Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 102/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 235/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 10. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin (Bf.) bewilligte dem Beschwerdegegner (Bg.) mit Bescheid vom 05.01.2006 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in höhe von monatlich 591,08 EUR bzw. 588,28 EUR. Nachdem sie bei einer Außendienstprüfung am 23.01.2006 festgestellt hatte, dass der Bg. mit einer Frau H. eine gemeinsame Wohnung bewohnt, forderte sie ihn mit Schreiben vom 24.01.2006 auf, den Fragebogen "eheähnliche Gemeinschaft" auszufüllen, ebenso u.a. den Fragebogen "Vermögen und Einkommennachweis von Frau H.". Sollte er bis 10.02.2006 die angeforderten Unterlagen nicht einreichen, werde die Bf. die Geldleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagen. Die laufende Zahlung sei bis zur Klärung vorläufig gestoppt worden.
Der Bg. reichte den von ihm unter dem Datum 31.01.2006 ausgefüllten Fragebogen zur Überprüfung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft ein, auf dem sich der von Frau H. verfasste handschriftliche Zusatz befindet, sie habe gegenüber dem Bg. keinerlei finanzielle Verpflichtungen und sei auch nicht bereit, ihre finanziellen Verhältnisse offen zu legen.
Am 15.02.2006 erließ die Bf. einen Bescheid, in dem es heißt, die Bewilligung der Leistungen werde mit Wirkung vom 01.03.2006 aufgehoben. Anläßlich des Außendienstes am 23.01.2006 sei festgestellt worden, dass eine eheähnliche Gemeinschaft vorliege. Für die Vorlage der entsprechenden Unterlagen sei eine Abgabefrist bis 10.02.2006 eingeräumt worden, die Unterlagen seien nicht vorgelegt bzw. ihre Vorlage verweigert worden. Die Entscheidung über weitere Zahlungen werde deshalb wegen fehlender Mitwirkung gemäß §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) entzogen. Falls er die Mitwirkung noch nachhole, werde für die Zukunft geprüft, ob Leistungen nach dem SGB II gewährt werden könnten.
Hiergegen hat der Bg. Widerspruch eingelegt und beim Sozialgericht Regensburg (SG) die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Es liege lediglich eine Wohngemeinschaft, jedoch keine eheähnliche Gemeinschaft vor.
Mit Beschluss vom 10.03.2006 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.02.2006 angeordnet. Die von der Bf. herangezogene Befugnisnorm des § 66 SGB I trage schon deshalb nicht, weil damit nur ein Verstoß gegen eine Mitwirkungspflicht sanktioniert werden könne, die den Leistungsempfänger in eigener Person treffe. Er sei aber nicht verpflichtet und gegen deren Willen auch gar nicht in der Lage, Angaben und Nachweise über das Einkommen und Vermögen von Frau H. vorzulegen. Die in Betracht zu ziehende Umdeutung des streitigen Bescheides in eine Rücknahmeentscheidung scheitere daran, dass das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststehe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf., die geltend macht, das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ergebe sich aus der Tatsache, dass der Bg. und Frau H. sich im Jahre 2001 verlobt hätten. Zwar sei die Verlobung aufgrund persönlicher Differenzen später aufgelöst worden, jedoch hätten beide bis September 2004 weiterhin in E. zusammen gewohnt und seien anschließend sogar gemeinsam nach P. verzogen.
Der Bg. macht weiterhin geltend, es liege gegenwärtig jedenfalls lediglich eine Wohngemeinschaft vor.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 15.02.2006 angeordnet, da bezüglich der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ernsthafte Bedenken bestehen.
Der Bescheid vom 15.02.2006 spricht zwar zunächst davon, dass die Bewilligung der Leistungen mit Wirkung vom 01.03.2006 aufgehoben werde. Die weiteren Ausführungen in dem Bescheid zeigen jedoch, dass die Bf. keinen Aufhebungsbescheid nach §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erlassen hat bzw. erlassen wollte, sondern die Leistung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs.3 SGB I entzogen hat. Die Voraussetzungen für eine Entziehung liegen aber nicht vor, da hierfür Voraussetzung wäre, dass der Bg. seine Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I verletzt hat. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Gemäß § 60 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB X hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers die Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Diese Auskunftspflicht betrifft Tatsachen, von denen der Leistungsempfänger Kenntnis hat; die Pflicht zur Vorlage entsprechender Beweismittel nach § 60 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB I bezieht sich auf Unterlagen, die sich in seinem Besitz befinden. Im vorliegenden Fall ist bisher jedenfalls nicht nachgewiesen, dass der Bg. Kenntnis von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen von Frau H. hat bzw. dass er diesbezüglich über entsprechende Unterlagen verfügt. Deshalb kann gegenwärtig jedenfalls nicht von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I ausgegangen werden.
Gemäß § 60 Abs.4 Satz 1 SGB II hat ein Partner, dessen Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen ist, hierüber auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist. Somit wäre Frau H. - vorausgesetzt, sie ist Partnerin im Sinne des § 7 Abs.3 Nr.3b SGB II - verpflichtet, der Bf. die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. Eine Verletzung dieser Auskunftspflicht kann aber nicht zur Entziehung der dem Bg. zustehenden Leistung nach § 66 Abs.2 SGB I führen; eine Verletzung dieser Auskunftspflicht ist allenfalls mit den Sanktionen der §§ 62, 63 SGB II (Schadensersatz bzw. Bußgeld), gerichtet gegen den Partner, verbunden.
Der Entziehungsbescheid nach § 66 Abs.3 SGB I kann nicht in einen Aufhebungsbescheid nach §§ 45, 48 SGB X umgedeutet werden (BSG, Urteil vom 31.01.2006, B 11a AL 5/05 R). Denn beide Bescheide haben verschiedene Regelungsinhalte. Während der Versagungs- bzw. Entziehungsbescheid lediglich die Verletzung der Mitwirkungspflicht feststellt und keine Entscheidung über das materiell-rechtliche Bestehen des Anspruches trifft, verneint der Aufhebungsbescheid das Bestehen des materiell-rechtlichen Anspruches (vgl. BSG SozR 1200 § 66 Nr.13).
Somit war die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 10.03.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin (Bf.) bewilligte dem Beschwerdegegner (Bg.) mit Bescheid vom 05.01.2006 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in höhe von monatlich 591,08 EUR bzw. 588,28 EUR. Nachdem sie bei einer Außendienstprüfung am 23.01.2006 festgestellt hatte, dass der Bg. mit einer Frau H. eine gemeinsame Wohnung bewohnt, forderte sie ihn mit Schreiben vom 24.01.2006 auf, den Fragebogen "eheähnliche Gemeinschaft" auszufüllen, ebenso u.a. den Fragebogen "Vermögen und Einkommennachweis von Frau H.". Sollte er bis 10.02.2006 die angeforderten Unterlagen nicht einreichen, werde die Bf. die Geldleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagen. Die laufende Zahlung sei bis zur Klärung vorläufig gestoppt worden.
Der Bg. reichte den von ihm unter dem Datum 31.01.2006 ausgefüllten Fragebogen zur Überprüfung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft ein, auf dem sich der von Frau H. verfasste handschriftliche Zusatz befindet, sie habe gegenüber dem Bg. keinerlei finanzielle Verpflichtungen und sei auch nicht bereit, ihre finanziellen Verhältnisse offen zu legen.
Am 15.02.2006 erließ die Bf. einen Bescheid, in dem es heißt, die Bewilligung der Leistungen werde mit Wirkung vom 01.03.2006 aufgehoben. Anläßlich des Außendienstes am 23.01.2006 sei festgestellt worden, dass eine eheähnliche Gemeinschaft vorliege. Für die Vorlage der entsprechenden Unterlagen sei eine Abgabefrist bis 10.02.2006 eingeräumt worden, die Unterlagen seien nicht vorgelegt bzw. ihre Vorlage verweigert worden. Die Entscheidung über weitere Zahlungen werde deshalb wegen fehlender Mitwirkung gemäß §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) entzogen. Falls er die Mitwirkung noch nachhole, werde für die Zukunft geprüft, ob Leistungen nach dem SGB II gewährt werden könnten.
Hiergegen hat der Bg. Widerspruch eingelegt und beim Sozialgericht Regensburg (SG) die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Es liege lediglich eine Wohngemeinschaft, jedoch keine eheähnliche Gemeinschaft vor.
Mit Beschluss vom 10.03.2006 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.02.2006 angeordnet. Die von der Bf. herangezogene Befugnisnorm des § 66 SGB I trage schon deshalb nicht, weil damit nur ein Verstoß gegen eine Mitwirkungspflicht sanktioniert werden könne, die den Leistungsempfänger in eigener Person treffe. Er sei aber nicht verpflichtet und gegen deren Willen auch gar nicht in der Lage, Angaben und Nachweise über das Einkommen und Vermögen von Frau H. vorzulegen. Die in Betracht zu ziehende Umdeutung des streitigen Bescheides in eine Rücknahmeentscheidung scheitere daran, dass das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststehe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf., die geltend macht, das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ergebe sich aus der Tatsache, dass der Bg. und Frau H. sich im Jahre 2001 verlobt hätten. Zwar sei die Verlobung aufgrund persönlicher Differenzen später aufgelöst worden, jedoch hätten beide bis September 2004 weiterhin in E. zusammen gewohnt und seien anschließend sogar gemeinsam nach P. verzogen.
Der Bg. macht weiterhin geltend, es liege gegenwärtig jedenfalls lediglich eine Wohngemeinschaft vor.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 15.02.2006 angeordnet, da bezüglich der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ernsthafte Bedenken bestehen.
Der Bescheid vom 15.02.2006 spricht zwar zunächst davon, dass die Bewilligung der Leistungen mit Wirkung vom 01.03.2006 aufgehoben werde. Die weiteren Ausführungen in dem Bescheid zeigen jedoch, dass die Bf. keinen Aufhebungsbescheid nach §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erlassen hat bzw. erlassen wollte, sondern die Leistung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs.3 SGB I entzogen hat. Die Voraussetzungen für eine Entziehung liegen aber nicht vor, da hierfür Voraussetzung wäre, dass der Bg. seine Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I verletzt hat. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Gemäß § 60 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB X hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers die Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Diese Auskunftspflicht betrifft Tatsachen, von denen der Leistungsempfänger Kenntnis hat; die Pflicht zur Vorlage entsprechender Beweismittel nach § 60 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB I bezieht sich auf Unterlagen, die sich in seinem Besitz befinden. Im vorliegenden Fall ist bisher jedenfalls nicht nachgewiesen, dass der Bg. Kenntnis von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen von Frau H. hat bzw. dass er diesbezüglich über entsprechende Unterlagen verfügt. Deshalb kann gegenwärtig jedenfalls nicht von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I ausgegangen werden.
Gemäß § 60 Abs.4 Satz 1 SGB II hat ein Partner, dessen Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen ist, hierüber auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist. Somit wäre Frau H. - vorausgesetzt, sie ist Partnerin im Sinne des § 7 Abs.3 Nr.3b SGB II - verpflichtet, der Bf. die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. Eine Verletzung dieser Auskunftspflicht kann aber nicht zur Entziehung der dem Bg. zustehenden Leistung nach § 66 Abs.2 SGB I führen; eine Verletzung dieser Auskunftspflicht ist allenfalls mit den Sanktionen der §§ 62, 63 SGB II (Schadensersatz bzw. Bußgeld), gerichtet gegen den Partner, verbunden.
Der Entziehungsbescheid nach § 66 Abs.3 SGB I kann nicht in einen Aufhebungsbescheid nach §§ 45, 48 SGB X umgedeutet werden (BSG, Urteil vom 31.01.2006, B 11a AL 5/05 R). Denn beide Bescheide haben verschiedene Regelungsinhalte. Während der Versagungs- bzw. Entziehungsbescheid lediglich die Verletzung der Mitwirkungspflicht feststellt und keine Entscheidung über das materiell-rechtliche Bestehen des Anspruches trifft, verneint der Aufhebungsbescheid das Bestehen des materiell-rechtlichen Anspruches (vgl. BSG SozR 1200 § 66 Nr.13).
Somit war die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 10.03.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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