L 7 AS 152/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 559/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 152/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 23. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Ablehnung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) mangels Hilfebedürftigkeit streitig.

Der 1952 geborene Kläger beantragte am 25.10.2004 für sich und seine 1969 geborene Ehefrau zum 01.01.2005 Alg II. Die Frage nach vorhandenem Vermögen verneinte der Kläger, woraufhin die Beklagte dem Antrag in gesetzlicher Höhe bis September 2005 entsprach.

In diesem Monat wurde der Beklagten bekannt, dass Werkzeuge und Maschinen des Klägers mit einem Gesamtwert von ca. 25.000,00 EUR von der Polizei beschlagnahmt worden seien. Die Beklagte erhielt die Liste der beschlagnahmten Gegenstände (neu, zum Teil original verpackt) mit einem Gesamtbetrag von 25.526,96 EUR.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 01.09.2005 wurde dem Kläger die Beschlagnahme vorgehalten. Hierzu teilte der Kläger mit, dass er die Übersendung der Akten durch die Staatsanwaltschaft veranlasst habe, woraus ersichtlich sei, zu welchem Preis er die Geräte erworben habe, nämlich für ca. 8.500,00 EUR. Dieses Geld habe er von Herrn D. , in dessen Keller die Sachen gelagert gewesen seien, geliehen.

Am 26.10.2005 teilte der Kläger weiter mit, dass er mit Vertrag vom gleichen Tag die Sachen Herrn D. verkauft und zur Tilgung des Darlehens übereignet habe. Vorgelegt wurde ein auf den 26.10.2005 datierter Kaufvertrag über "diverse Maschinen und Baugeräte zum Preis von 8.500,00 EUR."

Unter Vorhalt der Widersprüchlichkeiten in den bisherigen Angaben forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage von Nachweisen auf. Nachdem keine Unterlagen eingegangen waren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2005 die Weitergewährung von Alg II wegen nicht ausgeräumter Zweifel an der Hilfebedürftigkeit ab.

Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 21.11.2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006 als unbegründet zurück.

Am 02.12.2005 hatte der Kläger bereits Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) wegen der Einstellungen der Leistungen ab 01.10.2005 (Az.: S 1 AS 559/05) erhoben. Am 19.01.2006 beantragte er wegen einer zum 09.02.2006 drohenden Zwangsräumung den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom 01.02.2006 lehnte das SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde blieb mit Senatsbeschluss vom 12.04.2006 erfolglos (Az.: L 7 B 186/06 AS ER).

Zur Begründung der Klage hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, nachdem es mit einer "normalen" Arbeit als Angestellter oder Arbeiter nicht geklappt habe, habe er versucht, seine Kontakte zu nutzen, da er beim Hausbau des öfteren günstige Handwerksmaschinen gekauft habe. Diese habe er kaufen wollen, um sie wieder teurer zu verkaufen. Nachdem er kein Geld gehabt habe, habe er seinen Freund, Herrn H. D. , gebeten, dieses Vorhaben zu finanzieren. Dieser sei damit einverstanden gewesen und er habe sodann bei der Firma L. in G. günstige Maschinen gekauft. Da ein Weiterverkauf mit Gewinn nicht möglich gewesen sei, seien die Sachen im Keller von Herrn D. aufbewahrt worden. Er habe somit keinen Zugriff auf die Maschinen gehabt, da Herr D. diese Geräte mit 8.500,00 EUR finanziert gehabt habe. Im Rahmen der Ermittlungen der Polizei habe diese die Maschinen beschlagnahmt. Als sich herausgestellt habe, dass die Geräte legal erworben worden waren, habe die Polizei die Geräte wieder an ihn zurückgegeben. Da er die Sachen gekauft habe, sei er auch Eigentümer derselben. Bei der Antragstellung auf Alg II habe er angegeben, über keinerlei Vermögen zu verfügen. Dies seien nach seinem Rechtsempfinden keine falschen Angaben, da er nie über diese gekauften Dinge habe verfügen können. Nach wie vor befänden sich die Maschinen wieder im Keller des Herrn D. , der jetzt Eigentümer und Besitzer sei, damit seine Schuld bei ihm getilgt werde.

Im Klageverfahren sind vom SG die Ermittlungsakten von der Staatsanwaltschaft A. beigezogen worden (Az.: 104 JS 107077/05). Danach war die Beschlagnahme der Gegenstände im Keller von Herrn D. auf eine anonyme Anzeige vom 18.02.2005 hin erfolgt. Der Anzeigende hatte angegeben, dass sich das Kellerabteil der Wohnung von Herrn D. seit Monaten mit ständig wechselnden Baumaschinen/Geräten fülle, die von einem Herrn H. gebracht und abgeholt würden. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass die Geräte von der Firma Schrauben-L. in G. stammten. Der Kläger hatte aus nicht nachvollziehbaren Gründen einen Mitarbeiter dieser Firma (Herrn S.) veranlasst, Maschinen und Geräte nach seiner Anforderung zu beschaffen (Ausstellung von Rechnungen auf beliebige Firmen) und dem Kläger gegen Zahlung unter Wert zu übergeben, wobei dann im Weiteren Herr S. - ebenfalls aus nicht nachvollziehbaren Gründen - die Bezahlung der Firma Schrauben-L. gegenüber übernahm. Nach den Aussagen von Herrn S. erstreckten sich die "Lieferungen" über mehrere Jahre mit einem Wert von ca. 40.000,00 EUR. Auf die letzten sechs Monate (vor der Beschlagnahme) beliefe sich der Wert auf ca. 20.000,00 EUR. Vom Kläger habe er nur um die 7.000,00 bis 8.000,00 EUR erhalten. Nachdem die Waren letztlich von Herrn S. bezahlt worden waren und dem Kläger übertragen worden waren, wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt. Das beschlagnahmte Gut wurde wieder an den Kläger herausgegeben. Vom Bevollmächtigten des Klägers war ausgeführt worden, dass die Gegenstände in einem vom Mandanten angemieteten Kellerraum beschlagnahmt worden seien. Durch die Beschlagnahme sei es dem Mandanten (dem Kläger) nicht möglich gewesen, während sieben Monaten die Geräte zu nutzen bzw. weiter zu verkaufen. Wegen Zeitablaufs könne eine Wertminderung von ca. 8 % (2.000,00 EUR) angesetzt werden.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2006 hat das SG Herrn H. D. als Zeugen einvernommen. Wegen Einzelheiten seiner Bekundungen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Mit Urteil vom 23.05.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Überzeugung der Kammer sei der Kläger auch weiterhin über die Maschinen und Geräten verfügungsbefugt. Eine Übereignung an den Zeugen D. sei aufgrund der völlig widersprüchlichen Aussagen nicht glaubhaft und nicht nachvollziehbar. Die "Beschaffung" über Herrn S. sei nach dessen Aussage auch schon vor der Einlagerungsphase im Keller von Herrn D. erfolgt. Vom Bevollmächtigten des Klägers im Ermittlungsverfahren sei immer vorgetragen worden, dass es sich um Gegenstände des Klägers in den angemieteten/genutzten Kellerraum von Herrn D. gehandelt habe. Herr D. habe bei der ersten Zeugenvernehmung vor der Polizeiinspektion G. am 25.02.2005 (unbefangene Erstaussage) angegeben, dass er vom Kläger (nur) gefragt worden sei, ob er ihm für einige Zeit sein Kellerabteil zur Verfügung stellen würde. Was der Kläger dann im Keller eingelagert habe, könne er nicht sagen. Vom Kläger persönlich wisse er nicht sehr viel. Dieser lebe, soweit er mitbekommen habe, von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld. Mehr habe ihn nie interessiert. Die Angaben, dass die Gegenstände zur Sicherheit für ein Darlehen im Keller von Herrn D. eingelagert worden seien, würden erst aus der Zeit ab Oktober 2005 stammen, der Zeit, in der es "Probleme" mit der Weiterbewilligung von Alg II gegeben habe. Der "Kaufvertrag" vom 26.10.2005 sei somit bei der Gesamtheit des Verwirrspiels nicht überzeugend. Im Übrigen beziehe er sich auf "diverse Maschinen und Baugeräte". Es wäre nicht klar, welche konkreten der 62 Maschinen verkauft und übereignet sein sollten. Der Zeuge habe in der mündlichen Verhandlung auch keine überzeugenden Angaben dazu machen können, was zwischenzeitlich mit den Gegenständen nach der Beendigung der Beschlagnahme geschehen sei. Zur Darlehensgewährung an Herrn H. hätten keinen schlüssigen und nachprüfbaren Angaben gemacht werden können, ebensowenig zur "Darlehensrückzahlung" durch Verkauf der Artikel. Nur der Kläger habe einschlägige Berufskenntnisse. Nach Freigabe der beschlagten Gegenstände sei der Kläger nach Beurteilung der Kammer weiterhin verfügungsbefugt. Alles andere seien unglaubhafte Angaben und Scheinaktionen. Wie dem Kläger in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt worden sei, sei es für die Kammer nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nicht durch den nachprüfbar belegten Verkauf von Baumaschinen/Baugeräten seine Vermögensposition soweit auflöse, dass er die Freibetragsgrenze unterschreite.

Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, das SG habe das ihm zugerechnete Vermögen falsch bewertet. Maschinen und Geräte, die ein Hersteller mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 22.000,00 EUR angebe, könnten niemals aus zweiter Hand ohne Rechnung und Garantie verwertet werden. Die Erfahrung zeige, dass für solche Waren maximal 50 % erwirtschaftet würden. Das wären 11.000,00 EUR. Er habe aber ein Vermögen von 18.900,00 EUR besitzen dürfen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Augsburg vom 23.05.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 zu verurteilen, ihm ab 01.01.2005 Alg II zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte schließt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.

Zu Recht hat das SG Augsburg mit Urteil vom 23.05.2006 die Klage abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 17.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 nicht zu beanstanden ist.

Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg II, da er nicht hilfebedürftig ist.

Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht aus zu berücksichtigendem Vermögen sichern kann (§ 9 Abs.1 SGB II). Als Vermögen sind nach § 12 Abs.1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Vom Vermögen abzusetzen sind ein Grundfreibetrag in Höhe von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners zuzüglich eines Freibetrages für notwendige Anschaffungen in Höhe von jeweils 750,00 EUR.

Im Antragszeitpunkt betrug der Freibetrag für den Kläger 10.600,00 EUR + 750,00 EUR, für seine Ehefrau 7.200,00 EUR + 750,00 EUR. Insgesamt beläuft sich der Gesamtfreibetrag für den steitigen Zeitraum also auf 19.300,00 EUR.

Der genannte Freibetrag wird von dem dem Kläger zuzurechnenden Vermögen übertroffen, nämlich dem Wert der Baumaschinen und Geräte, die bei der Beschlagnahme am 18.02.2005 erfasst wurden. Bezüglich des Wertansatzes muss sich der Kläger dabei den Wertansatz in Höhe von ca.25.000,00 EUR zurechnen lassen, der von seinem Bevollmächtigten nach §§ 2, 7 StrEG angesetzt wurde und der Entschädigung zugrunde gelegt wurde. Im Übrigen handelt sich um neue Geräte überwiegend in Originalverpackung.

Zutreffend weist das SG in den Entscheidungsgründen darauf hin, dass der Kläger auch weiterhin über diese Geräte verfügungsbefugt ist. Der Senat folgt im Übrigen den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Augsburg vom 23.05.2006 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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