L 6 B 248/06 R PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 R 1283/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 B 248/06 R PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 13. März 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem beim Sozialgericht Landshut anhängigen Verfahren streiten die Beteiligten um die Höhe der an die Klägerin und Beschwerdeführerin zu zahlenden Hinterbliebenenrente. Die Beschwerdeführerin, die von der Beklagten eine Regelaltersrente bezieht, beantragte am 19.12.2003 die Zahlung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres am 12.12.2003 verstorbenen Ehemanns A. B ... Mit Bescheid vom 10.02.2004 bewilligte ihr die Beklagte die Große Witwenrente ab 01.01.2004. Zur Höhe der Rente führte sie aus, dass für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) höchstens 25 Entgeltpunkte zugrunde zu legen seien. Es seien anrechenbare Zeiten nach dem FRG in einer weiteren Rente zu berücksichtigen. Die höchstens zugrunde zu legenden 25 Entgeltpunkte nach dem FRG würden auf die Renten aufgeteilt.

Mit Schreiben vom 02.09.2005 beantragte die Klägerin gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Auszahlung der Witwenrente ohne Kürzung der Entgeltpunkte.

Mit Bescheid vom 22.09.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Dem von der Klägerin genannten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.08.2001 (B 4 RA 118/00 R) werde von den Rentenversicherungsträgern über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Zwischenzeitlich sei durch das Gesetz zur Sicherung der Nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21.07.2004 rückwirkend zum 07.05.1996 eine gesetzliche Klarstellung dahin erfolgt, dass für die Versicherten- und Hinterbliebenenrenten höchstens 25 Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden könnten. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Beschwerdeführerin - die vorgesehene Rückwirkung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art.20 Grundgesetz (GG), der Gesetzgeber greife gegenüber den davon Betroffenen nachträglich in abgewickelte Sachverhalte ein - wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 zurück. Die von den Rentenversicherungsträgern schon bisher vertretene Rechtsauffassung werde nunmehr vom 8. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 21.06.2005 bestätigt; mit Urteilen vom 05.10.2005 habe sich nun auch der 5. Senat des BSG dieser Beurteilung angeschlossen.

In der dagegen zum Sozialgericht Landshut erhobenen Klage hält die Beschwerdeführerin an ihrer Auffassung fest und begehrt die Verurteilung der Beklagten, die Hinterbliebenenrente ohne Kürzung nach § 22b FRG zu gewähren. Gleichzeitig beantragte sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt P ... Wegen der Rechtsgrundsätzlichkeit sei die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage gegeben.

Mit Beschluss vom 13.03.2006 lehnte das Sozialgericht den Antrag ab. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung komme es auf den Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags an. Nach der Ausführung der Beklagten sei die bislang durchgeführte Verwaltungspraxis durch das Gesetz zur Sicherung der Nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.07.2004 bestätigt worden. Das BSG habe in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass die Rückwirkung im RV-Nachhaltigkeitsgesetz ausnahmsweise zulässig sei, da eine unklare Rechtslage bestanden habe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die auf ihr bisheriges Vorbringen verweist. Der 4. Senat des BSG wolle offenbar von der Rechtsprechung des 5. und 8. Senats abweichen, so dass entweder eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht oder den Großen Senat des BSG erfolgen werde.

Das Sozialgericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§§ 172, 173, 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 127 Abs.2 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). In der Sache erweist sie sich als unbegründet.

Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73 Abs.1 Satz 1 SGG, §§ 114 ff. ZPO). Ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben (wie vorliegend im sozialgerichtlichen Verfahren), wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs.2 Satz 1 ZPO).

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin erscheint zwar nicht mutwillig und es würde auch grundsätzlich die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheinen. Der Senat stimmt jedoch mit dem Sozialgericht darüber ein, dass die hinreichende Erfolgsaussicht der anhängigen Klage nicht gegeben ist. Dies folgt aus der im Prozesskostenhilfeverfahren alleine veranlassten summarischen Prüfung, wobei eine abschließende Beurteilung der Erfolgsaussichten nicht erforderlich ist. Der Erfolg der Klage müsste zur Bejahung der Erfolgsaussicht nicht gewiss sein, es würde vielmehr genügen, wenn nach den vorhandenen Gegebenheiten eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit besteht. Von einer hinreichenden Erfolgsaussicht einer Klage könnte sicherlich auch dann gesprochen werden, wenn der Ausgang des Rechtsstreits von der Klärung einer Reihe von schwierigen und bisher höchstrichterlich nicht entschiedenen Rechtsfragen abhängt. Dies ist jedoch (jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts) nicht mehr der Fall, da die von der Beklagten genannten Urteile des 8. bzw. 5. Senats nunmehr vorliegen. Für die Berechnung von Hinterbliebenenrenten wie vorliegend ist die Vorschrift des § 22b Abs.1 FRG in der Fassung durch Art.9 Nr.2 RV-Nachhaltigkeitsgesetz anwendbar. Der frühere § 22b Abs.1 Satz 1 FRG in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG), in dem sich nach der nunmehrigen Rechtsprechung des BSG die vorgenommene Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte nicht entnehmen habe lassen, ist rückwirkend zum 07.05.1996 ersetzt worden. Damit hat der Anspruch der Klägerin nicht im Sinne von § 300 Abs.2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI nach dem früheren Recht schon vor dessen Aufhebung bestanden. Es handelt sich zwar bei der Neufassung der Bestimmung um eine verfassungsrechtlich nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässige echt rückwirkende Rechtsänderung. Diese ist ausnahmsweise zulässig, weil nach In-Kraft-Treten des WFG und auch nach dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 30.08.2001 (SozR 3-5050 § 22b Nr.2) eine unklare Rechtslage bestand, bei der sich schutzwürdiges Vertrauen vor dem Gesetzesbeschluss über das RV-Nachhaltigkeitsgesetz nicht hat bilden können.

Da die Auffassung des Sozialgerichts damit bestätigt worden ist, ist auch dessen Auffassung über die fehlende hinreichende Erfolgsaussicht der anhängigen Klage nicht zu beanstanden. Die Beschwerde musste deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden.

Dieser Beschluss, der ohne mündliche Verhandlung ergehen konnte (§ 124 Abs.1 SGG), ist nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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