L 5 B 347/06 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 23 AS 257/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 347/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. März 2006 bzgl. der Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. März 2006 richtende Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Potsdam die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgelehnt.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. § 114 ZPO).

Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren bedeutet dies, dass Prozesskostenhilfe dann verweigert werden darf, wenn ein Erfolg im vorläufigen Rechtsschutzverfahren fern liegend ist.

Gemessen an diesen Maßstäben hatte der am 27. Februar 2006 bei Gericht eingegangene Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr und ihrer minderjährigen Tochter ab Februar 2005 Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von monatlich 993,14 EUR zu zahlen, keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

Soweit sie tatsächlich Leistungen ab Februar 2005 begehrt und es sich hinsichtlich der Jahreszahl nicht um einen Schreibfehler gehandelt haben sollte, hätte bereits offensichtlich kein für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erforderlicher Anordnungsgrund vorgelegen. Einstweilige Anordnungen sind lediglich zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist für den Zeitraum vor Antragstellung bei Gericht jedoch in aller Regel ausgeschlossen. Für diesen Zeitraum kann bei Antragstellung kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr) bestanden haben, weil der Antragstellerin durch die Versagung der Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen konnten, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung hätten abwenden lassen. Denn die Antragstellerin hat in der Zeit, für die sie im Wege des Erlasses der einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem SGB II begehrt, ihren Lebensunterhalt aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, so dass sie hierfür auf die begehrten Leistungen zur Grundsicherung nicht mehr angewiesen ist. Für die Wiederherstellung dazu aufgewendeten eigenen Vermögens kann die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen, weil die damit verbundenen Nachteile bereits eingetreten sind und deshalb nicht mehr abgewendet werden können, was Voraussetzung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG ist. Dies gilt gleichermaßen, soweit die Antragstellerin Schulden eingegangen ist. Die der Antragsteller bis zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht entstandenen Nachteile konnten daher von vornherein nur im Rahmen eines eventuellen Hauptsacheverfahrens beseitigt werden.

Aber auch für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht hatte das vorläufige Rechtsschutzverfahren keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Soweit die Antragstellerin die angeblich unberechtigte Anrechnung von Einkommen ihrer Tochter auf ihren Bedarf rügte, ging dies offensichtlich fehl. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. März 2006, mit dem dieses den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 2 SGG). Gleiches gilt für die angeblich in zu geringem Umfange übernommenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Entsprechende Leistungen sind nach § 22 Abs. 1 SGB II lediglich in angemessener Höhe zu erbringen. Dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten für Miete und Heizung zu hoch und damit nicht angemessen im Sinne der Norm sind, war zwischen den Beteiligten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu keinem Zeitpunkt streitig. Im Gegenteil hat die Antragstellerin ihr Begehren allein darauf gestützt, dass sie alles Erforderliche getan habe, um eine Reduzierung der Miete zu erreichen. Daran bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Es ist - bei zutreffender Bestimmung der hier nicht in Frage gestellten Angemessenheitsgrenze – stets davon auszugehen, dass die Möglichkeit besteht, binnen überschaubarer Frist die Kosten durch einen Umzug in eine kostenangemessene, zumutbare Unterkunft zu senken. Darum hat der Betroffene sich intensiv unter Zuhilfenahme aller ihm zumutbar erreichbaren Hilfen und Hilfsmittel zu bemühen. Dass die Antragstellerin dies getan hat und ihre Bemühungen allein an einem verschlossenen Wohnungsmarkt für angemessenen Wohnraum gescheitert sind, hat sie im einstweiligen Rechtsschutzverfahren weder hinreichend dargetan noch glaubhaft gemacht.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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