S 12 KA 3/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 3/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Es ist kein zwingender Rechtssatz erkennbar, wonach eine zusätzliche Gesamtvergütung für psychotherapeutische Leistungen für das Jahr 2004 zur – steigerungsfähigen – Erhöhung des Sockelbetrages der Gesamtvergütung als Ausgangsbasis des Jahres 2005 führen muss.
Eine extrabudgetäre Vergütung der Leistungen ist nur in Ausnahmefällen möglich. Andere als im Gesetz ausdrücklich genannte Leistungen dürfen nicht aus der Berechnung der Gesamtvergütung herausgenommen werden.
2. Aus der betriebswirtschaftlichen Kalkulation des am 01.04.2005 in Kraft getretenen EBM 2000 plus mit der Basis eines Punktwertes von 5,11 Cent folgt nicht, dass dieser Punktwert für alle oder für bestimmte Leistungen bei Festsetzung der Gesamtvergütung zu veranschlagen ist.
3. Angesichts der vom Gesetzgeber gewählten Vertragslösung (§ 84 SGB V) besteht kein zwingender Anspruch der Krankenkassen, dass eine Überschreitung der Ausgabenobergrenzen bei Arznei- und Verbandsmitteln abzüglich eines Sicherheitsabschlags von der Gesamtvergütung abgezogen wird.
Bemerkung
verbunden mit S 12 KA 299/06
1. Der Beschluss vom 10.10.2005 wird insoweit aufgehoben, als der weitergehende Antrag der Klägerin zu 1) vom 12.08.2005 abgelehnt wurde.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den Antrag der Klägerin zu 1) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

3. Die Klage der Kläger zu 2) und 3) wird zurückgewiesen.

4. Die Kläger zu 2) und 3) tragen jeweils ¼, der Beklagte trägt ½ der notwendigen Verfahrenskosten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die von den Klägern zu 2) und 3) an die Klägerin zu 1) zu entrichtende Gesamtvergütung für das Jahr 2005 und die Höhe der Mehraufwendungen aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses für zeitbezogene genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen gem. Abschnitt G IV EBM für das 2. Halbjahr 2004.

Die Kläger zu 2) und 3) erklärten unter Datum vom 04.08.2005 die Verhandlungen mit der Klägerin über die strittige Vergütung für gescheitert und beantragten bei dem Beklagten wegen der strittigen Vergütung eine Entscheidung.

Die Klägerin zu 1) trug unter Datum vom 12.08.2005 vor, die Verhandlungen seien endgültig für gescheitert erklärt worden. Auch sie sehe die Verhandlungen als gescheitert an. Sie stellte den Antrag, den Inhalt des Honorarvertrages nach ihrem Vertragsentwurf festzusetzen und dabei insbesondere den pauschalierten/budgetierten Teil der Gesamtvergütung ab 01.01.2005 um die nach § 71 Abs. 3 SGB V festgestellte Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen je Mitglied im Jahre 2005 (+ 0,38 %) zu erhöhen, die Vergütung für Leistungen des Ambulanten Operierens gem. Anlage A des als Anlage 1 beigefügten Vertragsentwurfs festzusetzen und die überwiegend bereits im Vertragsjahr 2000 vertraglich festgelegten und seither nicht mehr angepassten Punktwerte für Einzelleistungen ab 01.01.2005 auf 0,0511 Euro anzuheben und die Punktwerte für die neu hinzukommenden extrabudgetären Leistungen in dieser Höhe festzusetzen. Im Einzelnen führte sie unter Nr. 1 Ambulantes Operieren aus, nach teilweiser Rückführung des bis dahin außerhalb des budgetierten Teils der Gesamtvergütung gezahlten ambulanten Operationen im Schiedsspruch für das Jahr 2002 hätten die ambulant-operativ tätigen Vertragsärzte heftig Klage geführt, dass die Vergütungen nicht mehr auch nur annähernd kostendeckend seien. Schließlich habe man sich am 01.06.2005 auf einen Kassenarten übergreifenden Kompromiss geeinigt; auf der Basis des entsprechenden Honorarvolumens für das Jahr 2004 sei eine extrabudgetäre Vergütung der Leistungen im Kapitel IV.31 EBM 2000 plus zu einem festen Punktwert (in unterschiedlicher Höhe) nebst einer hälftigen Teilung eines etwaigen Mengenzuwachses von bis zu 7,5 % vorgesehenen gewesen. Die Kläger zu 2) und 3) hätten diese Vereinbarung jedoch widerrufen und ein äußerst kompliziertes Berechnungsmodell vorgelegt, das einen Budgetansatz enthalten, größtenteils einen zu niedrigen Punktwert vorgesehen und die postoperative Nachsorge nicht in ausreichendem Umfang berücksichtigt habe. Schon der bisherige Strukturvertrag sei hinter den Leistungskatalogen der anderen Kassenarten zurückgeblieben. Sie erwarte einen festen Punktwert von 0,0511 Euro, hilfsweise die am 01.06.2005 bereits konsentierte Regelung. Für die antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen nach Nr. 871 ff. EBM bzw. 35200 ff. EBM 2000 plus habe sie eine extrabudgetäre Vergütung zu einem Punktwert von 0,0511 Euro vorgeschlagen. Die Krankenkasse könne durch das Genehmigungsverfahren die Mengenentwicklung beeinflussen. Die Kassenseite trage auch Verantwortung für den Beschluss des Bewertungsausschusses. Die von den Klägern zu 2) und 3) angebotene Beteiligung an der Finanzierung in Höhe von 40 % sei nicht akzeptabel. Eine Mitfinanzierung aus dem fachärztlichen Teil sei nicht möglich, ohne dass die fachärztliche Versorgung zusammenbräche. "Neue Leistungen" seien generell außerhalb des budgetierten Teils der Gesamtvergütung zu honorieren. Hierüber bestehe grundsätzlich eine Einigung. Umstritten sei nur der Punktwert. Es müsse der Kalkulationspunktwert von 5,11 Cent gelten. Dies gelte speziell für die MRT-Angiographie, vor allem aber auch für die Vergütung sämtlicher weiterer extrabudgetärer Leistungen. Die Kostenpauschale zur Abdeckung zusätzlicher Versicherungskosten u. a. bei gynäkologischer geburtshilflicher Tätigkeit sei durch das deutlich höhere Versicherungsrisiko gerechtfertigt. Angemessen sei eine Pauschale von 45,00 Euro. Die Belegärztliche Bereitschaftspauschale müsse von 2,56 Euro auf 7,40 Euro erhöht werden. Sie sei seit Jahren unverändert. Wegen der Rechtsprechung zur Arbeitszeit entstünden erheblich höhere Kosten. Nach § 115 SGB V sollten Verträge zur Förderung des Belegarztwesens geschlossen werden. Nach dem EBM 2000 plus entstünden Verwerfungen, die zur Schließung von Belegarztstationen führten. Das Belegarztwesen sei kostengünstiger und müsse wieder attraktiver werden. Die postoperative Nachbehandlung nach ambulanten Operationen im Krankenhaus erbrachter Leistungen sei extrabudgetär zu vergüten. Eine Vergütung sehe erstmals der EBM 2000 plus vor. Es würden im ambulanten Bereich "neue Leistungen" ermöglicht, für die bisher in der budgetierten Gesamtvergütung keine Honoraranteile enthalten seien. Bei den im Abschnitt II.2.5 des Vertragsentwurfs aufgelisteten Leistungen handele es sich um qualitativ hochstehende Leistungen, die fast ausnahmslos einer besonderen Genehmigung bedürften und die zum Teil einen hohen Kostenanteil beinhalteten. Zur Sicherstellung müsse ein fester Punktwert extrabudgetär festgesetzt werden. Arztbriefe müssten extrabudgetär vergütet werden, da sie nach dem EBM 2000 plus bei jedem Überweisungsfall anfielen. Diese Leistungsausweitung könne nicht aus der budgetierten Gesamtvergütung finanziert werden. Die Wegegebühren und –pauschalen müssten nach vielen Jahren an die gestiegenen Kosten angepasst werden. Insgesamt seien die Kosten für die vertragsärztliche Behandlung in den letzten 30 Jahren nur relativ moderat gestiegen.

Die Kläger zu 2) und 3) reichten unter Datum vom 06.09.2005 eine Antragsschrift ein, in der sie die die Festsetzung der im Einzelnen aufgeführten Inhalte einer Honorarvereinbarung 2005 inklusive der vertraglichen Ausformulierung gemäß dem beigefügten Honorarvertrag 2005 beantragten. In der Antragsbegründung erläuterten sie, sie hätten anlässlich der Einführung des EBM 2000 plus einen kostenneutralen Rahmen für das ambulante Operieren ausgearbeitet. Der Strukturvertrag für das ambulante Operieren sei zunächst für das Quartal I/05 verlängert worden. Im Quartal II/05 habe man sich auf eine Vergütung bei freier Menge zu den bisherigen Konditionen geeinigt mit Modifikationen für Katarakt-Operationen. Eine Honorierung mit einem Punktwert von 5,11 Cent hätten sie abgelehnt. Eine kostenneutrale Umsetzung des EBM 2000 plus wäre nicht möglich gewesen. Ihr Angebot für eine weitere Übergangsregelung mit einer Degressionskomponente für alle extrabudgetär vergüteten Strukturleistungen habe die Klägerin zu 1) abgelehnt. Die Übergangsregelung für das Quartal II/05 sei dann für das Quartal III/05 verlängert worden. Sie habe dann ihr Modell "Strukturtopf" vorgelegt, der ein morbiditätsbezogenen Leistungszuwachs verbunden mit einem Honorarzuwachs von bis zu 7,5 % ermöglicht hätte. Zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen hätten sie ein an bisherigen Schiedsamtsentscheidungen orientiertes Angebot formuliert. Die Klägerin zu 1) habe im Januar zunächst 34,52 Mio. Euro gefordert. Nachfragen wegen der Berechnungsgrundlage sei die Klägerin zu 1) nicht nachgekommen. Im Juli habe sie dann einschließlich des zweiten Halbjahres 2004 eine Forderung von 33,6 Mio. Euro präsentiert. Nachfragen wegen der Berechnungsgrundlage sei die Klägerin zu 1) erneut nicht nachgekommen. Dennoch habe man sich bereit erklärt, einen Anteil von 40 der Nachzahlungsbeträge der Jahre 2000 – 2004 sowie des Aufstockungsbetrages zur Erreichung des Mindestpunktwertes von 0,0483 Euro ab 01.07.2004 zu übernehmen. Für die Einführung neuer extrabudgetär zu vergütenden Leistungen hätten sie unter Bezugnahme auf den RLV-Punktwert eine angemessene Vergütungshöhe angeboten. Die Kostenpauschale zur Abdeckung zusätzlicher Versicherungskosten u. a. bei gynäkologischer geburtshilflicher belegärztlicher Tätigkeit und die belegärztliche Bereitschaftspauschale von 7,40 Euro habe sie abgelehnt, da der neue EBM kostenneutral umzusetzen sei. Versicherungskosten seien auch Praxiskosten, die mit der EBM-Leistung abgegolten seien. Eine zusätzliche Vergütung würde einer Doppelfinanzierung gleichkommen. Hinsichtlich der belegärztlichen Bereitschaftspauschale sei auch ein Schiedsamtsverfahren auf Bundesebene anhängig. Für die MRT-Angiographie, Schlafstörungsdiagnostik und Verordnung medizinischer Reha existierten Bundesempfehlungen für eine extrabudgetäre Vergütung, wobei der regionale Punktwert noch zu vereinbaren sei. Leistungen des Regelleistungsvolumens würden bis 4 Cent vergütet werden. Dies sei auch für diese Leistungen angemessen. Unstrittig sei die Fortführung der bisherigen Vergütungsstruktur und die Umsetzung von § 85 Abs. 3d SGB V (Ost/West-Ausgleich) durch weitere Absenkung des budgetierten Teils der Gesamtvergütung. Sie beantrage die Festsetzung ihres vorgelegten Vertragsentwurfs, was sie im Einzelnen spezifizierte. Zur aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität folgenden kostenneutralen Umsetzung des EBM 2000 plus sei das Finanzvolumen für das ambulante Operieren zu begrenzen. Für ambulante Operationen müssten unterschiedliche Punktwerte als ökonomisches Steuerungsinstrument vorgesehen werden. Der EBM drücke nur das wertmäßige Verhältnis der Leistungen untereinander aus. Zur Ermittlung dieser Relation diene der Kalkulationspunktwert, der nicht maßgeblich für eine konkrete Vergütungshöhe sei. Diese zu bestimmen sei Aufgabe des Honorarverteilungsvertrages. Ein Zuwachs des ambulanten Operierens könne nur aus dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung erfolgen. Für die Einführung neuer extrabudgetär zu vergütenden Leistungen komme unter Beachtung der Anhebung der Gesamtvergütung aus gleichen Gründen nur ein Punktwert von 4 Cent in Betracht. Zu berücksichtigen seien die Überschreitungen der Ausgabenobergrenze bei Arznei- und Verbandsmitteln im Jahr 2003 gemäß § 84 Abs. 3 SGB V. Der Anteil der Ersatzkassen betrage 46.164.257,70 Euro von insgesamt 116.282.765,00 Euro. Abzüglich eines Sicherheitsabschlags entfielen auf sie noch 34.628.256,14 Euro. Die Zahlungen seien beginnend mit dem Quartal IV/05 über einen Zeitraum von sechs Quartalen zu gleichen Teilen vorzunehmen.

Ferner erwiderten die Kläger zu 2) und 3) unter Datum vom 19.09.2005 auf die Einlassungen der Klägerin zu 1) unter weitgehender Wiederholung ihrer Antragsbegründung. Ergänzend führten sie aus, die Einhaltung der Beitragssatzstabilität sei auf die Gesamtvergütung und nicht allein auf den pauschalierten/budgetierten Teil bei der Veränderungsrate zu beziehen. Eine volle Weitergabe der Grundlohnsummensteigerung sei angesichts der überdurchschnittlich hohen Kopfpauschalen der Ersatzkassen nicht möglich. Angesichts einer jährlichen Gesamtvergütung der Ersatzkassen von ca. 800 Mio. Euro sei nicht nachvollziehbar, weshalb die fachärztliche Versorgung zusammenbrechen solle.

Der Beklagte führte mit den Klägern am 10.10.2005 eine mündliche Verhandlung durch.

Mit Beschluss vom 10.10.2005, ausgefertigt am 01.11. und der Klägerin zu 1) am 05.12., den Klägern zu 2) und 3) ebf. am 05.12.2005 zugestellt, übernahm der Beklagte Punkt 1.2 des Antrags bzw. des Vereinbarungsentwurfs der Klägerin zu 1) und erhöhte die Kopfpauschale um 0,38 %. Ferner legte der Beklagte zu den umstrittenen Punkten einzelne Regelungen fest; hierzu wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen. In der Begründung führte er aus, eine extrabudgetäre Vergütung von Leistungen setze eine gesetzliche Grundlage, eine Bundesempfehlung oder eine vertragliche Vereinbarung voraus. Von neuen Leistungen abgesehen habe er dem Wunsch der Klägerin zu 1) nach einer Ausgliederung weiterer Leistungen aus der budgetierten Gesamtvergütung insofern nicht folgen können. Beim ambulanten Operieren habe er es für sinnvoll gehalten, für das letzte Quartal 2005 die Leistungen des bisherigen Strukturvertrages, allerdings auf der Grundlage des seit April 2005 gültigen EBM, mit 5,11 Cent extrabudgetär zu vergüten. Die Punktwerte für die extrabudgetär vergüteten Leistungen seien auf dem bisherigen Niveau festgelegt worden. Dieses Niveau liege durchgehend zwischen den jeweils von den Vertragsparteien geforderten Werten. Eine Ausnahme bilde die Schmerztherapie. Die hier bestehende Unterversorgung lasse diesen relativ hohen Punktwert gesundheitspolitisch vertretbar erscheinen. Für die extrabudgetäre Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen fehle es an einer Rechtsgrundlage. Die Fachärzte trügen hier das Morbiditätsrisiko. Die Anhebung der budgetierten Gesamtvergütung um die Grundlohnentwicklung ermöglichte jedoch eine weitgehende Finanzierung des Mehraufwandes im Rahmen des fachärztlichen Budgetanteils. Zudem eröffne sie im hausärztlichen Bereich die Chance, bestimmte Pauschalen intrabudgetär zu erhöhen. Für das zweite Halbjahr 2004 trügen die Vertragsparteien bei den psychotherapeutischen Leistungen die Mehraufwendungen, die aus dem Beschluss des Bewertungsausschusses resultierten. Von der Berücksichtigung spezieller Honorarabschläge bei Überschreitungen der Ausgabenobergrenze bei Arznei- und Verbandsmitteln gemäß § 84 Abs. 3 SGB V habe er abgesehen. Die faktischen Ausgabenvolumina hätten sich weit von den entsprechenden Sollwerten entfern. Die Soll-Ist-Vergleiche besäßen zudem keine Aussagekraft. Insgesamt ziele die Entscheidung im Sinne einer Paketlösung auf einen fairen Ausgleich zwischen den weit auseinander liegenden Anträgen. Eine partielle Änderung des Schiedsspruches würde diesen Interessenausgleich einseitig in Frage stellen und damit eine ausgewogene Lösung gefährden.

Gegen den Beschluss vom 10.10.2005 hat die Klägerin zu 1) am 02.01.2006 die Klage erhoben (Az.: S 12 KA 3/06). Die Kläger zu 2) und 3) haben am 30.12.2005 die Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Dieses hat mit Beschluss vom 02.03.2006, Az.: S 2 AR 6/06 den Rechtstreit an das SG Marburg verwiesen (Az.: S 12 KA 299/06). Mit Beschluss vom 27.04.2006 hat die Kammer beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Die Klägerin zu 1) hat die Klage erstmals mit Schriftsatz vom 07.09.2006 begründet. Darin führt sie ergänzend zu ihren Ausführungen im Schiedsamtsverfahren aus, der angefochtene Beschluss genüge nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Der von ihr angestrebte Punktwert von 5,11 Cent sei Basis für die betriebswirtschaftliche Kalkulation des am 01.04.2005 in Kraft getretenen EBM 2000 plus. Der EBM 2000 plus könne nur bei entsprechendem Punktwert sachgerecht umgesetzt werden. Mit ihrer Argumentation setze der Beklagte sich nicht auseinander. Ein Vergleich mit den Punktwerten in den Vorjahren scheide deshalb aus. Es seien auch die Unterschiede in den Punktwerten nicht nachvollziehbar. Die vom Beklagten für die schmerztherapeutischen Leistungen reklamierte Unterversorgung lasse sich auch auf viele andere EBM-Leistungen übertragen. Soweit der Beklagte für die im Abschnitt II.2.5 des Vertragsentwurfs aufgelisteten Leistungen einen Punktwert von 5,11 Cent abgelehnt habe, habe der Beklagte den ihm zustehenden Ermessensspielraum nicht erkannt. Diese Leistungen unterlägen z. T. aufwendigen Qualitätssicherungsmaßnahmen und Genehmigungsvoraussetzungen. Aufgrund der im Honorarverteilungsvertrag vereinbarten Regelleistungsvolumina sei es zu massiven Vergütungseinbrüchen gekommen, die nicht zulasten der budgetierten Gesamtvergütung ausgeglichen werden könnten. Es bestehe die Gefahr, dass gerade diese Leistungen in Ermangelung rein kostendeckender Verfahren nicht mehr flächendeckend angehoben werden könnten. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Schiedsamt keine extrabudgetäre Vergütung festsetzen dürfe. § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB V lasse auch eine Einzelleistungsvergütung zu. Sie habe auch ausführlich die "Ausdeckelung" der unter Abschnitt II Nr. 2 ab Spiegelstrich 15 des Vertragsentwurfs genannten Leistungen vorgelegt. Hiermit fehle eine inhaltliche Auseinandersetzung. Auch die Streichung der von ihr geforderten Kostenpauschale zur Abdeckung zusätzlicher Versicherungskosten u. a. bei gynäkologischer geburtshilflicher belegärztlicher Tätigkeit werde nicht begründet. Das gelte auch für die Wegepauschale. Ein extrabudgetärer Punktwert von 4,60 Cent für die MRT-Angiographie sei angesichts ihrer Ausführungen zur Kalkulationsgrundlage des EBM 2000 plus nicht sachgerecht. Die Ausführungen zu den Leistungen des ambulanten Operierens seien ebf. unzureichend. Die psychotherapeutischen Leistungen habe der Beklagte im Beschluss bzgl. des Zeitraums 2000 bis 2004 für das zweite Halbjahr 2004 eine hälftige Übernahme der Mehraufwendungen vorgesehen. Sachliche Unterschiede der Zeiträume bis 2004 und ab 2005 seien nicht erkennbar. Im Ergebnis werde die Finanzierung der fachärztlichen Versorgungsebene aufgebürdet. Im Parallelbeschluss habe der Beklagte dies noch als unbillige Härte angesehen. Die Grundlohnsteigerung habe in den Jahren 2004 und 2005 jeweils 0,02 % bzw. 0,38 % betragen, während die Lebenshaltungs- und demgemäß auch die Praxiskosten um etwa 2,2 % gestiegen seien. Eine Zweckbindung der Grundlohnsteigerung sei nicht ohne Gefährdung anderer Bereiche vertretbar. Erschwerend komme hinzu, dass sie ggf. entstehende Mehraufwendungen aufgrund der Umstellung des Strukturvertrages zum ambulanten Operieren bis zu 0,2 % der budgetierten Gesamtvergütung zu tragen habe.

Die Klägerin zu 1) beantragt,
den Beschluss vom 10.10.2005 insoweit aufzuheben, als ihr weitergehender Antrag vom 12.08.2005 abgelehnt wurde und den Beklagten zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Kläger zu 2) und 3) haben die Klage erstmals mit Schriftsatz vom 11.09.2006 begründet. Darin führen sie ergänzend zu ihren Ausführungen im Schiedsamtsverfahren aus, sie hätten in ihrem Antrag dargelegt, dass die Überschreitungen der Ausgabenobergrenze bei Arznei- und Verbandsmitteln im Jahr 2003 zu berücksichtigen sei. Gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 sei die Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Nach § 84 Abs. 3 Satz 2 SGB V hätten die Vertragsparteien dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen zu berücksichtigen. Der Beklagte habe die Überschreitung nicht einbezogen und damit sein Gestaltungsermessen überschritten. Die vom Beklagten angegebenen Gründe sehe das Gesetz nicht vor. Im Übrigen wäre er nach dem Untersuchungsgrundsatz zur Ermittlung verpflichtet gewesen. Aus der Klagebegründung der Klägerin zu 1) folge nicht die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs. Die Vertragsparteien seien nicht frei, ob sie Leistungen extrabudgetär vergüteten. Hierfür bedürfe es einer gesetzlichen Vorgabe. Es sei auch im Vorhinein ein abschließend festgelegtes Honorarvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu vereinbaren. Der Kalkulationspunktwert von 5,11 Cent sei nicht maßgebend. Der EBM 200 plus müsse wegen des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität kostenneutral umgesetzt werden. Auswirkungen des Honorarverteilungsvertrages berührten die Gesamtvergütung nicht. Bezüglich der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen sei die Entscheidung und Begründung des Beklagten richtig und nachvollziehbar.

Die Kläger zu 2) und 3) beantragen,
den Beschluss vom 10.10.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen.

Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.

Er hat sich schriftsätzlich nicht zur Klage geäußert, ist ihr aber in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten und der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Klagen sind zulässig. Nur die Klage der Klägerin zu 1) ist begründet. Der Beschluss vom 10.10.2006 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Klägerin zu 1) hat einen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage der Kläger zu 2) und 3) ist aber unbegründet. Sie werden in ihren Rechten nicht verletzt.

Der Beschluss vom 10.10.2006 ist rechtswidrig.

Kommt ein Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung ganz oder teilweise nicht zustande, setzt das Schiedsamt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Vertragsinhalt fest (§ 89 SGB V)

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, unterliegen Schiedssprüche gemäß § 89 SGB V - auf Anfechtung der Gesamtvertragsparteien hin - nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle. Denn das Schiedsamt hat bei der Festsetzung von Gesamtverträgen über die vertragsärztliche Vergütung einen Gestaltungsspielraum. Seine Schiedssprüche sind ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter. Dementsprechend sind sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. In formeller Hinsicht wird geprüft, ob das Schiedsamt den von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und sein Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der vom Schiedsspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d. h. insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005, Aktenzeichen: B 6 KA 25/04 R, juris, Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 16.07.2003, Aktenzeichen: B 6 KA 29/02 R, BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 3 = GesR 2004, 95 = SGb 2004, 429, zitiert nach juris, Rdnr. 21; BSG, Urt. v. 27.04.2005, Aktenzeichen: B 6 KA 42/04 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 16 = GesR 2006, 35 = NZS 2006, 270, juris Rdnr. 14).

Die Begründung muss dem wirklichen Sachverhalt entsprechen. Insbesondere muss sich aus ihr ergeben, dass der Sachverhalt richtig und vollständig ermittelt worden ist. Die Begründung muss beim beschwerenden Verwaltungsakt, um überhaupt eine Nachprüfung von Ermessensfehlern zu ermöglichen, ausdrücklich die Überlegungen schlüssig dartun, auf die sich die Entscheidung stützt. Rechtmäßig ist ein Schiedsspruch daher nur, wenn sich aus der Begründung ergibt, dass das Schiedsamt seine Aufgabe, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen festzusetzen, erfüllt hat. Dazu gehört die Berücksichtigung aller für die wirtschaftliche Lage der Krankenkassen und für die Angemessenheit der Vergütung maßgebenden Umstände. Die Pflicht des Landesschiedsamts zur Ermittlung des Sachverhalts und zur Darstellung der für die Entscheidung maßgebenden Gründe wird dadurch bestimmt, inwieweit die Vertragsparteien entscheidungserhebliche Umstände vortragen oder solche Umstände bei pflichtgemäßer Aufklärung des Sachverhalts bekannt werden. Das Schiedsamt kann nicht allen Tatsachen nachgehen, die entfernt etwas mit dem Gegenstand seiner Entscheidung zu tun haben. In der Begründung braucht es sich nur mit Tatsachen auseinanderzusetzen, die erkennbar erhebliches Gewicht für die Entscheidung haben. Für den Umfang der Begründung ist maßgebend, dass sie ausreicht, um den jeweiligen Vertragsparteien die Angemessenheit der Vergütung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen darzulegen (vgl. BSG, Urt. v. 03.12.1980, Aktenzeichen: 6 RKa 1/78, SozR 2200 § 368h Nr. 3 = BSGE 51, 58 = USK 80314 = KVRS A-6150/1, juris Rdnr. 38 f.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der angefochtene Beschluss nur unzureichend begründet.

Gemäß § 85 Abs. 1 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung des GMG (Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-Modernisierungsgesetz v. 14.11.2003, BGBl I 2190) entrichtet die Krankenkasse nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen. Abweichend von Satz 1 entrichtet die Krankenkasse, für die Gesamtverträge nach § 83 Satz 2 geschlossen sind, nach Maßgabe des Gesamtvertrages mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung an die Kassenärztliche Vereinigung.

Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag
1. mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart, für die Verträge nach § 83 Satz 1 geschlossen sind,
2. mit Wirkung für die beteiligten Krankenkassen, für die Verträge nach § 83 Satz 2 geschlossen sind, vereinbart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien sollen auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen sowie eine Regelung zur Vermeidung der Überschreitung dieses Betrages zu treffen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 4 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen (§ 85 Abs. 2).

Die Vertragsparteien des Gesamtvertrages vereinbaren die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Praxiskosten, der für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten. Abweichend von Satz 2 ist eine Überschreitung der Veränderungsraten nach § 71 Abs. 3 zulässig, wenn Mehrausgaben auf Grund von Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Abs. 1 entstehen; dabei ist zu prüfen, inwieweit die Mehrausgaben durch Minderausgaben auf Grund eines Wegfalls von Leistungen, die auf Grund einer Prüfung nach § 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, ausgeglichen werden können (§ 85 Abs. 3 SGB V).

Zur Angleichung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen je Vertragsarzt im Gebiet der in Artikel 1 Abs. 1 des Einigungsvertrages genannten Länder und dem übrigen Bundesgebiet werden die Gesamtvergütungen nach Absatz 2 im Gebiet der in Artikel 1 Abs. 1 des Einigungsvertrages genannten Länder in den Jahren 2004 bis 2006 zusätzlich zur Erhöhung nach Absatz 3 schrittweise um insgesamt 3,8 vom Hundert erhöht. § 313a Abs. 3 gilt insoweit nicht. Die Gesamtvergütungen nach Absatz 2 im übrigen Bundesgebiet werden in den Jahren 2004 bis 2006 schrittweise um insgesamt 0,6 vom Hundert abgesenkt. Die Veränderungen der Gesamtvergütungen der Kassenärztlichen Vereinigungen im Gebiet der in Artikel 1 Abs. 1 des Einigungsvertrages genannten Länder sind im Jahr 2005 auf die nach Satz 1 erhöhte Vergütungssumme des Jahres 2004 zu beziehen. Die Veränderungen der Gesamtvergütungen der Kassenärztlichen Vereinigungen im übrigen Bundesgebiet sind im Jahr 2005 auf die nach Satz 3 abgesenkte Vergütungssumme im Jahr 2004 zu beziehen. Die Regelungen nach den Sätzen 4 und 5 gelten für das Jahr 2006 entsprechend. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für das Land Berlin (§ 85 Abs. 3d SGB V).

Der Beklagte hat zunächst den Gesamtinhalt des Vertrages festzusetzen. Der Beklagte greift den dem Antragsschreiben der Klägerin zu 1) mit Datum vom 12.08.2005 beigefügten Vereinbarungsentwurf, dessen Festsetzung beantragt worden war, nur unvollständig auf. Nicht aufgegriffen werden die Regelungen unter Nr. II 1.1, 1.3 bis 1.61, 1.6.3 (Sozialpsychiatrie-Vereinbarung), 1.7 (Erstattungsbeträge), 2.1 2. Spiegelstrich, 2.2 bis 2.3 und Abschnitt III (Nr. 1-4). Die Regelung unter Nr. 1.6.2 (Diabetes-Vereinbarung) wird nur teilweise aufgegriffen. Alle diese Teile des Vereinbarungsentwurfs der Klägerin zu 1) waren insoweit in gleicher Formulierung im Vereinbarungsentwurf der Kläger zu 2) und 3) enthalten. Wegen des Scheiterns einer Vereinbarung insgesamt hat der Beklagte jedoch den Gesamtinhalt des Vertrages festzusetzen. Unstreitige Vertragspunkte, die in keinem inneren Zusammenhang mit dem Streitobjekt stehen, hat er, was er vermutlich durch Nichtaufnahme in den Schiedsspruch auch zum Ausdruck bringen wollte, als übereinstimmenden Willen der Vertragspartner in den Schiedsspruch aufzunehmen (vgl. Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, Teil II – Sozialgesetzbuch V, Loseblattausgabe, Stand: 15.02.2006, § 89, Rdnr. 7). In der Begründung ist lediglich dieser übereinstimmende Wille darzulegen.

Der Beklagte hat ferner darzulegen, welcher Vergütungsrahmen ihm überhaupt im Hinblick auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität offen steht. Ausnahmen hiervon sind nur in den in § 71 SGB V geregelten Fällen möglich. Zu berücksichtigen ist hierbei die Vorgabe nach § 85 Abs. 3d Satz 3 SGB V, wonach die Gesamtvergütungen im übrigen Bundesgebiet, d. h. in den alten Bundesländern und damit auch im Bezirk der Klägerin zu 1), in den Jahren 2004 bis 2006 schrittweise um insgesamt 0,6 vom Hundert abgesenkt werden, was offensichtlich in – insoweit in den Tenor des Schiedsspruches nicht aufgenommen - Nr. 1.4 (Abschnitt II) des Vereinbarungsentwurfs der Klägerin zu 1) berücksichtigt wurde.

Gemäß § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB V ist die im Vorjahr maßgebliche Gesamtvergütung der zutreffende Anknüpfungspunkt für die Festlegung der Höhe der Gesamtvergütung im folgenden Jahr. Nach dieser Bestimmung sind bei der Vereinbarung von Veränderungen der Gesamtvergütungen die Praxiskosten, die für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendende Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsausweitung beruhen, zu berücksichtigen. Damit ist bei der Festlegung einer Gesamtvergütung an die für das Vorjahr vereinbarte bzw. durch das Schiedsamt festgesetzte Gesamtvergütung anzuknüpfen. Aus dem Prinzip der Vorjahresanknüpfung folgt zugleich, dass bei einer Absenkung der vorjährigen Gesamtvergütung - sei es durch Vereinbarung oder durch Gesetz - dieses geminderte Vorjahresniveau der Ausgangspunkt für die nachfolgend zu vereinbarende Gesamtvergütung ist, es sei denn, aus dem Gesetz ergäbe sich eine andere Regelung. Eine einmal vorgenommene Absenkung behält somit ihre Wirkung auch für Folgevereinbarungen (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005, Aktenzeichen: B 6 KA 25/04 R, juris Rdnr. 14; BSG, Urt. v. 27.04.2005, Aktenzeichen: B 6 KA 42/04 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 16 = GesR 2006, 35 = NZS 2006, 270, juris Rdnr. 17 m. w. N.).

Der Beklagte hat weder Feststellungen zur Vorjahresvergütung noch zur Entwicklung der Praxiskosten, die für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendende Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsausweitung beruhen, getroffen. Feststellungen zur Vorjahresvergütung sind hierbei auch für die Einzelleistungen zu treffen, soweit für diese besondere Regelungen getroffen werden. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität lässt sich nicht auf die Festsetzung des höchstzulässigen Ausgabenvolumens beschränken, sondern wird auch durch die Festlegung der für die Einzelleistungen maßgeblichen Punktwerte berührt (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005, Aktenzeichen: B 6 KA 25/04 R, juris Rdnr. 17).

Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1) ist kein zwingender Rechtssatz erkennbar, wonach die zusätzliche Gesamtvergütung für psychotherapeutische Leistungen für das Vorjahr 2004 zur – steigerungsfähigen – Erhöhung des Sockelbetrages als Ausgangsbasis des Jahres 2005 führen muss. Allerdings wird sich der Beklagte insoweit mit dem Antrag der Klägerin zu 1) bei der Neubescheidung auseinanderzusetzen haben. Zu beachten ist jedenfalls auch hier der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71.

Die Gesamtvergütung kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Es obliegt den Vertragsparteien bzw. dem Schiedsamt, welche Berechnungsart gewählt wird. Das Gesetz räumt keiner dieser Berechnungsarten irgendeine Priorität ein (vgl. Hencke aaO., § 85, Rdnr. 13). Von der Frage einer Einzelleistungsvergütung zu trennen ist die Frage der extrabudgetären Vergütung. Soweit die Gesamtvergütung oder Teile von ihr auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist jedoch der Betrag des Ausgabenvolumens zu bestimmen sowie eine Regelung zur Vermeidung der Überschreitung dieses Betrages zu treffen (§ 85 Abs. 2 Satz 7 SGB V). Entsprechend kann auch für psychotherapeutische Leistungen eine besondere Vergütungsregelung vorgesehen werden. Soweit der Beklagte offensichtlich diesbezüglich von einem besonderen Morbiditätsrisiko ausgeht, hätte er dieses darlegen und ggf. weiter erörtern müssen, ob die notwendige medizinische Versorgung auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven noch gewährleist ist. Sollte dies nicht mehr der Fall sein, so kann die Vereinbarungen über die Vergütungen so gestaltet werden, dass u. U. eine Beitragssatzerhöhung erfolgen muss (§ 71 Abs. 1 SGB V). Soweit der Beklagte davon ausgeht, die Anhebung der budgetierten Gesamtvergütung um die Grundlohnentwicklung ermöglichten jedoch eine weitgehende Finanzierung des Mehraufwandes im Rahmen des fachärztlichen Budgetanteils, so werden die entsprechenden Annahmen nicht dargelegt oder verifiziert. Gleiches gilt für die weitere Annahme, sie eröffne zudem im hausärztlichen Bereich die Chance, bestimmte Pauschalen intrabudgetär zu erhöhen.

Eine extrabudgetäre Vergütung von Leistungen ist entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1) nur in Ausnahmefällen möglich. Leistungen dürfen nicht ohne zwingenden Grund aus der Berechnung der Gesamtvergütung herausgenommen werden. Andere als im Gesetz ausdrücklich genannte Leistungen dürfen nicht aus der Berechnung der Gesamtvergütung herausgenommen werden. Das gilt auch für solche Positionen, bei denen es sich um Begleitleistungen zu ärztlichen Leistungen handelt, selbst wenn sie sich im Zusammenhang mit der ärztlichen Vergütung als reine Durchlaufposten darstellen (vgl. BSG, Urt. v. 02.10.1996, Aktenzeichen: 6 RKa 28/96, SozR 3-2500 § 85 Nr. 17 = Breith 1998, 164 = USK 96156, juris, Rdnr. 24). Es kann hier dahinstehen, ob die bereits im Schiedsspruch extrabudgetär geregelten Leistungen damit in Einklang stehen, da die Klägerin zu 1) hierdurch nicht beschwert wird und die Kläger zu 2) und 3) diese Regelungen nicht angegriffen haben. Soweit eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, wie sie z. B. § 85 Abs. 2a SGB V für die Substitutionsbehandlung vorsieht bzw. § 71 Abs. 1 Satz 2 SGB V u. a. für Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen bzw. § 85 Abs. 3 Satz 3 SGB V z. T. bei der Einführung neuer Leistungen, kann eine extrabudgetäre Regelung nur auf der Grundlage des § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V erfolgen. Dies setzt voraus, dass die notwendige medizinische Versorgung ansonsten auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht gewährleistet wird. Oder aber es müssen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden (§ 71 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Die Klägerin zu 1) hat dies im Einzelnen nicht substantiiert dargelegt. Von daher konnte der Beklagte weitere extrabudgetäre Vergütungen ablehnen, ohne dass er gehalten gewesen wäre, dies im Einzelnen zu begründen. Von daher war der Klägerin zu 1) auch nicht in ihrer Klagebegründung zu folgen, der Beklagte hätte sich nicht mit der von ihr beantragten "Ausdeckelung" der unter Abschnitt II Nr. 2 ab Spiegelstrich 15 des Vertragsentwurfs genannten Leistungen auseinandergesetzt. Dies gilt auch für ihre weitere Antragsbegründung zur Streichung der von ihr geforderten Kostenpauschale zur Abdeckung zusätzlicher Versicherungskosten u. a. bei gynäkologischer geburtshilflicher belegärztlicher Tätigkeit und zur Wegepauschale, ebenso für die psychotherapeutischen Leistungen. Bzgl. der psychotherapeutischen Leistungen hat die Kammer im Urteil von heute im Verfahren der Beteiligten mit Az.: S 12 KA 47/06 ausführlich dargelegt, weshalb keine Verpflichtung zur Vergütung mit bestimmten Punktwerten und/oder extrabudgetär besteht; hierauf wird zur Vermeidung von Widerholungen im Einzelnen verwiesen.

Soweit es der Beklagte beim ambulanten Operieren für sinnvoll gehalten hat, für das letzte Quartal 2005 die Leistungen des bisherigen Strukturvertrages, allerdings auf der Grundlage des seit April 2005 gültigen EBM, mit 5,11 Cent extrabudgetär zu vergüten, fehlt es an einer Begründung, weshalb dies für sinnvoll gehalten wird. Auch hier wird sich der Beklagte bei einer Neubescheidung mit der Antragsbegründung der Klägerin zu 1) auseinanderzusetzen haben.

Soweit der Beklagte die Punktwerte für die extrabudgetär vergüteten Leistungen auf dem bisherigen Niveau festgelegt hat, da dieses Niveau durchgehend zwischen den jeweils von den Vertragsparteien geforderten Werten liege, fehlt eine Begründung im Hinblick auf die gesetzlich vorgegebenen Kriterien zur Vergütungsanpassung. Soweit der Beklagte davon ausgeht, eine Ausnahme bilde die Schmerztherapie, da die hier bestehende Unterversorgung diesen relativ hohen Punktwert gesundheitspolitisch vertretbar erscheinen lasse, werden keine Angaben gemacht, worauf die Annahme einer Unterversorgung besteht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1) folgt aus der betriebswirtschaftliche Kalkulation des am 01.04.2005 in Kraft getretenen EBM 2000 plus mit der Basis eines Punktwerts von 5,11 Cent nicht, dass dieser Punktwert für alle oder für bestimmte Leistungen zu veranschlagen ist. Die genannten Vorgaben des Gesetzgebers für die Bestimmung der Gesamtvergütung sehen einen solchen Punktwert nicht vor. Der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen (§ 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Eine verbindliche Vorgabe für die Höhe der Gesamtvergütung oder einer Einzelleistung kann der EBM nicht vorgeben und gibt er nicht vor. Ebenso wenig ist aufgrund des neuen EBM 2000 plus ein Vergleich mit den Punktwerten in den Vorjahren ausgeschlossen. Die Regelungen für die Gesamtvergütung werden hierdurch nicht geändert. Im Übrigen sind viele Leistungen mit gleichem Leistungsinhalt und gleicher oder ähnlicher Punktezahl im EBM 2000 plus wie im alten EBM formuliert. Insofern setzt aber ein Bewertungsvergleich die Heranziehung der alten und der neuen Inhaltsbeschreibung sowie der Punktezahlbewertung voraus. Soweit die Klägerin zu 1) für die im Abschnitt II.2.5 ihres Vertragsentwurfs aufgelisteten Leistungen einen Punktwert von 5,11 Cent auch mit der Begründung gefordert hat, diese Leistungen unterlägen z. T. aufwendigen Qualitätssicherungsmaßnahmen und Genehmigungsvoraussetzungen, folgt hieraus nicht zwingend die Notwendigkeit eines bestimmten Punktwertes und/oder einer extrabudgetären Vergütung. Dies obliegt, wie bereits ausgeführt, dem Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien bzw. des Schiedsamtes, wobei eine extrabudgetäre Vergütung nur in den genannten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Der Hinweis der Klägerin zu 1), aufgrund der im Honorarverteilungsvertrag vereinbarten Regelleistungsvolumina sei es zu massiven Vergütungseinbrüchen gekommen, die nicht zulasten der budgetierten Gesamtvergütung ausgeglichen werden könnten, geht insofern fehl, als hiermit in erster Linie die Honorarverteilung angesprochen wird. Im Rahmen der Honorarverteilung ist in erster Linie dafür Sorge zu tragen, dass der Sicherstellungsauftrag auch flächendeckend erfüllt wird.

Die Festsetzung der Nachvergütung für das 2. Halbjahr 2004 ist rechtswidrig, da sie nur unzureichend begründet wird. Die Kammer hat im Verfahren der Beteiligten für den Zeitraum 2000 bis 1. Halbjahr 2004, Aktenzeichen: S 12 KA 47/06 im Urteil vom heutigen Tag hinsichtlich des Zeitraums 1. Halbjahr 2004 im Einzelnen dargelegt, dass der Beklagte nicht zu erkennen gibt, von welcher Rechtsgrundlage er seine Entscheidung abhängig macht, weshalb auch nicht erkennbar wird, welchen gestalterischen Spielraum er ausfüllt bzw. ausfüllen will. Soweit der Beklagte eine hälftige Teilung festsetzt, wird dies nicht begründet. Das vom Beklagten festgestellte fehlende Kriterium enthebt ihn nicht, seine Entscheidungsgründe anzugeben. Die hier strittige Vergütungsfrage ist auch in den Gesamtkontext des Vertrages für das Jahr 2004 zu stellen, da nur dann die Einhaltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität festgestellt werden kann. Aus den Bescheidgründen wird nicht ersichtlich, weshalb hier ausnahmsweise die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen überschritten werden dürfte. Nach § 71 SGB V in der für das Jahr 2004 maßgeblichen Fassung, haben, abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden weiteren Ausnahmen, die Gesamtvertragspartner die Vergütungsvereinbarung so zu gestalten, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen nicht zu gewährleisten. Sollte dies der Beklagte als gegeben ansehen, so hat er dies im Rahmen der Neubescheidung im Einzelnen darzulegen. Von daher war der Kammer auch nicht nachvollziehbar, aus welchen rechtlichen Grundlagen die Annahme des Beklagten folgt, die ökonomischen Effekte des neuen Beschlusses des Bewertungsausschusses müssten nach Gesichtspunkten der Zumutbarkeit auf die Vertragsparteien aufgeteilt werden. Von daher war der Klage der Klägerin zu 1) im Ergebnis stattzugeben.

Die Klage der Kläger zu 2) und 3) war aber abzuweisen. Sie haben sich ausdrücklich nur noch gegen die fehlende Berücksichtigung spezieller Honorarabschläge bei Überschreitungen der Ausgabenobergrenze bei Arznei- und Verbandsmitteln gemäß § 84 Abs. 3 SGB V gewandt. Insoweit liegt eine Klagebeschränkung vor.

Soweit der Beklagte von der Berücksichtigung spezieller Honorarabschläge bei Überschreitungen der Ausgabenobergrenze bei Arznei- und Verbandsmitteln gemäß § 84 Abs. 3 SGB V abgesehen hat, weil die faktischen Ausgabenvolumina sich weit von den entsprechenden Sollwerten entfern hätten und die Soll-Ist-Vergleiche zudem keine Aussagekraft besäßen, ist die Entscheidung im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben.

Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Die Vereinbarung umfasst u. a. ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen (§ 84 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB V). Überschreitet das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Arznei- und Verbandmittel das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen, ist diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden (§ 84 Abs. 3 SGB V). Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens nach Absatz 3 erfassen die Krankenkassen die während der Geltungsdauer der Arzneimittelvereinbarung veranlassten Ausgaben arztbezogen, nicht versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung ihren jeweiligen Spitzenverbänden, die diese Daten kassenartenübergreifend zusammenführen und jeweils der Kassenärztlichen Vereinigung übermitteln, der die Ärzte, welche die Ausgaben veranlasst haben, angehören; zugleich übermitteln die Spitzenverbände diese Daten den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen, die Vertragspartner der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 1 sind. Ausgaben nach Satz 1 sind auch Ausgaben für Arznei- und Verbandmittel, die durch Kostenerstattung vergütet worden sind (§ 84 Abs. 5 Satz 1 bis 3 SGB V).

Mit diesen durch das ABAG (Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets – Arzneimittel-Ablösungsgesetz – v. 19.12.2001, BGBl I 3773) am 31.12.2001 in Kraft getretenen Regelungen wurde die zuvor bestehende Arzneimittel- und Heilmittelbudgetierung aufgehoben und durch die der Selbstverwaltung überlassenen Vereinbarung ersetzt. Der Gesetzgeber hat damit die volle Verantwortung für eine wirtschaftliche Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln auf die Selbstverwaltungen der Krankenkassen und Vertragsärzte übertragen (vgl. Hencke, aaO., § 84, Rdnr. 8). Wenn das tatsächliche Ausgabenvolumen das vereinbarte Ausgabenvolumen überschreitet, so hat dies – anders als nach dem zuvor geltenden Recht – keine automatisch zwingenden Rechtsfolgen. Die Vertragsparteien werden jedoch verpflichtet, diese Überschreitung in den Vertragsverhandlungen über einen neuen Gesamtvertrag zur Sprache zu bringen und die Ursache der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen, zu erörtern. Im Rahmen des Gesamtvertrages können auf eine künftige Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens zielende Maßnahmen vereinbart werden. Die Vertragsautonomie der Gesamtvertragsparteien lässt es auch zu, eine nicht nachvollziehbare Überschreitung des vereinbarten Ausgabenvolumens einvernehmlich in die Berechnung der Gesamtvergütung einfließen zu lassen (vgl. Hencke, aaO., § 84, Rdnr. 12). Angesichts dieses klaren gesetzgeberischen Auftrags an die Gesamtvertragsparteien, der insoweit auch vom Schiedsamt zu beachten ist, hat der Beklagte sich auch im Rahmen einer Vereinbarung zur Gesamtvergütung auf Antrag einer der Gesamtvertragsparteien sich mit den Ausgabenvolumina zu beschäftigen. Der Beklagte hat dies auch getan. Er hat bewusst, wie sich aus der Begründung ergibt, von der Berücksichtigung spezieller Honorarabschläge bei Überschreitungen der Ausgabenobergrenze bei Arznei- und Verbandsmitteln gemäß § 84 Abs. 3 SGB V abgesehen. Zur Begründung hat er angeführt, die faktischen Ausgabenvolumina hätten sich weit von den entsprechenden Sollwerten entfern. Die Soll-Ist-Vergleiche besäßen zudem keine Aussagekraft. Diese zwar äußerst knapp gehaltene Begründung bewegt sich noch im Gestaltungsspielraum des Beklagten. Angesichts der dargelegten Vertragslösung des Gesetzgebers besteht kein zwingender Anspruch der Kläger zu 2) und 3), dass die von ihnen in der Antragsbegründung geltend gemachte Überschreitung abzüglich eines Sicherheitsabschlags von der Gesamtvergütung abgezogen wird.

Im Ergebnis war der Klage der Klägerin zu 1) daher stattzugeben, die Klage der Kläger zu 2) und 3) aber abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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