Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 RA 365/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4196/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 2. September 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Zeit vom 1. August 1966 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum erzielten monatlichen Arbeitsentgelte nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Die 1945 geborene Klägerin hat in der ehemaligen DDR 1963/64 eine Ausbildung zum Molkereifacharbeiter absolviert, von September 1964 bis Juli 1966 den Beruf der milchwirtschaftlich-technischen Assistentin erlernt, am 10. März 1972 erfolgreich die Prüfung als Ingenieur-Pädagogin (Lehrkraft für berufspraktischen Unterricht) in der Fachrichtung Milchwirtschaft abgelegt und nach einer berufsbegleitenden Fachschulausbildung am 20. Februar 1976 die Berufsbezeichnung Ingenieur für Milchwirtschaft erworben. Dieser Abschluss entspricht nach dreijähriger einschlägiger Berufstätigkeit einem Fachhochschulabschluss als Diplom-Ingenieur - FH - (Gleichwertigkeitsanerkennung vom 10. Februar 1994).
Die Klägerin war nach den Angaben in ihren Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung im streitigen Zeitraum als milchwirtschaftlich-technische Assistentin, TKO-Leiterin und (ab Januar 1975) als Prüfingenieurin in einer Molkerei in A. beschäftigt, die bis 1970 dem Molkereikombinat A. und anschließend bis Juni 1990 der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) Kombinat Milchwirtschaft e.G. (jetzt Milchwerke O. e.G.) angehörte.
Den Antrag der Klägerin vom 25. September 2001, die Beschäftigungszeit vom 1. August 1966 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage eins zum AAÜG (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelli-genz - AVItech) festzustellen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 19. November 2001). Sie führte zur Begründung aus, eine positive Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Ohne Versorgungszusage lägen Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung (nur) vor, wenn eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst gewesen sei. Die Beschäftigung müsse dabei in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein. Der VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. sei kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen und gehöre auch nicht zu den nach der 2. Durchführungsbestimmung zur AVItech vom 24. Mai 1951 (2. DB AVItech) gleichgestellten Betrieben.
Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie sei als Leiterin der TKO zwar in einer Molkerei tätig gewesen, zum Kombinat hätten aber auch zwei volkseigene Betriebe gehört. In der gesamten Struktur habe es keine Unterschiede zu einem volkseigenen Kombinat gegeben. Es sei auf Leitungssitzungen, Lehrgängen u.s.w. immer wieder hervorgehoben worden, dass das Kombinat Milchwirtschaft den volkseigenen Kombinaten gleichgestellt sei. Zum Nachweis hierfür legte sie eine undatierte Erklärung der Milchwerke O. e.G. und die Erklärung eines (laut Klägerin) früheren Vorsitzenden des Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsmittelwirtschaft beim Rat des Bezirks F. vom 9. Januar 2002 vor. Darin wird ausgeführt, das Kombinat habe dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsmittelwirtschaft der DDR unterstanden und sei durch den Rat des Bezirkes, Abteilung Land-, Forst - und Nahrungsmittelwirtschaft, auf Bezirksebene direkt angeleitet und kontrolliert worden. VdgB-Betriebe seien Eigentum der bäuerlichen Genossenschaft, die Beschäftigten selbst aber keine Genossenschaftsmitglieder gewesen. Sie hätten keine juristi-schen Mitspracherechte gehabt und seien alle im Angestelltenverhältnis beschäftigt und nicht an Gewinnen beteiligt worden. Aufgrund dieser Besitzverhältnisse und der Betriebsführung sei das Kombinat den volkseigenen Betrieben gleichgestellt gewesen. Einige Kader der technischen Intelligenz des Kombinats hätten vor dem Jahr 1989 Versorgungszusagen erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 6. August 2002). Die Klägerin sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe sie Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Sie habe im Juni 1990 als Ingenieur-Pädagogin nicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten angehört und sei bei einem Arbeitgeber beschäftigt gewesen, der nicht in das Versorgungssystem einbezogen gewesen sei.
Dagegen hat die Klägerin am 27. August 2002 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, sie habe 1976 die Berechtigung erworben, als Diplom-Ingenieurin (FH) tätig zu sein, nach eigenen Feststellungen der Beklagten eine ihrer technischen Qualifikationen entsprechende Tätigkeit ausgeübt und sei in einem Kombinat tätig gewesen, das den volkseigenen Betrieben in jeder Hinsicht gleichgestellt gewesen sei. Diese Gleichstellung ergebe sich insbesondere daraus, dass zu diesem Kombinat - einmalig in der DDR - sowohl genossenschaftliche als auch volkseigene Betriebe gehört hätten, die Genossenschaft wie keine andere bezirksgeleitet gewesen sei, die Beschäftigten keine juristischen Mitspracherechte gehabt hätten, nicht an Gremien beteiligt gewesen und nach einem Rahmenkollektivvertrag für volkseigene Betriebe entlohnt worden seien und die Beschäftigten ohne weite-res in einen volkseigenen Betrieb (und umgekehrt) hätten umgesetzt werden können, was nur unter gleichgestellten Betrieben zulässig gewesen sei.
Nachdem die Beklagte einem Antrag der Klägerin, das Klageverfahren im Hinblick auf das Revisionsverfahren mit dem Aktenzeichen B 4 R 195/02 B ruhen zu lassen, nicht zugestimmt hatte, hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 2. September 2003, der Klägerin zugestellt am 8. September 2003). Das AAÜG finde auf die Klägerin keine Anwendung. Ihr sei weder eine Versorgungszusage erteilt noch sei sie durch eine Einzelfallregelung in die AVItech einbezogen worden. Eine die Klägerin begünstigende Rehabilitierungsentscheidung liege ebenfalls nicht vor. Die Klägerin habe am 30. Juni 1990 auch nicht die abstrakt-generellen Voraussetzungen für eine obligatorische Einbeziehung in die AVItech erfüllt. Sie sei aufgrund ihrer Ausbildung zwar berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen, doch habe sie ihre Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichzusetzenden Betrieb ausgeübt. Der VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. sei kein volkseigener Betrieb gewesen und habe auch nicht zu den in § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech genannten gleichgestellten Einrichtungen gehört. Darauf, ob das Kombinat einem volkseigenen Betrieb tatsächlich gleichgestellt gewesen sei, komme es nicht an.
Mit der am 16. September 2003 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hat die Klägerin weiterhin eine Zugehörigkeit zur AVItech geltend gemacht. Sie hat wiederholt beantragt, das Berufungsverfahren im Hinblick auf ein von ihr als Musterverfahren des Zentralverbandes der Deutschen Milchwirtschaft bezeichnetes Verfahren beim Sächsischen Landessozialgericht, Az.: L 4 RA 91/03, ruhen zu lassen.
Die Beklagte hat dem Antrag nicht zugestimmt und u. a. auf ein Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. August 2002, Az: L4 RA 232/01, hingewiesen, wonach ein VdgB kein dem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 2. September 2003 sowie den Bescheid vom 19. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Au-gust 1966 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen,
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs. 2 S. 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2002, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die Zeit vom 1. August 1966 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (AVItech) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 2. September 2003 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung.
In dem (Feststellungs)Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des SGB VI ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durch die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme durchzuführen ist, besteht ein Anspruch des Versicherten auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie der in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte nur dann, wenn der Versicherte gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall.
Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin weder in der DDR noch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Rehabilitierung eine Versorgungszusage erteilt worden ist. Bei ihr war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 auch noch kein Versorgungsfall des Alters oder der Invalidität eingetreten. Somit bestand zu keinem Zeitpunkt ein Versorgungsanspruch oder eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG.
Die Klägerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech (vgl. zu den Voraussetzungen BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und 6), da sie am 30. Juni 1990 im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung ausgeübt hat, bei der die persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVI-tech erfüllt gewesen wären (vgl. BSG Urteil vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 12/04 R; für die Zeit vor Abschluss der Ingenieur-Ausbildung Urteil vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 32/01 R). Zwar war die Klägerin seit Februar 1976 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Milchwirtschaft" zu führen und nach ihrem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung jedenfalls ab 1. Januar 1975 entsprechend ihrer Ausbildung als Prüfingenieurin beschäftigt, doch erfolgte die Beschäftigung nicht bei einem volkseigenen Pro-duktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb.
Die Klägerin übte ihre Beschäftigung ausschließlich in einer Molkerei in A. aus, die bis 1970 dem Molkereikombinat A. und anschließend bis 30. Juni 1990 dem VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. angehörte. Aufgrund der genossenschaftlichen Struktur des Kombinat handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (zur Abgrenzung des volkseigenen Betriebs zu anderen Formen des sozialistischen Eigentums vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Das Kombinat war auch kein dem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb (so bereits für das Kombinat für Milchwirtschaft e.G. S. das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. August 2002, Az.: L 4 RA 232/01). Welche Einrichtungen in der ehemaligen DDR volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt waren, ist abschließend in § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech aufgeführt. Das Kombinat ist keiner der dort genannten Einrichtungen (wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademien und Bauschulen, Bergakademien und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe für Gas, Wasser und Energie, Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien) zuzuordnen.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Gleichstellung mit einem volkseigenen Produktionsbetrieb nicht aus tatsächlichen Umständen, sondern lediglich aus der Zuordnung durch die 2. DB AVItech ergeben kann (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Struktur des VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. der Struktur eines volkseigenen Produktionsbetriebs entsprochen hat. Auch eine tatsächliche Gleichbehandlung mit volkseigenen Produktionsbetrieben in der DDR ist nicht geeignet, den Kreis der gleichgestellten Betriebe über den durch § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech bestimmten Umfang hinaus zu erweitern (vgl. BSG SozR3-8570 § 1 Nr. 7; BVerfG Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az.: 1 BvR 203/05 zu dem von der Klägerin als Musterverfahren bezeichneten Verfahren des Sächsischen Landessozialgerichts mit dem Az.: L 4 RA 91/03, betreffend die VdgB Molkereigenossenschaft, Molkereikombinat D. ).
Unerheblich ist auch, ob anderen Beschäftigten des Kombinat zu Zeiten der DDR abweichend von den Bestimmungen der AVItech im Einzelfall eine Versorgungszusage erteilt worden ist. Maßgebend für die Beurteilung der Zugehörigkeit zur AVItech ist allein die nach Maßgabe des Bundesrechts zu bestimmende abstrakt-generelle Regelung der Versorgungsordnung, nicht deren tatsäch- liche Auslegung und Anwendung in der DDR (vgl. BSG Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 39/01 R).
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor. Der Senat folgt mit dieser Entscheidung der vom BVerfG unbeanstandeten Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des AAÜG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Zeit vom 1. August 1966 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum erzielten monatlichen Arbeitsentgelte nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Die 1945 geborene Klägerin hat in der ehemaligen DDR 1963/64 eine Ausbildung zum Molkereifacharbeiter absolviert, von September 1964 bis Juli 1966 den Beruf der milchwirtschaftlich-technischen Assistentin erlernt, am 10. März 1972 erfolgreich die Prüfung als Ingenieur-Pädagogin (Lehrkraft für berufspraktischen Unterricht) in der Fachrichtung Milchwirtschaft abgelegt und nach einer berufsbegleitenden Fachschulausbildung am 20. Februar 1976 die Berufsbezeichnung Ingenieur für Milchwirtschaft erworben. Dieser Abschluss entspricht nach dreijähriger einschlägiger Berufstätigkeit einem Fachhochschulabschluss als Diplom-Ingenieur - FH - (Gleichwertigkeitsanerkennung vom 10. Februar 1994).
Die Klägerin war nach den Angaben in ihren Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung im streitigen Zeitraum als milchwirtschaftlich-technische Assistentin, TKO-Leiterin und (ab Januar 1975) als Prüfingenieurin in einer Molkerei in A. beschäftigt, die bis 1970 dem Molkereikombinat A. und anschließend bis Juni 1990 der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) Kombinat Milchwirtschaft e.G. (jetzt Milchwerke O. e.G.) angehörte.
Den Antrag der Klägerin vom 25. September 2001, die Beschäftigungszeit vom 1. August 1966 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage eins zum AAÜG (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelli-genz - AVItech) festzustellen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 19. November 2001). Sie führte zur Begründung aus, eine positive Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Ohne Versorgungszusage lägen Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung (nur) vor, wenn eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst gewesen sei. Die Beschäftigung müsse dabei in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein. Der VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. sei kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen und gehöre auch nicht zu den nach der 2. Durchführungsbestimmung zur AVItech vom 24. Mai 1951 (2. DB AVItech) gleichgestellten Betrieben.
Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie sei als Leiterin der TKO zwar in einer Molkerei tätig gewesen, zum Kombinat hätten aber auch zwei volkseigene Betriebe gehört. In der gesamten Struktur habe es keine Unterschiede zu einem volkseigenen Kombinat gegeben. Es sei auf Leitungssitzungen, Lehrgängen u.s.w. immer wieder hervorgehoben worden, dass das Kombinat Milchwirtschaft den volkseigenen Kombinaten gleichgestellt sei. Zum Nachweis hierfür legte sie eine undatierte Erklärung der Milchwerke O. e.G. und die Erklärung eines (laut Klägerin) früheren Vorsitzenden des Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsmittelwirtschaft beim Rat des Bezirks F. vom 9. Januar 2002 vor. Darin wird ausgeführt, das Kombinat habe dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsmittelwirtschaft der DDR unterstanden und sei durch den Rat des Bezirkes, Abteilung Land-, Forst - und Nahrungsmittelwirtschaft, auf Bezirksebene direkt angeleitet und kontrolliert worden. VdgB-Betriebe seien Eigentum der bäuerlichen Genossenschaft, die Beschäftigten selbst aber keine Genossenschaftsmitglieder gewesen. Sie hätten keine juristi-schen Mitspracherechte gehabt und seien alle im Angestelltenverhältnis beschäftigt und nicht an Gewinnen beteiligt worden. Aufgrund dieser Besitzverhältnisse und der Betriebsführung sei das Kombinat den volkseigenen Betrieben gleichgestellt gewesen. Einige Kader der technischen Intelligenz des Kombinats hätten vor dem Jahr 1989 Versorgungszusagen erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 6. August 2002). Die Klägerin sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe sie Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Sie habe im Juni 1990 als Ingenieur-Pädagogin nicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten angehört und sei bei einem Arbeitgeber beschäftigt gewesen, der nicht in das Versorgungssystem einbezogen gewesen sei.
Dagegen hat die Klägerin am 27. August 2002 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, sie habe 1976 die Berechtigung erworben, als Diplom-Ingenieurin (FH) tätig zu sein, nach eigenen Feststellungen der Beklagten eine ihrer technischen Qualifikationen entsprechende Tätigkeit ausgeübt und sei in einem Kombinat tätig gewesen, das den volkseigenen Betrieben in jeder Hinsicht gleichgestellt gewesen sei. Diese Gleichstellung ergebe sich insbesondere daraus, dass zu diesem Kombinat - einmalig in der DDR - sowohl genossenschaftliche als auch volkseigene Betriebe gehört hätten, die Genossenschaft wie keine andere bezirksgeleitet gewesen sei, die Beschäftigten keine juristischen Mitspracherechte gehabt hätten, nicht an Gremien beteiligt gewesen und nach einem Rahmenkollektivvertrag für volkseigene Betriebe entlohnt worden seien und die Beschäftigten ohne weite-res in einen volkseigenen Betrieb (und umgekehrt) hätten umgesetzt werden können, was nur unter gleichgestellten Betrieben zulässig gewesen sei.
Nachdem die Beklagte einem Antrag der Klägerin, das Klageverfahren im Hinblick auf das Revisionsverfahren mit dem Aktenzeichen B 4 R 195/02 B ruhen zu lassen, nicht zugestimmt hatte, hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 2. September 2003, der Klägerin zugestellt am 8. September 2003). Das AAÜG finde auf die Klägerin keine Anwendung. Ihr sei weder eine Versorgungszusage erteilt noch sei sie durch eine Einzelfallregelung in die AVItech einbezogen worden. Eine die Klägerin begünstigende Rehabilitierungsentscheidung liege ebenfalls nicht vor. Die Klägerin habe am 30. Juni 1990 auch nicht die abstrakt-generellen Voraussetzungen für eine obligatorische Einbeziehung in die AVItech erfüllt. Sie sei aufgrund ihrer Ausbildung zwar berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen, doch habe sie ihre Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichzusetzenden Betrieb ausgeübt. Der VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. sei kein volkseigener Betrieb gewesen und habe auch nicht zu den in § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech genannten gleichgestellten Einrichtungen gehört. Darauf, ob das Kombinat einem volkseigenen Betrieb tatsächlich gleichgestellt gewesen sei, komme es nicht an.
Mit der am 16. September 2003 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hat die Klägerin weiterhin eine Zugehörigkeit zur AVItech geltend gemacht. Sie hat wiederholt beantragt, das Berufungsverfahren im Hinblick auf ein von ihr als Musterverfahren des Zentralverbandes der Deutschen Milchwirtschaft bezeichnetes Verfahren beim Sächsischen Landessozialgericht, Az.: L 4 RA 91/03, ruhen zu lassen.
Die Beklagte hat dem Antrag nicht zugestimmt und u. a. auf ein Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. August 2002, Az: L4 RA 232/01, hingewiesen, wonach ein VdgB kein dem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 2. September 2003 sowie den Bescheid vom 19. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Au-gust 1966 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen,
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs. 2 S. 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2002, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die Zeit vom 1. August 1966 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (AVItech) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 2. September 2003 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung.
In dem (Feststellungs)Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des SGB VI ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durch die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme durchzuführen ist, besteht ein Anspruch des Versicherten auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie der in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte nur dann, wenn der Versicherte gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall.
Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin weder in der DDR noch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Rehabilitierung eine Versorgungszusage erteilt worden ist. Bei ihr war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 auch noch kein Versorgungsfall des Alters oder der Invalidität eingetreten. Somit bestand zu keinem Zeitpunkt ein Versorgungsanspruch oder eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG.
Die Klägerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech (vgl. zu den Voraussetzungen BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und 6), da sie am 30. Juni 1990 im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung ausgeübt hat, bei der die persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVI-tech erfüllt gewesen wären (vgl. BSG Urteil vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 12/04 R; für die Zeit vor Abschluss der Ingenieur-Ausbildung Urteil vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 32/01 R). Zwar war die Klägerin seit Februar 1976 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Milchwirtschaft" zu führen und nach ihrem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung jedenfalls ab 1. Januar 1975 entsprechend ihrer Ausbildung als Prüfingenieurin beschäftigt, doch erfolgte die Beschäftigung nicht bei einem volkseigenen Pro-duktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb.
Die Klägerin übte ihre Beschäftigung ausschließlich in einer Molkerei in A. aus, die bis 1970 dem Molkereikombinat A. und anschließend bis 30. Juni 1990 dem VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. angehörte. Aufgrund der genossenschaftlichen Struktur des Kombinat handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (zur Abgrenzung des volkseigenen Betriebs zu anderen Formen des sozialistischen Eigentums vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Das Kombinat war auch kein dem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb (so bereits für das Kombinat für Milchwirtschaft e.G. S. das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. August 2002, Az.: L 4 RA 232/01). Welche Einrichtungen in der ehemaligen DDR volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt waren, ist abschließend in § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech aufgeführt. Das Kombinat ist keiner der dort genannten Einrichtungen (wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademien und Bauschulen, Bergakademien und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe für Gas, Wasser und Energie, Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien) zuzuordnen.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Gleichstellung mit einem volkseigenen Produktionsbetrieb nicht aus tatsächlichen Umständen, sondern lediglich aus der Zuordnung durch die 2. DB AVItech ergeben kann (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Struktur des VdgB Kombinat Milchwirtschaft e.G. der Struktur eines volkseigenen Produktionsbetriebs entsprochen hat. Auch eine tatsächliche Gleichbehandlung mit volkseigenen Produktionsbetrieben in der DDR ist nicht geeignet, den Kreis der gleichgestellten Betriebe über den durch § 1 Abs. 2 der 2. DB AVItech bestimmten Umfang hinaus zu erweitern (vgl. BSG SozR3-8570 § 1 Nr. 7; BVerfG Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az.: 1 BvR 203/05 zu dem von der Klägerin als Musterverfahren bezeichneten Verfahren des Sächsischen Landessozialgerichts mit dem Az.: L 4 RA 91/03, betreffend die VdgB Molkereigenossenschaft, Molkereikombinat D. ).
Unerheblich ist auch, ob anderen Beschäftigten des Kombinat zu Zeiten der DDR abweichend von den Bestimmungen der AVItech im Einzelfall eine Versorgungszusage erteilt worden ist. Maßgebend für die Beurteilung der Zugehörigkeit zur AVItech ist allein die nach Maßgabe des Bundesrechts zu bestimmende abstrakt-generelle Regelung der Versorgungsordnung, nicht deren tatsäch- liche Auslegung und Anwendung in der DDR (vgl. BSG Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 39/01 R).
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor. Der Senat folgt mit dieser Entscheidung der vom BVerfG unbeanstandeten Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des AAÜG.
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