L 16 R 573/04.Ko

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 573/04.Ko
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass bei ausgefallenen Terminen grundsätzlich eine (angefangene) Stunde Wartezeit anzusetzen, aber auch ausreichend ist, denn mehr als eine Stunde zu warten ist nicht angemessen. Die Voraussetzung des § 9 Abs. 3 Satz 2 JVEG beinhaltet, dass der Dolmetscher noch vor Verlassen seiner Wohnung oder seines Büros entsprechend benachrichtigt worden ist, dass der Termin entfällt. Es ist nicht Aufgabe des Dolmetschers, sich vorsorglich kundig zu machen, ob ein Untersuchungstermin entfällt, auch wenn dies naheliegend wäre. Vielmehr stehen insoweit die Auftraggeber in der Pflicht ( hier die gerichtlich bestellte Sachverständige bzw. ihre Mitarbeiter)
I. Die Entschädigung des Dolmetschers anlässlich des vorgesehenen Untersuchungstermines 13.03.2006 wird auf 195,40 EUR festgesetzt.
II. Die Entschädigung des Dolmetschers anlässlich des vorgesehenen Untersuchungstermines 14.03.2006 wird auf 195,40 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

In dem am Bayer. Landessozialgericht anhängig gewesenen Rentenstreitverfahren des V. A. ist Frau Prof.Dr.H. gemäß §§ 103 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. In Hinblick auf die für den 13.03.2006 und 14.03.2006 vorgesehene internistisch-kardiologische Begutachtung ist der Antragsteller als vereidigter Dolmetscher hinzugezogen worden.

Nachdem die Vorladung des Klägers für den 13.03.2006 und 14.03.2006 erst am 20.03.2006 zur Post gegeben worden ist, ist der Kläger (unabhängig von sonstigen möglichen Gründen) nicht zu den vorgesehenen Untersuchungsterminen erschienen.

Der Antragsteller hat als Dolmetscher am 13.03.2006 von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr vergeblich gewartet. Entsprechend seinem Entschädigungsantrag vom 20.03.2006 sind ihm antragsgemäß 195,40 EUR bewilligt worden: Entschädigung als Dolmetscher für die Zeit am 13.03.2006 von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr, während der er seiner gewöhnlichen Beschäftigung nicht hat nachgehen können (= 3 Stunden à 55,00 EUR = 165,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer 26,40 EUR sowie Fahrkosten in Höhe von 4,00 EUR = gesamt 195,40 EUR).

Mit weiterem Entschädigungsantrag vom 20.03.2006 betreffend der vorgesehenen Untersuchung am 14.03.2006 hat der Antragsteller eine Ausfallentschädigung von 8 Stunden à 55,00 EUR = 440,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer 70,40 EUR und Fahrkosten in Höhe von 4,00 EUR = 514,40 EUR geltend gemacht. Beigefügt gewesen ist eine Bestätigung der Städt. Klinikum GmbH vom 14.03.2006: Leider sei der Patient zu den genannten Untersuchungsterminen nicht erschienen. Der Dolmetscher hätte sich jedoch für den 14.03.2006 ganztägig freigehalten. Dies würde gerne in Hinblick auf den Entschädigungsantrag bestätigt.

Die vorstehend bezeichneten Beträge von 195,40 EUR und 514,40 EUR sind zur Zahlung angewiesen worden. - Nach Überprüfung teilte der Kostenbeamte des Bayer. Landessozialgerichts dem Antragsteller mit Nachricht vom 22.05.2006 mit, dass hinsichtlich des vorgesehenen Untersuchungstermines 14.03.2006 insgesamt nur 63,80 EUR hätten gezahlt werden dürfen.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 29.05.2006 und ergänzendem Telefonat vom 31.05.2006 Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 JVEG gestellt: Da der Kläger aus Italien kommen sollte und selbst nicht vorher abgesagt habe, konnte am 13.03.2006 niemand wissen, ob er nun mit Verspätung oder überhaupt nicht kommen würde. Deswegen konnte der Termin am darauffolgenden Tag nicht offiziell abgesagt werden. Nachdem er sich am 14.03.2006 für den ganzen Tag dafür freigehalten habe, habe man vergeblich gewartet und dementsprechend keine anderen Aufträge annehmen können. Der fehlende Einsatz am 14.03.2006 habe einen echten Einkommensverlust dargestellt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, es bei der bereits bewilligten Entschädigung von 514,40 EUR zu belassen.

Der Antragsgegner hat entsprechend seiner Nachricht vom 22.05.2006 beantragt, die Entschädigung auf insgesamt 63,80 festzusetzen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Kostenakten Bezug genommen.

II.

Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs.1 Satz 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

Das Honorar für die Leistungen eines Dolmetschers beträgt gemäß § 9 Abs.3 Satz 1 JVEG für jede Stunde 55,00 EUR. Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass bei ausgefallenen Terminen grundsätzlich eine (angefangene) Stunde Wartezeit anzusetzen ist. Für die An- und Rückfahrt sind ebenfalls jeweils eine (angefangene) Stunde zu berücksichtigen. Deswegen sind für die am 13.03.2006 vorgesehene Untersuchung zutreffend 3 x 55,00 EUR = 165,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer 26,40 EUR und Fahrkosten in Höhe von 4,00 EUR = 195,40 EUR bewilligt worden.

Das nämliche gilt für den vorgesehenen Untersuchungstermin am 14.03.2006. - Der Antragsteller kann sich nicht darauf berufen, er habe sich den 14.03.2006 insgesamt freigehalten und dementsprechend keine anderen Aufträge angenommen. Denn mehr als eine Stunde zu warten ist nicht angemessen, wenn ein Proband nicht zur gerichtsärztlich angeordneten Untersuchung erscheint. Der Senat verkennt nicht, dass von hauptberuflich tätigen Dolmetschern immer wieder beklagt wird, dass durch kurzfristige, von ihnen nicht zu vertretende Aufhebungen oder Verschiebungen von Terminen erhebliche Einkommensverluste entstehen. Diese Verluste können im Bereich der Dolmetscher (anders als bei Sachverständigen oder Übersetzern) regelmäßig nicht dadurch ausgeglichen werden, dass in derselben Zeit, die für den Termin einschließlich kalkulierter Reise- und Wartezeiten eingeplant war, andere Aufgaben wie etwa das Abdiktieren eines Gutachtens oder eine Übersetzung abgewickelt werden. - Der Gesetzgeber hat dieses Risiko gemäß § 9 Abs.3 Satz 1 JVEG betroffenen Dolmetschern wie hier dem Antragsteller überbürdet und nicht der Staatskasse. Die vorgelegte Bestätigung der Städt. Klinikum M. GmbH vom 14.03.2006 ist daher nicht sachdienlich.

Soweit der Antragsgegner hinsichtlich der für den 14.03.2006 vorgesehenen Untersuchung lediglich eine Ausfallentschädigung in Höhe von 55,00 EUR (zuzüglich Nebenkosten) festgesetzt wissen will, steht dem § 9 Abs.3 Satz 2 JVEG entgegen: Ein ausschließlich als Dolmetscher Tätiger erhält eine Ausfallentschädigung in Höhe von höchstens 55,00 EUR, soweit er durch die Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war und dessen Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war, einen Einkommensverlust erlitten hat und ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist.

Der Gesetzgeber hat in § 9 Abs.3 Satz 2 JVEG die Ausfallentschädigung pauschal in Höhe maximal eines Stundensatzes vorgesehen. - Ein Fall des § 9 Abs.3 Satz 2 JVEG ist hier jedoch nicht gegeben: Denn dort wird vorausgesetzt, dass dem Dolmetscher die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist. Dies beinhaltet, dass der Dolmetscher noch vor Verlassen seiner Wohnung oder seines Büros entsprechend benachrichtigt worden ist, dass der entsprechende Termin wegen Aufhebung entfällt. - Es ist nicht Aufgabe des Dolmetschers in Fällen wie dem vorliegenden sich vorsorglich kundig zu machen, ob ein Untersuchungstermin (hier: 14.03.2006) entfällt, auch wenn dies naheliegend gewesen wäre. - Vielmehr stehen insoweit die Auftraggeber in der Pflicht (hier: die gerichtlich bestellte Sachverständige bzw. ihre Mitarbeiter).

Die vorstehende Entscheidung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 4 Abs.7 Satz 2 JVEG durch den 15. Senat als Kostensenat des Bayer. Landessozialgerichts ergangen.

Die Entscheidung ist gemäß § 177 SGG endgültig. Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs.8 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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