Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 R 325/05 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 277/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 22. Februar 2006 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2005 abgewiesen wird.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der Kläger, ein Staatsbürger Kroatiens mit dortigem Wohnsitz, hat über die Verbindungsstelle in Z. bei der Beklagten am 24.04.2002 Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gestellt, den die Beklagte zunächst ohne Prüfung der medizinischen Voraussetzungen wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ablehnte (Bescheid vom 08.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2004). Nach zweimaliger Ergänzung der vom Kläger in Kroatien zurückgelegten, auch von der Beklagten zu berücksichtigenden Beschäftigungszeiten durch den kroatischen Versicherungsträger (Formblatt HR-D 205) nahm der Kläger das im Klageverfahren S 11 RJ 550/04 A schriftlich von der Beklagten unterbreitete Angebot, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung seit dem 01.04.2002 bei einem Leistungsfall vom 01.11.2001 zu zahlen, am 20.09.2004 an. Beide Beteiligten erklärten zugleich den Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt.
In Ausführung des Vergleichs erteilte die Beklagte den Bescheid vom 15.10.2004 und nahm anschließend noch unter Mitwirkung des Klägers eine Klärung bestehender Lücken im Versicherungsverlauf vor.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 stellte die Beklagte die Rente des Klägers ab 01.04.2002 unter Berücksichtigung einer Versicherungszeit von Januar bis Dezember 1973 neu fest. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit Widerspruch, weil die infolge der Neufeststellung erfolgte Erhöhung der monatlichen Rente um rund 19,00 EUR bzw. die dementsprechende Nachzahlung lachhaft sei und nicht den in der Bundesrepublik geleisteten Arbeitsstunden und Rentenversicherungsbeiträgen entspreche (Schreiben vom 27.12.2004). Nach einem aufklärenden Schreiben der Beklagten zur Rentenberechnung - erwähnt wurde hierbei auch die Rentenformel und der Rentenartfaktor von 0,5 - schrieb der Kläger, dass er nunmehr die Rentenberechnung nicht mehr beanstande, aber den Widerspruch mit der Begründung aufrecht erhalte, dass ihm anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung richtigerweise eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehe. Die Dokumentation seines Gesundheitszustands solle nochmals überprüft werden (Schreiben vom 24.01.2005, eingegangen bei der Beklagten am 31.01.2005).
Mit Schreiben vom 02.02.2005 wies die Beklagte darauf hin, dass ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.10.2004 unzulässig sei, weil hierdurch der gerichtliche Vergleich nur ausgeführt worden sei. Es werde anheim gestellt, den Widerspruch zurückzunehmen. Wenn der Kläger der Ansicht sei, dass sein Leistungsvermögen weniger als drei Stunden betrage, möge er Unterlagen hierzu "in Form eines weiteren Antrags" vorlegen bzw. einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung stellen. Daraufhin teilte der Kläger mit, er nehme den Widerspruch nicht zurück und werde seinen Sachvortrag mit neuen medizinischen Unterlagen untermauern (Schreiben vom "24.01.2005", eingegangen bei der Beklagten am 17.02.2005); an den Schluss seiner Ausführungen stellte er den Satz: "Somit stelle ich erneut Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung."
Die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten wies den Widerspruch vom 27.12.2004 gegen den Bescheid vom 13.12.2004 (Anmerkung: Neufeststellungsbescheid, nicht Ausführungsbescheid) wegen fehlender Beschwer zurück, weil mit diesem Bescheid lediglich Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund des beim Sozialgericht geschlossenen Vergleichs gewährt worden sei (Widerspruchsbescheid vom 23.02.2005).
Im anschließenden Klageverfahren machte der Kläger geltend, wegen eines am 01.11.2001 erlittenen Hirnschlags sei er voll erwerbsgemindert, und legte hierzu einen Krankenhausbericht vor. Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.02.2006 ab. Es ging von dem Begehren des Klägers aus, "unter Abänderung des Bescheids vom 15.10.2004 (Anmerkung: also des Ausführungsbescheids) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005" die Beklagte zur Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu verurteilen. Sowohl im Tatbestand als auch in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids wurde der Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 nicht erwähnt. Das Sozialgericht nahm ohne Begründung an, dass mit dem Widerspruchsbescheid ein gegen den Bescheid vom 15.10.2004 eingelegter Widerspruch zurückgewiesen worden sei und dass einer diesbezüglichen Klage gegen einen den gerichtlichen Vergleich ausführenden Bescheid das Rechtsschutzinteresse fehle.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter. Der Senat gab Hinweise auf die vorausgehend nicht beachtete, aber notwendige Differenzierung zwischen dem Bescheid vom 15.10.2004 und dem Bescheid vom 13.12.2004 und teilte seine Auffassung mit, dass in den zwei Schreiben des Klägers vom 24.01.2005 sowohl ein Neuantrag (Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung) als auch ein Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 15.10.2004 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X) lägen und die Anträge noch zu verbescheiden seien; der jetzige Rechtsstreit könne zur materiell-rechtlichen Seite der Rentenangelegenheit nichts beitragen und erscheine wenig sinnvoll, so dass er durch einen Vergleich (Verpflichtung der Beklagten zur rechtsbehelfsfähigen Verbescheidung beider Anträge und Erledigterklärung des jetzigen Rechtsstreits) beendet werden könne.
Die Beklagte meint hierzu, eine Überprüfung gemäß § 44 SGB X sei zumindest für den Zeitraum vor Abschluss des Vergleichs, also vor dem 20.09.2004, ausgeschlossen und der Kläger könne mit seinem Antrag vom 31.01.2005 lediglich einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Wirkung für die Zukunft verfolgen. Der Kläger teilt mit, dass er sich in Kroatien den von der Beklagten geforderten ärztlichen Untersuchungen unterzogen habe und eine für ihn positive Entscheidung des Senats mit Berechnung seiner Rente und der Nachzahlung erwarte.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 22.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beide Beteiligte haben trotz Anregung des Senats prozessbeendigende Erklärungen nicht abgegeben. Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge mit der vorausgehenden Klageakte des Sozialgerichts Landshut S 11 RJ 550/04 A sowie die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits war der vom Sozialgericht nicht gesehene oder zumindest nicht erwähnte Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005. Der Kläger hatte ausdrücklich gegen den Bescheid vom 13.12.2004 Widerspruch wegen der neuen Rentenhöhe eingelegt und erst später sein Vorbringen hinsichtlich einer unzureichenden Berücksichtigung der in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten durch die Behauptung einer unzutreffenden Rentenart ersetzt. Die Widerspruchsstelle der Beklagten ihrerseits hat, wenn auch mit unzutreffender Begründung, den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.12.2004 und nicht gegen den Bescheid vom 15.10.2004 zurückgewiesen, also die Richtigkeit des Ausgangsbescheides vom 13.12.2004 bestätigt.
Die hiergegen eingelegte Klage war unzulässig, weil der Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 nicht über die Rentengewährung dem Grunde nach und damit auch nicht über die Rentenart (Rente wegen voller Erwerbsminderung) eine Regelung getroffen hat, sondern lediglich anknüpfend an vorausgehende Tatbestände über die Rentenhöhe (Entgeltpunkte) in Zusammenhang mit den vom Kläger in der BRD zurückgelegten Versicherungszeiten. Hierin lag weder eine Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch die Ablehnung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Eine Auslegung des vom Kläger gegen den Bescheid vom 13.12.2004 eingelegten Widerspruchs in dem Sinne, dass mit der später geänderten Widerspruchsbegründung (erstmals) ein zweiter Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 15.10.2004 eingelegt worden ist, verbunden mit der Auslegung des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005, dass hierdurch entgegen dem Wortlaut nicht die Richtigkeit des Ausgangsbescheids vom 13.12.2004, sondern die des Bescheids vom 15.10.2004 bestätigt worden ist, hielt der Senat für zu weit gehend. Zum einen entspricht ein solches Vorgehen nicht mehr den tatsächlichen Geschehnissen, zum anderen hat eine extensive Auslegung dann keine Berechtigung mehr, wenn diese ohnehin nicht zu einem sinnvollen Ergebnis führen würde. Ein Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 15.10.2004 wegen der Rentenart und des Leistungsfalls wäre aber aufgrund des zuvor abgeschlossenen Vergleichs unzulässig und der Kläger könnte nachträglich eine Änderung nicht mit Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.10.2004, sondern unter Umständen durch einen im Verwaltungsverfahren zu stellenden (und auch bereits gestellten) Antrag, der rechtsbehelfsfähig verbeschieden werden muss, erreichen. Eine überzogene Auslegung würde letztlich ebenfalls zu dem Ergebnis führen, dass die Klage - wenn auch aus anderen Gründen - unzulässig gewesen wäre.
Eine gerichtliche Prüfung und Entscheidung über den Rentenanspruch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist derzeit nicht möglich; es fehlt an einer Prozessvoraussetzung, d.h. vorliegend an einem anfechtbaren, das konkrete Rentenbegehren ablehnenden Bescheid und einen zurückweisenden Widerspruchsbescheid. Die Klage war unzulässig, und deswegen musste die Berufung wegen Unbegründetheit - wenn auch unter Korrektur des abweisenden Urteilsspruchs (Tenors) erster Instanz - zurückgewiesen werden.
Darüber hinaus kann der Senat der Beklagten keine Weisungen hinsichtlich der weiteren Behandlung der Rentenangelegenheit des Klägers erteilen, aber immerhin die Überlegung anheimstellen, dass bereits das erste, bei der Beklagten am 31.01.2005 eingegangene Schreiben des Klägers vom 24.01.2005 (und nicht das darauf folgende, am 17.02.2005 eingegangene Schreiben vom "24.01.2005") auch und in erster Linie als Antrag gemäß § 44 SGB X und in zweiter Linie als "Umwandlungsantrag" (Neuantrag) zu werten wäre. Unabhängig davon, ob und inwieweit die Beklagte eine rückwirkende Änderung für möglich bzw. zulässig hält, ist jedenfalls der ausdrücklich gestellte Überprüfungsantrag rechtsbehelfsfähig zu verbescheiden. Erst wenn dies nicht zu dem vom Kläger gewünschten Erfolg führen sollte, käme zusätzlich die Verbescheidung als erneuter Rentenantrag in Frage, wobei hier - bei Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen und einem geeigneten Zeitpunkt des Eintritts der vollen Erwerbsminderung - nicht nur eine Änderung für die Zukunft (ab dem dem Rentenantrag folgenden Monat), sondern unter Umständen rückwirkend bis zu drei Monaten vor diesem Rentenantrag in Frage käme (§ 99 Abs.1 Sozialgesetzbuch Teil VI).
An den Kläger ergeht der Hinweis, dass wegen des abgeschlossenen Vergleichs und mangels Anhaltspunkten für die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit dieses Vergleichs mit einer Korrektur der Rentenart bereits rückwirkend ab 01.04.2002 kaum zu rechnen ist, aber jedenfalls die von der Beklagten künftig zu erteilenden Rentenbescheide einer gerichtlichen Überprüfung und auch Entscheidung - im Rahmen der vorgegebenen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Schranken - zugänglich sind. Mit dem vorliegenden, die Berufung zurückweisenden Urteil des Senats gehen ihm keine rechtlichen Vorteile bzw. eine günstige Rechtsposition verloren; vielmehr ist eine Entscheidung, ob und gegebenenfalls seit wann Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren ist, noch nicht gefallen. Der Kläger hat aber den vom Gesetz vorgeschriebenen Verfahrensgang zu beachten und kann nicht in zulässiger Weise gegen Bescheide klagen, die den behaupteten Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht regeln. Zutreffend hat die Rechtsmittelstelle der Beklagten darauf hingewiesen, dass unabhängig vom Ausgang des Widerspruchsverfahrens, also trotz der Zurückweisung des Widerspruchs, noch ein gesonderter rechtsbehelfsfähiger Bescheid hinsichtlich des Antrags des Klägers zu erteilen sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der Kläger, ein Staatsbürger Kroatiens mit dortigem Wohnsitz, hat über die Verbindungsstelle in Z. bei der Beklagten am 24.04.2002 Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gestellt, den die Beklagte zunächst ohne Prüfung der medizinischen Voraussetzungen wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ablehnte (Bescheid vom 08.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2004). Nach zweimaliger Ergänzung der vom Kläger in Kroatien zurückgelegten, auch von der Beklagten zu berücksichtigenden Beschäftigungszeiten durch den kroatischen Versicherungsträger (Formblatt HR-D 205) nahm der Kläger das im Klageverfahren S 11 RJ 550/04 A schriftlich von der Beklagten unterbreitete Angebot, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung seit dem 01.04.2002 bei einem Leistungsfall vom 01.11.2001 zu zahlen, am 20.09.2004 an. Beide Beteiligten erklärten zugleich den Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt.
In Ausführung des Vergleichs erteilte die Beklagte den Bescheid vom 15.10.2004 und nahm anschließend noch unter Mitwirkung des Klägers eine Klärung bestehender Lücken im Versicherungsverlauf vor.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 stellte die Beklagte die Rente des Klägers ab 01.04.2002 unter Berücksichtigung einer Versicherungszeit von Januar bis Dezember 1973 neu fest. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit Widerspruch, weil die infolge der Neufeststellung erfolgte Erhöhung der monatlichen Rente um rund 19,00 EUR bzw. die dementsprechende Nachzahlung lachhaft sei und nicht den in der Bundesrepublik geleisteten Arbeitsstunden und Rentenversicherungsbeiträgen entspreche (Schreiben vom 27.12.2004). Nach einem aufklärenden Schreiben der Beklagten zur Rentenberechnung - erwähnt wurde hierbei auch die Rentenformel und der Rentenartfaktor von 0,5 - schrieb der Kläger, dass er nunmehr die Rentenberechnung nicht mehr beanstande, aber den Widerspruch mit der Begründung aufrecht erhalte, dass ihm anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung richtigerweise eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehe. Die Dokumentation seines Gesundheitszustands solle nochmals überprüft werden (Schreiben vom 24.01.2005, eingegangen bei der Beklagten am 31.01.2005).
Mit Schreiben vom 02.02.2005 wies die Beklagte darauf hin, dass ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.10.2004 unzulässig sei, weil hierdurch der gerichtliche Vergleich nur ausgeführt worden sei. Es werde anheim gestellt, den Widerspruch zurückzunehmen. Wenn der Kläger der Ansicht sei, dass sein Leistungsvermögen weniger als drei Stunden betrage, möge er Unterlagen hierzu "in Form eines weiteren Antrags" vorlegen bzw. einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung stellen. Daraufhin teilte der Kläger mit, er nehme den Widerspruch nicht zurück und werde seinen Sachvortrag mit neuen medizinischen Unterlagen untermauern (Schreiben vom "24.01.2005", eingegangen bei der Beklagten am 17.02.2005); an den Schluss seiner Ausführungen stellte er den Satz: "Somit stelle ich erneut Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung."
Die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten wies den Widerspruch vom 27.12.2004 gegen den Bescheid vom 13.12.2004 (Anmerkung: Neufeststellungsbescheid, nicht Ausführungsbescheid) wegen fehlender Beschwer zurück, weil mit diesem Bescheid lediglich Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund des beim Sozialgericht geschlossenen Vergleichs gewährt worden sei (Widerspruchsbescheid vom 23.02.2005).
Im anschließenden Klageverfahren machte der Kläger geltend, wegen eines am 01.11.2001 erlittenen Hirnschlags sei er voll erwerbsgemindert, und legte hierzu einen Krankenhausbericht vor. Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.02.2006 ab. Es ging von dem Begehren des Klägers aus, "unter Abänderung des Bescheids vom 15.10.2004 (Anmerkung: also des Ausführungsbescheids) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005" die Beklagte zur Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu verurteilen. Sowohl im Tatbestand als auch in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids wurde der Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 nicht erwähnt. Das Sozialgericht nahm ohne Begründung an, dass mit dem Widerspruchsbescheid ein gegen den Bescheid vom 15.10.2004 eingelegter Widerspruch zurückgewiesen worden sei und dass einer diesbezüglichen Klage gegen einen den gerichtlichen Vergleich ausführenden Bescheid das Rechtsschutzinteresse fehle.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter. Der Senat gab Hinweise auf die vorausgehend nicht beachtete, aber notwendige Differenzierung zwischen dem Bescheid vom 15.10.2004 und dem Bescheid vom 13.12.2004 und teilte seine Auffassung mit, dass in den zwei Schreiben des Klägers vom 24.01.2005 sowohl ein Neuantrag (Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung) als auch ein Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 15.10.2004 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X) lägen und die Anträge noch zu verbescheiden seien; der jetzige Rechtsstreit könne zur materiell-rechtlichen Seite der Rentenangelegenheit nichts beitragen und erscheine wenig sinnvoll, so dass er durch einen Vergleich (Verpflichtung der Beklagten zur rechtsbehelfsfähigen Verbescheidung beider Anträge und Erledigterklärung des jetzigen Rechtsstreits) beendet werden könne.
Die Beklagte meint hierzu, eine Überprüfung gemäß § 44 SGB X sei zumindest für den Zeitraum vor Abschluss des Vergleichs, also vor dem 20.09.2004, ausgeschlossen und der Kläger könne mit seinem Antrag vom 31.01.2005 lediglich einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Wirkung für die Zukunft verfolgen. Der Kläger teilt mit, dass er sich in Kroatien den von der Beklagten geforderten ärztlichen Untersuchungen unterzogen habe und eine für ihn positive Entscheidung des Senats mit Berechnung seiner Rente und der Nachzahlung erwarte.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 22.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beide Beteiligte haben trotz Anregung des Senats prozessbeendigende Erklärungen nicht abgegeben. Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge mit der vorausgehenden Klageakte des Sozialgerichts Landshut S 11 RJ 550/04 A sowie die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits war der vom Sozialgericht nicht gesehene oder zumindest nicht erwähnte Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005. Der Kläger hatte ausdrücklich gegen den Bescheid vom 13.12.2004 Widerspruch wegen der neuen Rentenhöhe eingelegt und erst später sein Vorbringen hinsichtlich einer unzureichenden Berücksichtigung der in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten durch die Behauptung einer unzutreffenden Rentenart ersetzt. Die Widerspruchsstelle der Beklagten ihrerseits hat, wenn auch mit unzutreffender Begründung, den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.12.2004 und nicht gegen den Bescheid vom 15.10.2004 zurückgewiesen, also die Richtigkeit des Ausgangsbescheides vom 13.12.2004 bestätigt.
Die hiergegen eingelegte Klage war unzulässig, weil der Neufeststellungsbescheid vom 13.12.2004 nicht über die Rentengewährung dem Grunde nach und damit auch nicht über die Rentenart (Rente wegen voller Erwerbsminderung) eine Regelung getroffen hat, sondern lediglich anknüpfend an vorausgehende Tatbestände über die Rentenhöhe (Entgeltpunkte) in Zusammenhang mit den vom Kläger in der BRD zurückgelegten Versicherungszeiten. Hierin lag weder eine Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch die Ablehnung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Eine Auslegung des vom Kläger gegen den Bescheid vom 13.12.2004 eingelegten Widerspruchs in dem Sinne, dass mit der später geänderten Widerspruchsbegründung (erstmals) ein zweiter Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 15.10.2004 eingelegt worden ist, verbunden mit der Auslegung des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005, dass hierdurch entgegen dem Wortlaut nicht die Richtigkeit des Ausgangsbescheids vom 13.12.2004, sondern die des Bescheids vom 15.10.2004 bestätigt worden ist, hielt der Senat für zu weit gehend. Zum einen entspricht ein solches Vorgehen nicht mehr den tatsächlichen Geschehnissen, zum anderen hat eine extensive Auslegung dann keine Berechtigung mehr, wenn diese ohnehin nicht zu einem sinnvollen Ergebnis führen würde. Ein Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 15.10.2004 wegen der Rentenart und des Leistungsfalls wäre aber aufgrund des zuvor abgeschlossenen Vergleichs unzulässig und der Kläger könnte nachträglich eine Änderung nicht mit Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.10.2004, sondern unter Umständen durch einen im Verwaltungsverfahren zu stellenden (und auch bereits gestellten) Antrag, der rechtsbehelfsfähig verbeschieden werden muss, erreichen. Eine überzogene Auslegung würde letztlich ebenfalls zu dem Ergebnis führen, dass die Klage - wenn auch aus anderen Gründen - unzulässig gewesen wäre.
Eine gerichtliche Prüfung und Entscheidung über den Rentenanspruch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist derzeit nicht möglich; es fehlt an einer Prozessvoraussetzung, d.h. vorliegend an einem anfechtbaren, das konkrete Rentenbegehren ablehnenden Bescheid und einen zurückweisenden Widerspruchsbescheid. Die Klage war unzulässig, und deswegen musste die Berufung wegen Unbegründetheit - wenn auch unter Korrektur des abweisenden Urteilsspruchs (Tenors) erster Instanz - zurückgewiesen werden.
Darüber hinaus kann der Senat der Beklagten keine Weisungen hinsichtlich der weiteren Behandlung der Rentenangelegenheit des Klägers erteilen, aber immerhin die Überlegung anheimstellen, dass bereits das erste, bei der Beklagten am 31.01.2005 eingegangene Schreiben des Klägers vom 24.01.2005 (und nicht das darauf folgende, am 17.02.2005 eingegangene Schreiben vom "24.01.2005") auch und in erster Linie als Antrag gemäß § 44 SGB X und in zweiter Linie als "Umwandlungsantrag" (Neuantrag) zu werten wäre. Unabhängig davon, ob und inwieweit die Beklagte eine rückwirkende Änderung für möglich bzw. zulässig hält, ist jedenfalls der ausdrücklich gestellte Überprüfungsantrag rechtsbehelfsfähig zu verbescheiden. Erst wenn dies nicht zu dem vom Kläger gewünschten Erfolg führen sollte, käme zusätzlich die Verbescheidung als erneuter Rentenantrag in Frage, wobei hier - bei Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen und einem geeigneten Zeitpunkt des Eintritts der vollen Erwerbsminderung - nicht nur eine Änderung für die Zukunft (ab dem dem Rentenantrag folgenden Monat), sondern unter Umständen rückwirkend bis zu drei Monaten vor diesem Rentenantrag in Frage käme (§ 99 Abs.1 Sozialgesetzbuch Teil VI).
An den Kläger ergeht der Hinweis, dass wegen des abgeschlossenen Vergleichs und mangels Anhaltspunkten für die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit dieses Vergleichs mit einer Korrektur der Rentenart bereits rückwirkend ab 01.04.2002 kaum zu rechnen ist, aber jedenfalls die von der Beklagten künftig zu erteilenden Rentenbescheide einer gerichtlichen Überprüfung und auch Entscheidung - im Rahmen der vorgegebenen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Schranken - zugänglich sind. Mit dem vorliegenden, die Berufung zurückweisenden Urteil des Senats gehen ihm keine rechtlichen Vorteile bzw. eine günstige Rechtsposition verloren; vielmehr ist eine Entscheidung, ob und gegebenenfalls seit wann Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren ist, noch nicht gefallen. Der Kläger hat aber den vom Gesetz vorgeschriebenen Verfahrensgang zu beachten und kann nicht in zulässiger Weise gegen Bescheide klagen, die den behaupteten Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht regeln. Zutreffend hat die Rechtsmittelstelle der Beklagten darauf hingewiesen, dass unabhängig vom Ausgang des Widerspruchsverfahrens, also trotz der Zurückweisung des Widerspruchs, noch ein gesonderter rechtsbehelfsfähiger Bescheid hinsichtlich des Antrags des Klägers zu erteilen sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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