L 14 B 1308/05 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 59 AS 6428/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 1308/05 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Oktober 2005 geändert. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozial- gericht für die Geltendmachung des Anspruchs auf Kosten für Unterkunft und Heizung ab 14. Januar 2005 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. G S beigeordnet; Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu zahlen. Die Beschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers kann im Ergebnis nur teilweise Erfolg haben.

Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dazu in der Lage, die Kosten der Prozessführung auch nur teilweise oder in Raten aufzubringen (§§ 114, 115 der Zivilprozessordnung –ZPO- i. V. mit § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG-).

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe scheitert nicht an der fehlenden "Erforderlichkeit" der Vertretung durch einen Rechtsanwalt (§ 121 Abs. 2 ZPO). Das Sozialgericht verkennt offensichtlich Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe, wie schon der verfehlte Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus einer Zeit zeigt, als es das Rechtsinstitut der Prozesskostenhilfe noch gar nicht gab. Im Übrigen handelt es sich bei der Begründung des Anspruchs mit einem "sozialrechtlichen Herstellungsanspruch" auch nicht um "einfache Tat- und Rechtsfragen". Es reicht nicht aus, dass im sozialgerichtlichen Verfahren Amtsermittlungspflicht besteht und die Kläger dazu in der Lage sind, ihr Anliegen verständlich zu formulieren und ggf. unter Anleitung des Gerichts selbst vorzutragen. Aufgabe der Prozesskostenhilfe ist es, das Prinzip der Rechtsschutzgleichheit (Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 des Grundgesetzes –GG-) zu verwirklichen und die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung einer im Einzelfall möglichst wirksamen gerichtlichen Kontrolle in den von den Prozessordnungen zur Verfügung gestellten Instanzen als Ausfluss der Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG) weitgehend anzugleichen (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 17. Februar 1997 – 1 BvR 1440/96- und 18. Dezember 2001 – 1 BvR 391/01-). Gegen diese Gewährleistung verstößt ein pauschales Abstellen auf den Amtsermittungsgrundsatz, zumal die Aufklärungs- und Beratungspflicht des Anwaltes über die Reichweite der Amtsermittlungspflicht des Richters hinaus geht (Bundesverfassungsgericht, a.a.O.).

Allerdings liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst für einen geltend gemachten Anspruch ab 14. Januar 2005 vor, weil es für den vorhergehenden Zeitraum an der dafür erforderlichen zumindest hinreichenden Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO) der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt.

Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Kläger keine Antragsvordrucke erhalten hat, als Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten im Sinne der §§ 13 bis 15 des Sozialgesetzbuches, Erstes Buch – SGB I – angesehen werden könnte. Denn jedenfalls war dem Kläger auch ohne Übersendung der Antragsvordrucke die Notwendigkeit der rechtzeitigen Stellung eines Antrages auf Arbeitslosengeld II bekannt. Demgemäß fehlt es bereits an einer Ursächlichkeit einer (möglichen) Verletzung von Auskunfts- und Bratungspflichten. Dass der Kläger den Antrag erst am 3. Januar 2005 stellen wollte und dies wegen seiner vorher eingetretenen Inhaftierung nicht konnte, beruhte nicht auf fehlender Beratung. Unerheblich ist es, ob er ihm übersandte Vordrucke zeitiger zurückgesandt hätte. Durch den "Herstellungsanspruch" wird nur eine auf einem Beratungsmangel beruhende Rechtsunkenntnis ausgeglichen, nicht eine unbequemere Handhabung infolge unterbliebenen "Services". Ferner hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass er den Antrag auch in der Haftanstalt hätte stellen können. Tatsächlich hat er auch durch ein am 14. Januar 2005 beim Bezirksamt C eingegangenes Schreiben die Gewährung von Unterkunftsleistungen beantragt. Demgemäß fehlt es der beabsichtigten Rechtsverfolgung für einen Anspruch ab diesem Zeitpunkt nicht an einer hinreichenden Erfolgsaussicht.

Da der Wert des Streitgegenstandes deutlich über der Mindestgebühr für einen Rechtsanwalt liegt, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein "Bemittelter" im Hinblick auf das Kostenrisiko bei vernünftigen Erwägungen von der Beauftragung eines Rechtsanwaltes abgesehen hätte, so dass die Beiordnung eines Rechtsanwaltes auch insoweit nicht an der "Erforderlichkeit" scheitert (vgl. insoweit die Beschlüsse des Senats vom 5.Oktober 1998 –L 14 Ar-N 60/96- und 17. März 2003 –L 14 AL 47/02-).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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