Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 U 83/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 63/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.01.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Waisenrente.
Der 2000 geborene Kläger ist der nichteheliche Sohn des 1972 geborenen und am 28.06.2002 verstorbenen L. B. (B.).
B. war am 28.06.2002 gegen 18.45 Uhr auf dem Heimweg von seinem Arbeitsplatz in L. bei M. , als er in der S-Bahnhaltestelle am L. in M. , nachdem er aus der S 6 ausgestiegen war, tödlich verunglückte. Als die S-Bahn der Linie 6 wieder anfuhr, stolperte B., der sich ca. 40 cm von der Bahnsteigkante entfernt befand, gegen einen Waggon der S-Bahn und fiel dabei zwischen die Bahnsteigkante und den anfahrenden Zug. Hierbei wurde B. in Brusthöhe zwischen der Bahnsteigkante und dem Zug eingeklemmt und von diesem in einer rotierenden Bewegung über mehrere Meter mitgeschleift, ehe er auf den Gleiskörper fiel. B. verstarb noch am Unfallort an den Folgen des erlittenen schweren Polytraumas mit zahlreichen Weichteil-, Skelett- und Organverletzungen.
Eine durch die Staatsanwaltschaft M. veranlasste toxikologische Untersuchung ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) des B. zum Unfallzeitpunkt von 2,2 Promille.
Nachdem im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren Zeugen angegeben hatten, dass B. vor seinem Sturz alkoholisiert gewirkt hätte und getaumelt sei, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.10.2002 die Bewilligung einer Waisenrente ab. Sie vertrat die Auffassung, dass der Unfall des B. allein durch dessen Alkoholisierung verursacht worden sei, da neben dem hohen Alkoholisierungsgrad Zeugen auch ein grob vernunftwidriges Verhalten des B. bekundet hätten, das allein durch den Alkoholeinfluss zu erklären sei. B. habe sehr nahe an der S-Bahn auffällig in Richtung des Zuges gestikuliert, obwohl er für den weiteren Umweg in die Linie S 8 umsteigen musste, so dass es keinen ersichtlichen Grund gegeben hätte, weiter im Bereich der Linie S 6 zu verbleiben. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass der Umstand, B. sei sehr nah am anfahrenden Zug gestanden, nicht als alkoholbedingt vernunftwidrig anzusehen sei, da B. im Umgang mit Maschinen und Zügen stets sorglos gewesen sei. Auch habe B. noch unter den Folgen einer Verletzung der Beine bzw. der Füße gelitten, die er sich im Rahmen eines Fußballspiels zugezogen hatte und wegen der er bis eine Woche vor dem Unfall krankgeschrieben war.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte hierzu aus, dass die Alkoholisierung und das daraus resultierende Fehlverhalten des B. rechtlich allein wesentliche Ursache für den Unfall gewesen sei.
Der Kläger hat Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 15.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2003 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Unfall vom 28.06.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlich vorgesehenen Leistungen an ihn zu erbringen.
Das SG hat die Akten der Staatsanwaltschaft M. beigezogen und in der mündlichen Verhandlung am 13.01.2004 Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme der Zeugen H. S. (Sch.), F. R. (R.), Dr.A. S. (Dr.Sch.), C. K. (K.). Der Zeuge Sch. hat angegeben, dass er zusammen mit B. in seinem PKW das Betriebsgelände in L. am 28.06.2002 zwischen 17.30 Uhr und 17.45 Uhr verlassen habe und er B. an die S-Bahnhaltestelle der S 6 nach G. gefahren habe. B. sei nicht sofort ausgestiegen, sondern man habe sich noch ca. 20 Minuten unterhalten. B. habe in dieser Zeit keinen alkoholisierten Eindruck vermittelt. Der Zeuge R. hat erklärt, dass er zusammen mit B. und anderen Kollegen am 28.06.2002 bis um 17.15 Uhr Lagerarbeiten durchgeführt habe, wobei ihm nicht aufgefallen sei, dass B. Alkohol getrunken hätte oder dass dieser alkoholisiert gewesen sei.
Die Augenzeugin des Unfalls K. hat angegeben, dass B. etwas nach vorne gebeugt gewesen wäre, als ob er lesen oder mit einem Handy telefonieren würde, als er sich langsam entgegen der Fahrtrichtung des anfahrenden Zugs bewegte. Gestikulierende Bewegungen des B., den sie nach ihren Angaben zu drei Viertel von hinten sehen konnte, habe sie nicht wahrgenommen.
Dr.Sch., ein weiterer Augenzeuge des Unfalls hat erklärt, dass er B. bemerkt habe, weil dieser auffallend nahe am S-Bahnwaggon gestanden und kräftig gestikuliert habe. B. habe den Eindruck vermittelt, als wollte er mit jemandem kommunizieren. Als B. von der S-Bahn wegging, sei er dann an der S-Bahn gestrauchelt und gestürzt. Dr.Sch. hat auch angegeben, dass B. zwar angeheitert gewirkt und auch nicht sicher gestanden habe, jedoch habe er nicht den Eindruck gehabt, dass B. so alkoholisiert gewesen sei, dass er keinen geraden Schritt mehr hätte gehen können.
Auf Grundlage dieser Aussagen verpflichtete das SG die Beklagte mit Urteil vom 13.01.2004, den Unfall des B. vom 28.06.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Es führte aus, dass die Alkoholisierung des B. nicht als allein wesentliche Ursache für den Unfall am 28.06.2002 angesehen werden könne. Zum einen könne bei einem Fußgänger nicht allein aufgrund des Grades der Alkoholisierung ein Versicherungsfall ausgeschlossen werden, zum anderen habe auch die Einvernahme der Zeugen keine Anhaltspunkte ergeben, dass B. unter alkoholtypischen Ausfallserscheinungen gelitten hätte, die allein zum Unfall geführt hätten.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und vorgebracht, dass die Aussage des Zeugen Dr.Sch. ausreiche, um eine alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit des B. zu belegen. Auch sei das Verhalten des B., ohne ersichtlichen Grund sehr nahe an eine S-Bahn heranzutreten, als alkoholtypisches Fehlverhalten anzusehen, ebenso wie der Umstand, dass B., obwohl er mit einer anderen S-Bahnlinie weiterfahren musste, grundlos im Bereich der anfahrenden S 6 verblieben war.
Bei einer wie bei B. ermittelten Blutalkoholkonzentration seien auch keine besonders hohen Anforderungen an den Nachweis alkoholtypischer Ausfallserscheinungen zu knüpfen, da bei einer BAK von 2,2 Promille auch alkoholgewöhnte Menschen unter so erheblichen Seh- und Gleichgewichtsstörungen leiden würden, dass starkes Schwanken und Gangunsicherheiten auftreten würden.
Darüber hinaus habe B. leichtfertig eine erhebliche Gefahrenlage geschaffen, die sich letztlich im Unfallgeschehen verwirklicht habe, so dass auch kein Anspruch auf Versicherungsschutz mehr bestehe.
Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft M. beigezogen und zur Beweiserhebung ein rechtsmedizinisches Gutachten des Prof.Dr.E. eingeholt. In seinem Gutachten vom 16.08.2005 hat dieser die Auffassung vertreten, dass das Fehlverhalten des B. am 28.06.2002 auf einen alkoholbedingten Leistungsabfall zurückzuführen sei und der Alkoholeinfluss als wesentliche Ursache für den tödlichen Sturz anzusehen sei, weil B. durch den Alkoholgenuss in seiner Orientierung gestört gewesen sei und die Situation auf dem Bahnsteig verkannt habe. Andere Ursachen könnten allerdings grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, etwa Unaufmerksamkeit, Leichtsinn, Übermüdung, die ihren Grund nicht in einem vorhergehenden Alkoholgenuss gehabt haben können.
Der Kläger hat dem Vorbringen der Beklagten entgegengehalten, dass bei B. eine erhebliche Alkoholgewöhnung bestanden habe, weil dessen Eltern eine Gastwirtschaft betrieben haben. Auch hätten die Aussagen der Zeugen keinerlei Anhaltspunkte ergeben, dass B. aufgrund alkoholbedingter Ausfallserscheinungen gestürzt sei. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass B. unmittelbar vor seinem Unfall unter einem Kapselriss des rechten oberen Sprunggelenks gelitten habe. Er legte einen Bericht des Orthopäden Dr.R. vom 24.06.2002 vor.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.01.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2003 abzuweisen, hilfsweise ein Gutachten von Prof.Dr.E. zu der Frage einzuholen, ob bei einem BAK-Wert von 2,2 Promille generell (d.h. ohne sonstige typische alkoholbedingte Ausfallserscheinungen) von einem erheblichen Leistungsabfall (Verkehrsuntüchtigkeit) auszugehen ist, hilfsweise die Zeugen S. und R. nochmals zu der Frage ihrer Wahrnehmungen zu alkoholbedingten Ausfallserscheinungen/dem Trinkverhalten des Verunfallten zu vernehmen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.01.2004 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und in der Sache unbegründet.
Das Urteil des SG vom 13.01.2004 ist nicht zu beanstanden, da die Beklagte dem Kläger zu unrecht die Bewilligung einer Halbwaisenrente verweigert hat. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2003 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil der Vater des Klägers durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommen ist.
Hinterbliebene haben Anspruch auf Hinterbliebenenrente, § 63 Abs.1 Satz 1 Nr.3 Sozialgesetzbuch (SGB) VII. Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr.3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs.1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs.1 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs.2 Nr.1 SGB VII). Kinder von verstorbenen Versicherten erhalten eine Halbwaisenrente, wenn sie noch einen Elternteil haben (§ 67 Abs.1 Nr.1 SGB VII).
Der Vater des Klägers, B. befand sich im Unfallzeitpunkt auf dem direkten Heimweg von der Arbeit, also auf einem unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg im Sinn des § 8 Abs.2 Nr.1 SGB VII. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich B. von seiner betrieblichen Tätigkeit gelöst hatte. Der Weg stand mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schließt allein eine auf Alkoholgenuss zurückzuführende Verkehrsuntüchtigkeit den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nur aus, wenn der Alkoholgenuss zu einem Leistungsausfall geführt hat, durch den der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst wurde und der Alkoholeinfluss die rechtlich allein wesentliche Ursache des Einfalls gewesen ist (vgl. bereits BSGE 12, 242). Ein derartiger Leistungsausfall liegt vor, wenn der Betroffene derart betrunken ist, dass er zu einem zweckgerichteten Zurücklegen eines Weges nicht mehr imstande ist (Bereiter/Hahn/Mehrtens, Kommentar § 8 Anm.12.41). Eine allgemein gültige Promillegrenze gibt es nicht (Keller in: Hauck, SGB VII, § 8 Rn.276).
Auch sind die Grundsätze der absoluten Fahruntüchtigkeit auf Fußgänger nicht übertragbar (BSGE 43, 293). Dass ein alkoholisierter Fußgänger Schwierigkeiten hat, den Weg nach Hause zurückzulegen, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme einer Lösung von der versicherten Tätigkeit. Auch hat sich eine BAK, bei der eine zweckgerichtete Arbeit keinesfalls mehr möglich ist, wissenschaftlich gesichert nicht feststellen lassen (Bereiter/Hahn a.a.O. 12.44 und 7.1). Es sind Fälle ungewöhnlicher Alkoholtoleranz bekannt, die dazu führen, dass trotz höherer BAK nur geringe oder keine Trunkenheitssymptome feststellbar sind (BSGE 48, 224, 227). Folglich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalles und die Person des Handelnden zu beurteilen und neben der BAK weitere beweiskräftige Umstände zu belegen, die auf ein alkoholtypisches Fehlverhalten schließen lassen, um den Ausschluss des Versicherungsschutzes begründen zu können (vgl. zuletzt Urteil des BSG vom 30.04.1991 in Breithaupt 1992 S.106 ff.). Nach den in der Unfallversicherung geltenden Beweisregeln sind hierbei - ebenso wie die positiven Tatbestandsmerkmale - die zum Ausschluss führenden Kriterien im Sinne eines Vollbeweises zu belegen (vgl. BSGE 43, 111; 45, 283; Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 8 Anm.12.43). Annahmen und Vermutungen reichen ebensowenig aus wie eine bloße Wahrscheinlichkeit (BSGE 35, 216, 218; BSG SozR 2200 § 550 Nr.29). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist und alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Tatsache zu begründen (Bereiter-Hahn, § 8 Anm.10).
Als alkoholtypisch sind hierbei nur solche Verhaltensweisen zu bewerten, die sich nur durch den Alkoholgenuss erklären lassen oder die bei Personen unter Alkoholeinfluss wesentlich öfter vorkommen als gewöhnlich. Allein ein objektiv nicht nachvollziehbares Verhalten oder ein Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen lassen jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht bereits den zwingenden Schluss auf ein alkoholbedingtes Fehlverhalten zu. Als nicht alkoholtypische Verhaltensweisen sind Verhaltensweisen anzusehen, die - objektiv nachvollziehbar - auch bei einer Vielzahl von Verkehrstüchtigen in vergleichbaren Situationen vorkommen können.
Unter Beachtung dieser Vorgaben kann die Beklagte nach Auffassung des Senats nicht belegen, dass der todbringende Sturz des B. auf den Alkoholeinfluss - dokumentiert durch die BAK von 2,2 Promille - zurückzuführen ist und damit rechtlich allein wesentliche Ursache für seinen Unfalltod war.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht für den Senat die erhebliche Alkoholisierung des B. mit 2,2 Promille im Todeszeitpunkt fest, da sich die toxikologische Untersuchung, die diese BAK ergab, auf die Auswertung einer Urin- und einer Blutprobe stützt. Darüber hinaus haben auch die Obduzenten im Rahmen der gerichtsmedizinischen Untersuchung am 02.07.2002 festgestellt, dass insbesondere der Mageninhalt, aber auch die Leibeshöhlen des Verstorbenen einen alkoholischen und aromatischen Geruch verbreitet haben. Aufgrund dieser Umstände erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass die BAK des B. aufgrund einer Verwechslung fehlerhaft festgestellt worden ist.
Es ist sicher nicht in Abrede zu stellen, dass eine BAK von 2,2 Promille zu massiven Ausfallserscheinungen wie z.B. erhebliche Gang- und Standunsicherheit, Desorientierung oder erhöhte Risikobereitschaft führen kann, die jede für sich gesehen oder in einer Kombination als Ursache dafür angesehen werden kann, dass B. - wie vom Zeugen Dr.Sch. im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.10.2004 geschildert - gestrauchelt und gegen den Waggon der S-Bahn gestürzt ist und infolge des Sturzes mit seinem Körper zwischen die anfahrende S-Bahn und die Bahnsteigkante geraten ist.
Ob B. jedoch tatsächlich infolge einer erheblichen Alkoholisierung gestrauchelt und gestürzt ist, lässt sich weder durch das rechtsmedizinische Gutachten des Prof. Dr.E. noch durch die Aussagen der Augenzeugen des Unfalls zweifelsfrei belegen. Prof. Dr.E. geht davon aus, dass B. einem alkoholbedingten Leistungsabfall unterlegen war und die Situation am Bahnsteig in der Weise falsch eingeschätzt hat, dass er, obwohl sich der Zug bereits in Bewegung gesetzt hatte, den Versuch unternommen hat, in die S-Bahn einzusteigen und dabei ins Leere zwischen die Bahnsteigkante und den Zug getreten ist. Eine derartige Beurteilung der Unfallsituation kann allenfalls als Spekulation angesehen werden. Nachdem B. aus der S 6 ausgestiegen war und für die Fortsetzung des Heimwegs in die S 8 hätte umsteigen müssen, ist ein Einstiegsversuch durch Prof. Dr.E. eine pure Unterstellung. Im Übrigen sprechen gegen einen Einstiegsversuch des B., dass weder der Zeuge Dr.Sch. noch die Zeugin K. gesehen haben, dass B. sich in Richtung des Zuges gewandt hätte. Beide sagen vielmehr im Wesentlichen aus, dass sich B. vom Zug weg bzw. neben diesem hergehend, jedenfalls nicht bewusst auf den Zug zugehend, bewegt hat, ehe er nach unten aus ihrem Blickfeld verschwunden ist.
Auch lassen die Aussagen der Zeugen Dr.Sch. und K. allein keinen zweifelsfreien Schluss zu, dass B. aufgrund einer alkoholtypischen Ausfallserscheinung wie z.B. durch schwankenden Gang, in den Raum zwischen dem Zug und die Bahnsteigkante getreten ist. Deren Angaben sind insoweit unergiebig, da beide Zeugen nicht unmittelbar gesehen haben, wie B. zuerst mit dem Fuß und in der Folge mit dem gesamten Körper in dem Raum zwischen den Zug und die Bahnsteigkante geraten ist.
Die Zeugin K. beobachtete lediglich, dass B. taumelte und plötzlich nach unten wegsackte. Ob dieses Taumeln dem Anstoß des B. an den Zug - wie ihn Dr.Sch. beschrieben hat - vorangegangen oder ob es nur Folge des Anstoßes war, hat K. weder in der mündlichen Verhandlung vor dem SG noch im Rahmen ihrer unfallnäheren Aussage gegenüber der Polizei ausgeführt. Sie konnte lediglich angeben, dass sie die Ursache des Taumelns nicht kannte.
Auch die Angaben des Zeugen Dr.Sch. geben keinen Aufschluss darüber, ob B. alkoholbedingt ins Straucheln gekommen und gegen den S-Bahnwaggon gestürzt ist. Zwar gab Dr.Sch. an, dass B. einen alkoholisierten Eindruck gemacht hat. An welchen äußeren Anzeichen er diesen Eindruck jedoch festgemacht hat, hat er weder gegenüber der Polizei noch im sozialgerichtlichen Verfahren beschrieben. Es finden sich lediglich die Angaben, dass B. zwar selbst stehen konnte, sein Stand aber nicht sicher wirkte. Ob B. allerdings auch beim Gehen gewankt hat, hat Dr.Sch. ebensowenig wahrgenommen, wie auch die Ursache des folgenden Sturzes. In seiner Aussage gegenüber der Polizei hatte er ohnehin nicht von einem Sturz berichtet, sondern dass B. gegen den Waggon geprallt und nach unten weggesackt ist. Auch in diesem Zusammenhang lässt sich daher kein alkoholtypisches Schwanken oder Stolpern mit zweifelsfreier Sicherheit belegen. Es ist auch nicht nachzuweisen, dass B. - alkoholbedingt - eine erhöhte Risikobereitschaft an den Tag gelegt oder die Situation an der Bahnsteigkante falsch eingeschätzt hätte. Allein der Umstand, dass B. entgegen den Sicherheitsbestimmungen sehr nahe neben der S-Bahn stehen geblieben war bzw., als diese anfuhr, neben dieser herging, lässt keinen zweifelsfreien Schluss zu, dass das Verhalten des B. allein durch den Alkoholisierungsgrad zu erklären wäre.
Der Beklagten ist zuzustimmen, dass der Aufenthalt innerhalb des Sicherheitsstreifens während der Ein- und Ausfahrt eines Zuges in hohem Maße vernunftwidrig ist, da immer die Gefahr besteht, von einem Zug erfasst zu werden. Trotz dieser Gefahr kommt es nach allgemeiner Lebenserfahrung immer wieder vor, dass einzelne Fahrgäste sich während der Ein- oder Ausfahrt eines Zuges im Sicherheitsbereich aufhalten, ohne dass diese immer alkoholisiert wären. Man denke nur an den Besuch von Massenveranstaltungen in München wie Oktoberfest oder Fußballweltmeisterschaft. Daher ist allein ein hoher Alkoholisierungsgrad nicht die einzige Möglichkeit, um vernunftwidriges Verhalten erklären zu können, insbesondere, da B. nach der nicht zu widerlegenden Einlassung des Klägers auch ansonsten leichtsinnig war im Umgang mit Maschinen und Zügen.
Auch die Einschätzung der Beklagten, B. könne nur aufgrund seiner Alkoholisierung gestolpert sein, da andere Ursachen nicht ersichtlich seien, kann der Senat nicht teilen. Prof. Dr.E. hat dargelegt, dass Ursache auch Unaufmerksamkeit, Leichtsinn oder Übermüdung sein können. Ein Gespräch mit einem Bekannten oder über das Mobiltelefon könnte ebenfalls Ursache des Fehlverhaltens sein. Ein etwaiges Fehlverhalten ist aber nur dann als beweiskräftig für einen alkoholbedingten Leistungsabfall als die allein wesentliche Bedingung des Unfalls, wenn es typisch für einen unter Alkoholgenuss stehenden Versicherten ist und nicht ebenso gut andere Ursachen haben kann (BSGE 45, 176, 179; SozR 3-2200 § 548 Nr.9).
Der Kläger hat im Übrigen schlüssig dargelegt, dass B. eine Woche vor dem Unfall am 21.06.2002 ein Hyperextensionstrauma im rechten oberen Sprunggelenk erlitten hatte. Zwar bescheinigt Dr.R. in seinem Bericht vom 24.06.2002, dass B. unter keiner Instabilität des Knöchelgelenks gelitten hatte. Jedoch ist im Hinblick auf diese Verletzung auch nicht sicher auszuschließen, dass B. durch ein verletzungsbedingtes Stolpern gestürzt und gegen den Waggon der S-Bahn geprallt ist.
Auch wenn der Kläger nicht beweisen kann, dass B. unsicher war, lässt sich andererseits auch nicht mit zweifelsfreier Sicherheit ausschließen, dass die Knöchelverletzung als wesentliche Ursache für den Sturz angesehen werden kann, da die Ausheilung der Verletzung zum Unfallzeitpunkt am 28.06.2002 nicht belegt ist und ein plötzlicher Schmerz der Verletzung als durchaus geeigneter Auslöser für ein Stolpern angesehen werden kann.
Bereits dieser nicht ausschließbare Geschehensablauf führt dazu, dass die Beklagte nicht belegen kann, dass die Alkoholisierung des B. die wesentliche Unfallursache war.
Auch nach den Grundsätzen der selbstgeschaffenen Gefahr ist der Versicherungsschutz des B. nicht ausgeschlossen, da dieser Begriff nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eng auszulegen und nur mit größter Zurückhaltung anzuwenden ist. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewusst einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, gibt es nicht. Auch leichtsinniges unbedachtes Verhalten beseitigt den bestehenden inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht. Dies ist vielmehr nur ausnahmsweise dann der Fall, wenn ein Beschäftigter sich derart sorglos und unvernünftig verhält, dass für den Eintritt des Arbeitsunfalls nicht mehr die versicherte Tätigkeit, sondern die selbstgeschaffene Gefahr als die rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist (vgl. zuletzt Urteil des Bundessozialgerichts vom 04.06.2002; SozR 3-2700 § 7 Nr.2 sowie Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R). Das Verhalten des B., das immer wieder bei Fahrgästen der Massenverkehrsmittel vorkommt, fällt hierunter nicht. Die Beklagte kann jedoch ebensowenig wie die alkoholbedingten Ausfallserscheinungen belegen, dass nur durch den Alkoholisierungsgrad des B. eine Gefahr geschaffen worden ist, die als allein rechtlich wesentliche Ursache für das Unfallgeschehen angesehen werden könnte. Ein alkoholbedingtes Unfallgeschehen ist somit nicht bewiesen, so dass die Beklagte nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast die Konsequenz aus der Nichterweislichkeit alkoholbedingter Ausfallserscheinungen zu tragen hat und den Unfall des B. vom 28.06.2002 als Arbeitsunfall zu entschädigen hat.
Der Senat ist dem Beweisantrag der Beklagten, Prof.Dr.E. zu hören, nicht nachgekommen. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob generell bei 2,2 Promille ein erheblicher Leistungsabfall zu bejahen ist. Beim Fußgänger kommt es nur darauf an, ob die Alkoholisierung die allein wesentliche Ursache für den Wegeunfall war. Dies ist - wie ausgeführt - nicht erwiesen. Der Senat hat die Zeugen S. und R. nicht noch einmal einvernommen, da es auf deren Angaben aus Sicht des Senats nicht ankam. Nachdem B. an der richtigen Haltestelle ausgestiegen war, um umzusteigen, ist von einem alkoholbedingten Leistungsausfall nicht auszugehen.
Da die Berufung zurückzuweisen war, hat die Beklagte dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Waisenrente.
Der 2000 geborene Kläger ist der nichteheliche Sohn des 1972 geborenen und am 28.06.2002 verstorbenen L. B. (B.).
B. war am 28.06.2002 gegen 18.45 Uhr auf dem Heimweg von seinem Arbeitsplatz in L. bei M. , als er in der S-Bahnhaltestelle am L. in M. , nachdem er aus der S 6 ausgestiegen war, tödlich verunglückte. Als die S-Bahn der Linie 6 wieder anfuhr, stolperte B., der sich ca. 40 cm von der Bahnsteigkante entfernt befand, gegen einen Waggon der S-Bahn und fiel dabei zwischen die Bahnsteigkante und den anfahrenden Zug. Hierbei wurde B. in Brusthöhe zwischen der Bahnsteigkante und dem Zug eingeklemmt und von diesem in einer rotierenden Bewegung über mehrere Meter mitgeschleift, ehe er auf den Gleiskörper fiel. B. verstarb noch am Unfallort an den Folgen des erlittenen schweren Polytraumas mit zahlreichen Weichteil-, Skelett- und Organverletzungen.
Eine durch die Staatsanwaltschaft M. veranlasste toxikologische Untersuchung ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) des B. zum Unfallzeitpunkt von 2,2 Promille.
Nachdem im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren Zeugen angegeben hatten, dass B. vor seinem Sturz alkoholisiert gewirkt hätte und getaumelt sei, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.10.2002 die Bewilligung einer Waisenrente ab. Sie vertrat die Auffassung, dass der Unfall des B. allein durch dessen Alkoholisierung verursacht worden sei, da neben dem hohen Alkoholisierungsgrad Zeugen auch ein grob vernunftwidriges Verhalten des B. bekundet hätten, das allein durch den Alkoholeinfluss zu erklären sei. B. habe sehr nahe an der S-Bahn auffällig in Richtung des Zuges gestikuliert, obwohl er für den weiteren Umweg in die Linie S 8 umsteigen musste, so dass es keinen ersichtlichen Grund gegeben hätte, weiter im Bereich der Linie S 6 zu verbleiben. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass der Umstand, B. sei sehr nah am anfahrenden Zug gestanden, nicht als alkoholbedingt vernunftwidrig anzusehen sei, da B. im Umgang mit Maschinen und Zügen stets sorglos gewesen sei. Auch habe B. noch unter den Folgen einer Verletzung der Beine bzw. der Füße gelitten, die er sich im Rahmen eines Fußballspiels zugezogen hatte und wegen der er bis eine Woche vor dem Unfall krankgeschrieben war.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte hierzu aus, dass die Alkoholisierung und das daraus resultierende Fehlverhalten des B. rechtlich allein wesentliche Ursache für den Unfall gewesen sei.
Der Kläger hat Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 15.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2003 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Unfall vom 28.06.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlich vorgesehenen Leistungen an ihn zu erbringen.
Das SG hat die Akten der Staatsanwaltschaft M. beigezogen und in der mündlichen Verhandlung am 13.01.2004 Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme der Zeugen H. S. (Sch.), F. R. (R.), Dr.A. S. (Dr.Sch.), C. K. (K.). Der Zeuge Sch. hat angegeben, dass er zusammen mit B. in seinem PKW das Betriebsgelände in L. am 28.06.2002 zwischen 17.30 Uhr und 17.45 Uhr verlassen habe und er B. an die S-Bahnhaltestelle der S 6 nach G. gefahren habe. B. sei nicht sofort ausgestiegen, sondern man habe sich noch ca. 20 Minuten unterhalten. B. habe in dieser Zeit keinen alkoholisierten Eindruck vermittelt. Der Zeuge R. hat erklärt, dass er zusammen mit B. und anderen Kollegen am 28.06.2002 bis um 17.15 Uhr Lagerarbeiten durchgeführt habe, wobei ihm nicht aufgefallen sei, dass B. Alkohol getrunken hätte oder dass dieser alkoholisiert gewesen sei.
Die Augenzeugin des Unfalls K. hat angegeben, dass B. etwas nach vorne gebeugt gewesen wäre, als ob er lesen oder mit einem Handy telefonieren würde, als er sich langsam entgegen der Fahrtrichtung des anfahrenden Zugs bewegte. Gestikulierende Bewegungen des B., den sie nach ihren Angaben zu drei Viertel von hinten sehen konnte, habe sie nicht wahrgenommen.
Dr.Sch., ein weiterer Augenzeuge des Unfalls hat erklärt, dass er B. bemerkt habe, weil dieser auffallend nahe am S-Bahnwaggon gestanden und kräftig gestikuliert habe. B. habe den Eindruck vermittelt, als wollte er mit jemandem kommunizieren. Als B. von der S-Bahn wegging, sei er dann an der S-Bahn gestrauchelt und gestürzt. Dr.Sch. hat auch angegeben, dass B. zwar angeheitert gewirkt und auch nicht sicher gestanden habe, jedoch habe er nicht den Eindruck gehabt, dass B. so alkoholisiert gewesen sei, dass er keinen geraden Schritt mehr hätte gehen können.
Auf Grundlage dieser Aussagen verpflichtete das SG die Beklagte mit Urteil vom 13.01.2004, den Unfall des B. vom 28.06.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Es führte aus, dass die Alkoholisierung des B. nicht als allein wesentliche Ursache für den Unfall am 28.06.2002 angesehen werden könne. Zum einen könne bei einem Fußgänger nicht allein aufgrund des Grades der Alkoholisierung ein Versicherungsfall ausgeschlossen werden, zum anderen habe auch die Einvernahme der Zeugen keine Anhaltspunkte ergeben, dass B. unter alkoholtypischen Ausfallserscheinungen gelitten hätte, die allein zum Unfall geführt hätten.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und vorgebracht, dass die Aussage des Zeugen Dr.Sch. ausreiche, um eine alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit des B. zu belegen. Auch sei das Verhalten des B., ohne ersichtlichen Grund sehr nahe an eine S-Bahn heranzutreten, als alkoholtypisches Fehlverhalten anzusehen, ebenso wie der Umstand, dass B., obwohl er mit einer anderen S-Bahnlinie weiterfahren musste, grundlos im Bereich der anfahrenden S 6 verblieben war.
Bei einer wie bei B. ermittelten Blutalkoholkonzentration seien auch keine besonders hohen Anforderungen an den Nachweis alkoholtypischer Ausfallserscheinungen zu knüpfen, da bei einer BAK von 2,2 Promille auch alkoholgewöhnte Menschen unter so erheblichen Seh- und Gleichgewichtsstörungen leiden würden, dass starkes Schwanken und Gangunsicherheiten auftreten würden.
Darüber hinaus habe B. leichtfertig eine erhebliche Gefahrenlage geschaffen, die sich letztlich im Unfallgeschehen verwirklicht habe, so dass auch kein Anspruch auf Versicherungsschutz mehr bestehe.
Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft M. beigezogen und zur Beweiserhebung ein rechtsmedizinisches Gutachten des Prof.Dr.E. eingeholt. In seinem Gutachten vom 16.08.2005 hat dieser die Auffassung vertreten, dass das Fehlverhalten des B. am 28.06.2002 auf einen alkoholbedingten Leistungsabfall zurückzuführen sei und der Alkoholeinfluss als wesentliche Ursache für den tödlichen Sturz anzusehen sei, weil B. durch den Alkoholgenuss in seiner Orientierung gestört gewesen sei und die Situation auf dem Bahnsteig verkannt habe. Andere Ursachen könnten allerdings grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, etwa Unaufmerksamkeit, Leichtsinn, Übermüdung, die ihren Grund nicht in einem vorhergehenden Alkoholgenuss gehabt haben können.
Der Kläger hat dem Vorbringen der Beklagten entgegengehalten, dass bei B. eine erhebliche Alkoholgewöhnung bestanden habe, weil dessen Eltern eine Gastwirtschaft betrieben haben. Auch hätten die Aussagen der Zeugen keinerlei Anhaltspunkte ergeben, dass B. aufgrund alkoholbedingter Ausfallserscheinungen gestürzt sei. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass B. unmittelbar vor seinem Unfall unter einem Kapselriss des rechten oberen Sprunggelenks gelitten habe. Er legte einen Bericht des Orthopäden Dr.R. vom 24.06.2002 vor.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.01.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2003 abzuweisen, hilfsweise ein Gutachten von Prof.Dr.E. zu der Frage einzuholen, ob bei einem BAK-Wert von 2,2 Promille generell (d.h. ohne sonstige typische alkoholbedingte Ausfallserscheinungen) von einem erheblichen Leistungsabfall (Verkehrsuntüchtigkeit) auszugehen ist, hilfsweise die Zeugen S. und R. nochmals zu der Frage ihrer Wahrnehmungen zu alkoholbedingten Ausfallserscheinungen/dem Trinkverhalten des Verunfallten zu vernehmen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.01.2004 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und in der Sache unbegründet.
Das Urteil des SG vom 13.01.2004 ist nicht zu beanstanden, da die Beklagte dem Kläger zu unrecht die Bewilligung einer Halbwaisenrente verweigert hat. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2003 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil der Vater des Klägers durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommen ist.
Hinterbliebene haben Anspruch auf Hinterbliebenenrente, § 63 Abs.1 Satz 1 Nr.3 Sozialgesetzbuch (SGB) VII. Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr.3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs.1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs.1 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs.2 Nr.1 SGB VII). Kinder von verstorbenen Versicherten erhalten eine Halbwaisenrente, wenn sie noch einen Elternteil haben (§ 67 Abs.1 Nr.1 SGB VII).
Der Vater des Klägers, B. befand sich im Unfallzeitpunkt auf dem direkten Heimweg von der Arbeit, also auf einem unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg im Sinn des § 8 Abs.2 Nr.1 SGB VII. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich B. von seiner betrieblichen Tätigkeit gelöst hatte. Der Weg stand mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schließt allein eine auf Alkoholgenuss zurückzuführende Verkehrsuntüchtigkeit den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nur aus, wenn der Alkoholgenuss zu einem Leistungsausfall geführt hat, durch den der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst wurde und der Alkoholeinfluss die rechtlich allein wesentliche Ursache des Einfalls gewesen ist (vgl. bereits BSGE 12, 242). Ein derartiger Leistungsausfall liegt vor, wenn der Betroffene derart betrunken ist, dass er zu einem zweckgerichteten Zurücklegen eines Weges nicht mehr imstande ist (Bereiter/Hahn/Mehrtens, Kommentar § 8 Anm.12.41). Eine allgemein gültige Promillegrenze gibt es nicht (Keller in: Hauck, SGB VII, § 8 Rn.276).
Auch sind die Grundsätze der absoluten Fahruntüchtigkeit auf Fußgänger nicht übertragbar (BSGE 43, 293). Dass ein alkoholisierter Fußgänger Schwierigkeiten hat, den Weg nach Hause zurückzulegen, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme einer Lösung von der versicherten Tätigkeit. Auch hat sich eine BAK, bei der eine zweckgerichtete Arbeit keinesfalls mehr möglich ist, wissenschaftlich gesichert nicht feststellen lassen (Bereiter/Hahn a.a.O. 12.44 und 7.1). Es sind Fälle ungewöhnlicher Alkoholtoleranz bekannt, die dazu führen, dass trotz höherer BAK nur geringe oder keine Trunkenheitssymptome feststellbar sind (BSGE 48, 224, 227). Folglich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalles und die Person des Handelnden zu beurteilen und neben der BAK weitere beweiskräftige Umstände zu belegen, die auf ein alkoholtypisches Fehlverhalten schließen lassen, um den Ausschluss des Versicherungsschutzes begründen zu können (vgl. zuletzt Urteil des BSG vom 30.04.1991 in Breithaupt 1992 S.106 ff.). Nach den in der Unfallversicherung geltenden Beweisregeln sind hierbei - ebenso wie die positiven Tatbestandsmerkmale - die zum Ausschluss führenden Kriterien im Sinne eines Vollbeweises zu belegen (vgl. BSGE 43, 111; 45, 283; Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 8 Anm.12.43). Annahmen und Vermutungen reichen ebensowenig aus wie eine bloße Wahrscheinlichkeit (BSGE 35, 216, 218; BSG SozR 2200 § 550 Nr.29). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist und alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Tatsache zu begründen (Bereiter-Hahn, § 8 Anm.10).
Als alkoholtypisch sind hierbei nur solche Verhaltensweisen zu bewerten, die sich nur durch den Alkoholgenuss erklären lassen oder die bei Personen unter Alkoholeinfluss wesentlich öfter vorkommen als gewöhnlich. Allein ein objektiv nicht nachvollziehbares Verhalten oder ein Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen lassen jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht bereits den zwingenden Schluss auf ein alkoholbedingtes Fehlverhalten zu. Als nicht alkoholtypische Verhaltensweisen sind Verhaltensweisen anzusehen, die - objektiv nachvollziehbar - auch bei einer Vielzahl von Verkehrstüchtigen in vergleichbaren Situationen vorkommen können.
Unter Beachtung dieser Vorgaben kann die Beklagte nach Auffassung des Senats nicht belegen, dass der todbringende Sturz des B. auf den Alkoholeinfluss - dokumentiert durch die BAK von 2,2 Promille - zurückzuführen ist und damit rechtlich allein wesentliche Ursache für seinen Unfalltod war.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht für den Senat die erhebliche Alkoholisierung des B. mit 2,2 Promille im Todeszeitpunkt fest, da sich die toxikologische Untersuchung, die diese BAK ergab, auf die Auswertung einer Urin- und einer Blutprobe stützt. Darüber hinaus haben auch die Obduzenten im Rahmen der gerichtsmedizinischen Untersuchung am 02.07.2002 festgestellt, dass insbesondere der Mageninhalt, aber auch die Leibeshöhlen des Verstorbenen einen alkoholischen und aromatischen Geruch verbreitet haben. Aufgrund dieser Umstände erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass die BAK des B. aufgrund einer Verwechslung fehlerhaft festgestellt worden ist.
Es ist sicher nicht in Abrede zu stellen, dass eine BAK von 2,2 Promille zu massiven Ausfallserscheinungen wie z.B. erhebliche Gang- und Standunsicherheit, Desorientierung oder erhöhte Risikobereitschaft führen kann, die jede für sich gesehen oder in einer Kombination als Ursache dafür angesehen werden kann, dass B. - wie vom Zeugen Dr.Sch. im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.10.2004 geschildert - gestrauchelt und gegen den Waggon der S-Bahn gestürzt ist und infolge des Sturzes mit seinem Körper zwischen die anfahrende S-Bahn und die Bahnsteigkante geraten ist.
Ob B. jedoch tatsächlich infolge einer erheblichen Alkoholisierung gestrauchelt und gestürzt ist, lässt sich weder durch das rechtsmedizinische Gutachten des Prof. Dr.E. noch durch die Aussagen der Augenzeugen des Unfalls zweifelsfrei belegen. Prof. Dr.E. geht davon aus, dass B. einem alkoholbedingten Leistungsabfall unterlegen war und die Situation am Bahnsteig in der Weise falsch eingeschätzt hat, dass er, obwohl sich der Zug bereits in Bewegung gesetzt hatte, den Versuch unternommen hat, in die S-Bahn einzusteigen und dabei ins Leere zwischen die Bahnsteigkante und den Zug getreten ist. Eine derartige Beurteilung der Unfallsituation kann allenfalls als Spekulation angesehen werden. Nachdem B. aus der S 6 ausgestiegen war und für die Fortsetzung des Heimwegs in die S 8 hätte umsteigen müssen, ist ein Einstiegsversuch durch Prof. Dr.E. eine pure Unterstellung. Im Übrigen sprechen gegen einen Einstiegsversuch des B., dass weder der Zeuge Dr.Sch. noch die Zeugin K. gesehen haben, dass B. sich in Richtung des Zuges gewandt hätte. Beide sagen vielmehr im Wesentlichen aus, dass sich B. vom Zug weg bzw. neben diesem hergehend, jedenfalls nicht bewusst auf den Zug zugehend, bewegt hat, ehe er nach unten aus ihrem Blickfeld verschwunden ist.
Auch lassen die Aussagen der Zeugen Dr.Sch. und K. allein keinen zweifelsfreien Schluss zu, dass B. aufgrund einer alkoholtypischen Ausfallserscheinung wie z.B. durch schwankenden Gang, in den Raum zwischen dem Zug und die Bahnsteigkante getreten ist. Deren Angaben sind insoweit unergiebig, da beide Zeugen nicht unmittelbar gesehen haben, wie B. zuerst mit dem Fuß und in der Folge mit dem gesamten Körper in dem Raum zwischen den Zug und die Bahnsteigkante geraten ist.
Die Zeugin K. beobachtete lediglich, dass B. taumelte und plötzlich nach unten wegsackte. Ob dieses Taumeln dem Anstoß des B. an den Zug - wie ihn Dr.Sch. beschrieben hat - vorangegangen oder ob es nur Folge des Anstoßes war, hat K. weder in der mündlichen Verhandlung vor dem SG noch im Rahmen ihrer unfallnäheren Aussage gegenüber der Polizei ausgeführt. Sie konnte lediglich angeben, dass sie die Ursache des Taumelns nicht kannte.
Auch die Angaben des Zeugen Dr.Sch. geben keinen Aufschluss darüber, ob B. alkoholbedingt ins Straucheln gekommen und gegen den S-Bahnwaggon gestürzt ist. Zwar gab Dr.Sch. an, dass B. einen alkoholisierten Eindruck gemacht hat. An welchen äußeren Anzeichen er diesen Eindruck jedoch festgemacht hat, hat er weder gegenüber der Polizei noch im sozialgerichtlichen Verfahren beschrieben. Es finden sich lediglich die Angaben, dass B. zwar selbst stehen konnte, sein Stand aber nicht sicher wirkte. Ob B. allerdings auch beim Gehen gewankt hat, hat Dr.Sch. ebensowenig wahrgenommen, wie auch die Ursache des folgenden Sturzes. In seiner Aussage gegenüber der Polizei hatte er ohnehin nicht von einem Sturz berichtet, sondern dass B. gegen den Waggon geprallt und nach unten weggesackt ist. Auch in diesem Zusammenhang lässt sich daher kein alkoholtypisches Schwanken oder Stolpern mit zweifelsfreier Sicherheit belegen. Es ist auch nicht nachzuweisen, dass B. - alkoholbedingt - eine erhöhte Risikobereitschaft an den Tag gelegt oder die Situation an der Bahnsteigkante falsch eingeschätzt hätte. Allein der Umstand, dass B. entgegen den Sicherheitsbestimmungen sehr nahe neben der S-Bahn stehen geblieben war bzw., als diese anfuhr, neben dieser herging, lässt keinen zweifelsfreien Schluss zu, dass das Verhalten des B. allein durch den Alkoholisierungsgrad zu erklären wäre.
Der Beklagten ist zuzustimmen, dass der Aufenthalt innerhalb des Sicherheitsstreifens während der Ein- und Ausfahrt eines Zuges in hohem Maße vernunftwidrig ist, da immer die Gefahr besteht, von einem Zug erfasst zu werden. Trotz dieser Gefahr kommt es nach allgemeiner Lebenserfahrung immer wieder vor, dass einzelne Fahrgäste sich während der Ein- oder Ausfahrt eines Zuges im Sicherheitsbereich aufhalten, ohne dass diese immer alkoholisiert wären. Man denke nur an den Besuch von Massenveranstaltungen in München wie Oktoberfest oder Fußballweltmeisterschaft. Daher ist allein ein hoher Alkoholisierungsgrad nicht die einzige Möglichkeit, um vernunftwidriges Verhalten erklären zu können, insbesondere, da B. nach der nicht zu widerlegenden Einlassung des Klägers auch ansonsten leichtsinnig war im Umgang mit Maschinen und Zügen.
Auch die Einschätzung der Beklagten, B. könne nur aufgrund seiner Alkoholisierung gestolpert sein, da andere Ursachen nicht ersichtlich seien, kann der Senat nicht teilen. Prof. Dr.E. hat dargelegt, dass Ursache auch Unaufmerksamkeit, Leichtsinn oder Übermüdung sein können. Ein Gespräch mit einem Bekannten oder über das Mobiltelefon könnte ebenfalls Ursache des Fehlverhaltens sein. Ein etwaiges Fehlverhalten ist aber nur dann als beweiskräftig für einen alkoholbedingten Leistungsabfall als die allein wesentliche Bedingung des Unfalls, wenn es typisch für einen unter Alkoholgenuss stehenden Versicherten ist und nicht ebenso gut andere Ursachen haben kann (BSGE 45, 176, 179; SozR 3-2200 § 548 Nr.9).
Der Kläger hat im Übrigen schlüssig dargelegt, dass B. eine Woche vor dem Unfall am 21.06.2002 ein Hyperextensionstrauma im rechten oberen Sprunggelenk erlitten hatte. Zwar bescheinigt Dr.R. in seinem Bericht vom 24.06.2002, dass B. unter keiner Instabilität des Knöchelgelenks gelitten hatte. Jedoch ist im Hinblick auf diese Verletzung auch nicht sicher auszuschließen, dass B. durch ein verletzungsbedingtes Stolpern gestürzt und gegen den Waggon der S-Bahn geprallt ist.
Auch wenn der Kläger nicht beweisen kann, dass B. unsicher war, lässt sich andererseits auch nicht mit zweifelsfreier Sicherheit ausschließen, dass die Knöchelverletzung als wesentliche Ursache für den Sturz angesehen werden kann, da die Ausheilung der Verletzung zum Unfallzeitpunkt am 28.06.2002 nicht belegt ist und ein plötzlicher Schmerz der Verletzung als durchaus geeigneter Auslöser für ein Stolpern angesehen werden kann.
Bereits dieser nicht ausschließbare Geschehensablauf führt dazu, dass die Beklagte nicht belegen kann, dass die Alkoholisierung des B. die wesentliche Unfallursache war.
Auch nach den Grundsätzen der selbstgeschaffenen Gefahr ist der Versicherungsschutz des B. nicht ausgeschlossen, da dieser Begriff nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eng auszulegen und nur mit größter Zurückhaltung anzuwenden ist. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewusst einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, gibt es nicht. Auch leichtsinniges unbedachtes Verhalten beseitigt den bestehenden inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht. Dies ist vielmehr nur ausnahmsweise dann der Fall, wenn ein Beschäftigter sich derart sorglos und unvernünftig verhält, dass für den Eintritt des Arbeitsunfalls nicht mehr die versicherte Tätigkeit, sondern die selbstgeschaffene Gefahr als die rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist (vgl. zuletzt Urteil des Bundessozialgerichts vom 04.06.2002; SozR 3-2700 § 7 Nr.2 sowie Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R). Das Verhalten des B., das immer wieder bei Fahrgästen der Massenverkehrsmittel vorkommt, fällt hierunter nicht. Die Beklagte kann jedoch ebensowenig wie die alkoholbedingten Ausfallserscheinungen belegen, dass nur durch den Alkoholisierungsgrad des B. eine Gefahr geschaffen worden ist, die als allein rechtlich wesentliche Ursache für das Unfallgeschehen angesehen werden könnte. Ein alkoholbedingtes Unfallgeschehen ist somit nicht bewiesen, so dass die Beklagte nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast die Konsequenz aus der Nichterweislichkeit alkoholbedingter Ausfallserscheinungen zu tragen hat und den Unfall des B. vom 28.06.2002 als Arbeitsunfall zu entschädigen hat.
Der Senat ist dem Beweisantrag der Beklagten, Prof.Dr.E. zu hören, nicht nachgekommen. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob generell bei 2,2 Promille ein erheblicher Leistungsabfall zu bejahen ist. Beim Fußgänger kommt es nur darauf an, ob die Alkoholisierung die allein wesentliche Ursache für den Wegeunfall war. Dies ist - wie ausgeführt - nicht erwiesen. Der Senat hat die Zeugen S. und R. nicht noch einmal einvernommen, da es auf deren Angaben aus Sicht des Senats nicht ankam. Nachdem B. an der richtigen Haltestelle ausgestiegen war, um umzusteigen, ist von einem alkoholbedingten Leistungsausfall nicht auszugehen.
Da die Berufung zurückzuweisen war, hat die Beklagte dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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