L 11 B 209/06 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 132/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 209/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.02.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, ob dem Antragsteller für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen sind.

Am 08.11.2005 beantragte der Antragsteller die Bewilligung von Alg II nach der Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zum 30.12.2005. Er gab an, in eheähnlicher Gemeinschaft mit Frau R zu leben.

Mit Bescheid vom 30.01.2006 bewilligte die Antragsgegnerin für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 Alg II inkl. eines befristeten Zuschlages in Höhe von insgesamt 182,48 EUR monatlich unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft bestehend aus dem Antragsteller und Frau R. Der Antragsteller legte Widerspruch ein.

Wegen einer Berücksichtigung des Einkommens der Frau R in unzutreffender Höhe erließ die Antragsgegnerin am 20.03.2006 einen Teilabhilfebescheid, wonach dem Antragsteller Alg II für die streitige Zeit in Höhe von 192,47 EUR bewilligt wurde. Auch hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.

Bereits am 14.02.2006 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Nürnberg begehrt. Die Antragsgegnerin solle Leistungen in vollem Umfange bewilligen. Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 27.02.2006 abgewiesen. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sei zweifelhaft und es fehle auch an einem Anordnungsanspruch. Vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft sei auszugehen.

Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes die ungekürzte Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR begehrt. Eine eheähnliche Gemeinschaft liege nicht vor.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.

Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2002, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. RdNr 643).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86b RdNr 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236).

Streitgegenstand des vorliegendes Rechtsstreites ist allein der Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II), also der Zeitraum, über den die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30.01.2006 idF des Bescheides vom 20.03.2006 entschieden hat. Dieser durch die Antragstellung in Gang gesetzte und durch § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II bestimmter Bewilligungszeitraum wird durch das Einlegen von Rechtsbehelfen bzw durch das Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz weder unterbrochen noch geändert. Er ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senates auch im Rahmen der Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigen. Demzufolge beschränkt sich der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes des Antragstellers im vorliegenden Eilverfahren auf den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.03.2006.

Leistungen für in der Vergangenheit liegende Zeiträume werden jedoch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zugesprochen, denn eine Entscheidung hierüber ist nicht mehr eilbedürftig. Der Antragsteller bedarf für den streitigen Zeitraum keiner Leistungen mehr, um seinen gegenwärtigen Lebensunterhalt zu decken. Es ist ihm deshalb zumutbar, wegen der Frage des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft sowie wegen der anderen zu klärenden Fragen eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch vom Antragsteller dargetan, dass hier ausnahmsweise anders zu entscheiden wäre.

Ist eine Entscheidung über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aber nicht mehr eilbedürftig, so kann die Beschwerde des Antragstellers keinen Erfolg haben.

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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