrechtlicher Natur (vgl. etwa die auch von der Beklagten angeführten Entscheidungen des BGHZ vom 15.10.1996 – VI ZR 319/95 und vom 01.10.1991 – VI ZR 374/90; ferner etwa Urteil vom 16.05.2000 – VI ZR 90/99, NJW 2000, 2993 ff; Urteil vom 15.10.1996 – VI ZR 327/95, ZIP 1996, 1989 ff; Urteil vom 04.07.1989 – VI ZR 23/89, DB 1989, 1851; Urteil vom 18.05.1976 – VI ZR 241/73, BB 1976, 1032; aus der OLG-Rechtsprechung etwa OLG Rostock, Beschluss vom 16.06.1997 – 1 W 47/96; OLG Köln, Urteil vom 23.08.1996 – 11 U 19/96, GmbHR 1997, 308 ff; Urteil vom 25.05.1988 – 13 U 140/87, DB 1988, 1588 f; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.02.1985 – 1 U 77/84, VersR 1986, 1086; aus der Literatur etwa Kissel, GVG, 3. Aufl., 2001, § 13, Rn 131). Hieran ändern auch die beträchtlichen öffentlich-rechtlichen Implikationen des Schadensersatzanspruchs nichts. Ein Anspruch wird nicht dadurch öffentlich-rechtlich, dass seine Voraussetzungen (teilweise) in öffentlich-rechtlichen Vorschriften geregelt sind (vgl. etwa Albers, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., 2004, § 13 GVG, Rn 7 zu entsprechenden Rechtswegfragen). Der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB kann zwar in Fällen wie dem vorliegenden naturgemäß nur in Verbindung mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften (wozu auch § 266 a StGB zählt) gegeben sein, richtet sich aber nicht auf die Nachzahlung von Beiträgen, sondern auf Schadensersatz aufgrund unterbliebener Beitragszahlung und besteht gegenüber einer natürlichen Person, die als solche den Gesamtsozialversicherungsbeitrag gerade nicht schuldet. Dass der Schadensersatzanspruch einer juristischen Personen des öffentlichen Rechts (der Einzugsstelle i.S.d. § 28 h SGB IV sowie möglicherweise auch dem prüfenden Rentenversicherungsträger nach § 28 p SGB IV) zusteht, berührt seine Rechtsnatur nicht (SG Hildesheim, aaO), denn auch Verwaltungsträger können nach ganz h.M. aus zivilrechtlichen Vorschriften aktivlegitimiert sein, ohne dass die entsprechenden Ansprüche auf diese Weise öffentlich-rechtlich würden.

Auch bei einer Auslegung bzw. Umdeutung (§ 43 SGB X) der angefochtenen Entscheidungen dahingehend, der Kläger werde als ehemaliger Gesell-schafter im Wege der Durchgriffshaftung in Anspruch genommen, sind die Bescheide rechtswidrig, da die Voraussetzung eines solchen Durchgriffs nicht vorliegen. Ein GmbH-Gesellschafter kann ausnahmsweise als Beitragsschuldner in Anspruch genommen werden (BSG, Urteil vom 01.02.1996 – 2 RU 7/95, SozR 3-2200 § 723 Nr. 2), wenn sich die Berufung auf die Selbständigkeit der GmbH als rechtsmißbräuchlich darstellt (BSGE 45, 279; ähnlich LSG Hamburg, Urteil vom 18.06.1992 – VI KRBf 45/85). Dies ist – neben den Fällen der materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft (vgl. auch Art. 265 des belgischen Code des sociétés) und der Vermögensvermischung zwischen Privat- und Gesellschaftsvermögen, für deren Annahme der hiesige Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte bietet – bei allgemeiner Rechts-mißbräuchlichkeit der Berufung auf das Haftungsprivileg der Fall (BSG, Urteil vom 27.09.1994 – 10 Rar 1/92). Sie setzt jedoch voraus, dass die Berufung auf den Grundsatz der Trennung von Gesellschafts- und Gesellschafter-vermögen dazu benutzt wird, einen von der Rechtsordnung nicht mehr zu billigenden Erfolg herbeizuführen (hierzu und zum Folgenden BSG, aaO). Dies ist der Fall, wenn mit Hilfe der Rechtsform Gesetzesbestimmungen umgangen, vertragliche Verpflichtungen verletzt oder Dritte auf sonstige Weise geschädigt werden sollen.

Zwar hat die Kammer angesichts insbesondere der polizeilichen Ermittlungs-akten keinen Zweifel daran, dass die Q1 Q1GmbH als Arbeitgeber der Beigeladenen zu 3.) bis 14.) fungierte, sie kann jedoch aufgrund des gesamten Akteninhalts nicht feststellen, dass der Kläger die Rechtsform der Q1 GmbH gerade deswegen gewählt hat, um mit Hilfe rechtsformspezifischer Möglichkeiten Gesetze zum umgehen oder Andere zu schädigen. Nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen, welches auch AG und StA N ihrer rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt haben, ist ein eigenes Tätigwerden des Klägers hinsichtlich der Beschäftigung der beigeladenen Arbeitnehmer oder ähnlicher (ggf. auch geplanter) Aktivitäten nicht ersichtlich. Ob der Kläger – was naheliegt – hierdurch seine Sorgfaltspflichten als geschäftsführender Gesellschafter verletzt hat, braucht das Gericht nicht näher zu untersuchen, denn das für eine Durchgriffshaftung erforderliche gezielte Tätigwerden ist ihm jedenfalls nicht nachweisbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG. Da weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz genannten Personen gehören, werden Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben, § 197 a Satz 1 SGG: Die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung, statt dessen sind die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ent-sprechend anzuwenden. Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterlegene Teil die Kosten des Verfahrens. Dies sind im vorliegenden Fall die Gerichtskosten und die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der obsiegenden Seite.
Rechtskraft
Aus
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