Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 U 69/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 U 36/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am 1954 geborene Kläger stürzte am 21. Oktober 2002 gegen 19.30 Uhr die Treppe seines Wohnhauses hinunter und verletzte sich dabei. Der Kläger übt eine selbständige Tätigkeit als Verfuger aus. Er war am Ereignistag und auch heute Geschäftsführer des Unternehmens M in S. Nach dem Unfall- Rentenbescheid der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik - Sozialversicherung - vom 02. Juli 1983 bezieht der Kläger eine Unfallteilrente ab 01. Februar 1983.
In S hat er ein Wohnhaus, in dessen ersten Obergeschoss ein Raum von einer Größe zwei Meter Breite mal drei bis vier Meter Länge als Büro des Unternehmens eingerichtet ist. (Alkoholische) Getränke befinden sich im Keller des Wohnhauses. Auf dem Grundstück befindet sich ein Hofraum mit einer Materialstätte. Um dort hinzugelangen, muss die Treppe ins Erdgeschoss hinab und der Hof durchschritten werden.
In der Zeit vom 21. Oktober bis 07. November 2002 wurde der Kläger stationär behandelt im HKlinikum B Dort wurden unter anderem ein Schädelhirntrauma Grad III und Gesichtsfrakturen, traumatische Bulbusperforation rechts diagnostiziert. Die stationäre Aufnahme war dort gegen 20.00 Uhr am 21. Oktober 2002 erfolgt. Die bei der Aufnahmeuntersuchung entnommene Blutprobe ergab einen initialen Alkoholspiegel von 2,39 Promille. Zum Unfallzeitpunkt war der Kläger mit einem Trainingsanzug bekleidet, den er regelmäßig in seiner Freizeit trägt. Vor dem Unfall hatte der Kläger den Zeugen Rim Haus empfangen. Bei ihm hatte der Kläger einen Mitsubishi bestellt. An diesem Abend sollten weitere Modalitäten (Ausstattung, Finanzierung etc.) geklärt werden. Mit dem Zeugen R war der mit seiner Arbeitskleidung bekleidete Kläger in eine Diele im Obergeschoss gegangen. Dort hat er am Ende der Treppe in einem kleinen Vorraum, in dem ein Tisch mit Sitzgelegenheiten stand, gesessen und hat dort mit dem Zeugen alkoholische Getränke zu sich genommen. Nachdem der Zeuge R gegangen war, war der Kläger im Begriff gewesen, die Treppe hinab zugehen. Umstände des Sturzes, Anlass oder Gründe dafür konnte der Kläger nicht benennen. Er selbst hat keine Erklärung für den Sturz. Augenzeugen des Sturzes sind nicht vorhanden.
Auf die Unfallanzeige vom 25. November 2002 ermittelte die Beklagte insbesondere durch Befragung der Ehefrau des Klägers und des Zeugen R sowie unter Beiziehung von Krankenunterlagen sowie der Augenscheinseinnahme der vom Kläger bewohnten Räumlichkeiten.
Durch Bescheid vom 24. Januar 2003 hat die Beklagte das Ereignis vom 21. Oktober 2002 als Arbeitsunfall und eine Schädigung für die Folgen abgelehnt mit der Begründung, die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls seien nicht erfüllt. Aufgrund der festgestellten Blutalkoholkonzentration mit 2,39 Promille sei davon auszugehen, dass er zum Unfallzeitpunkt keine zweckgerichteten Tätigkeiten für das Unternehmen mehr habe ausführen können. In dem dagegen eingelegten Widerspruch wurde vorgetragen, der Kläger habe in der Zeit von 18.30 Uhr bis 19.15 Uhr Alkohol im Beisein des Zeugen R, nämlich 4 Doppelte Obstler und einen Liter Bier, getrunken. Zum Unfallzeitpunkt, gegen 19.30 Uhr sei der Kläger nicht in dem später festgestellten Maße alkoholisiert gewesen. Auch reiche nach der Rechtsprechung ein festgestellter BAK-Wert von 2,7 p.m. allein für den Ausschluss des Zusammenhangs von versicherter Tätigkeit und Unfall nicht aus (Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) 2 RU 239/73). Des Weiteren sei der Kläger subjektiv zum Unfallzeitpunkt nicht stark alkoholisiert gewesen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2003 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, die Auswertung der vorliegenden Beweise führe zu dem Ergebnis, dass kein Beweis dafür erbracht werden könne, dass eine versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt ausgeübt worden sei. Nach Aussage seiner Ehefrau habe sich der Kläger unmittelbar vor dem Unfall im Wohnbereich des Hauses befunden. Sie habe sich nicht dazu geäußert, wohin der Kläger habe gehen wollen. Zudem habe er nach Aussage der Ehefrau zur Unfallzeit Freizeitkleidung (einen Trainingsanzug) getragen. Hingegen hätte er beim Beladen seines Firmenwagens regelmäßig Arbeitskleidung getragen.
Mit der am 25. Juli 2003 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, der Kläger habe zur Ereigniszeit auf einer Baustelle in H einen Auftrag gehabt. Hierfür sei das Firmenfahrzeug mit Materialien beladen gewesen. Üblicherweise belade er sein Fahrzeug am Vorabend, insbesondere, wenn er auswärtige Baustellen zu betreuen habe. Am Tag nach dem Unfall hätte er auf der Baustelle in H sein müssen und hätte gegen 04.00 Uhr morgens losfahren müssen. Gegen 18.30 Uhr sei ein Bekannter und Geschäftsfreund, der Mitsubishi-Händler, der Zeuge Rr, eingetroffen. Sie seien verabredet gewesen, um den Kaufvertrag für ein neues Firmenfahrzeug auszuhandeln und zu unterzeichnen. Der Zeuge habe den Kläger beim Bepacken des Firmenfahrzeugs mit Baustellenmaterialien angetroffen. Der Kläger habe seine Arbeit unterbrochen und sei mit dem Zeugen hinauf in das erste Obergeschoss des Wohnhauses gegangen. Während der Verhandlungen und sodann auf den gelungenen Abschluss hätten sie Alkohol getrunken, jeweils zwei halbe Liter Bier und 4 Doppelte Obstler. Gegen 19.15 Uhr habe der Kläger den Zeugen hinausgeleitet und sei in das erste Obergeschoss zurückgekehrt, wo er kurz auf seine Frau getroffen sei. Gegen 19.30 Uhr habe er dann die Treppe runter und zurück in die Garage gehen wollen, um die unterbrochene Bestückung des Firmenfahrzeugs fortzusetzen. Dabei sei er ausgeglitten und die Treppe hinabgestürzt mit dem Kopf auf ein Schirmständerfass mit darin stehendem Schirm gestürzt und dabei schwer verletzt worden. Die Sehleistung des rechten Auges sei nach der Operation gering geblieben. Er sei rechtsseitig nahezu blind. Auch der Zeuge R habe gegenüber der Beklagten angegeben, alkoholbedingte Ausfälle bei dem Kläger nicht festgestellt zu haben. Nach den Umständen sei ohne Weiteres plausibel, dass der Kläger seine beim Eintreffen des Zeugen R abgebrochene Beladetätigkeit wieder aufnehmen wollte: Der Kläger bestücke seine Fahrzeuge regelmäßig am Vorabend mit den benötigten Baumaterialien des nächsten Tages. Er tue dies regelmäßig alsbald nach Rückkehr in sein Wohnhaus, um sich danach mit seiner Frau für einen ehelichen Austausch zurückziehen zu können. Er gehe aufgrund des im Baubereich üblichen frühen Arbeitsbeginns und der auswärtigen Termine regelmäßig zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr ins Bett. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Freizeitkleidung getragen habe, wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger über zwei identische Trainingshosen verfüge, eine davon befinde sich im Lager neben der Garage, eine andere im Haus. Er könne nicht mehr nachvollziehen, ob er die Trainingshosen nach Eintreffen des Zeugen R gewechselt habe. Dies sei möglich. Dass er diese Hose zum Unfallzeitpunkt getragen habe, schließe nicht aus, dass er auf dem Weg zurück ins Lager gewesen sei. Er hätte sich dann erneut umgezogen. An Spätfolgen leide er neben dem Sehverlust auf dem rechten Auge und einem weitergehenden Verlust des Geruchs- und Geschmackssinnes und einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat erstinstanzlich beantragt,
1. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003, Aktenzeichen 4/17211/02-1, wird aufgehoben.
2. Der Vorfall vom 21. Oktober 2002 wird als Arbeitsunfall anerkannt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente in Höhe von zumindest 50 % der Vollrente zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezog sich auf den Inhalt ihrer Entscheidungen. Die Beklagte hat insbesondere vorgetragen, dass ein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung auf keinen Fall gegeben sein könne. Bei der Augenscheinseinnahme durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 02. Dezember 2005 vor Ort sei festgestellt worden, dass die Unfallörtlichkeit im häuslichen Bereich liege. Büro und Wohnung befänden sich in dem selben Gebäude. Nach Angaben des Klägers habe sich dieser zum Unfallzeitpunkt im häuslichen Bereich auf dem Weg nach draußen befunden, um im Lager betriebsdienliche Tätigkeiten auszuführen. Damit scheide ein Wegeunfall im eigenen häuslichen Bereich aus. Auch das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht habe mit Urteil vom 30. Juni 2005 (L 1 U 104/04) entschieden, dass versicherte Tätigkeiten begännen bzw. endeten grundsätzlich mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes. Das BSG habe diese Rechtsprechung zuletzt mit Urteil vom 07. November 2000 - B 2 U 39/99 R - bestätigt. Danach beginne der Versicherungsschutz grundsätzlich erst mit dem Erreichen der Betriebsräume und ende mit dem Verlassen dieser Räume, sofern sich private und betrieblich genutzte Räume im selben Gebäude befänden.
Das SG holte Krankenunterlagen und Befundberichte behandelnder Ärzte ein und zog eine Skizze über das Grundstück des Klägers bei. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 02. Dezember 2005 hat das SG den Zeugen R und die Zeugin M vernommen. Zum Inhalt ihrer Aussagen wird Bezug genommen auf die Anlage zur Niederschrift erster Instanz.
Das SG hat mit Urteil vom 13. Dezember 2005 ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der Kläger habe beim Sturz im Treppenhaus nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Im Ergebnis der Beweisaufnahme habe sich der Unfall zum einen nicht bei einer durch die versicherte Tätigkeit erforderlichen Handlung noch auf einem so genannten Betriebsweg ereignet, sondern auf einem die Betriebstätigkeit unterbrechenden Weg, hier der Treppe zwischen Unter- und Obergeschoss im Haus. Der versicherte Bereich sei durch den Kläger bereits mit dem Gang mit dem Zeugen R in die oberen Räumlichkeiten des Hauses, Übertreten der Schwelle in das Haus hinein unterbrochen worden. Der Kläger habe sich zum Zweck des Verhandlungsgesprächs mit dem Zeugen R im privaten Bereich, nämlich im Bereich der Diele aufgehalten. Das Büro sei zu diesem Zwecke nicht aufgesucht worden. Bezug nehmend auf die Rechtsprechung des BSG komme bei der wertenden Ermittlung der Reichweite des Schutzes der gesetzlichen Unfallversicherung dem privaten, räumlich abgegrenzten häuslichen Wohnbereich in der Regel das ausschlaggebende Gewicht für die Beurteilung des Gesamtcharakters eines Weges zu (BSGE 11, 267; 12, 165). Befänden sich private und betrieblich genutzte Räume im selben Gebäude, so beginne der Versicherungsschutz infolgedessen grundsätzlich erst mit dem Betreten des "Arbeitszimmers" und ende mit dem Verlassen dieses Raumes (BSG, Urteil vom 07. November 2000, B 2 U 39/39 R). Besondere Umstände, die ausnahmsweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen würden, seien nicht ersichtlich. Es bestehe keinerlei Anhalt dafür, dass die Treppe, auf der der Kläger zu Fall gekommen sei, hier für seine betrieblichen Zwecke benutzt worden sei.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Januar 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Februar 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Insbesondere wurde vorgetragen, der versicherte Bereich sei durch den Kläger beim Gang in die obere Etage nicht unterbrochen worden. Tatsächlich habe der Kläger eine versicherte Tätigkeit, nämlich das Beladen seines Firmenfahrzeugs, unterbrochen, um einer anderen versicherten Tätigkeit, nämlich der Verhandlung der Anschaffung eines Betriebs-Kfz in der oberen Etage seines Wohn- und Geschäftsbereichs nachzugehen. Die vom SG herangezogene Judikatur passe auf den zugrunde liegenden Fall nicht. Für den vorliegenden Fall, in dem der Kläger die Treppe benutzt habe, um von einer geschäftlichen Tätigkeit zu einer anderen geschäftlichen Tätigkeit überzugehen, sei diese Rechtsprechung nicht einschlägig. Der Weg zwischen zwei versicherten Tätigkeiten sei ohne weiteres versichert. Zur Aussage des Zeugen R wurde ausgeführt, dass die Erinnerungen des Zeugen partiell unzutreffend seien. Richtig sei, dass der Zeuge den Kläger in Arbeitssachen angetroffen habe. Richtig sei auch, dass der Kläger den Zeugen in Arbeitssachen nach oben geleitete, um ihn zu einem Vorraum vor seinem Büro, das für eine Besprechung zu zweit nicht ausreichend Platz geboten habe, zu geleiten. Der Kläger sei dann aber noch einmal zurückgekehrt, um sich andere, nicht silikonverschmierte Kleidung anzuziehen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 21. Oktober 2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE um mindestens 50 v. H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
In der nichtöffentlichen Sitzung des erkennenden Senats vom 28. Juni 2006 wurde der Kläger zum Hergang des Ereignisses angehört. Er hat dort erklärt, er habe die erste Stufe verfehlt. Weshalb dies geschehen sei, wisse er nicht. Es handele sich um eine Holztreppe mit aufgeklebtem Teppichboden. Am Geländer habe er sich nicht festhalten können und sei durch das Vertreten gleich kopfüber gestürzt. Er habe den Zeugen R zur Hoftür begleitet. Anschließend sei er wieder hochgegangen, um die Unterlagen, Prospekte, alles, was der Zeuge mitgebracht hatte, wegzuräumen. Er habe es in sein Büro geräumt. Anschließend habe er den Wagen weiter beladen wollen. Es sei für ihn eine ungewöhnliche Alkoholmenge gewesen, die er an diesem Abend getrunken habe.
Die Zeugin M wurde vernommen. Zu den Umständen des Unfalls des Klägers vom 21. Oktober 2002 hat sie ausgesagt, sie sei in der Küche gewesen, als ihr Mann vom Büro zum Wohnzimmer gegangen sei und dann zur Treppe. Sie habe im Blickwinkel gesehen, dass er zur Treppe gegangen sei. Von den äußeren Umständen her gebe es keine Erklärung für den Sturz. Es habe zwischen ihr und ihrem Mann keinen Wortwechsel gegeben, nachdem er den Zeugen R verabschiedet hatte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten () und den der vorliegenden Gerichtsakten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Mit dem angefochtene Urteil hat das SG die Klage zutreffender Weise abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Das streitgegenständliche Ereignis lässt sich nicht als Arbeitsunfall bewerten.
Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, § 7 Abs. 1 SGB VII.
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Dazu ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, in dem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77, BSGE 61, 127, 128). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSGE 58, 80, 83 (BSGE 61, 127, 128)). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4 und 17), sowie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90).
Nach diesen Maßstäben vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Kläger zur Zeit des Sturzes auf Treppe eine unfallversicherte Tätigkeit ausgeübt hat. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 SGG, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass es der Kläger beabsichtigte, das Fahrzeug weiter zu beladen, als er die Treppe heruntergehen wollte.
Allenfalls lässt sich sicher feststellen, dass der Kläger unter Alkoholeinfluss die Treppe heruntergestürzt ist, nachdem er nach der Verabschiedung des Zeugen R ins obere Stockwerk des Hauses zurückgekehrt war. Ungeklärt bleibt nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, worauf seine Handlungstendenz im Zeitpunkt des Sturzes gerichtet war.
Der Vortrag des Klägers, er habe beabsichtigt, den Pkw weiter zu beladen, wird durch keinen der Zeugen und auch durch keine objektiven Umstände bestätigt. Allein der Vortrag, es habe zu seinen üblichen Gepflogenheiten gehört, am Abend vor der morgendlichen Anfahrt auf einer Baustelle das Fahrzeug zu beladen, reicht zur Überzeugung des Senats nicht aus, um den zweifelsfreien Nachweis seiner entsprechenden Handlungstendenz zu erbringen. Nach dem Vortrag des Klägers war der Abend vor dem Sturz kein Abend wie jeder anderer. Nach seinen Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung des erkennenden Senats vom 28. Juli 2006 hatte er eine für ihn selbst ungewöhnliche Alkoholmenge zu sich genommen. Bereits dieser Umstand lässt zur Auffassung des Senats nicht den sicheren Schluss zu, er habe wie üblicherweise seine unterbrochene Ladetätigkeit fortsetzen wollen. Ebenso ist beispielsweise denkbar, dass er privaten Verrichtungen nachgehen wollte, worauf auch seine Kleidung – Freizeitkleidung - statt Arbeitskleidung, die er üblicherweise beim Beladen trägt, schließen lässt. So kommt unter anderem in Betracht, dass er in den Keller gehen wollte, um weitere Getränke zu holen.
Der Aussage der Zeugin M vermag der Senat keine Umstände zu entnehmen, die auf seine vorgetragene Handlungstendenz hindeuten. Er hatte mit ihr keinen Wortwechsel gehabt, bevor er stürzte. Auch der Aussage des Zeugen R sind keine Umstände dieser Art zu entnehmen. Aus seiner Aussage folgt lediglich, dass der Kläger in seiner Arbeitskleidung nach oben in die Wohnung gegangen ist. Weiter steht lediglich zweifelsfrei fest, dass er in Freizeit- und nicht Arbeitskleidung war, als er stürzte. Daraus folgt ebenfalls kein Indiz für die vorgetragene Handlungstendenz.
Nach allem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der am 1954 geborene Kläger stürzte am 21. Oktober 2002 gegen 19.30 Uhr die Treppe seines Wohnhauses hinunter und verletzte sich dabei. Der Kläger übt eine selbständige Tätigkeit als Verfuger aus. Er war am Ereignistag und auch heute Geschäftsführer des Unternehmens M in S. Nach dem Unfall- Rentenbescheid der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik - Sozialversicherung - vom 02. Juli 1983 bezieht der Kläger eine Unfallteilrente ab 01. Februar 1983.
In S hat er ein Wohnhaus, in dessen ersten Obergeschoss ein Raum von einer Größe zwei Meter Breite mal drei bis vier Meter Länge als Büro des Unternehmens eingerichtet ist. (Alkoholische) Getränke befinden sich im Keller des Wohnhauses. Auf dem Grundstück befindet sich ein Hofraum mit einer Materialstätte. Um dort hinzugelangen, muss die Treppe ins Erdgeschoss hinab und der Hof durchschritten werden.
In der Zeit vom 21. Oktober bis 07. November 2002 wurde der Kläger stationär behandelt im HKlinikum B Dort wurden unter anderem ein Schädelhirntrauma Grad III und Gesichtsfrakturen, traumatische Bulbusperforation rechts diagnostiziert. Die stationäre Aufnahme war dort gegen 20.00 Uhr am 21. Oktober 2002 erfolgt. Die bei der Aufnahmeuntersuchung entnommene Blutprobe ergab einen initialen Alkoholspiegel von 2,39 Promille. Zum Unfallzeitpunkt war der Kläger mit einem Trainingsanzug bekleidet, den er regelmäßig in seiner Freizeit trägt. Vor dem Unfall hatte der Kläger den Zeugen Rim Haus empfangen. Bei ihm hatte der Kläger einen Mitsubishi bestellt. An diesem Abend sollten weitere Modalitäten (Ausstattung, Finanzierung etc.) geklärt werden. Mit dem Zeugen R war der mit seiner Arbeitskleidung bekleidete Kläger in eine Diele im Obergeschoss gegangen. Dort hat er am Ende der Treppe in einem kleinen Vorraum, in dem ein Tisch mit Sitzgelegenheiten stand, gesessen und hat dort mit dem Zeugen alkoholische Getränke zu sich genommen. Nachdem der Zeuge R gegangen war, war der Kläger im Begriff gewesen, die Treppe hinab zugehen. Umstände des Sturzes, Anlass oder Gründe dafür konnte der Kläger nicht benennen. Er selbst hat keine Erklärung für den Sturz. Augenzeugen des Sturzes sind nicht vorhanden.
Auf die Unfallanzeige vom 25. November 2002 ermittelte die Beklagte insbesondere durch Befragung der Ehefrau des Klägers und des Zeugen R sowie unter Beiziehung von Krankenunterlagen sowie der Augenscheinseinnahme der vom Kläger bewohnten Räumlichkeiten.
Durch Bescheid vom 24. Januar 2003 hat die Beklagte das Ereignis vom 21. Oktober 2002 als Arbeitsunfall und eine Schädigung für die Folgen abgelehnt mit der Begründung, die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls seien nicht erfüllt. Aufgrund der festgestellten Blutalkoholkonzentration mit 2,39 Promille sei davon auszugehen, dass er zum Unfallzeitpunkt keine zweckgerichteten Tätigkeiten für das Unternehmen mehr habe ausführen können. In dem dagegen eingelegten Widerspruch wurde vorgetragen, der Kläger habe in der Zeit von 18.30 Uhr bis 19.15 Uhr Alkohol im Beisein des Zeugen R, nämlich 4 Doppelte Obstler und einen Liter Bier, getrunken. Zum Unfallzeitpunkt, gegen 19.30 Uhr sei der Kläger nicht in dem später festgestellten Maße alkoholisiert gewesen. Auch reiche nach der Rechtsprechung ein festgestellter BAK-Wert von 2,7 p.m. allein für den Ausschluss des Zusammenhangs von versicherter Tätigkeit und Unfall nicht aus (Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) 2 RU 239/73). Des Weiteren sei der Kläger subjektiv zum Unfallzeitpunkt nicht stark alkoholisiert gewesen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2003 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, die Auswertung der vorliegenden Beweise führe zu dem Ergebnis, dass kein Beweis dafür erbracht werden könne, dass eine versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt ausgeübt worden sei. Nach Aussage seiner Ehefrau habe sich der Kläger unmittelbar vor dem Unfall im Wohnbereich des Hauses befunden. Sie habe sich nicht dazu geäußert, wohin der Kläger habe gehen wollen. Zudem habe er nach Aussage der Ehefrau zur Unfallzeit Freizeitkleidung (einen Trainingsanzug) getragen. Hingegen hätte er beim Beladen seines Firmenwagens regelmäßig Arbeitskleidung getragen.
Mit der am 25. Juli 2003 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, der Kläger habe zur Ereigniszeit auf einer Baustelle in H einen Auftrag gehabt. Hierfür sei das Firmenfahrzeug mit Materialien beladen gewesen. Üblicherweise belade er sein Fahrzeug am Vorabend, insbesondere, wenn er auswärtige Baustellen zu betreuen habe. Am Tag nach dem Unfall hätte er auf der Baustelle in H sein müssen und hätte gegen 04.00 Uhr morgens losfahren müssen. Gegen 18.30 Uhr sei ein Bekannter und Geschäftsfreund, der Mitsubishi-Händler, der Zeuge Rr, eingetroffen. Sie seien verabredet gewesen, um den Kaufvertrag für ein neues Firmenfahrzeug auszuhandeln und zu unterzeichnen. Der Zeuge habe den Kläger beim Bepacken des Firmenfahrzeugs mit Baustellenmaterialien angetroffen. Der Kläger habe seine Arbeit unterbrochen und sei mit dem Zeugen hinauf in das erste Obergeschoss des Wohnhauses gegangen. Während der Verhandlungen und sodann auf den gelungenen Abschluss hätten sie Alkohol getrunken, jeweils zwei halbe Liter Bier und 4 Doppelte Obstler. Gegen 19.15 Uhr habe der Kläger den Zeugen hinausgeleitet und sei in das erste Obergeschoss zurückgekehrt, wo er kurz auf seine Frau getroffen sei. Gegen 19.30 Uhr habe er dann die Treppe runter und zurück in die Garage gehen wollen, um die unterbrochene Bestückung des Firmenfahrzeugs fortzusetzen. Dabei sei er ausgeglitten und die Treppe hinabgestürzt mit dem Kopf auf ein Schirmständerfass mit darin stehendem Schirm gestürzt und dabei schwer verletzt worden. Die Sehleistung des rechten Auges sei nach der Operation gering geblieben. Er sei rechtsseitig nahezu blind. Auch der Zeuge R habe gegenüber der Beklagten angegeben, alkoholbedingte Ausfälle bei dem Kläger nicht festgestellt zu haben. Nach den Umständen sei ohne Weiteres plausibel, dass der Kläger seine beim Eintreffen des Zeugen R abgebrochene Beladetätigkeit wieder aufnehmen wollte: Der Kläger bestücke seine Fahrzeuge regelmäßig am Vorabend mit den benötigten Baumaterialien des nächsten Tages. Er tue dies regelmäßig alsbald nach Rückkehr in sein Wohnhaus, um sich danach mit seiner Frau für einen ehelichen Austausch zurückziehen zu können. Er gehe aufgrund des im Baubereich üblichen frühen Arbeitsbeginns und der auswärtigen Termine regelmäßig zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr ins Bett. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Freizeitkleidung getragen habe, wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger über zwei identische Trainingshosen verfüge, eine davon befinde sich im Lager neben der Garage, eine andere im Haus. Er könne nicht mehr nachvollziehen, ob er die Trainingshosen nach Eintreffen des Zeugen R gewechselt habe. Dies sei möglich. Dass er diese Hose zum Unfallzeitpunkt getragen habe, schließe nicht aus, dass er auf dem Weg zurück ins Lager gewesen sei. Er hätte sich dann erneut umgezogen. An Spätfolgen leide er neben dem Sehverlust auf dem rechten Auge und einem weitergehenden Verlust des Geruchs- und Geschmackssinnes und einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat erstinstanzlich beantragt,
1. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003, Aktenzeichen 4/17211/02-1, wird aufgehoben.
2. Der Vorfall vom 21. Oktober 2002 wird als Arbeitsunfall anerkannt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente in Höhe von zumindest 50 % der Vollrente zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezog sich auf den Inhalt ihrer Entscheidungen. Die Beklagte hat insbesondere vorgetragen, dass ein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung auf keinen Fall gegeben sein könne. Bei der Augenscheinseinnahme durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 02. Dezember 2005 vor Ort sei festgestellt worden, dass die Unfallörtlichkeit im häuslichen Bereich liege. Büro und Wohnung befänden sich in dem selben Gebäude. Nach Angaben des Klägers habe sich dieser zum Unfallzeitpunkt im häuslichen Bereich auf dem Weg nach draußen befunden, um im Lager betriebsdienliche Tätigkeiten auszuführen. Damit scheide ein Wegeunfall im eigenen häuslichen Bereich aus. Auch das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht habe mit Urteil vom 30. Juni 2005 (L 1 U 104/04) entschieden, dass versicherte Tätigkeiten begännen bzw. endeten grundsätzlich mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes. Das BSG habe diese Rechtsprechung zuletzt mit Urteil vom 07. November 2000 - B 2 U 39/99 R - bestätigt. Danach beginne der Versicherungsschutz grundsätzlich erst mit dem Erreichen der Betriebsräume und ende mit dem Verlassen dieser Räume, sofern sich private und betrieblich genutzte Räume im selben Gebäude befänden.
Das SG holte Krankenunterlagen und Befundberichte behandelnder Ärzte ein und zog eine Skizze über das Grundstück des Klägers bei. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 02. Dezember 2005 hat das SG den Zeugen R und die Zeugin M vernommen. Zum Inhalt ihrer Aussagen wird Bezug genommen auf die Anlage zur Niederschrift erster Instanz.
Das SG hat mit Urteil vom 13. Dezember 2005 ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der Kläger habe beim Sturz im Treppenhaus nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Im Ergebnis der Beweisaufnahme habe sich der Unfall zum einen nicht bei einer durch die versicherte Tätigkeit erforderlichen Handlung noch auf einem so genannten Betriebsweg ereignet, sondern auf einem die Betriebstätigkeit unterbrechenden Weg, hier der Treppe zwischen Unter- und Obergeschoss im Haus. Der versicherte Bereich sei durch den Kläger bereits mit dem Gang mit dem Zeugen R in die oberen Räumlichkeiten des Hauses, Übertreten der Schwelle in das Haus hinein unterbrochen worden. Der Kläger habe sich zum Zweck des Verhandlungsgesprächs mit dem Zeugen R im privaten Bereich, nämlich im Bereich der Diele aufgehalten. Das Büro sei zu diesem Zwecke nicht aufgesucht worden. Bezug nehmend auf die Rechtsprechung des BSG komme bei der wertenden Ermittlung der Reichweite des Schutzes der gesetzlichen Unfallversicherung dem privaten, räumlich abgegrenzten häuslichen Wohnbereich in der Regel das ausschlaggebende Gewicht für die Beurteilung des Gesamtcharakters eines Weges zu (BSGE 11, 267; 12, 165). Befänden sich private und betrieblich genutzte Räume im selben Gebäude, so beginne der Versicherungsschutz infolgedessen grundsätzlich erst mit dem Betreten des "Arbeitszimmers" und ende mit dem Verlassen dieses Raumes (BSG, Urteil vom 07. November 2000, B 2 U 39/39 R). Besondere Umstände, die ausnahmsweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen würden, seien nicht ersichtlich. Es bestehe keinerlei Anhalt dafür, dass die Treppe, auf der der Kläger zu Fall gekommen sei, hier für seine betrieblichen Zwecke benutzt worden sei.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Januar 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Februar 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Insbesondere wurde vorgetragen, der versicherte Bereich sei durch den Kläger beim Gang in die obere Etage nicht unterbrochen worden. Tatsächlich habe der Kläger eine versicherte Tätigkeit, nämlich das Beladen seines Firmenfahrzeugs, unterbrochen, um einer anderen versicherten Tätigkeit, nämlich der Verhandlung der Anschaffung eines Betriebs-Kfz in der oberen Etage seines Wohn- und Geschäftsbereichs nachzugehen. Die vom SG herangezogene Judikatur passe auf den zugrunde liegenden Fall nicht. Für den vorliegenden Fall, in dem der Kläger die Treppe benutzt habe, um von einer geschäftlichen Tätigkeit zu einer anderen geschäftlichen Tätigkeit überzugehen, sei diese Rechtsprechung nicht einschlägig. Der Weg zwischen zwei versicherten Tätigkeiten sei ohne weiteres versichert. Zur Aussage des Zeugen R wurde ausgeführt, dass die Erinnerungen des Zeugen partiell unzutreffend seien. Richtig sei, dass der Zeuge den Kläger in Arbeitssachen angetroffen habe. Richtig sei auch, dass der Kläger den Zeugen in Arbeitssachen nach oben geleitete, um ihn zu einem Vorraum vor seinem Büro, das für eine Besprechung zu zweit nicht ausreichend Platz geboten habe, zu geleiten. Der Kläger sei dann aber noch einmal zurückgekehrt, um sich andere, nicht silikonverschmierte Kleidung anzuziehen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 21. Oktober 2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE um mindestens 50 v. H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
In der nichtöffentlichen Sitzung des erkennenden Senats vom 28. Juni 2006 wurde der Kläger zum Hergang des Ereignisses angehört. Er hat dort erklärt, er habe die erste Stufe verfehlt. Weshalb dies geschehen sei, wisse er nicht. Es handele sich um eine Holztreppe mit aufgeklebtem Teppichboden. Am Geländer habe er sich nicht festhalten können und sei durch das Vertreten gleich kopfüber gestürzt. Er habe den Zeugen R zur Hoftür begleitet. Anschließend sei er wieder hochgegangen, um die Unterlagen, Prospekte, alles, was der Zeuge mitgebracht hatte, wegzuräumen. Er habe es in sein Büro geräumt. Anschließend habe er den Wagen weiter beladen wollen. Es sei für ihn eine ungewöhnliche Alkoholmenge gewesen, die er an diesem Abend getrunken habe.
Die Zeugin M wurde vernommen. Zu den Umständen des Unfalls des Klägers vom 21. Oktober 2002 hat sie ausgesagt, sie sei in der Küche gewesen, als ihr Mann vom Büro zum Wohnzimmer gegangen sei und dann zur Treppe. Sie habe im Blickwinkel gesehen, dass er zur Treppe gegangen sei. Von den äußeren Umständen her gebe es keine Erklärung für den Sturz. Es habe zwischen ihr und ihrem Mann keinen Wortwechsel gegeben, nachdem er den Zeugen R verabschiedet hatte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten () und den der vorliegenden Gerichtsakten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Mit dem angefochtene Urteil hat das SG die Klage zutreffender Weise abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Das streitgegenständliche Ereignis lässt sich nicht als Arbeitsunfall bewerten.
Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, § 7 Abs. 1 SGB VII.
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Dazu ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, in dem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77, BSGE 61, 127, 128). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSGE 58, 80, 83 (BSGE 61, 127, 128)). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4 und 17), sowie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90).
Nach diesen Maßstäben vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Kläger zur Zeit des Sturzes auf Treppe eine unfallversicherte Tätigkeit ausgeübt hat. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 SGG, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass es der Kläger beabsichtigte, das Fahrzeug weiter zu beladen, als er die Treppe heruntergehen wollte.
Allenfalls lässt sich sicher feststellen, dass der Kläger unter Alkoholeinfluss die Treppe heruntergestürzt ist, nachdem er nach der Verabschiedung des Zeugen R ins obere Stockwerk des Hauses zurückgekehrt war. Ungeklärt bleibt nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, worauf seine Handlungstendenz im Zeitpunkt des Sturzes gerichtet war.
Der Vortrag des Klägers, er habe beabsichtigt, den Pkw weiter zu beladen, wird durch keinen der Zeugen und auch durch keine objektiven Umstände bestätigt. Allein der Vortrag, es habe zu seinen üblichen Gepflogenheiten gehört, am Abend vor der morgendlichen Anfahrt auf einer Baustelle das Fahrzeug zu beladen, reicht zur Überzeugung des Senats nicht aus, um den zweifelsfreien Nachweis seiner entsprechenden Handlungstendenz zu erbringen. Nach dem Vortrag des Klägers war der Abend vor dem Sturz kein Abend wie jeder anderer. Nach seinen Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung des erkennenden Senats vom 28. Juli 2006 hatte er eine für ihn selbst ungewöhnliche Alkoholmenge zu sich genommen. Bereits dieser Umstand lässt zur Auffassung des Senats nicht den sicheren Schluss zu, er habe wie üblicherweise seine unterbrochene Ladetätigkeit fortsetzen wollen. Ebenso ist beispielsweise denkbar, dass er privaten Verrichtungen nachgehen wollte, worauf auch seine Kleidung – Freizeitkleidung - statt Arbeitskleidung, die er üblicherweise beim Beladen trägt, schließen lässt. So kommt unter anderem in Betracht, dass er in den Keller gehen wollte, um weitere Getränke zu holen.
Der Aussage der Zeugin M vermag der Senat keine Umstände zu entnehmen, die auf seine vorgetragene Handlungstendenz hindeuten. Er hatte mit ihr keinen Wortwechsel gehabt, bevor er stürzte. Auch der Aussage des Zeugen R sind keine Umstände dieser Art zu entnehmen. Aus seiner Aussage folgt lediglich, dass der Kläger in seiner Arbeitskleidung nach oben in die Wohnung gegangen ist. Weiter steht lediglich zweifelsfrei fest, dass er in Freizeit- und nicht Arbeitskleidung war, als er stürzte. Daraus folgt ebenfalls kein Indiz für die vorgetragene Handlungstendenz.
Nach allem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
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