Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 01014/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1673/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2002 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Wege eines Überprüfungsauftrages streitig, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Unterhaltsgeld (Uhg) und Fahrtkosten für die Zeit vom 29.01. bis 30.09.1999 aufgehoben und der Kläger diese Leistungen zuzüglich der für diese Zeit geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten hat.
Der am 02.05.1969 geborene Kläger besuchte vom 10.11.1997 bis 09.07.1998 eine von der Beklagten geförderte berufliche Reintegrationsmaßnahme und bezog danach (Anschluss-)Uhg bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Am 21.10.1998 stellte der Kläger den Antrag auf Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme für Leistungsempfänger in Form einer Umschulung zum Automobilkaufmann beim Autohaus Krankenberg GmbH. Ausweislich der Beratungsvermerke der Beklagten teilte die Firma Krankenberg GmbH am 28.10.1998 telefonisch mit, da sich bereits ein Lehrling im ersten Lehrjahr befinde, sei die Umschulung des Klägers nur möglich, wenn keine Vergütung bezahlt werden müsse. Mit Bescheid vom 10.11.1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Uhg ab dem 21.10.1998 in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 54,58 DM, der sich ab 30.11.1998 auf 54,92 DM und ab 01.01.1999 auf 55,15 DM erhöhte (Änderungsbescheide vom 25.11.1998 und 14.01.1999). Mit Bescheid vom 16.12.1998 bewilligte sie Fahrtkosten für die Zeit vom 21.10.1998 bis 20.10.2000, die für die Zeit von 21.10.1998 bis 23.12.1998 im Dezember mit 322,24 DM und von Januar bis September 1999 in monatlichen Raten von jeweils 60,00 DM zur Auszahlung gelangten.
Am 07.01.1999 sprach der Kläger bei der Beklagten vor und teilte ausweislich des von der Beklagten gefertigten Beratungsvermerks mit, er wolle aus finanziellen Gründen den Umschulungsplatz wechseln, da er keine Ausbildungsvergütung erhalte. Bei einer Vorsprache am 03.02.1999 teilte der Kläger mit, er werde von der Firma Krankenberg GmbH voraussichtlich gekündigt, er könne die Umschulung zu den gleichen Bedingungen im Autohaus W. fortsetzen. Ausweislich des hierüber gefertigten Beratungsvermerks wurde ihm erklärt, man sei grundsätzlich einverstanden, er solle die Änderung des Umschulungsvertrages bei der Kammer veranlassen und den Beginn seiner Tätigkeit bei der Firma W. mitteilen, diese werde telefonisch verständigt.
Am 06.10.1999 sprach der Kläger unter Vorlage des Kündigungsschreibens des Arbeitgebers vom 29.01.1999 erneut bei der Beklagten vor und teilte mit, sein Umschulungsverhältnis sei zum 29.01.1999 durch den Arbeitgeber gekündigt worden. Seither habe er lediglich die Berufsschule besucht. Hierauf stellte die Beklagte die Zahlung von Uhg mit Ablauf des 30.09.1999 ein.
Mit Schreiben vom 12.10.1999 wurde der Kläger zu der beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung der gewährten Leistungen gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 28.10.1999 führte der Kläger aus, er habe gedacht, wenn er jetzt wieder zu der Beklagten gehe und diese darüber informiere, dass ihm das Autohaus Krankenberg gekündigt habe, könne er die Umschulung nicht mehr fortführen. Er habe darauf gehofft, schnellstmöglich einen neuen Umschulungsplatz zu finden. Dies sei jedoch erst zu Beginn des nächsten Ausbildungsjahres möglich gewesen. Ihm sei bewusst gewesen, dass er in dieser Zeit das Uhg zu Unrecht beziehe, sei jedoch davon ausgegangen, dass er bei Abbruch der Umschulung weiterhin Alhi in ähnlicher Höhe bezogen hätte.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.11.1999 hob die Beklagte die Bewilligung von Uhg und Fahrtkosten wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) mit Wirkung vom 30.01.1999 auf und setzte die Erstattung des vom 30.01.1999 bis 30.09.1999 gezahlten Uhg in Höhe von 13.456,60 DM, von Fahrtkosten in Höhe von 540,- DM sowie der für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4. 874,49 DM, somit insgesamt 18. 871,09 DM, fest. Mit weiterem Bescheid vom 18.11.1999 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Fahrtkosten ab dem 30.01.1999 auf und setzte die Erstattung der für die Zeit vom 30.01.1999 bis 30.09.1999 gezahlten Fahrtkosten in Höhe von 513,36 DM fest.
Den hiergegen am 10.12.1999 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2000, am 15.02.2000 zur Post gegeben, zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.03.2000 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 13 AL 1014/00). Hierbei gab er an, der Widerspruchsbescheid sei ihm am 18.02.2000 zugegangen. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, ihm sei am 08. oder 09.02.1999 rückwirkend gekündigt worden. Bei seiner Vorsprache bei der Beklagten am 03.02.1999 habe er die Kündigung noch nicht erhalten gehabt. Obwohl er gewusst habe, dass die Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei, habe er die Kündigung hingenommen, weil er sich keinen Erfolg versprochen habe und weil ihm der Arbeitgeber zugesichert habe, dem Arbeitsamt von der Kündigung nichts zu sagen. In der Folgezeit habe er im Durchschnitt anderthalb Tage wöchentlich die Berufsschule besucht. Ab September 1999 habe er beim Autohaus Wolf in Karlsruhe seine praktische Ausbildung fortgesetzt. Ihm sei klar gewesen, dass er aufgrund der Kündigung durch das Autohaus Krankenberg kein Uhg mehr bekommen könne. Er sei aber davon ausgegangen, statt dessen Anspruch auf Alhi zu haben.
Mit Urteil vom 28.07.2000 wies das SG die Klage als unzulässig ab mit der Begründung, die Klagefrist sei nicht gewahrt und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor.
Am 31.07.2000 stellte der Kläger den Antrag auf Überprüfung der Aufhebungsbescheide vom 18.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2000 gemäß § 44 SGB X. Mit Bescheid vom 04.08.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2000 zurück.
Die am 21.08.2000 zum SG Karlsruhe erhobene Klage hat dieses mit Urteil vom 20.02.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 18.11.1999 seien nicht rechtswidrig. Die Beklagte habe zu Recht nach § 48 Abs. 1 SGB X die Bewilligung von Uhg und Fahrtkosten ab dem 30.01.1999 aufgehoben und die ab dieser Zeit gewährten Leistungen zurückgefordert, da durch den Abbruch der Umschulungsmaßnahme eine wesentliche Änderung eingetreten und der Kläger seiner Pflicht zur Mitteilung dieser wesentlichen für ihn nachteiligen Änderung der Verhältnisse vorsätzlich nicht nachgekommen sei.
Gegen das am 08.03.2001 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 05.04.2001 Berufung eingelegt.
Nachdem der Senat die Beklagte auf Berechnungsfehler bei der Rückforderung der Fahrtkosten hingewiesen hatte, hat die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 29.11.2002 den Bescheid vom 18.11.1999 wegen Rückforderung der Fahrtkosten in Höhe von 513,16 DM aufgehoben und den Bescheid vom 18.11.1999 wegen Aufhebung der Bewilligung von Unterhaltsgeld und Rückforderung der Fahrtkosten dahingehend abgeändert, dass anstelle der geltend gemachten Fahrtkosten von 540,- DM lediglich ein Rückforderungsbetrag für Fahrtkosten in Höhe von 453,36 DM festgesetzt wurde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Februar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2000 zurückzunehmen, sowie den Änderungsbescheid vom 29. November 2002 aufzuheben, soweit darin die Bescheide vom 18. November 1999 nicht in vollem Umfang aufgehoben worden sind.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2002 abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung nach Erlass des Änderungsbescheides vom 29.11.2002 für zutreffend.
In seiner dienstlichen Stellungnahme vom 03.02.2003 hat der für den Kläger zuständige Bedienstete der Beklagten ausgeführt, er habe sich mit dem Kläger nicht über leistungsrechtliche Fragen auseinandergesetzt und auch keine Zusage hinsichtlich einer "Aufrechnung" des Unterhaltsgeldes mit einer für diese Zeit zu gewährenden Arbeitslosenhilfe gemacht.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten des SG Karlsruhe (S 13 AL 1014/00 und S 13 AL 2956/00) sowie der Senatsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Gem. §§ 153 Abs. 1, 96 SGG ist Gegenstand des Verfahrens darüber hinaus der Änderungsbescheid der Beklagten vom 29.11.2002, über den der Senat kraft Klage entscheidet.
Die Berufung ist nur insoweit begründet, als ihr durch den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2002 hinsichtlich einer Aufhebung bezüglich des Fahrtgeldes abgeholfen worden ist. Nach Erlass dieses Bescheides sind die Berufung und die gegen den Bescheid vom 29.11.2002 gerichtete Klage unbegründet.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Diese Vorschrift ist entsprechend auf die rechtswidrige Aufhebung der Bewilligung von Leistungen anzuwenden (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 21).
Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2000 sowie des Abänderungsbescheides vom 29.11.2002 liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die Aufhebung der Bewilligung von Uhg und Fahrtkosten zu Recht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gestützt. Soweit danach in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III), soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist bzw. soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Die Uhg bzw. Fahrtkostenerstattung bewilligenden Bescheide stellen Verwaltungsakte mit Dauerwirkung dar. In den bei Erlass dieser Verwaltungsakte vorliegenden Verhältnissen ist auch eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, dass die Ausbildung durch Kündigung beendet worden ist. Voraussetzung für die Gewährung von Uhg sowie von Fahrtkosten ist nämlich die Teilnahme an der Maßnahme (Stratmann in Niesel, SGB III, 2.Aufl., §153 Rn. 4). Unerheblich ist, aus welchen Gründen die Maßnahme abgebrochen wurde. Unbeachtlich ist auch, dass der Kläger nach seinen Angeben weiterhin die Berufsschule besucht hat, da er an einem wesentlichen Teil der Maßnahme, nämlich der betrieblichen Ausbildung, nicht mehr teilgenommen hat.
Der Kläger ist einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich nicht nachgekommen. Wer Sozialleistungen erhält, ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Danach war der Kläger verpflichtet, der Beklagten die Beendigung der Maßnahme mitzuteilen. Dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen.
Der Kläger wusste auch, dass er zur Mitteilung der Beendigung der Maßnahme verpflichtet war. In der Stellungnahme zum Anhörungsschreiben hat er angegeben, ihm sei bewusst gewesen, dass er in dieser Zeit (nach Abbruch der Maßnahme bei der Firma Krankenberg GmbH) das Uhg zu Unrecht bezogen habe. Unbeachtlich ist seine irrige Annahme, ihm stehe statt dessen Alhi zu, da allein die Gewährung von Uhg streitig ist.
Die Beklagte hat nach Erlass des Änderungsbescheides vom 29.11.2002, durch welchen der die Bewilligung von Fahrtgeld in Höhe von 513,16 DM aufhebende Bescheid vom 18.11.1999 aufgehoben und die im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.11.1999 festgesetzte Aufhebung der Fahrtkosten von 540,- DM auf 453,36 DM abgeändert wurde, die Leistungen in zutreffender Höhe aufgehoben.
Dem Kläger wurden ab Januar 1999 Fahrtkostenzuschüsse in Höhe von monatlich jeweils 60,- DM gezahlt, somit für die Monate Januar bis September 1999 insgesamt 540,- DM. Ihm standen für die Zeit vom 1. bis 29. Januar 1999 Fahrtkosten in Höhe von 86,64 DM zu. Die Überzahlung betrug damit, wie von der Beklagten zutreffend zugrunde gelegt, 453,36 DM.
Die Beklagte hat auch im Übrigen die Erstattungspflicht der überzahlten Leistungen zutreffend festgesetzt. Der Kläger bezog im Erstattungszeitraum, der die Zeit vom 30.01.1999 bis 30.09.1999 und somit 244 Tage umfasst, Uhg in Höhe von kalendertäglich 55,15 DM, somit insgesamt 13.456,60 DM. Die Erstattung dieses Betrages sowie der für den Kläger entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die gem. § 335 Abs. 1 SGB III zu erstatten sind, hat die Beklagte gem. § 50 Abs. 1 SGB X zutreffend festgesetzt.
Der Kläger hat zwar hinsichtlich der Fahrtkosten in Höhe von 599,80 DM obsiegt. In Höhe von 18.784,25 DM waren Klage und Berufung jedoch nicht erfolgreich. Der Senat hat deshalb in Ausübung des ihm in § 193 SGG eingeräumten Ermessens (Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG 8.Aufl. § 193 Rn.12) die Kostenentscheidung wie erfolgt getroffen, zumal die Beklagte auf den Hinweis des Senats umgehend die Erstattungsforderung zutreffend festgesetzt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Wege eines Überprüfungsauftrages streitig, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Unterhaltsgeld (Uhg) und Fahrtkosten für die Zeit vom 29.01. bis 30.09.1999 aufgehoben und der Kläger diese Leistungen zuzüglich der für diese Zeit geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten hat.
Der am 02.05.1969 geborene Kläger besuchte vom 10.11.1997 bis 09.07.1998 eine von der Beklagten geförderte berufliche Reintegrationsmaßnahme und bezog danach (Anschluss-)Uhg bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Am 21.10.1998 stellte der Kläger den Antrag auf Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme für Leistungsempfänger in Form einer Umschulung zum Automobilkaufmann beim Autohaus Krankenberg GmbH. Ausweislich der Beratungsvermerke der Beklagten teilte die Firma Krankenberg GmbH am 28.10.1998 telefonisch mit, da sich bereits ein Lehrling im ersten Lehrjahr befinde, sei die Umschulung des Klägers nur möglich, wenn keine Vergütung bezahlt werden müsse. Mit Bescheid vom 10.11.1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Uhg ab dem 21.10.1998 in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 54,58 DM, der sich ab 30.11.1998 auf 54,92 DM und ab 01.01.1999 auf 55,15 DM erhöhte (Änderungsbescheide vom 25.11.1998 und 14.01.1999). Mit Bescheid vom 16.12.1998 bewilligte sie Fahrtkosten für die Zeit vom 21.10.1998 bis 20.10.2000, die für die Zeit von 21.10.1998 bis 23.12.1998 im Dezember mit 322,24 DM und von Januar bis September 1999 in monatlichen Raten von jeweils 60,00 DM zur Auszahlung gelangten.
Am 07.01.1999 sprach der Kläger bei der Beklagten vor und teilte ausweislich des von der Beklagten gefertigten Beratungsvermerks mit, er wolle aus finanziellen Gründen den Umschulungsplatz wechseln, da er keine Ausbildungsvergütung erhalte. Bei einer Vorsprache am 03.02.1999 teilte der Kläger mit, er werde von der Firma Krankenberg GmbH voraussichtlich gekündigt, er könne die Umschulung zu den gleichen Bedingungen im Autohaus W. fortsetzen. Ausweislich des hierüber gefertigten Beratungsvermerks wurde ihm erklärt, man sei grundsätzlich einverstanden, er solle die Änderung des Umschulungsvertrages bei der Kammer veranlassen und den Beginn seiner Tätigkeit bei der Firma W. mitteilen, diese werde telefonisch verständigt.
Am 06.10.1999 sprach der Kläger unter Vorlage des Kündigungsschreibens des Arbeitgebers vom 29.01.1999 erneut bei der Beklagten vor und teilte mit, sein Umschulungsverhältnis sei zum 29.01.1999 durch den Arbeitgeber gekündigt worden. Seither habe er lediglich die Berufsschule besucht. Hierauf stellte die Beklagte die Zahlung von Uhg mit Ablauf des 30.09.1999 ein.
Mit Schreiben vom 12.10.1999 wurde der Kläger zu der beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung der gewährten Leistungen gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 28.10.1999 führte der Kläger aus, er habe gedacht, wenn er jetzt wieder zu der Beklagten gehe und diese darüber informiere, dass ihm das Autohaus Krankenberg gekündigt habe, könne er die Umschulung nicht mehr fortführen. Er habe darauf gehofft, schnellstmöglich einen neuen Umschulungsplatz zu finden. Dies sei jedoch erst zu Beginn des nächsten Ausbildungsjahres möglich gewesen. Ihm sei bewusst gewesen, dass er in dieser Zeit das Uhg zu Unrecht beziehe, sei jedoch davon ausgegangen, dass er bei Abbruch der Umschulung weiterhin Alhi in ähnlicher Höhe bezogen hätte.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.11.1999 hob die Beklagte die Bewilligung von Uhg und Fahrtkosten wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) mit Wirkung vom 30.01.1999 auf und setzte die Erstattung des vom 30.01.1999 bis 30.09.1999 gezahlten Uhg in Höhe von 13.456,60 DM, von Fahrtkosten in Höhe von 540,- DM sowie der für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4. 874,49 DM, somit insgesamt 18. 871,09 DM, fest. Mit weiterem Bescheid vom 18.11.1999 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Fahrtkosten ab dem 30.01.1999 auf und setzte die Erstattung der für die Zeit vom 30.01.1999 bis 30.09.1999 gezahlten Fahrtkosten in Höhe von 513,36 DM fest.
Den hiergegen am 10.12.1999 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2000, am 15.02.2000 zur Post gegeben, zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.03.2000 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 13 AL 1014/00). Hierbei gab er an, der Widerspruchsbescheid sei ihm am 18.02.2000 zugegangen. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, ihm sei am 08. oder 09.02.1999 rückwirkend gekündigt worden. Bei seiner Vorsprache bei der Beklagten am 03.02.1999 habe er die Kündigung noch nicht erhalten gehabt. Obwohl er gewusst habe, dass die Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei, habe er die Kündigung hingenommen, weil er sich keinen Erfolg versprochen habe und weil ihm der Arbeitgeber zugesichert habe, dem Arbeitsamt von der Kündigung nichts zu sagen. In der Folgezeit habe er im Durchschnitt anderthalb Tage wöchentlich die Berufsschule besucht. Ab September 1999 habe er beim Autohaus Wolf in Karlsruhe seine praktische Ausbildung fortgesetzt. Ihm sei klar gewesen, dass er aufgrund der Kündigung durch das Autohaus Krankenberg kein Uhg mehr bekommen könne. Er sei aber davon ausgegangen, statt dessen Anspruch auf Alhi zu haben.
Mit Urteil vom 28.07.2000 wies das SG die Klage als unzulässig ab mit der Begründung, die Klagefrist sei nicht gewahrt und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor.
Am 31.07.2000 stellte der Kläger den Antrag auf Überprüfung der Aufhebungsbescheide vom 18.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2000 gemäß § 44 SGB X. Mit Bescheid vom 04.08.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2000 zurück.
Die am 21.08.2000 zum SG Karlsruhe erhobene Klage hat dieses mit Urteil vom 20.02.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 18.11.1999 seien nicht rechtswidrig. Die Beklagte habe zu Recht nach § 48 Abs. 1 SGB X die Bewilligung von Uhg und Fahrtkosten ab dem 30.01.1999 aufgehoben und die ab dieser Zeit gewährten Leistungen zurückgefordert, da durch den Abbruch der Umschulungsmaßnahme eine wesentliche Änderung eingetreten und der Kläger seiner Pflicht zur Mitteilung dieser wesentlichen für ihn nachteiligen Änderung der Verhältnisse vorsätzlich nicht nachgekommen sei.
Gegen das am 08.03.2001 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 05.04.2001 Berufung eingelegt.
Nachdem der Senat die Beklagte auf Berechnungsfehler bei der Rückforderung der Fahrtkosten hingewiesen hatte, hat die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 29.11.2002 den Bescheid vom 18.11.1999 wegen Rückforderung der Fahrtkosten in Höhe von 513,16 DM aufgehoben und den Bescheid vom 18.11.1999 wegen Aufhebung der Bewilligung von Unterhaltsgeld und Rückforderung der Fahrtkosten dahingehend abgeändert, dass anstelle der geltend gemachten Fahrtkosten von 540,- DM lediglich ein Rückforderungsbetrag für Fahrtkosten in Höhe von 453,36 DM festgesetzt wurde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Februar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2000 zurückzunehmen, sowie den Änderungsbescheid vom 29. November 2002 aufzuheben, soweit darin die Bescheide vom 18. November 1999 nicht in vollem Umfang aufgehoben worden sind.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2002 abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung nach Erlass des Änderungsbescheides vom 29.11.2002 für zutreffend.
In seiner dienstlichen Stellungnahme vom 03.02.2003 hat der für den Kläger zuständige Bedienstete der Beklagten ausgeführt, er habe sich mit dem Kläger nicht über leistungsrechtliche Fragen auseinandergesetzt und auch keine Zusage hinsichtlich einer "Aufrechnung" des Unterhaltsgeldes mit einer für diese Zeit zu gewährenden Arbeitslosenhilfe gemacht.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten des SG Karlsruhe (S 13 AL 1014/00 und S 13 AL 2956/00) sowie der Senatsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Gem. §§ 153 Abs. 1, 96 SGG ist Gegenstand des Verfahrens darüber hinaus der Änderungsbescheid der Beklagten vom 29.11.2002, über den der Senat kraft Klage entscheidet.
Die Berufung ist nur insoweit begründet, als ihr durch den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2002 hinsichtlich einer Aufhebung bezüglich des Fahrtgeldes abgeholfen worden ist. Nach Erlass dieses Bescheides sind die Berufung und die gegen den Bescheid vom 29.11.2002 gerichtete Klage unbegründet.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Diese Vorschrift ist entsprechend auf die rechtswidrige Aufhebung der Bewilligung von Leistungen anzuwenden (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 21).
Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2000 sowie des Abänderungsbescheides vom 29.11.2002 liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die Aufhebung der Bewilligung von Uhg und Fahrtkosten zu Recht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gestützt. Soweit danach in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III), soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist bzw. soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Die Uhg bzw. Fahrtkostenerstattung bewilligenden Bescheide stellen Verwaltungsakte mit Dauerwirkung dar. In den bei Erlass dieser Verwaltungsakte vorliegenden Verhältnissen ist auch eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, dass die Ausbildung durch Kündigung beendet worden ist. Voraussetzung für die Gewährung von Uhg sowie von Fahrtkosten ist nämlich die Teilnahme an der Maßnahme (Stratmann in Niesel, SGB III, 2.Aufl., §153 Rn. 4). Unerheblich ist, aus welchen Gründen die Maßnahme abgebrochen wurde. Unbeachtlich ist auch, dass der Kläger nach seinen Angeben weiterhin die Berufsschule besucht hat, da er an einem wesentlichen Teil der Maßnahme, nämlich der betrieblichen Ausbildung, nicht mehr teilgenommen hat.
Der Kläger ist einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich nicht nachgekommen. Wer Sozialleistungen erhält, ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Danach war der Kläger verpflichtet, der Beklagten die Beendigung der Maßnahme mitzuteilen. Dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen.
Der Kläger wusste auch, dass er zur Mitteilung der Beendigung der Maßnahme verpflichtet war. In der Stellungnahme zum Anhörungsschreiben hat er angegeben, ihm sei bewusst gewesen, dass er in dieser Zeit (nach Abbruch der Maßnahme bei der Firma Krankenberg GmbH) das Uhg zu Unrecht bezogen habe. Unbeachtlich ist seine irrige Annahme, ihm stehe statt dessen Alhi zu, da allein die Gewährung von Uhg streitig ist.
Die Beklagte hat nach Erlass des Änderungsbescheides vom 29.11.2002, durch welchen der die Bewilligung von Fahrtgeld in Höhe von 513,16 DM aufhebende Bescheid vom 18.11.1999 aufgehoben und die im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.11.1999 festgesetzte Aufhebung der Fahrtkosten von 540,- DM auf 453,36 DM abgeändert wurde, die Leistungen in zutreffender Höhe aufgehoben.
Dem Kläger wurden ab Januar 1999 Fahrtkostenzuschüsse in Höhe von monatlich jeweils 60,- DM gezahlt, somit für die Monate Januar bis September 1999 insgesamt 540,- DM. Ihm standen für die Zeit vom 1. bis 29. Januar 1999 Fahrtkosten in Höhe von 86,64 DM zu. Die Überzahlung betrug damit, wie von der Beklagten zutreffend zugrunde gelegt, 453,36 DM.
Die Beklagte hat auch im Übrigen die Erstattungspflicht der überzahlten Leistungen zutreffend festgesetzt. Der Kläger bezog im Erstattungszeitraum, der die Zeit vom 30.01.1999 bis 30.09.1999 und somit 244 Tage umfasst, Uhg in Höhe von kalendertäglich 55,15 DM, somit insgesamt 13.456,60 DM. Die Erstattung dieses Betrages sowie der für den Kläger entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die gem. § 335 Abs. 1 SGB III zu erstatten sind, hat die Beklagte gem. § 50 Abs. 1 SGB X zutreffend festgesetzt.
Der Kläger hat zwar hinsichtlich der Fahrtkosten in Höhe von 599,80 DM obsiegt. In Höhe von 18.784,25 DM waren Klage und Berufung jedoch nicht erfolgreich. Der Senat hat deshalb in Ausübung des ihm in § 193 SGG eingeräumten Ermessens (Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG 8.Aufl. § 193 Rn.12) die Kostenentscheidung wie erfolgt getroffen, zumal die Beklagte auf den Hinweis des Senats umgehend die Erstattungsforderung zutreffend festgesetzt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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