L 2 U 4059/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 3147/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 4059/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung und Entschädigung von Berufskrankheiten (BKen) nach den Nrn. 1101 (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen), 1301 (Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine), 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe), 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol), 1304 (Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge), 1305 (Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff), 1306 (Erkrankungen durch Methylalkohol (Methanol)), 1310 (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide), 1311 (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylarylsulfide), 1313 (Hornhautschädigung des Auges durch Benzochinon), 1316 (Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid) und 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.

Der am 1950 geborene Kläger absolvierte von August 1968 bis Februar 1972 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser bei der W. R. Maschinen- und Apparatebau KG in Sch. und arbeitete dort - mit Unterbrechung durch Ableistung der Wehrpflicht von April 1972 bis Juni 1973 - bis März 1974 als Monteur für Rotationsverdichter. Am 1. April 1974 trat er in das Dreistern-Werk Maschinenbau GmbH & CoKG ein und war zunächst als Maschinenschlosser in der Versuchsabteilung eingesetzt. 1977 durchlief der Kläger erfolgreich eine Fortbildung zum Mess- und Regelmechaniker und wurde danach mit der Montage von Profilier- und Trennmaschinen sowie kompletter Fertigungsanlagen im In- und Ausland betraut (u.a. Russland, China und Kuweit). Von 1980 bis 1982 besuchte er die Technikerschule und schloss als staatlich geprüfter Maschinenbau-Techniker ab; während dieser Zeit erwarb er auch die REFA-Scheine A und B sowie die Fachhochschulreife. Danach arbeitete er als Konstrukteur und wurde wegen seiner Spezialkenntnisse 1984 in die Abteilung Projektierung und technische Kundenberatung übernommen, zu deren Leiter er am 1. Dezember 1986 bestellt wurde. Ab 1. Juni 1993 wurde er als Leiter der technischen Kundendokumentation eingesetzt. Diese Tätigkeit übte er bis Mitte Februar 1996 aus. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30. September 1998 aufgelöst. Seither hat der Kläger keine Tätigkeit mehr ausgeübt.

Ein wegen des Verdachts auf Ascariden(Spulwurm)-Befall 1996 eingeleitetes Verfahren (BK 4/96/21903/6B) auf Feststellung einer BK nach Nr. 3101 (Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße ausgesetzt war) war von der Beklagten mit Bescheid vom 24. April 1997 und Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 1997 abgelehnt worden (Bd. II, Bl. 253, 258 Verwaltungsakte (VA)); das selbe gilt für einen zwischen Juli und September 1975 als Arbeitsunfall geltend gemachten Hydraulikunfall (ablehnender Bescheid vom 26. September 2000/Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2001, Bd. III, Bl. 438, 451). Parallel zum anhängigen Rechtsstreit läuft der Rechtsstreit wegen Gewährung von Verletztenrente aus dem Arbeitsunfall vom 7. September 1971 (L 2 U 4060/03).

Im Februar 2000 beantragte der Kläger die Feststellung einer BK nach den oben genannten BK-Nrn. Er legte zahlreiche Unterlagen vor, u.a. Beschreibungen seiner Tätigkeiten, Übersicht über seine Erkrankungen sowie die konsultierten Ärzte, verschiedene Atteste und ärztliche Berichte, Aufstellung über Stoffe, mit denen er bei der R. KG und der D.-Werk GmbH Umgang hatte, Berichte über die Bearbeitung von Werkstoffen, Zeugnisse sowie Montage und Besprechungsberichte (vgl. Bl. 14-102 VA). Er trug vor, durch Bakterien und Pilzbefall verunreinigten Kühlschmierstoffen (KSS), insbesondere ARAL Emulsol B 20.10, Metallstaub und Lötdämpfen ausgesetzt gewesen zu sein; durch eine toxikologische Untersuchung sei Blei in Haaren und Blut des Klägers nachgewiesen. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten (TAD) erstellte am 4. Mai 2000 in Anwesenheit des Klägers (und anderer Personen) bei der D.-Werk GmbH eine Gefährdungsanalyse hinsichtlich der geltend gemachten BK-Nrn. für den Zeitraum von 1974 bis 1980 und eingeschränkt bis 1982. Zur BK 1101: Es seien keine Arbeiten ausgeführt worden, die zu hohen, den BAT-Wert erreichenden oder überschreitenden, Bleiexpositionen geführt hätten. Bezüglich der BK 1301 habe Umgang mit Araldit-Harzen bestanden, zuletzt mit Araldit CW 1237 BD; welche Harze im gesamten Zeitraum verwendet worden seien, lasse sich nicht mehr ermitteln, insgesamt seien sowohl der zeitliche Umfang als auch die Harzmengen als relativ gering anzusehen. Zur BK 1302: Beim Reinigen von Maschinenteilen mit Pinsel, Lappen oder durch Tauchen - Arbeitsvorgänge, die etwa 5% der Arbeitszeit in Anspruch genommen hätten - habe eine stärker erhöhte Konzentration an Trichlorethylen vorgelegen; Kontakt habe über die Atemwege und Haut (vor allem Hände) bestanden. Zur BK 1303: Bei insgesamt seltenen Aushilfsarbeiten in der Lackiererei (zeitlicher Umfang erheblich weniger als 5%) habe eine Exposition gegenüber Lösungsmitteln, in denen wahrscheinlich Toluol, Xylol und Ethylbenzol enthalten war, bestanden. Zur BK 1304: Nitroverdünnung und Nitrolacke gehörten nicht zu den Listenstoffen dieser BK-Nr. Zur BK 1305: mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe keine berufliche Exposition mit Schwefelkohlenstoff vorgelegen. Zur BK 1306: Der Gehalt an Methanol in dem vom Kläger 1976 in Russland "arbeitsplatzbezogen" getrunkenen Wodka könne nicht beurteilt werden. Die vom Kläger gemachten Angaben über Methanol als Bestandteil von in Sprühanlagen verwendeten KSS seien mengenmäßig und auch im Übrigen nicht nachvollziehbar. In der Liste der Senatskommission des DFG über mögliche KSS-Inhaltsstoffe seien Methanol und Ethanol nicht genannt; auch sei über die Schmiereigenschaften von Methanol nichts bekannt. Zur BK 1310: Soweit der Kläger im Zusammenhang mit dem Brand eines Kunststofflagers der - nicht mehr existierenden - Fa. Sch.-L. in K. 1981 eine Exposition gegenüber Dioxinemissionen geltend gemacht habe, sei der Gewerbeaufsicht Freiburg hierüber nichts bekannt. Zur BK 1311: Die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen dieser BK seien mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegeben. Zur BK 1313: Es lägen keine konkreten Hinweise auf einen Umgang mit Benzochinone, die Ausgangsprodukte zur Herstellung von Farbstoffen und Hilfsmittel bei der Fotografie seien, vor, die zu einer relevanten Exposition geführt haben könnten. Zur BK 1316: Es fehlten bereits Anzeichen für eine Lebererkrankung. Zur BK 1317: Kurzfristig habe Umgang mit neurotoxischen Lösungsmitteln bestanden, das Erreichen oder Überschreiten neurotoxischer Schwellenwerte sei mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegeben gewesen. Soweit der Kläger eine etwa 10-tägige Exposition gegenüber ausgasendem Schäummaterial 1980 in Kuweit bei 48° Grad Celsius geltend gemacht habe, sei nach Kenntnis des TAD zum Schäumen in erster Linie R 11 -Trichlorfluormethan verwendet worden, dessen sehr hoher MAK-Wert von über 5000 mg/m3 wahrscheinlich nicht erreicht worden sei. Auch sei es unwahrscheinlich, dass eine größere Menge von Hydrauliköl in den Körper des Klägers eingedrungen sei, denn der angegebene Hydraulikunfall habe zu keiner Verletzung geführt. Hinsichtlich der geltend gemachten Verkeimung von KSS sei anzufügen, dass im fraglichen Zeitraum auch Nitrit enthalten gewesen sein könne, sodass Bedingungen zu einer erhöhten Nitrosaminbildung vorgelegen haben könnten (Stellungnahme des TAD vom 4. Juli 2000, Bl. 290-294 VA). Zu diesem Bericht äußerte sich der Kläger in mehreren Schriftsätzen (vgl. Bd. II, Bl. 308-328, 330-332, 333-335 VA) kritisch, was zur weiteren Stellungnahme des TAD vom 10. August 2000 führte, der seine ursprüngliche Beurteilung insoweit relativierte, als bei der 10-tägigen Exposition in Kuweit bei dem wahrscheinlich eingesetzten MDI und den dort herrschenden Temperaturen Grenzwertüberschreitungen nicht ausgeschlossen werden könnten (vgl. Bd. II, Bl. 336-338 VA). Die Berufsgenossenschaft (BG) der Feinmechanik und Elektrotechnik erstellte im Juli 2000 eine Gefährdungsanalyse für die Tätigkeit des Klägers bei der R. KG (Zeitraum August 1968 bis Januar 1972; Juli 1973 bis März 1974), in der TAB Ra. zusammenfassend zu der Bewertung gelangte, die Datenlage lasse nicht den Schluss zu, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für durch KSS oder organische Lösemittel verursachte BKen, z.B. BK 1304. gegeben seien (vgl. Stellungnahme vom 13. Juli 2000, Bd. III, Bl. 401-407 VA). An dieser Beurteilung hielt er auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 12. Februar 2002 fest. Die Beklagte ließ den Kläger im Institut für Arbeits- und Sozialmedizin des Universitätsklinikums T. begutachten. In ihrem Gutachten vom 7. Mai 2001 empfahlen Prof. Dr. Sc. und Dr. K. - ohne eine eigene Beurteilung abzugeben - die Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme bei Prof. Dr. Dr. B. zu der Frage, ob der Arbeitsunfall von 1971 Auslöser für das nachfolgende Krankheitsgeschehen gewesen sei. Dies hat Prof. Dr. Dr. B. in seiner am 22. August 2001 nach Aktenlage erstellten und am 2. November 2001 ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme verneint (Bd. III, Bl. 518-522; 551/552 VA). Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. November 2001 die Feststellung von BKen nach Abs. 1 oder 2 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VII) und die Gewährung von Leistungen ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch, in dem der Kläger insbesondere auf die Schadstoffkontakte in Kuweit 1979, die Intoxikation im Zusammenhang mit dem Brand des Kunststofflagers (Fa. Schneider-Leitern/K.) 1981 und auf Schreiben der Fa. ISOFOAM/Kuweit (Bd. III, Bl. 592 VA) und Elastogran (Bd. III, Bl. 597 VA) Bezug nahm und damit eine Resensibilisierung der 1971 erlittenen Vergiftung begründete, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 25. September 2002).

Deswegen hat der Kläger am 30. Oktober 2002 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, das keine weiteren Ermittlungen durchgeführt und die Klage mit Urteil vom 4. Juli 2003 - gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. Sc. und Dr. K. sowie die gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. B. - abgewiesen hat.

Gegen das als Übergabe-Einschreiben am 4. September 2003 zur Post aufgegebene Urteil hat der Kläger am 24. September 2003 Berufung eingelegt und an seinem Begehren festgehalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Juli 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nummern 1101, 1301 bis 1306, 1310, 1311, 1313, 1316 und 1317 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (5 Bände) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die statthafte (§ 143, § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung der von ihm geltend gemachten BKen, weil deren Voraussetzungen nicht vorliegen.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 27. November 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2002, mit dem die Beklagte die Feststellung von BKen und Gewährung von Verletztenrente abgelehnt hat.

Der Senat lässt offen, ob hier noch die bis 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder - mit Blick auf das Datum der Antragstellung - die ab 1. Januar geltenden SGB VII Anwendung finden, da hinsichtlich der zu prüfenden Anspruchsvoraussetzungen zwischen altem und neuem Recht keine entscheidungserheblichen Unterschiede bestehen. Der Senat zitiert daher die Vorschriften des SGB VII i. V m. der Anlage zur BKV vom 31. Oktober 1997.

Nach der Bestimmung des § 26 Abs. 1 SGB VII (Fassung bis 30. Juni 2001) haben Versicherte nach Maßgabe der ihr folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen; ein Anspruch auf Verletztenrente besteht bei Vorliegen einer infolge eines Versicherungsfalls um wenigstens 20 vH geminderten Erwerbsfähigkeit in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe (§ 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und BK’en (§ 7 Abs. 1 SGB VII). BK nach den hier umstrittenen Listennummern sind die im Tatbestand näher bezeichneten Erkrankungen. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die Erkrankung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 S. 81 f.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91).

In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze ist das Begehren des Klägers auf Feststellung der oben genannten BKen und einer daraus resultierenden Verletztenrente nicht begründet. Er hat zwar - und das wird auch von der Beklagten nicht bestritten - im Zusammenhang mit den von ihm angeführten schädigenden Einwirkungen eine versicherte Tätigkeit ausgeübt, die geltend gemachten Ansprüche scheitern aber daran, dass entweder die schädigende Exposition (= arbeitstechnische Voraussetzungen) oder die einer bestimmtem Listennummer zuzurechnende Gesundheitsstörung nicht nachgewiesen ist BK Nr. 1101: Bezüglich des Umgangs mit Blei hat der TAD in seinem Bericht vom 4. Juli 2000 festgestellt, dass für einen Zeitraum von ca. 3 Wochen an 4 bis 5 Maschinen zur Herstellung von Dachrinnen über Lötbänder Umgang mit Blei bestanden hat und gelegentliche Reparaturarbeiten an Teilen mit bleihaltigen Beschichtungen vorgelegen haben, jedoch Arbeiten, die zu hohen Bleiexpositionen führten, nicht gegeben waren. Gegen diese Darstellung des TAD hat der Kläger keine Einwände erhoben, sodass der Senat von deren Richtigkeit ausgeht. Damit ist jedoch eine nennenswerte Bleigefährdung des Klägers nicht nachgewiesen. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den Arztbriefen der Augenärztin Dr. H. vom 2. und 4. Februar 1998, in denen eine "Vermutung auf Bleiintoxikation" ausgesprochen und ein toxikologischer Befund einer "Bleibelastung an der oberen Grenze" mitgeteilt werden. Diese nicht konkretisierten Angaben erlauben weder einen Rückschluss auf eine schädigende Bleiexposition noch kann mit ihnen der Nachweis einer solchen geführt werden. An dessen Richtigkeit bestehen darüber hinaus erhebliche Zweifel, denn bei der Bleibestimmung im Vollblut im April 2001 hat der Bleiwert im Normalbereich gelegen (Gutachten Prof. Dr. Sc., S. 8). BK Nr. 1301: Unabhängig von der Frage, ob der Kläger überhaupt aromatischen Aminen ausgesetzt war, scheitert hier der Anspruch auf Feststellung und Entschädigung schon daran, dass die geforderte Erkrankung, nämlich Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege zu keinem Zeitpunkt von einem Arzt diagnostiziert worden ist. Die beim Kläger - jedenfalls früher - vorliegende Erkrankung der Hoden ist dieser BK nicht zuzuordnen, weil sie keine Erkrankung der Harnwege darstellt. BK Nr. 1302: Insoweit hat der TAD (a.a.O.) festgestellt, dass der Kläger bei Reinigungsarbeiten, die ca. 5% seiner Arbeitszeit in Anspruch genommen haben, Umgang mit - überwiegend - Trichlorethylen (Tri), das zu den Halogenkohlenwasserstoffen zählt, gehabt hat und diesen Stoff über die Haut und die Atemwege aufgenommen hat; bei den Reinigungsarbeiten ist der Kläger - wie sich aus seiner Darstellung vom 18. Juli 2000 und der ergänzenden Stellungnahme des TAD vom 10. August 2000 ergibt - neben Tri auch gegenüber Perchlorethylen (= Per= Tetrachlorethen) exponiert gewesen. Die Gesundheitsgefährdung wird - neben der jeweiligen Toxizität - im Wesentlichen von der Intensität und Dauer der Exposition bestimmt (vgl. Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, M 1302, II S. 5), dabei geschieht die Aufnahme vorwiegend über die Atemwege, während die Resorption durch die Haut im Allgemeinen zu vernachlässigen ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S 1312). Hinsichtlich der Intensität der Exposition liegen keine genauen Angaben vor; ob für Tri und Per die MAK-Werte von 50 ppm überschritten wurden, ist mangels vorliegender Messdaten, nicht (mehr) festzustellen. Die Dauer der Exposition war jedoch nach den - insoweit unwidersprochenen - Angaben des TAD mit ca. 5% der Arbeitszeit nicht erheblich, sodass unter Berücksichtigung dieses Umstandes und des zu beachtenden Aufnahmeweges der Nachweis einer Exposition in schädigendem Ausmaß nicht geführt ist. BK Nr. 1303: Bei den wiederholten, aber insgesamt seltenen, Aushilfsarbeiten in der Lackiererei ist der Kläger - laut TAD (a.a.O.) - in einem Umfang von "erheblich weniger als 5% der Arbeitszeit" gegenüber Lösungsmitteln, die wahrscheinlich Toluol, Xylol und Ethylbenzol enthielten, exponiert gewesen. Hier ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (= Nachweis) weder belegt, dass der Kläger diesen Stoffen ausgesetzt war und noch weniger ist im Hinblick auf die zeitlich sehr begrenzten Arbeiten eine Exposition in schädigendem Ausmaß nachgewiesen. BK Nr. 1304 und 1305: Der TAD hat in seiner Stellungnahme (a.aO) und in seiner Ergänzung vom 10. August 2000 eine Exposition des Klägers gegenüber Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge sowie gegenüber Schwefelkohlenstoff mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, weil das berufliche Aufgabengebiet des Klägers nicht den Anwendungsbereichen der genannten Stoffe in der Industrie (Herstellung von Farb- und Sprengstoffen, Einsatz in fotografischen Entwicklern, bei der Kunstseideherstellung sowie als Extraktionsmittel für Fette, Öle und Harze) entsprochen hat. Die vom Kläger hiergegen in seinem Schreiben vom 18. Juli 2000 erhobenen Einwände greifen mangels konkreter Angaben nicht durch, der Hinweis auf "entsprechende Lösungsmittel" und einen "Schutzlack", mit dem poröse Stellen beseitigt und gegen Öldurchlässigkeit gesichert wurden, gibt keinen Anlass, an der Richtigkeit der Feststellungen des TAD zu zweifeln. BK Nr. 1306: Soweit der Kläger eine schädigende Exposition gegenüber Methanol durch das "arbeitsbezogene" Trinken von Wodka 1976 in Russland geltend macht, ist weder das arbeitsbezogene Trinken noch, dass der Wodka Methanol enthalten hat, nachgewiesen. Daran ändern auch seine Erklärung im Schreiben vom 18. Juli 2000 sowie der Hinweis auf den Bericht von Dr. H. nichts; insbesondere ist in den Angaben dieser Ärztin keine Bestätigung des Vortrags des Klägers zu sehen, denn sie hat ihre diesbezüglichen Äußerungen selbst mit einem bzw. sogar zwei Fragezeichen versehen. Soweit der Kläger eine Exposition gegenüber Methanol darauf zurückführt, dass dieser Stoff in Sprühanlagen KKS enthalten gewesen sei, hat der TAD darauf verwiesen, dass die von ihm hinsichtlich des Verbrauchs von KSS pro Minute gemachten Angaben nicht stimmen können, was der Kläger im Schreiben vom 18. Juli 2000 eingeräumt hat. Ferner hat der TAD dargelegt, dass in der Liste der Senatskommission des DFG über mögliche Inhaltsstoffe von KSS zwar Alkohole als Lösungsvermittler genannt sind, es sich hierbei jedoch um Alkohole mit höherer Kohlenstoffzahl - beginnend mit 3 - handelt und Methanol und Ethanol nicht genannt sind. Auch dies spricht gegen eine Exposition des Klägers gegenüber Methanol. Soweit er schließlich eine Methanol-Exposition im Zusammenhang mit der Herstellung von Abstandshaltern für Isolierglas vorgetragen hat, hat er auch hier keine konkreten Angaben über Einsatzort, -dauer und Expositionshöhe gemacht. Hinzu kommt, dass dem TAD über die Schmiereigenschaft von Methanol nichts bekannt ist und auf seine telefonische Nachfrage beim TAD W. Dipl.-Chem. Hap. angegeben hat, dass ihr ein Einsatz von Methanol bei der Herstellung von Profilen für Isolierfenster ebenfalls nicht bekannt sei. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist deswegen eine derartige Exposition auch nicht nachgewiesen. BK Nr. 1310: Dasselbe gilt für die arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK. Der Kläger leitet - auch hier ohne nähere Angaben über Dauer, Höhe, Ausmaß - aus einem Brand im Kunststofflager der Fa. Sc.-L. in K. 1981 eine Exposition gegenüber Pentachlorphenol (= Dioxin) ab. Auch diese Exposition ist nicht nachgewiesen. Die Fa. existiert - wie der TAD ausgeführt hat - seit Jahren nicht mehr, Unterlagen sind nicht mehr vorhanden - wie die B. (Deutschland) GmbH dem Kläger mit Schreiben vom 1. September 2000 mitgeteilt hat (Bd. III, Bl. 415 VA) - und der zuständigen Gewerbeaufsicht in Freiburg ist über einen Brand in dieser Betriebsstätte mit Dioxinemission nichts bekannt. Die Ausführungen des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 1. August 2000 erlauben keine Rückschlüsse auf Dauer, Höhe und Ausmaß der behaupteten Exposition, zumal das Schreiben des Stadtbrandmeisters Weiß vom 31. Juli 2000 sowie eine Kopie des Einsatzberichtes nicht als Anlage beigefügt waren. BK Nr. 1311: Hier ist für den Senat - insbesondere unter Berücksichtigung der Tätigkeitsbeschreibungen des Klägers - schon im Ansatz nicht erkennbar , wann, wo und in welchem Umfang er hologenierten Alkyl-, Aryl- oder Alkylarylsulfiden ausgesetzt gewesen sein soll. Nach dem Merkblatt (vgl. Bek. des BMA vom 20.7.1977 im BABl Fachbeilage Arbeitsschutz 8/9/1977, abgedr. In Mehrtens/Perlebach a.a.O., M 1311 S. 1) ist unter den halogenierten Alkylsulfiden fast nur der bis Kriegsende hergestellte und in Versuchsstellen untersuchte Kampfstoff 2,2 Dichlordiäthylsulfid (= Schwefellost) von praktischer Bedeutung; dementsprechend gefährdet sind die Angehörigen von Munitionsbergungs- und -beseitigungstrupps, zu denen der Kläger mit Sicherheit nie gezählt hat. Darüber hinaus sind die gelegentlich als Fungizide und Akarizide verwendeten halogenierten Aryl- und Alkylarylsulfide weniger bedeutungsvoll. Die Tätigkeitsbeschreibungen lassen einen betrieblichen Umgang hiermit nirgends erkennen. Deswegen hat der TAD (a.a.O.) zu Recht die arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK als "mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegeben" beurteilt. BK Nr. 1313: Der hier aufgeführte Stoff Benzochinon ist Ausgangsprodukt bei der Herstellung von Farbstoffen und Hilfsmittel bei der Fotografie. Nach Aktenlage ergeben sich - wie der TAD vom Kläger unwidersprochen dargelegt hat - keine Hinweise für eine Exposition gegenüber diesem Stoff. Bk Nr. 1316: Der TAD hat sich in seiner Stellungahme (a.a.O.) nicht zum Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK geäußert. Dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (vgl. Mehrttens/Perlebach , a.a.O., M 1316 S. 1, 2) ist jedoch zu entnehmen, dass Dimethylformamid (DMF) als eines der am meisten verwendeten Lösemittel einen breiten industriellen Einsatz, hauptsächlich in der Kunstlederproduktion, aber auch in der Produktion von Pflanzenschutzmitteln, von Speziallacken sowie bei der Kunststoffbeschichtung findet. Selbst wenn der Senat nicht zu erkennen vermag, inwieweit der Kläger in seinem Arbeitsfeld mit DMF Umgang gehabt haben könnte- auch insoweit hat er keine konkreten Angaben gemacht - lässt der Senat wegen der fehlenden eindeutigen Aussage des TAD hier zu Gunsten des Klägers das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen offen. Denn der geltend gemachte Anspruch scheitert jedenfalls daran, dass die dieser BK zugehörige Gesundheitsstörung - Erkrankung der Leber - nicht nachgewiesen ist. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten von Prof. Dr. Sc., dessen laborchemischen Untersuchungen (S. 6, 7 des Gutachtens) keine pathologischen Leberbefunde gezeigt haben. Dementsprechend weist seine Diagnoseaufstellung auch keine Lebererkrankung aus. Damit ist eine solche nicht nachgewiesen. BK Nr. 1317: Der TAD hat in seiner Stellungnahme (a.a.O.) kurzfristig Umgang mit neurotoxischen Lösungsmitteln festgestellt. Wie oben zur BK Nr. 1302 ausgeführt, ist der Nachweis einer schädigenden Exposition dennoch nicht geführt. Hier ist der geltend gemachte Anspruch aber zudem deswegen nicht begründet, weil beim Kläger die dieser BK zugehörigen Erkrankungen - Polyneuropathie, Enzephalopathie - von keinem Arzt diagnostiziert worden sind; auch der Kläger selbst hat sie in seiner chronologischen Aufstellung vom 9. September 1996 nicht aufgeführt. Damit fehlt es auch hier am Nachweis der Gesundheitsstörung(en). Hinsichtlich der weiteren vom Kläger behaupteten Expositionen - das betrifft die 10-tägige Arbeit in der Nähe einer Schäumanlage in Kuweit, die mögliche mikrobielle Besiedlung von KSS sowie Nitrosaminbildung - hat der TAD ebenfalls keine relevante schädigende Exposition festgestellt. Der TAD hat dies im ersten Punkt für den Senat nachvollziehbar damit begründet, dass der sehr hohe MAK-Wert (5000 mg/m3) des beim Schäumen wahrscheinlich verwendeten Treibmittels R 11 wegen der Struktur des Schaums und dem damit verbundenen Zurückhalten des Treibgases nicht erreicht worden sei. Seine ergänzenden Ausführungen in der Stellungnahme vom 10. August 2000, bei dem wahrscheinlich eingesetzten MDI könnten bei den in Kuweit herrschenden hohen Temperaturen Grenzwertüberschreitungen vorgelegen haben, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil insoweit eine schädigende Exposition zwar möglich erscheint, dies aber für einen Nachweis nicht ausreicht. Im zweiten Punkt hat der TAD darauf hingewiesen, dass die den Berufsgenossenschaften vorliegenden Daten auf keine erhöhte Erkrankungsrate durch eine mikrobielle Besiedlung von wassergemischten KSS hinweisen. Dies widerspricht nicht dem vom Kläger hierzu vorgelegten Artikel (Bd. II, Bl. 271-273 VA), der nicht mehr als mögliche Gefahrenquellen aufzeigt. Insbesondere ergibt sich hieraus keine zwingende Schlussfolgerung auf eine konkrete Gefährdung des Klägers. Schließlich ist auch eine Exposition gegenüber Nitrosaminen nicht nachgewiesen, denn die Möglichkeit, dass im damaligen Zeitraum Nitrit in KSS "enthalten gewesen sein kann", reicht für einen Nachweis nicht aus.

Desgleichen hat der TAD der BG Feinmechanik und Elektrotechnik in seiner Gefährdungsanalyse für die Zeit der Tätigkeit des Klägers von August 1968 bis Januar 1972 und Juli 1973 bis März 1974 auf der Grundlage einer Besprechung - u.a. in Anwesenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten - nach sorgfältiger Beschreibung der Arbeitsplätze und der Exposition durch Arbeitsstoffe festgestellt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung oder Verschlimmerung einer durch KSS oder organische Lösungsmittel verursachten BK nicht vorgelegen haben. Hiergegen hat der Kläger in Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31. Oktober und 10. November 2000 Einwände erhoben, auf die der TAD in seiner ergänzenden Stellungnahme, die auf Grund einer nochmaligen Besprechung im Betrieb am 9. Februar 2001 erstellt worden ist, im Einzelnen eingegangen ist und zusammenfassend ausgeführt hat, die erneute Befragung von Mitarbeitern aus der damaligen Zeit habe keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gebracht (Bd. III, S. 456-459). Der Senat hat unter Würdigung der gesamten Aktenlage keinen Anlass, an der Richtigkeit der Feststellungen des TAD zu zweifeln.

Die Berufung des Klägers ist aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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