Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 276/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.078,94 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz ab 3. August 2005.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.078,94 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Erstattung der Krankenhauskosten für einen stationären Aufenthalt des Versicherten E. vom 11.06 - 16.06.2005 im Zentralklinikum Augsburg in einer Resthöhe von 2.078,94 EUR zuzüglich Zinsen.
E. ist bei der Beklagten versichert. Die Klinik erstellte am 12.07.2005 eine Rechnung über 6.154,20 EUR, die mittels maschineller Datensatzübermittlung nach § 301 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) am selben Tag übersandt wurde. Die Beklagte zahlte auf diese Rechnung lediglich einen Betrag in Höhe von 4.075,26 EUR. Einwendungen gegen die Rechnung selbst hat die Beklagte nicht erhoben. Hinsichtlich des Restbetrages von 2.078,94 EUR erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20.07.2005 eine Aufrechnung. Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie für insgesamt 5 in den Jahren 2002 und 2003 vom Kläger für Versicherte der Beklagten abgerechnete stationäre Krankenhausaufenthalte zu Unrecht eine Zahlung vorgenommen habe. Hierbei handelt es sich um folgende Einzelfälle:
1. F., geb. 2001, stat. Aufenthalt am 30.04.2002; Aufnahme 3.44 Uhr; Entlassung 18.00 Uhr, Kosten 329,99 EUR
2. B., geb. 1966, stat. Aufenthalt am 24.04.2002; Aufnahme 9.59 Uhr; Entlassung 18.00 Uhr, Kosten 312,16 EUR
3. B., geb. 1966, stat. Aufenthalt am 11.07.2002; Aufnahme 8.26 Uhr; Entlassung 17.00 Uhr, Kosten 321,16 EUR
4. D., geb. 1990, stat. Aufenthalt am 05.06.2003; Aufnahme 9.36 Uhr; Entlassung 14.00 Uhr, Kosten 569,81 EUR
5. E., geb. 1961; stat. Aufenthalt am 10.01.2002; Aufnahme 10.44 Uhr; Entlassung 20.15 Uhr, Kosten 545,82 EUR.
Die Beklagte vertritt ebenso wie in Weiteren beim Sozialgericht Augsburg anhängigen Verfahren die Auffassung, dass ein notwendiger stationärer Aufenthalt nicht vorliege, wenn die Aufenthaltsdauer weniger als 24 Stunden betrage.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 19.08.2005 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass eine stationäre Behandlung hinsichtlich der 5 aufgerechneten Fälle vorliege. Die Beklagte habe in keinem Fall das Überprüfungsverfahren entsprechend dem Vertrag über die Notwendigkeit und Dauer der stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt. Außergerichtlich sei ihr bereits mitgeteilt worden, dass in jedem der Fälle die Ärzte des Krankenhauses die stationäre Krankenhausbehandlung aus der Sicht "ex-ante" für medizinisch notwendig gehalten und daher auch eine stationäre Behandlung veranlasst hätten. Die Bevollmächtigten der Beklagten haben sich zur Begründung der Aufrechnung auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.03.2004 (B 3 KR 4/03 R) vom 17.03.2005 (B 3 KR 11/04 R) berufen, wonach eine vollstationäre Behandlung im Sinne einer physischen und organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses dann gegeben sei, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens 1 Tag und 1 Nacht erstrecke. Entscheidend sei also die geplante Dauer des Aufenthaltes. Hinweise für eine sog. abgebrochene stationäre Behandlung lägen in keinem der 5 Fälle vor, die Klägerin selbst trage hierzu nichts vor. Da keinerlei Hinweise dazu vorlägen, dass die Versicherten jeweils nach der Planung der Krankenhausärzte stationär aufgenommen werden sollten, liege bereits per Definition jeweils nur eine ambulante Behandlung vor und daher müsse auch das medizinische Überprüfungsverfahren durch den Medizinischen Dienst (MDK) nicht eingeleitet werden, um mit Einwänden gegen die medizinische Notwendigkeit gehört zu werden. Die Klägerbevollmächtigten haben mit Schreiben vom 16.02.2006 die Zulässigkeit der Aufrechnung bestritten. Außerdem haben sie für jeden einzelnen der 5 Fälle eine kurze Beschreibung der Diagnosen, Befunde und Behandlungen gegeben. Auch hierauf haben die Beklagtenbevollmächtigten erneut die Auffassung vertreten, dass es sich lediglich um ambulante Behandlungen gehandelt habe. Der MDK wurde nicht eingeschaltet. Am 21.07.2006 haben die Bevollmächtigten die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt. Die Einholung von Sachverständigengutachten scheine zwingend geboten, da die Klinik bei den jeweiligen Aufnahmen kein voraussichtliches Ende der Behandlung angegeben habe, mit Ausnahme des Behandlungsfalles D ... Dies deute darauf hin, dass sie bei der Aufnahme selbst von einem kurzfristigen Aufenthalt ohne Übernachtung ausgegangen sei. Daher habe auch keine Veranlassung zur Einschaltung des MDK bestanden. Aus dem Urteil des BSG vom 22.07.2004 (B 3 KR 20/03 R) ergebe sich auch, dass eine Krankenkasse, wenn sie erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ihre Einwände substantiiert vorbringe, nicht zur Zahlung zu verurteilen sei, sondern vielmehr Beweis zu erheben sei. Es müsse abhängig vom Ergebnis der jeweiligen MDK-Stellungnahmen ggf. ein Sachverständigengutachten zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eingeholt werden. Daher werde das Ruhen des Verfahrens beantragt, um den MDK noch einzuschalten. Das Gericht hat den Antrag auf Terminsaufhebung am 24.07.2006 abgelehnt.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.078,94 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 % über dem je- weiligen Basiszinssatz ab 03.08.2005 zu zahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 2, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) örtlich und sachlich zuständig. Die formgerecht erhobene Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) ist zulässig und auch begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für die stationäre Behandlung des E. vom 11.06. - 16.06.2005 in Höhe von 2.078,94 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz ab 03.08.2005.
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs eines zugelassenen Krankenhauses für die stationäre Behandlung ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung 2005. Die Abrechnung des Krankenhausaufenthaltes des Versicherten Eray folgte als stationäre Leistung im Sinne von § 39 SGB V. Zwischen den Beteiligten unstreitig sind die Höhe der Rechnung, der Zeitpunkt der Fälligkeit sowie Höhe und Beginn der Verzinsung. Fälligkeit und Verzinsung ergeben sich dabei aus § 9 Nr. 1 der Pflegesatzvereinbarung 2005.
Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Forderung durch Aufrechnung erloschen ist.
Die Beklagte hat die Hauptforderung bis auf einen Rest von 2.078,94 EUR erfüllt und hinsichtlich dieses Restbetrages die Aufrechnung mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung erklärt, nämlich mit angeblichen Rückzahlungsansprüchen aus 5 Behandlungsfällen gegen den Kläger in der genannten Höhe. Diese Aufrechnung ist grundsätzlich zulässig, auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 SGB I nicht erfüllt sind. Es besteht jedoch allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf die §§ 387 f. BGB entsprechend anzuwenden sind entgegen zu treten (vgl. hierzu BSG vom 17.03.2005 - B 3 KR 11/04 R - in SozR 4-2500 § 39 Nr. 5 mit weiteren Nachweisen). Eine Aufrechnung ist auch nicht aufgrund der "Vereinbarung für den Pflegesatzzeitraum 2005 nach § 11 Krankenhausentgeltgesetz und § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung" ausgeschlossen. Zwar enthält § 9 Nr. 2 Satz 3 eine Regelung, wonach im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Rückzahlungsfrist des zu viel erhaltenen Betrages für das Krankenhaus 3 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt, weshalb eine Forderung der Krankenkasse aufgrund einer Beanstandung nicht sofort fällig wird. Diese Vereinbarung betrifft jedoch nur Leistungen für stationäre Krankenhausaufenthalte des Jahres 2005, die von der Pflegesatzvereinbarung umfasst werden, nicht aber die hier streitigen Gegenforderungen aus den Jahren 2002 - 2003. Wie der Bevollmächtigte mitgeteilt hat, fehlen in den Pflegesatzvereibarungen 2002 und 2003 entsprechende Regelungen.
Eine Aufrechnung scheitert jedoch deshalb, weil eine fällige aufrechenbare Gegenforderung der Beklagten zur Überzeugung des Gerichts nicht besteht.
Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob in den 5 aufgerechneten Fällen ein stationärer Krankenhausaufenthalt im Sinne des § 39 SGB V tatsächlich vorlag, oder ob nicht vielmehr nur eine ambulante Leistung vom Krankenhaus gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung hätte abgerechnet werden dürfen.
Die Beklagte argumentiert unter Bezug auf das Urteil des BSG vom 04.03.2004 (B 3 KR 4/03 R in SozR 4-2500 § 39 Nr. 1), dass ein Aufenthalt der Versicherten im Krankenhaus von weniger als 24 Stunden den Tatbestand eines stationären Aufenthaltes im Sinne von § 39 SGB V nicht erfülle. Dies sei offensichtlich mit der Folge, dass auch eine Überprüfung durch den MDK zur Frage, ob ein stationärer Aufenthalt notwendig gewesen sei oder nicht, nicht vorzunehmen gewesen sei.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 17.03.2005, a.a.O., unter Bezug auf das o.g. Urteil vom 04.03.2004) die Auffassung vertreten, dass eine Abgrenzungsschwierigkeiten weitestgehend vermeidende Definition von vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung nur vom Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer ausgehen könne. Eine vollstationäre Behandlung im Sinne einer physischen und organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses ist danach dann gegeben, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Entscheidend ist dabei zunächst der Behandlungsplan. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, kann im Einzelfall aber auch noch später erfolgen. Eine ambulante Behandlung kann in eine vollstationäre Krankenhausbehandlung übergehen. Auf der anderen Seite entfällt aber eine stationäre Behandlung nicht, wenn der Patient nach Durchführung eines Eingriffes oder einer sonstigen Behandlungsmaßnahme über Nacht verbleiben sollte, aber gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlässt. Dann handelt es sich um eine "abgebrochene" stationäre Behandlung. Eine Regel dergestalt, dass nur dann eine stationäre Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V vorliegt, wenn sich ein Versicherter mindestens einen Tag und eine Nacht, d. h. mindestens 24 Stunden, im Krankenhaus zur Behandlung befunden hat, existiert also nicht, anders als die Beklagte (auch in am hiesigen Gericht anhängigen Parallelfällen) meint. Dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus den Gründen des BSG-Urteiles vom 04.03.2004, a.a.O. Vielmehr betont das BSG in dieser Entscheidung, die mit weiterer Rechtsprechung fortgeführt wurde, dass die Abgrenzung der stationären Krankenhausbehandlung von ambulanter oder teilstationärer Behandlung vom Merkmal der geplanten Aufenthaltdauer auszugehen hat.
Dass die Versicherten in 4 Fällen nur tagsüber im Krankenhaus verblieben waren, legt zwar nahe, dass kein vollstationärer Aufenthalt vorgelegen hat. Allein die geringe Stundenzahl ist aber kein Beweis dafür, dass nur eine ambulante Behandlung vorgelegen hat. Denn in aller Regel wird bereits bei der Aufnahme durch den aufnehmenden Krankenhausarzt die Entscheidung getroffen, ob eine stationäre Krankenhausaufnahme erfolgt. Stellt sich nachträglich heraus, dass eine stationäre Behandlung doch nicht notwendig war, wird die stationäre Behandlung nicht nachträglich in eine ambulante Behandlung umgewandelt.
Dass in 4 Fällen - wie der Beklagtenbevollmächtigte vorträgt - eine geplante Aufenthaltsdauer von der Klinik nicht mitgeteilt wurde, belegt zur Überzeugung des Gerichts nicht, dass ein stationärer Aufenthalt nicht geplant war und auch nicht erfolgt ist. Den Dateiausdrucken ist nicht zu entnehmen, wann die Aufnahmeanzeige bei der Beklagten eingegangen war. Eine Aufnahmeanzeige mit Angabe einer geplanten Aufenthaltsdauer ist aber dann obsolet, wenn der Versicherte zu diesem Zeitpunkt bereits wieder entlassen war.
Die objektive Beweislast dafür, dass ein notwendiger stationärer Krankenhausaufenthalt nicht vorgelegen hat, liegt bei einer Aufrechnung grundsätzlich auf Seiten der Beklagten. In der Regel wäre wegen des Untersuchungsgrundsatzes vom Gericht im Rahmen einer Sachverständigenbegutachtung nachprüfbar, ob tatsächlich ein notwendiger stationärer Aufenthalt gegeben war oder nicht. Vorliegend ist jedoch eine weitere gerichtliche Sachaufklärung nicht durchzuführen, da das zur Überprüfung der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung vereinbarte Verfahren von der Krankenkasse nicht eingehalten, wurde.
Grundsätzlich entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung (u. a. Urteil vom 17.05.2000, B 3 KR 33/99 R in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1) entschieden hat, unabhängig von einer Kostenzusage der Krankenkasse unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der Krankenkasse für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstellt. Zur Prüfung der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung und der Richtigkeit der Entscheidung des Krankenhausarztes existiert in Bayern ein Vertrag gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zwischen der Bayer. Krankenhausgesellschaft und u. a. dem BKK-Landesverband Bayern hinsichtlich Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung. § 2 Abs. 1 sieht dabei folgende Regelung vor: "Der Krankenkasse obliegt die Überprüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen der stationären Krankenhausbehandlung. Besteht aus Sicht der Krankenkasse in Einzelfällen Anlaß, die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu überprüfen, so kann die Krankenkasse vor Beauftragung des Medizinischen Dienstes unter Angabe des Überprüfungsanlasses eine Stellungnahme des Krankenhauses zu einzelnen Behandlungsfällen anfordern. Das Krankenhaus erläutert die Dauer der stationären Behandlung (Kurzbericht). Ergibt sich aus Sicht der Krankenkasse die Notwendigkeit einer ärztlichen Überprüfung, so kann die Krankenkasse im Einzelfall die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung durch Ärzte, die für den Medizinischen Dienst tätig sind, überprüfen lassen. Die §§ 275 ff. und 283 SGB V bleiben hiervon unberührt."
Im anhängigen Verfahren hat die Beklagte die Aufrechnung mit den 5 benannten Fällen durchgeführt, ohne vorher eine Prüfung durch den MDK einzuleiten. Obwohl der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 16.02.2006 zu jedem der 5 Fälle einen Kurzbericht gegeben hat, hat die Beklagte auch dies nicht zum Anlass genommen, den MDK einzuschalten. Vielmehr hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass offenkundig allein durch die Dauer der Krankenhausbehandlung der Beweis einer stationären Krankenhausbehandlung nicht erbracht sei und daher im Wege einer Beweis- lastumkehr der Nachweis einer stationären Behandlung vom Kläger zu erbringen sei. Erst anlässlich des Antrages auf Terminsaufhebung vom 21.07.2006 ist der Beklagtenbevollmächtigte von diesem strikten Standpunkt abgerückt und hat "vorgeschlagen", den MDK noch einzuschalten, jedoch weder eine Stellungnahme des MDK vorgelegt noch zumindest nachgewiesen, das der MDK beauftragt wurde.
Dieses Verhalten der Beklagten ist nicht vom o.g. Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung gedeckt. Ziel des Vertrages ist ausdrücklich, das Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung im Einzelfall zu regeln (§ 1 des Vertrages). Der Vertrag sieht vor, dass zunächst ein Kurzbericht anzufordern ist und anschließend bei verbleibenden Zweifeln an der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung der MDK einzuschalten ist. Da es der Kasse vor Einschaltung des MDK in der Regel an medizinischem Sachverstand fehlt, kommt zunächst nur eine Plausibilitätskontrolle in Betracht, etwa bei offenbaren Diskrepanzen zwischen Aufnahmediagnose und Verweildauer, der stationären Aufnahme in Behandlungsfällen, die üblicherweise ambulant durchgeführt werden, oder etwa einer Diskrepanz zwischen Aufnahmediagnose und Fallpauschale nach den DRG. Dann tritt das gestufte Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit entsprechend der o.g. Vereinbarung ein. Fristen für eine Überprüfung sieht die Vereinbarung dabei nicht vor, woraus sich der Schluss ziehen lässt, dass auch nach Fälligkeit der Forderung und Zahlung noch eine entsprechende Überprüfung stattfinden kann. Da die Versicherten in den 5 aufgerechneten Fällen sich - bis auf den Fall F. - lediglich tagsüber im Krankenhaus aufgehalten hat, ist für das Gericht nachvollziehbar, dass die Beklagte sich zu Zweifeln an einer stationären Aufnahme und stationären Behandlungsnotwendigkeit veranlasst sah. Dies rechtfertigt jedoch nicht, eine Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung entsprechend des o.g. Vertrages rundweg zu verweigern, wie dies die Beklagte auch noch im Klageverfahren praktisch bis zur mündlichen Verhandlung getan hat. Die Einhaltung des vereinbarten Überprüfungsverfahrens ist nicht vom Krankenhaus vereitelt worden, sondern an der Krankenkasse gescheitert. Die Weigerung eines Vertragspartners, die vertraglich vereinbarte Form der Überprüfung einzuhalten, führt zwar nicht zum sofortigen Verlust der Rechtsposition, solange eine Nachholung möglich ist. Die Überprüfung kann aber nur nachgeholt werden, solange sich der andere Vertragspartner hierauf einstellen kann und muss. Die Einleitung des Verfahrens unter Einschaltung des MDK ist deshalb dann notwendig, wenn die Krankenkasse Zweifel an der Behandlungsnotwendigkeit hat. Unterlässt sie die Einschaltung des MDK, so ist sie mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die vorrangig einer Nachprüfung durch den MDK zugänglich sind (vgl. BSG vom 13.12.2001, B 3 KR 11/01 R in SozR 3-2500 § 112 Nr. 2).
Zur Überzeugung des Gerichts ist nicht nachgewiesen, dass in den 5 aufgerechneten Fällen keine notwendige vollstationäre Krankenhausbehandlung vorgelegen hat. Da über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung grundsätzlich zunächst der Krankenhausarzt entscheidet und die Beklagte mangels Einschaltung des MDK keine substantiierten Einwendungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Krankenhausaufnahme vorgebracht hat, spricht für das Vorliegen einer stationären Behandlung nach wie vor der durch den aufnehmenden Krankenhausarzt begründete Anscheinsbeweis, sodass sich kein Anlass für weitergehende gerichtliche Ermittlungen ergibt. Insbesondere ist kein Sachverständigengutachten zum Nachweis der Richtigkeit der von der Beklagten vertretenen Auffassung einzuholen. Wenn die Krankenkasse es versäumt, unter Ausschöpfung ihrer eigenen Ermittlungs- und Überprüfungsmöglichkeiten ihre Einwendungen spezifiziert und nicht nur in Form eines "Bestreitens des Vorbringens des Krankenhauses" darzustellen, dann ist über die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung vom Gericht kein Beweis mehr zu erheben (Umkehrschluss aus BSG vom 22.07.2004 - B 3 KR 20/03 - in SozR 4-2500 § 112 Nr. 3).
Die Beklagte war daher wie beantragt zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klagantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.078,94 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Erstattung der Krankenhauskosten für einen stationären Aufenthalt des Versicherten E. vom 11.06 - 16.06.2005 im Zentralklinikum Augsburg in einer Resthöhe von 2.078,94 EUR zuzüglich Zinsen.
E. ist bei der Beklagten versichert. Die Klinik erstellte am 12.07.2005 eine Rechnung über 6.154,20 EUR, die mittels maschineller Datensatzübermittlung nach § 301 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) am selben Tag übersandt wurde. Die Beklagte zahlte auf diese Rechnung lediglich einen Betrag in Höhe von 4.075,26 EUR. Einwendungen gegen die Rechnung selbst hat die Beklagte nicht erhoben. Hinsichtlich des Restbetrages von 2.078,94 EUR erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20.07.2005 eine Aufrechnung. Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie für insgesamt 5 in den Jahren 2002 und 2003 vom Kläger für Versicherte der Beklagten abgerechnete stationäre Krankenhausaufenthalte zu Unrecht eine Zahlung vorgenommen habe. Hierbei handelt es sich um folgende Einzelfälle:
1. F., geb. 2001, stat. Aufenthalt am 30.04.2002; Aufnahme 3.44 Uhr; Entlassung 18.00 Uhr, Kosten 329,99 EUR
2. B., geb. 1966, stat. Aufenthalt am 24.04.2002; Aufnahme 9.59 Uhr; Entlassung 18.00 Uhr, Kosten 312,16 EUR
3. B., geb. 1966, stat. Aufenthalt am 11.07.2002; Aufnahme 8.26 Uhr; Entlassung 17.00 Uhr, Kosten 321,16 EUR
4. D., geb. 1990, stat. Aufenthalt am 05.06.2003; Aufnahme 9.36 Uhr; Entlassung 14.00 Uhr, Kosten 569,81 EUR
5. E., geb. 1961; stat. Aufenthalt am 10.01.2002; Aufnahme 10.44 Uhr; Entlassung 20.15 Uhr, Kosten 545,82 EUR.
Die Beklagte vertritt ebenso wie in Weiteren beim Sozialgericht Augsburg anhängigen Verfahren die Auffassung, dass ein notwendiger stationärer Aufenthalt nicht vorliege, wenn die Aufenthaltsdauer weniger als 24 Stunden betrage.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 19.08.2005 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass eine stationäre Behandlung hinsichtlich der 5 aufgerechneten Fälle vorliege. Die Beklagte habe in keinem Fall das Überprüfungsverfahren entsprechend dem Vertrag über die Notwendigkeit und Dauer der stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt. Außergerichtlich sei ihr bereits mitgeteilt worden, dass in jedem der Fälle die Ärzte des Krankenhauses die stationäre Krankenhausbehandlung aus der Sicht "ex-ante" für medizinisch notwendig gehalten und daher auch eine stationäre Behandlung veranlasst hätten. Die Bevollmächtigten der Beklagten haben sich zur Begründung der Aufrechnung auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.03.2004 (B 3 KR 4/03 R) vom 17.03.2005 (B 3 KR 11/04 R) berufen, wonach eine vollstationäre Behandlung im Sinne einer physischen und organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses dann gegeben sei, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens 1 Tag und 1 Nacht erstrecke. Entscheidend sei also die geplante Dauer des Aufenthaltes. Hinweise für eine sog. abgebrochene stationäre Behandlung lägen in keinem der 5 Fälle vor, die Klägerin selbst trage hierzu nichts vor. Da keinerlei Hinweise dazu vorlägen, dass die Versicherten jeweils nach der Planung der Krankenhausärzte stationär aufgenommen werden sollten, liege bereits per Definition jeweils nur eine ambulante Behandlung vor und daher müsse auch das medizinische Überprüfungsverfahren durch den Medizinischen Dienst (MDK) nicht eingeleitet werden, um mit Einwänden gegen die medizinische Notwendigkeit gehört zu werden. Die Klägerbevollmächtigten haben mit Schreiben vom 16.02.2006 die Zulässigkeit der Aufrechnung bestritten. Außerdem haben sie für jeden einzelnen der 5 Fälle eine kurze Beschreibung der Diagnosen, Befunde und Behandlungen gegeben. Auch hierauf haben die Beklagtenbevollmächtigten erneut die Auffassung vertreten, dass es sich lediglich um ambulante Behandlungen gehandelt habe. Der MDK wurde nicht eingeschaltet. Am 21.07.2006 haben die Bevollmächtigten die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt. Die Einholung von Sachverständigengutachten scheine zwingend geboten, da die Klinik bei den jeweiligen Aufnahmen kein voraussichtliches Ende der Behandlung angegeben habe, mit Ausnahme des Behandlungsfalles D ... Dies deute darauf hin, dass sie bei der Aufnahme selbst von einem kurzfristigen Aufenthalt ohne Übernachtung ausgegangen sei. Daher habe auch keine Veranlassung zur Einschaltung des MDK bestanden. Aus dem Urteil des BSG vom 22.07.2004 (B 3 KR 20/03 R) ergebe sich auch, dass eine Krankenkasse, wenn sie erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ihre Einwände substantiiert vorbringe, nicht zur Zahlung zu verurteilen sei, sondern vielmehr Beweis zu erheben sei. Es müsse abhängig vom Ergebnis der jeweiligen MDK-Stellungnahmen ggf. ein Sachverständigengutachten zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eingeholt werden. Daher werde das Ruhen des Verfahrens beantragt, um den MDK noch einzuschalten. Das Gericht hat den Antrag auf Terminsaufhebung am 24.07.2006 abgelehnt.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.078,94 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 % über dem je- weiligen Basiszinssatz ab 03.08.2005 zu zahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 2, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) örtlich und sachlich zuständig. Die formgerecht erhobene Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) ist zulässig und auch begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für die stationäre Behandlung des E. vom 11.06. - 16.06.2005 in Höhe von 2.078,94 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz ab 03.08.2005.
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs eines zugelassenen Krankenhauses für die stationäre Behandlung ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung 2005. Die Abrechnung des Krankenhausaufenthaltes des Versicherten Eray folgte als stationäre Leistung im Sinne von § 39 SGB V. Zwischen den Beteiligten unstreitig sind die Höhe der Rechnung, der Zeitpunkt der Fälligkeit sowie Höhe und Beginn der Verzinsung. Fälligkeit und Verzinsung ergeben sich dabei aus § 9 Nr. 1 der Pflegesatzvereinbarung 2005.
Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Forderung durch Aufrechnung erloschen ist.
Die Beklagte hat die Hauptforderung bis auf einen Rest von 2.078,94 EUR erfüllt und hinsichtlich dieses Restbetrages die Aufrechnung mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung erklärt, nämlich mit angeblichen Rückzahlungsansprüchen aus 5 Behandlungsfällen gegen den Kläger in der genannten Höhe. Diese Aufrechnung ist grundsätzlich zulässig, auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 SGB I nicht erfüllt sind. Es besteht jedoch allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf die §§ 387 f. BGB entsprechend anzuwenden sind entgegen zu treten (vgl. hierzu BSG vom 17.03.2005 - B 3 KR 11/04 R - in SozR 4-2500 § 39 Nr. 5 mit weiteren Nachweisen). Eine Aufrechnung ist auch nicht aufgrund der "Vereinbarung für den Pflegesatzzeitraum 2005 nach § 11 Krankenhausentgeltgesetz und § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung" ausgeschlossen. Zwar enthält § 9 Nr. 2 Satz 3 eine Regelung, wonach im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Rückzahlungsfrist des zu viel erhaltenen Betrages für das Krankenhaus 3 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt, weshalb eine Forderung der Krankenkasse aufgrund einer Beanstandung nicht sofort fällig wird. Diese Vereinbarung betrifft jedoch nur Leistungen für stationäre Krankenhausaufenthalte des Jahres 2005, die von der Pflegesatzvereinbarung umfasst werden, nicht aber die hier streitigen Gegenforderungen aus den Jahren 2002 - 2003. Wie der Bevollmächtigte mitgeteilt hat, fehlen in den Pflegesatzvereibarungen 2002 und 2003 entsprechende Regelungen.
Eine Aufrechnung scheitert jedoch deshalb, weil eine fällige aufrechenbare Gegenforderung der Beklagten zur Überzeugung des Gerichts nicht besteht.
Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob in den 5 aufgerechneten Fällen ein stationärer Krankenhausaufenthalt im Sinne des § 39 SGB V tatsächlich vorlag, oder ob nicht vielmehr nur eine ambulante Leistung vom Krankenhaus gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung hätte abgerechnet werden dürfen.
Die Beklagte argumentiert unter Bezug auf das Urteil des BSG vom 04.03.2004 (B 3 KR 4/03 R in SozR 4-2500 § 39 Nr. 1), dass ein Aufenthalt der Versicherten im Krankenhaus von weniger als 24 Stunden den Tatbestand eines stationären Aufenthaltes im Sinne von § 39 SGB V nicht erfülle. Dies sei offensichtlich mit der Folge, dass auch eine Überprüfung durch den MDK zur Frage, ob ein stationärer Aufenthalt notwendig gewesen sei oder nicht, nicht vorzunehmen gewesen sei.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 17.03.2005, a.a.O., unter Bezug auf das o.g. Urteil vom 04.03.2004) die Auffassung vertreten, dass eine Abgrenzungsschwierigkeiten weitestgehend vermeidende Definition von vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung nur vom Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer ausgehen könne. Eine vollstationäre Behandlung im Sinne einer physischen und organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses ist danach dann gegeben, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Entscheidend ist dabei zunächst der Behandlungsplan. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, kann im Einzelfall aber auch noch später erfolgen. Eine ambulante Behandlung kann in eine vollstationäre Krankenhausbehandlung übergehen. Auf der anderen Seite entfällt aber eine stationäre Behandlung nicht, wenn der Patient nach Durchführung eines Eingriffes oder einer sonstigen Behandlungsmaßnahme über Nacht verbleiben sollte, aber gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlässt. Dann handelt es sich um eine "abgebrochene" stationäre Behandlung. Eine Regel dergestalt, dass nur dann eine stationäre Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V vorliegt, wenn sich ein Versicherter mindestens einen Tag und eine Nacht, d. h. mindestens 24 Stunden, im Krankenhaus zur Behandlung befunden hat, existiert also nicht, anders als die Beklagte (auch in am hiesigen Gericht anhängigen Parallelfällen) meint. Dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus den Gründen des BSG-Urteiles vom 04.03.2004, a.a.O. Vielmehr betont das BSG in dieser Entscheidung, die mit weiterer Rechtsprechung fortgeführt wurde, dass die Abgrenzung der stationären Krankenhausbehandlung von ambulanter oder teilstationärer Behandlung vom Merkmal der geplanten Aufenthaltdauer auszugehen hat.
Dass die Versicherten in 4 Fällen nur tagsüber im Krankenhaus verblieben waren, legt zwar nahe, dass kein vollstationärer Aufenthalt vorgelegen hat. Allein die geringe Stundenzahl ist aber kein Beweis dafür, dass nur eine ambulante Behandlung vorgelegen hat. Denn in aller Regel wird bereits bei der Aufnahme durch den aufnehmenden Krankenhausarzt die Entscheidung getroffen, ob eine stationäre Krankenhausaufnahme erfolgt. Stellt sich nachträglich heraus, dass eine stationäre Behandlung doch nicht notwendig war, wird die stationäre Behandlung nicht nachträglich in eine ambulante Behandlung umgewandelt.
Dass in 4 Fällen - wie der Beklagtenbevollmächtigte vorträgt - eine geplante Aufenthaltsdauer von der Klinik nicht mitgeteilt wurde, belegt zur Überzeugung des Gerichts nicht, dass ein stationärer Aufenthalt nicht geplant war und auch nicht erfolgt ist. Den Dateiausdrucken ist nicht zu entnehmen, wann die Aufnahmeanzeige bei der Beklagten eingegangen war. Eine Aufnahmeanzeige mit Angabe einer geplanten Aufenthaltsdauer ist aber dann obsolet, wenn der Versicherte zu diesem Zeitpunkt bereits wieder entlassen war.
Die objektive Beweislast dafür, dass ein notwendiger stationärer Krankenhausaufenthalt nicht vorgelegen hat, liegt bei einer Aufrechnung grundsätzlich auf Seiten der Beklagten. In der Regel wäre wegen des Untersuchungsgrundsatzes vom Gericht im Rahmen einer Sachverständigenbegutachtung nachprüfbar, ob tatsächlich ein notwendiger stationärer Aufenthalt gegeben war oder nicht. Vorliegend ist jedoch eine weitere gerichtliche Sachaufklärung nicht durchzuführen, da das zur Überprüfung der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung vereinbarte Verfahren von der Krankenkasse nicht eingehalten, wurde.
Grundsätzlich entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung (u. a. Urteil vom 17.05.2000, B 3 KR 33/99 R in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1) entschieden hat, unabhängig von einer Kostenzusage der Krankenkasse unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der Krankenkasse für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstellt. Zur Prüfung der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung und der Richtigkeit der Entscheidung des Krankenhausarztes existiert in Bayern ein Vertrag gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zwischen der Bayer. Krankenhausgesellschaft und u. a. dem BKK-Landesverband Bayern hinsichtlich Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung. § 2 Abs. 1 sieht dabei folgende Regelung vor: "Der Krankenkasse obliegt die Überprüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen der stationären Krankenhausbehandlung. Besteht aus Sicht der Krankenkasse in Einzelfällen Anlaß, die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu überprüfen, so kann die Krankenkasse vor Beauftragung des Medizinischen Dienstes unter Angabe des Überprüfungsanlasses eine Stellungnahme des Krankenhauses zu einzelnen Behandlungsfällen anfordern. Das Krankenhaus erläutert die Dauer der stationären Behandlung (Kurzbericht). Ergibt sich aus Sicht der Krankenkasse die Notwendigkeit einer ärztlichen Überprüfung, so kann die Krankenkasse im Einzelfall die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung durch Ärzte, die für den Medizinischen Dienst tätig sind, überprüfen lassen. Die §§ 275 ff. und 283 SGB V bleiben hiervon unberührt."
Im anhängigen Verfahren hat die Beklagte die Aufrechnung mit den 5 benannten Fällen durchgeführt, ohne vorher eine Prüfung durch den MDK einzuleiten. Obwohl der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 16.02.2006 zu jedem der 5 Fälle einen Kurzbericht gegeben hat, hat die Beklagte auch dies nicht zum Anlass genommen, den MDK einzuschalten. Vielmehr hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass offenkundig allein durch die Dauer der Krankenhausbehandlung der Beweis einer stationären Krankenhausbehandlung nicht erbracht sei und daher im Wege einer Beweis- lastumkehr der Nachweis einer stationären Behandlung vom Kläger zu erbringen sei. Erst anlässlich des Antrages auf Terminsaufhebung vom 21.07.2006 ist der Beklagtenbevollmächtigte von diesem strikten Standpunkt abgerückt und hat "vorgeschlagen", den MDK noch einzuschalten, jedoch weder eine Stellungnahme des MDK vorgelegt noch zumindest nachgewiesen, das der MDK beauftragt wurde.
Dieses Verhalten der Beklagten ist nicht vom o.g. Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung gedeckt. Ziel des Vertrages ist ausdrücklich, das Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung im Einzelfall zu regeln (§ 1 des Vertrages). Der Vertrag sieht vor, dass zunächst ein Kurzbericht anzufordern ist und anschließend bei verbleibenden Zweifeln an der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung der MDK einzuschalten ist. Da es der Kasse vor Einschaltung des MDK in der Regel an medizinischem Sachverstand fehlt, kommt zunächst nur eine Plausibilitätskontrolle in Betracht, etwa bei offenbaren Diskrepanzen zwischen Aufnahmediagnose und Verweildauer, der stationären Aufnahme in Behandlungsfällen, die üblicherweise ambulant durchgeführt werden, oder etwa einer Diskrepanz zwischen Aufnahmediagnose und Fallpauschale nach den DRG. Dann tritt das gestufte Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit entsprechend der o.g. Vereinbarung ein. Fristen für eine Überprüfung sieht die Vereinbarung dabei nicht vor, woraus sich der Schluss ziehen lässt, dass auch nach Fälligkeit der Forderung und Zahlung noch eine entsprechende Überprüfung stattfinden kann. Da die Versicherten in den 5 aufgerechneten Fällen sich - bis auf den Fall F. - lediglich tagsüber im Krankenhaus aufgehalten hat, ist für das Gericht nachvollziehbar, dass die Beklagte sich zu Zweifeln an einer stationären Aufnahme und stationären Behandlungsnotwendigkeit veranlasst sah. Dies rechtfertigt jedoch nicht, eine Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung entsprechend des o.g. Vertrages rundweg zu verweigern, wie dies die Beklagte auch noch im Klageverfahren praktisch bis zur mündlichen Verhandlung getan hat. Die Einhaltung des vereinbarten Überprüfungsverfahrens ist nicht vom Krankenhaus vereitelt worden, sondern an der Krankenkasse gescheitert. Die Weigerung eines Vertragspartners, die vertraglich vereinbarte Form der Überprüfung einzuhalten, führt zwar nicht zum sofortigen Verlust der Rechtsposition, solange eine Nachholung möglich ist. Die Überprüfung kann aber nur nachgeholt werden, solange sich der andere Vertragspartner hierauf einstellen kann und muss. Die Einleitung des Verfahrens unter Einschaltung des MDK ist deshalb dann notwendig, wenn die Krankenkasse Zweifel an der Behandlungsnotwendigkeit hat. Unterlässt sie die Einschaltung des MDK, so ist sie mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die vorrangig einer Nachprüfung durch den MDK zugänglich sind (vgl. BSG vom 13.12.2001, B 3 KR 11/01 R in SozR 3-2500 § 112 Nr. 2).
Zur Überzeugung des Gerichts ist nicht nachgewiesen, dass in den 5 aufgerechneten Fällen keine notwendige vollstationäre Krankenhausbehandlung vorgelegen hat. Da über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung grundsätzlich zunächst der Krankenhausarzt entscheidet und die Beklagte mangels Einschaltung des MDK keine substantiierten Einwendungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Krankenhausaufnahme vorgebracht hat, spricht für das Vorliegen einer stationären Behandlung nach wie vor der durch den aufnehmenden Krankenhausarzt begründete Anscheinsbeweis, sodass sich kein Anlass für weitergehende gerichtliche Ermittlungen ergibt. Insbesondere ist kein Sachverständigengutachten zum Nachweis der Richtigkeit der von der Beklagten vertretenen Auffassung einzuholen. Wenn die Krankenkasse es versäumt, unter Ausschöpfung ihrer eigenen Ermittlungs- und Überprüfungsmöglichkeiten ihre Einwendungen spezifiziert und nicht nur in Form eines "Bestreitens des Vorbringens des Krankenhauses" darzustellen, dann ist über die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung vom Gericht kein Beweis mehr zu erheben (Umkehrschluss aus BSG vom 22.07.2004 - B 3 KR 20/03 - in SozR 4-2500 § 112 Nr. 3).
Die Beklagte war daher wie beantragt zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klagantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).
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