L 27 R 1237/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 RA 2149/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 1237/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) in der Zeit vom 15. September 1971 bis 31. Dezember 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der 1947 geborene Kläger hat die Staatliche Ingenieurprüfung abgelegt. Ab 15. September 1971 war er beim Kombinat VEB E B als Ingenieur beschäftigt. Ab 27. Juni 1990 war er beschäftigt bei der E B GmbH. An diesem Tage erfolgte die Eintragung der GmbH in das Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg (HR B 34437). Die Gesellschaft ist durch Umwandlung aus dem VEB E Bentstanden (Umwandlung auf der Grundlage der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl. I Nr. 14 S. 104)).

Eine Versorgungszusage war dem Kläger nicht erteilt worden.

Durch Bescheid vom 29. Januar 2004 hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom 07. Januar 2004 auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 15. September 1971 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) abgelehnt, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Damit sei das AAÜG entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht anwendbar. Der VEB EB sei bereits am 30. Juni 1990 privatisiert gewesen. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers hat die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 2004 zurückgewiesen.

Mit der am 05. April 2004 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, er mache insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Grundgesetz (GG) geltend. Ihm seien ca. 30 Mitarbeiter seines ehemaligen Betriebes bekannt, denen die entsprechenden Ansprüche nach dem AAÜG zuerkannt worden seien mit einem identischen beruflichen Lebenslauf entsprechend dem des Klägers.

Das SG hat dem Vorbringen des Klägers entnommen, er wolle beantragen,

den Bescheid vom 29. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, entsprechend dem Antrag des Klägers vom 07. Januar 2004 für die Zeit vom 15. September 1971 bis 31. Dezember 1990 die Zugehörigkeit zu einem System der Zusatzversorgung und die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigte die angefochtenen Entscheidungen mit Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach der Kläger am 30. Juni 1990 in der E GmbH beschäftigt gewesen sei, wobei es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung gehandelt habe.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 05. Juli 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, die Kammer schließe sich bei der Beurteilung der ständigen Rechtsprechung des BSG an und zitierte aus den Entscheidungsgründen des Urteils des BSG vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R. Auch sei der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 GG selbst dann nicht verletzt, wenn Ansprüche von Kollegen des Klägers aufgrund der früheren Rechtsprechung des BSG anerkannt worden seien.

Gegen das dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19. Juli 2005 zugestellte Urteil richtet sich der am 08. August 2005 beim SG Berlin eingegangenen Schriftsatz des Klägers vom 05. August 2005, den er als "Widerspruch" gegen den Gerichtsbescheid bezeichnete. Er begründete die Berufung insbesondere damit, es habe einen wichtigen Grund gegeben, dass Beitragszeiten auch ohne SED-nahe Versorgungsvereinbarungen zu gewähren seien. Denn Leistungsträger in der Volkswirtschaft seien nicht SED-nahe Funktionäre gewesen, sondern auch Ingenieure in Ausübung ihrer Qualifikation. Ab 1971 habe er als Diplomingenieur FH für Automatisierungstechnik in mehreren Bereichen des ehemaligen VEB gearbeitet. Für spezielle Rationalisierungsaufgaben sei er zum Hochschulfernstudium delegiert worden mit anschließendem Examen, das er als Diplomingenieur abgeschlossen habe. Beide Titel seien anerkannt und gleichgestellt worden. Schon im Jahr 1999 habe er sich bei der Beklagten um Anerkennung des Zusatzversorgungssystems bemüht und sei dort falsch beraten worden. Dort sei ihm die gewünschte Versorgung positiv in Aussicht gestellt worden. Jedoch sei eine reibungslose Beantragung und Bearbeitung verhindert worden. Bei korrekter Bearbeitung in diesem Zeitraum wäre er mit seinen ehemaligen Ingenieur-Kollegen gleichgestellt gewesen.

Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Klägers,

den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 05. Juli 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 15. September 1971 bis 31. Dezember 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Insbesondere hat sie zur Begründung vorgetragen, es komme ausschließlich auf die amtliche Eintragung im Handelsregister an und nach § 7 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 sei die Umwandlung mit der Eintragung der GmbH in das Register wirksam und die GmbH Rechtsnachfolger des umgewandelten Betriebes. Die Beklagte sei als Exekutivorgan nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden und sei mithin gehalten, ihr Verwaltungshandeln an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu orientieren. Das BSG habe mit Urteilen im Jahre 2002 Maßstäbe für die Auslegung des AAÜG gesetzt, die die Beklagte bei ihren Entscheidungen berücksichtigen müsse, selbst wenn diese Kriterien im Widerspruch zum früheren Verwaltungshandeln stünden. Der Kläger könne aus - möglicherweise fehlerhaft ergangenen - Entscheidungen in gleich gelagerten Fällen keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bestehe kein Anspruch auf Gleichbehandlung "im Unrecht".

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten, die dem Senat bei seiner Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. August 1971 bis 31.Dezember 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVtI und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Der Kläger hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben, denn er erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVtI.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen dies trifft jedoch auf die AVtI nicht zu galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3 8570 § 1 Nr. 1).

Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951, 487 - (2. DB zur AVtI VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand. Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.

War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene, vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.

Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme an den 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R).

Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni 1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.

Der Senat folgt dieser Rechtssprechung. Sie ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (1 BvR 1144/05).

Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte Anspruch nicht begründet.

Am maßgeblichen Stichtag, dem 30. Juni 1990 war der Kläger bei einer GmbH beschäftigt. Mithin kann dahinstehen, ob der Kläger die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt hat. In keinem Fall war am maßgeblichen Stichtag die betriebliche Voraussetzung verwirklicht. Der Betrieb dieser Rechtsform unterliegt nicht dem Anwendungsbereich der AVtI. Das BSG hat dies in mehrfachen Entscheidungen ausgeführt und begründet (z.B.Urteil des BSG vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R). Hierauf hat das SG in der angefochtenen Entscheidung bereits hingewiesen. Auch der erkennende Senat folgt dieser Rechtsprechung. Insbesondere kommt es danach nicht darauf an, ob der nach der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften umgewandelte Betrieb Rechtsnachfolger des vorhergehenden VEB geworden ist. Der mit einer solchen Rechtsnachfolge verbundene Übergang u. a. aller Rechten und Pflichten aus bestehenden Arbeitsverhältnissen kann niemals auch Ansprüche bzw. Anwartschaften aus diesem Zusatzversorgungssystem betroffen haben. Denn hierbei handelt es sich nicht um einen arbeitsrechtlichen Anspruch, den der Arbeitgeber (= Betrieb) im Sinne des DDR-Arbeitsrechts zu erfüllen hatte. Anspruchsverpflichteter konnte nur der Versorgungsträger sein (BSG, a.a.O.).

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1144/05 zur Umwandlung eines VEB in eine Kapitalgesellschaft ausgeführt: "Aus diesen Gründen besteht auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebots keine Verpflichtung, dem Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 1144/05, dessen volkseigener Betrieb in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde, einen fiktiven Anspruch auf Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der AVtI zuzuerkennen. Diese Entwicklung war nach der Rechtsordnung des Beitrittsgebiets vorgezeichnet. Durch die Umwandlungsverordnung von 1990 wurde die Umwandlung der volkseigenen Betriebe in Kapitalgesellschaften angeordnet. Das Bestehen eines fiktiven Anspruchs am 30. Juni 1990 hing damit zwar - wie auch in anderen Fällen - vielfach von Umständen ab, auf die der Betroffene keinen Einfluss hatte (vgl. Schwitzer/Recktenwald, DAngVers 2004, S. 563 (564)). Bei keinem dieser Umstände handelt es sich jedoch um der Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zurechenbare Rechtsakte oder Vorgänge. Vielmehr beruhte die Entscheidung zur Umwandlung aller volkseigenen Betriebe in eine andere Rechtsform auf einer autonomen Entscheidung der Deutschen Demokratischen Republik, deren versorgungsrechtliche Nachteile die Bundesrepublik Deutschland nicht auszugleichen hat (vgl. BVerfGE 84, 90 (122 f.); 95, 367, (309))."

Zudem besteht kein Hinweis dafür, dass es sich bei der GmbH um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung gehandelt hat. Dies der Kläger macht auch nicht geltend.

Ein Anspruch auf Einbeziehung hätte für den Kläger nur deshalb bestehen können, wenn ihm vom Betrieb in einem Einzelvertrag ein Anspruch auf Altersversorgung nach den Vorschriften der AVtI zugesagt worden wäre (§ 1 Abs. 3 der 2. DB). Eine solche Zusage hat der Kläger nicht erhalten. Rechtlich unerheblich ist sein Vortrag, andere Kollegen hätten diese Vergünstigung erhalten. Hieraus folgt kein Rechtsanspruch des Klägers gegen die Beklagte. Nach Art.20 Grundgesetz sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Recht und Gesetz gebunden. Wird der vom Kläger erhobene Anspruch für rechtsgrundlos erkannt, kann dem Anspruch nicht entsprochen werden, denn ein verfassungswidriger Zustand würde dadurch andernfalls herbeigeführt werden.

Dies gilt auch für den Vortrag, sein Begehren sei der Beklagten bereits 1999 bekannt gewesen, er sei dort falsch beraten worden. Insbesondere kommt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht in Betracht. Ein solcher kann nur auf rechtmäßige Rechtsfolgen gerichtet sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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