S 12 KA 212/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 212/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ist lediglich eine leicht erhöhte Frequentierung der chirurgischen Leistungen festzustellen, liegt der eigentliche Schwerpunkt aber im konservierenden Bereich, so kann die Abrechnung einer Oralchirurgin im Rahmen einer Wirtdschaftlichkeitsprüfung der konservierend-chirurgischen Leistungen mit der Vergleichsgruppe aller Zahnärzte verglichen werden (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2005, Aktenzeichen: B 6 KA 4/05 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 12 = MedR 2006, 444 = juris).
2. Für die Zulässigkeit einer Prüfmethode (hier: Auffälligkeitsprüfung nach Durchschnittswerten) kommt es auf die geltende Rechtslage im Prüfquartal an.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den fünf Quartalen I/02 und I bis IV/03 in Höhe von insgesamt 36.907,86 EUR.

Die Klägerin ist seit 01.07.1982 als Zahnärztin zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Sie verfügt über die Gebietsbezeichnung Oralchirurgie.

In den streitbefangenen Quartalen ergaben sich folgende Abrechnungswerte der Klägerin (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZÄ) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):

Quartal Fallzahl Pkte. pro Fall Mehrkosten pro Fall in Pkte. In %
IV/2001 VZA- 357 92 21 29,6
VG- 538 71
I/2002 VZA- 308 147 67 83,8
VG- 464 80
I/2003 VZA- 306 161 81 101,3
VG- 478 80
II/2003 VZA- 325 120 55 60,0
VG- 465 75
III/2003 VZA- 335 137 62 82,7
VG- 474 75
IV/2003 VZA- 339 102 34 50,0
VG- 594 68
Nach einem Auswahlverfahren bzw. einem Antrag der Beigeladenen zu 2) bis 8) für das Quartal III/03 führte der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen Hessen - eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der streitbefangenen Quartale durch. Der Prüfungsausschuss lud die Klägerin zu einer Prüfsitzung, an der sie teilnahm.

Mit Bescheid vom 16.12.2004 setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 26.587,07 EUR fest, die er mit Rücksicht auf den HVM-Einbehalt für das Jahr 2002 und das Jahr 2003 auf 26.300,11 EUR reduzierte. Im Ergebnis kürzte er den Gesamtfallwert auf den 1,5-fachen hessischen Vergleichsfallwert.

Hiergegen legte die Klägerin am 04.05.2005, die Beigeladenen zu 2) bis 8) am 08.05.2005 Widerspruch ein. Letztere verwiesen auf die Feststellungen des Prüfungsausschusses und hielten eine neue Prüfung für unumgänglich.

Die Klägerin führte unter Datum vom 14.06.2005 aus, sie müsse mit den hessischen Oralchirurgen verglichen werden. Auch dem Ausschuss habe kein Oralchirurg angehört. Aufgrund der Gesetzesänderung sei die Prüfung generell unzulässig. Ferner setzte sie sich mit der Begründung des Prüfungsausschusses auseinander.

Der Beklagte führte eine weitere Prüfsitzung durch, an der die Klägerin wiederum teilnahm.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2005, ausgefertigt am 01.02. und der Klägerin am 06.02.2006 zugestellt, gab der Beklagte dem Widerspruch der Beigeladenen zu 2) bis 8) statt und wies den Widerspruch der Klägerin zurück. Er nahm die streitige Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in Höhe von 37.301,97 EUR vor, die er mit Rücksicht auf den HVM-Einbehalt für das Jahr 2002 und das Jahr 2003 auf 36.907,86 EUR reduzierte. Im Ergebnis kürzte er den Gesamtfallwert auf den 1,4-fachen hessischen Vergleichsfallwert. Zur Begründung führte er aus, er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Auch Oralchirurgen könnten mit den hessischen Zahnärzten verglichen werden. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sehe man im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Überschreitung von 40 %. Die Abrechnungswerte der Klägerin legten daher eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Die Beschäftigung zweier Ausbildungsassistenten sei unerheblich. Man habe ferner die Abrechnung mit Blickrichtung auf die gegenüber der Vergleichsgruppe geringere Fallzahl und des daraus sich möglicherweise ergebenden erhöhten Zeitpotenzials für die Versorgung der Patienten beleuchtet. Zu berücksichtigen sei, dass jede zahnärztliche Praxis darauf ausgerichtet sei, eine zügige Therapie durchzuführen. Generell könne das hiermit verbundene Argument einer schnellen Durchsanierung auch nur dann Bedeutung erlangen, sofern ein erhöhter Behandlungsbedarf zu verzeichnen sei. Ein dahingehend großes Ausmaß habe nicht festgestellt werden können. Dies auch nicht wegen der vorgetragenen Praxisaufgabe dreier Kolleginnen. Aufgrund der flächendeckenden Zahnarztversorgung stelle A-Stadt kein zahnärztlich unterversorgtes Gebiet dar. Die Abrechnungsstatistiken der Klägerin zeigten eine Abrechnung, die den typischen Bereichen einer allgemeinzahnärztlichen Behandlung entspreche. Es sei eine lediglich leicht erhöhte Frequentierung der chirurgischen Leistungen festzustellen, die im Übrigen auch in allgemeinzahnärztlichen Praxen abgerechnet würden. Der eigentliche Schwerpunkt liege im konservierenden Bereich. Dies zeige der Umfang der Zahnsteinentfernungen. Auch im Füllungsbereich habe ein z. T. signifikant erhöhter Umfang festgestellt werden können. Auch der Umfang der ZE-Abrechnung widerspreche einem chirurgischen Schwerpunkt. Es zeige sich kein prägender und somit erheblicher Anteil an Überweisungspatienten, bei denen eine rein chirurgische Auftragsleistung durchgeführt werde. Überwiegend würden Stammpatienten umfassend über sämtliche Leistungsgebiete behandelt werden. Risikopatienten würden von allen Zahnärzten behandelt werden. Auch erfolge eine Leistung indikationsbezogen. Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen seien nicht feststellbar gewesen. Zahnärztliche Leistungen müssten auch indikationsbezogen erfolgen. Auch die Vergleichsgruppe arbeite zahnerhaltend. Ein über die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis hinausgehendes Zugeständnis habe nicht gewährt werden können.

Hiergegen hat die Klägerin am 22.02.2006 die Klage erhoben. Sie trägt zur Begründung ihrer Klage vor, die Wirtschaftlichkeitsprüfung habe keine gesetzliche Grundlage. Seit Januar 2004 dürften arztbezogene Prüfungen nur als Zufälligkeitsprüfungen durchgeführt werden. Dies gelte auch für ältere Abrechnungsquartale. Auffälligkeitsprüfungen für ärztliche Leistungen seien unzulässig. Eine anders lautende Vereinbarung liege nicht vor. Es müsse auch mindestens der Zeitraum eines zusammenhängenden Jahres geprüft werden. Die von ihr benannten Praxisbesonderheiten seien nicht berücksichtigt worden. Diese seien in der Lage der Praxis begründet. Das Gebiet habe einen hohen Ausländeranteil und einen hohen Anteil an sozial schwacher Bevölkerung mit erhöhtem Bedarf an Zahngrundsanierungen. Dieser Behandlungsbedarf sei signifikant höher als in der Vergleichsgruppe.

Die Klägerin beantragt,
den Widerspruchsbescheid vom 07.09.2005 aufzuheben und festzustellen, dass für die Quartale I/02 und I/03 bis IV/03 keine Honorarberichtigung vorzunehmen ist.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 8) beantragen übereinstimmend,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zur Klage Stellung genommen.

Mit Beschluss vom 23.02.2006 hat die Kammer die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 07.09.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass für die Quartale I/02 und I/03 bis IV/03 keine Honorarberichtigung vorzunehmen ist.

Im System der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt - Vertragsarzt - die Stellung eines Leistungserbringers ein. Er versorgt die Mitglieder der Krankenkassen mit ärztlichen Behandlungsleistungen, unterfällt damit auch und gerade dem Gebot, sämtliche Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichen zu erbringen. Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, darf er nach dem hier anzuwendenden Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (§ 12 Abs. 1 SGB V) nicht erbringen.

Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 2001 (BGBl I 3773). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode. Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe – bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe - im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, d. h., ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - Az: B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, zitiert nach juris, Rdnr. 17 m. w. N.).

Von welchem Grenzwert an ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen ist, entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1995 - Az: 6 RKa 37/93, BSGE 76, 53 = SozR 3 2500 § 106. Nr. 26 = NZS 1996, 33 = NJW 1996, 2448 = USK 9573, juris Rdnr. 18). Nach der Rechtsprechung des BSG liegt zwischen dem Bereich der normalen Streuung, der Überschreitungen um bis zu ca. 20 % erfasst, und der Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis der Bereich der Übergangszone. Die Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis hat das BSG früher bei einer Überschreitung um ca. 50 % angenommen. Seit längerem hat es - unter bestimmten Voraussetzungen - niedrigere Werte um ca. 40 % ausreichen lassen. Die Prüfgremien haben einen Beurteilungsspielraum, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis höher oder niedriger festzulegen. Vor diesem Hintergrund hat das BSG es nicht ausgeschlossen, dass Überschreitungen um 42, 38, 33 und 31 % möglicherweise dem Bereich des sog. offensichtlichen Missverhältnisses zugeordnet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2000 - Az: B 6 KA 24/99 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 50 = USK 2000-171, juris Rdnr. 24). Bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum darf eine Grenzziehung bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um +40 % oder weniger vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003 - Az: B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, juris Rdnr. 26). Bei einer Arztgruppe mit einem engen Leistungsspektrum, das gegen größere Unterschiede bei den durchschnittlichen Fallkosten der einzelnen Praxen spricht, ist es unter Umständen zu vertreten, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bereits bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 % festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.1987 - Az: 6 RKa 23/86, aaO., juris Rdnr. 23).

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den Zahnärzten um eine inhomogene Arztgruppe handeln könnte und deshalb Veranlassung bestünde, der Verwaltung eine Sachaufklärung in dieser Richtung aufzugeben. Berücksichtigt man, dass es auch in der Zahnheilkunde und den angrenzenden ärztlichen Bereichen besondere Fach(zahn)ärzte für Spezialgebiete gibt, die besondere Fachgruppen bilden (Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, Gebietsärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie), und ein großer Teil der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung herausgenommen ist, so bleiben im wesentlichen lediglich die in Teil 1 des Bema aufgeführten "konservierenden und chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen" als Prüfungsgegenstand übrig. Da ferner in der Zahnheilkunde generell die Erhaltung der Zähne vorrangiges Behandlungsziel ist, kann angenommen werden, dass die allgemeinen Zahnarztpraxen in etwa einen gleichen Behandlungsbedarf zu befriedigen haben (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.1987 - Az: 6 RKa 23/86, SozR 2200 § 368n Nr. 48 = BSGE 62, 24 = SGb 1988, 549 = USK 87212, juris Rdnr. 20).

Ein statistischer Kostenvergleich kann dann nicht durchgeführt werden, wenn die Fallzahl des zu prüfenden Arztes so gering ist, als sie (Fall-)Zahlenbereiche unterschreitet, unterhalb derer ein statistischer Vergleich nicht mehr aussagekräftig ist. Die Prüfung nach Durchschnittswerten geht von der Grundannahme aus, dass es die Ärzte der Vergleichsgruppe unter Einbeziehung des geprüften Arztes im Durchschnitt mit dem gleichen Krankengut zu tun haben und deshalb im Durchschnitt aller Fälle in etwa die gleichen Behandlungskosten benötigen. Diese Annahme ist aber nur gerechtfertigt, wenn für den Vergleich einerseits eine hinreichend große Anzahl vergleichbarer Ärzte und andererseits bei dem zu prüfenden Arzt eine hinreichende Zahl von Behandlungsfällen zur Verfügung stehen Zwar ist es statistisch genauso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich, dass der zu prüfende Arzt mit geringer Fallzahl dieselbe Patientenstruktur aufweist wie die Ärzte seiner Vergleichsgruppe, so dass die Relation von behandlungsintensiven und weniger aufwendigen Behandlungsfällen in kleinen Praxen nicht notwendig anders sein muss als bei großen. Eine in Relation zur Vergleichsgruppe besonders niedrige Fallzahl des zu prüfenden Arztes kann aber zur Folge haben, dass einzelne schwere, besonders aufwendige Behandlungsfälle den Fallwert des betroffenen Arztes überproportional in die Höhe treiben Deshalb ist zu verlangen, dass der mit einer sehr geringen Fallzahl einhergehenden Vergröberung des Aussagewerts der statistischen Vergleichsprüfung durch die Einführung einer Mindestquote der in die Prüfung einzubeziehenden Fälle zu begegnen ist. Dabei ist an ein objektives Kriterium, nämlich die durchschnittliche Fallzahl der Vergleichsgruppe anzuknüpfen. Die Beschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf die Behandlungsfälle einer einzelnen Krankenkasse ist daher nur mit der Einschränkung zugelassen worden, dass diese mindestens 20 v. H. der Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe ausmachen. Die Mindestquote von 20 % der Durchschnittsfallzahl der Vergleichsgruppe ist nicht nur bei der auf die Behandlungsfälle einer einzelnen Kasse beschränkten Prüfung zu beachten, sondern muss auch dann erreicht sein, wenn die Zahl der insgesamt vom zu prüfenden Arzt behandelten Patienten besonders niedrig ist. Soweit seit 1995 die Wirtschaftlichkeit der (nunmehr einheitlichen) vertragsärztlichen Versorgung für den (früheren) RVO-Kassen- und den Ersatzkassenbereich einheitlich geprüft wird, hat dies zur Folge, dass die in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einzubeziehenden Behandlungsfälle nunmehr das gesamte Spektrum der vertragsärztlichen Tätigkeit des zu prüfenden Arztes abdecken und nicht mehr - wie zuvor - jeweils nur einen Teilbereich. Dies spricht dafür, die absoluten Fallzahlenuntergrenzen bei einer die gesamte vertragsärztliche Tätigkeit erfassenden Prüfung höher anzusetzen, als das bisher in besonderen Konstellationen für den einen oder anderen Kassenbereich für zulässig gehalten worden ist. Gegen eine starre Grenzziehung etwa bei 100 Fällen spricht, dass dann die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei kleineren Arztpraxen aus solchen Arztgruppen, deren Durchschnittsfallzahlen unter 500 liegen, häufig nicht als statische Vergleichsprüfung durchgeführt werden könnte. Angesichts der ständig verbesserten statistischen Auswertung der Abrechnungen (z. B. Gewichtung des Rentneranteils, Beschränkung des Vergleichs auf Ärzte, die die fraglichen Leistungen abrechnen) ist es nicht gerechtfertigt, generell Ärzte mit Fallzahlen oberhalb der Grenze von 20 % des Durchschnitts von der Prüfung nach Durchschnittswerten auszunehmen, wenn ihre Fallzahl die absolute Grenze von 100 nicht erreicht (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1998 - Az: B 6 KA 50/97 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 45 = NZS 1999, 310 = Breith 1999, 664 = USK 98174, juris Rdnr. 15 bis 19).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden.

Der Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Durch die mündliche Verhandlung des Beklagten, an der die Klägerin teilgenommen hat, hat eine ausreichende Anhörung stattgefunden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren – SGB X -).

Auch die Beigeladenen zu 2) bis 8) haben eine Widerspruchsbefugnis. Nach § 106 Abs. 5 S. 3 SGB V können neben den betroffenen Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen die Krankenkassen und die Landesverbände der Krankenkassen Widerspruch einlegen. Die Beigeladenen zu 2) bis 8) haben auch einen formgültigen, da schriftlichen Widerspruch erhoben. Soweit sie im Briefkopf die Bezeichnung "Die Verbände der Krankenkassen in Hessen" im Widerspruchsschreiben vom 07.08.2002 führen, ist die unbeachtlich, da jedenfalls unterhalb dieser Bezeichnung die einzelnen Landesverbände bzw. die Beigeladene zu 2) aufgeführt sind. Soweit das Widerspruchsschreiben nur eine Unterschrift führt, beruht dies auf einer Verwaltungsvereinbahrung zwischen den Beigeladenen zu 2) bis 8), was gerichtsbekannt ist. Der Nachweis einer Vollmacht für jeden einzelnen Landesverband muss erst dann erbracht werden, wenn dies von dem Beklagten verlangt wird (§ 13 Abs. 1 S. 3 SGB X) (vgl. SG Marburg, Urteil vom 07. Dezember 2005, Aktenzeichen: S 12 KA 22/05, Berufung anhängig).

Der Beklagte hat auch die Absetzungsfrist für den Bescheid von fünf Monaten eingehalten.

Der angefochtene Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Der Beklagte hat die Klägerin mit den Abrechnungswerten aller hessischen Vertragszahnärzte verglichen. Die Prüfgremien der vertragszahnärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung sind nicht verpflichtet, die Behandlungsweise eines Zahnarztes mit der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" nur mit denjenigen Zahnärzten zu vergleichen, die ebenfalls diese Gebietsbezeichnung führen.

Die Bildung geeigneter Vergleichsgruppen als Grundlage eines Vergleichs nach Durchschnittswerten ist, soweit - wie hier - keine normativen Vorgaben der maßgeblichen Prüfvereinbarung zu beachten sind, Sache der Prüfgremien. Sofern atypische Praxisumstände des zu prüfenden Zahnarztes vorliegen oder geltend gemacht werden, steht den Prüfgremien ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Beurteilung zu, ab welchem Ausmaß atypischer Praxisumstände sie eine engere Vergleichsgruppe bilden oder Praxisbesonderheiten annehmen und sachgerecht quantifizieren. Die Entscheidung der Prüfgremien für die Heranziehung einer bestimmten Vergleichsgruppe ist nur dann rechtswidrig, wenn die maßgebenden Leistungsbedingungen des zu prüfenden (Zahn )Arztes und der gewählten Gruppe so verschieden sind, dass von vornherein keine verwertbaren Aussagen über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit einer Leistung oder eines Leistungskomplexes zu erwarten sind. Bei der Gruppe der Zahnärzte ist es wegen ihrer hohen Homogenität und der Herausnahme eines großen Teils der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung im Regelfall nicht erforderlich, für die Prüfung nach Durchschnittswerten Untergruppen mit bestimmten Behandlungsschwerpunkten zu bilden, abgesehen von den sowohl zur vertragszahnärztlichen als auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen (MKG-Chirurgen). Diese Ausnahme müssen die Prüfgremien nicht generell auch auf solche Zahnärzte erstrecken, die ausschließlich als Vertragszahnärzte zugelassen sind und die Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" führen. Das gilt jedenfalls, worüber hier allein zu entscheiden ist, für den Fall, dass Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung Einzelleistungen sind, die typischerweise von allen Zahnärzten erbracht werden. Für die vertragszahnärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung entspricht die Führung der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" hinsichtlich ihrer normativen Wirkungen derjenigen einer Zusatzbezeichnung im ärztlichen Bereich. Zahnärzte mit der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" müssen sich nicht auf oralchirurgische Behandlungen beschränken und sind nicht einmal verpflichtet, solche Behandlungen anzubieten, sondern können ausschließlich oder in großem Umfang allgemeinzahnärztlich tätig sein. Aus dem Umstand, dass Zahnärzte mit der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" sich tatsächlich nicht auf oralchirurgische Leistungen beschränken und dazu auch berufs- oder vertragszahnarztrechtlich nicht verpflichtet sind, und dass weiterhin der Anteil spezifisch oralchirurgischer Leistungen an den von dieser besonderen Zahnarztgruppe insgesamt in der Sparte der konservierenden und chirurgischen Behandlung erbrachten Leistungen sehr unterschiedlich ist, kann der Schluss gezogen werden, auf die Bildung einer verfeinerten Vergleichsgruppe von Zahnärzten mit der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" zu verzichten. Das ist nicht zu beanstanden. Da Zahnärzte mit der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" auch mehr oder weniger umfangreich zahnkonservierende Behandlungen durchführen, Parodontosebehandlungen abrechnen und auch Leistungen im Bereich Zahnersatz erbringen, sind die Prüfgremien nicht gehalten, eine engere Vergleichsgruppe bestehend nur aus den Zahnärzten mit der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" zu bilden. Eine solche verfeinerte Vergleichsgruppe wäre inhomogen, weil sie Zahnärzte erfassen würde, die schwerpunktmäßig oralchirurgisch tätig sind, und solche, die sich in ihrem Abrechnungs- und Behandlungsverhalten von der Mehrzahl der allgemeinzahnärztlich tätigen Zahnärzte nicht unterscheiden. Zahnärzte ohne Berechtigung zur Führung der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" dürfen auch zahnchirurgische Leistungen erbringen. Aus diesem Grund lässt die Berechtigung zur Führung der Gebietsbezeichnung "Oralchirurgie" für diejenigen Zahnärzte, die sich nicht von vornherein auf eine chirurgische Überweisungspraxis beschränken, keinen Rückschluss auf das tatsächliche Behandlungsspektrum zu (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2005, Aktenzeichen: B 6 KA 4/05 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 12 = MedR 2006, 444, juris Rdnr. 16 – 22).

Der Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, dass die Abrechnungsstatistiken der Klägerin eine Abrechnung zeigen, die den typischen Bereichen einer allgemeinzahnärztlichen Behandlung entspricht. Es ist lediglich eine leicht erhöhte Frequentierung der chirurgischen Leistungen festzustellen, die im Übrigen auch in allgemeinzahnärztlichen Praxen abgerechnet werden. Der eigentliche Schwerpunkt liegt im konservierenden Bereich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Beklagten im Einzelnen verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG). Das Sozialgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 08.09.2004, Aktenzeichen S 27 KA 1180/04 und das LSG Hessen, Urteil vom 24.05. 2006, Aktenzeichen L 6/7 KA 102/04 haben insoweit die Feststellungen der Beklagten für die Quartale III/98, I/99, IV/99, I/00 und III/00 bestätigt. Eine wesentliche Änderung der Praxisstruktur seitdem hat die Klägerin nicht vorgetragen. Im Klageverfahren hat sie vielmehr auf Praxisbesonderheiten hingewiesen, die in keinem Zusammenhang mit einer oralchirurgischen Tätigkeit stehen. Sie hat insbesondere auf eine Klientel mit erhöhtem Bedarf an Zahngrundsanierungen. verwiesen.

Soweit der Beklage Honorarberichtigungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise vorgenommen hat, war nicht zu beanstanden, dass er vom Vorliegen eines sog. offensichtlichen Missverhältnisses bei einer Überschreitung des Gesamtfallwertes von 40 % ausging. Dies steht im Einklang mit der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG. Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Praxis der Klägerin trotz geringerer Fallzahl mit der Vergleichsgruppe statistisch verglichen werden kann, da ihre Praxis im streitbefangenen Quartal für die Durchführung einer statistischen Vergleichsprüfung hinreichend groß war.

Die geringeren Fallzahlen führen auch nicht zwangsläufig zu erhöhten Fallwerten aufgrund eines "Durchsanierens". Nach Auffassung der fachkundig besetzten Kammer führt ein sog. "Durchsanieren" grundsätzlich nicht zu erhöhten Abrechnungswerten, da maßgeblich für den Umfang der notwendigen Behandlung ausschließlich der Befund bei den Patienten ist. Ein erhöhter Fallwert kann daher nur notwendig werden, wenn insgesamt die Patientenstruktur einer Praxis Patienten aufweist, die einer wesentlich umfangreicheren Behandlung als die Patienten der Vergleichsgruppe bedürfen. Der Kammer war nicht nachvollziehbar, weshalb gerade in der Praxis der Klägerin, die bereits seit den 80er Jahren besteht, ein erhöhter Anteil sog. "sanierungsbedürftiger" Patienten vorhanden gewesen sein sollte. Allein aus der Lage der Praxis und einem hohen Ausländeranteil und einem hohen Anteil an sozial schwacher Bevölkerung folgt kein erhöhter Bedarf an Zahngrundsanierungen. Dies hat die Klägerin auch im Verfahren nicht nachvollziehbar dargelegt. Mit dem Hinweis auf besonders sanierungsbedürftige und damit kostenintensive Fälle trägt die Klägerin letztlich vor, ihr Patientengut unterscheide sich wesentlich von dem der Vergleichgruppe. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass die Vergleichsgruppe ebenfalls kostenintensive Fälle behandelt. Aus dem Umstand der geringeren Fallzahl folgt nicht zwingend, dass das Verhältnis kostenintensiver und weniger kostenintensiver Behandlungsverhältnisse ein anderes ist als das in der Vergleichsgruppe, soweit die Größe der Praxis nicht einen Umfang unterschreitet, der einen statistischen Kostenvergleich erst gar nicht zulässt, was hier nicht der Fall ist. Maßgeblich für den notwendigen zahnmedizinischen Aufwand ist allein das Krankheitsbild. Allein aus einem hohen Abrechnungsumfang kann nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, entsprechend hoch sei auch der zahnmedizinische Behandlungsbedarf gewesen.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Wirtschaftlichkeitsprüfung habe keine gesetzliche Grundlage, war dem nicht zu folgen. Auf die gesetzlichen Grundlagen wurde bereits hingewiesen. Für die materiellen Prüfungsvoraussetzungen kommt es entscheidend auf die seinerzeit geltende Rechtslage an. Diese sah bis zum Ende des Jahres 2003 als Regelprüfmethode die Prüfung nach Durchschnittswerten vor. Im Übrigen trifft die Behauptung, seit Januar 2004 dürften arztbezogene Prüfungen nur als Zufälligkeitsprüfungen durchgeführt werden, nicht zu. Zwar hat der Gesetzgeber durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190 die gesetzliche Regelprüfmethode für (zahn)ärztliche Leistungen auf die Zufälligkeitsprüfung beschränkt. Er hat aber weiterhin vorgesehen, was auch zuvor bereits galt, dass die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in Satz 1 vorgesehenen Prüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren können (§ 106 Abs. 2 Satz 4, 1. Halbsatz SGB V). In der Prüfvereinbarung kann daher weiterhin die Prüfmethode nach Durchschnittswerten vereinbart werden (vgl. Filler, Die Neuregelung der Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung durch das GMG ab dem 1.1.2004, GesR 2004, S. 502). Hiervon haben die Beigeladenen Gebrauch gemacht. Mit der Prüfvereinbarung vom 21.07.2004, die für alle Quartale bis zum Quartal IV/03 gilt, haben sie im Wesentlichen die Fortgeltung der Prüfvereinbarung – Zahnärzte vom Januar 1995 i. d. F. d. Änderungsvereinbarung vom 01.07.1996 vereinbart. Nach der Prüfvereinbarung – Zahnärzte vom Januar 1995 erfolgt die Prüfung quartalsweise nach Einzelfällen, repräsentativen Einzelfällen und nach Durchschnittswerten (§ 8). Von daher trifft auch der Einwand der Klägerin, eine anders lautende Vereinbarung liege nicht vor, nicht zu. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, es müsse auch mindestens der Zeitraum eines zusammenhängenden Jahres geprüft werden, gilt dies nach der gesetzlichen Neufassung ab dem Januar 2004 nur für die Prüfung nach Richtgrößenvolumina, die wiederum nur ärztlich verordnete Leistungen betrifft (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V), und die Zufälligkeitsprüfung nach § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V. In der Neufassung sieht das Gesetz lediglich vor, dass die Prüfungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina für den Zeitraum eines Jahres durchzuführen sind, und dass der einer Prüfung nach Satz 1 Nr. 2 zu Grunde zu legende Zeitraum mindestens ein Jahr beträgt (§ 106 Abs. 2 Satz 5 und 6 SGB V). Für andere Prüfungsarten obliegt es daher den genannten Vertragsparteien zu vereinbaren, welche Mindestzeiträume zu prüfen sind. Für die Zeit bis Ende 2003 sah aber § 106 ausdrücklich vor, dass die Prüfungen nach Durchschnittswerten für den Zeitraum eines Quartals durchzuführen sind, lediglich die Prüfungen bei Überschreitung der Richtgrößen waren für den Zeitraum eines Kalenderjahres durchzuführen (§ 106 Abs. 2 Satz 4).

Nach allem war der angefochtene Widerspruchsbescheid rechtmäßig und daher nicht aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahren
Rechtskraft
Aus
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