L 5 KA 4421/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 1895/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 4421/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.8.2005 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt, von der Gutachterpflicht (bzw. Begründungspflicht) für Behandlungen der tiefenpsychologisch fundierten Kurzzeittherapie bei Erwachsenen befreit zu werden.

Der Kläger nimmt als psychologischer Psychotherapeut an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teil. Er hat den Fachkundenachweis nach § 95c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowohl für analytische Psychotherapie als auch für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie erbracht und besitzt die Abrechnungsgenehmigung der Beklagten für analytische Psychotherapie und für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Er beantragte am 25.11.2003, von der Gutachterpflicht im Bereich der tiefenpsychologisch fundierten Kurzzeittherapie bei Erwachsenen befreit zu werden.

Mit Bescheid vom 4.12.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäß Abschnitt F III Nr. 2 der Richtlinien über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinien) könnten Therapeuten von der Begründungspflicht für Anträge im Gutachterverfahren hinsichtlich der Kurzzeittherapie befreit werden, wenn für das jeweilige Therapieverfahren (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bzw. Verhaltenstherapie) 35 Therapiegenehmigungen vorgelegt würden, die auf Grund von Erstanträgen im Gutachterverfahren nach den derzeit geltenden oder den bis 31.12.1998 gültigen Psychotherapie-Richtlinien erteilt worden seien. Die Nachweise sollten belegen, dass die Indikation zur Durchführung einer Therapie eigenverantwortlich gestellt werden könne. Darüber hinaus habe der Arbeitsausschuss Psychotherapie-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (Arbeitsausschuss) das Votum abgegeben, wegen der Nähe der theoretischen Grundlagen von tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und analytischer Psychotherapie auf die geforderten 35 Therapiegenehmigungen im Bereich der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie maximal 15 Genehmigungen im Bereich der analytischen Psychotherapie anzurechnen (Rundschreiben der kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 10.8.1999, SG-Akte S. 22). Die genannten Bestimmungen der Psychotherapie-Richtlinien und die Feststellungen des Arbeitsausschusses eröffneten kein Ermessen, da es sich hierbei um bundeseinheitliche Regelungen handele, von denen nicht abgewichen werden könne. Von den eingereichten Unterlagen erfüllten 39 analytische Fälle die formellen Anforderungen für die beantragte Befreiung, jedoch seien nur 15 anrechenbar. Auch der vorgelegte tiefenpsychologisch fundierte Fall (Kurzzeittherapie) könne nicht angerechnet werden, da die Bewilligung vor Einführung der Gutachterpflicht in der Kurzzeittherapie (1.1.2000) am 27.9.1999 ausgesprochen worden sei. Da statt der für eine Befreiung (noch) notwendigen mindestens 20 Bewilligungen hinsichtlich der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie keine anerkennungsfähige Bewilligung eingereicht worden sei, müsse der Antrag abgelehnt werden.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, es sei nicht zutreffend, dass auf die verlangten 35 Therapiegenehmigungen im Bereich der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie maximal 15 Genehmigungen im Bereich der analytischen Psychotherapie angerechnet werden könnten. Nach dem Wortlaut der Psychotherapie-Richtlinien (Abschnitt B I 1.1 und 1.2) seien nur zwei Verfahren zu unterscheiden, nämlich das psychoanalytisch begründete Verfahren und die Verhaltenstherapie. Innerhalb der psychoanalytisch begründeten Verfahren unterschieden die Richtlinien nach der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der analytischen Therapie (Abschnitt B I 1.1.1, 1.1.2). Die Beklagte verkenne, dass es sich sowohl bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie als auch bei der analytischen Psychotherapie lediglich um Unterformen der psychoanalytisch begründeten Therapieverfahren handele. Wenn in den maßgeblichen Bestimmungen der Psychotherapie-Richtlinien vom jeweiligen Verfahren die Rede sei (Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2), seien damit die psychoanalytisch begründeten Verfahren einerseits und die Verhaltenstherapie andererseits gemeint. Das von der Beklagten außerdem herangezogene Votum des Arbeitsausschusses sei für die Auslegung der Psychotherapie-Richtlinien ohne Bedeutung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3.3.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie zusätzlich zu den Gründen des Ablehnungsbescheids aus, das Sozialgericht Stuttgart habe die Rechtsauffassung, die sie im Ablehnungsbescheid vertreten habe, bestätigt. Das Votum bzw. der Interpretationsbeschluss des Arbeitsausschusses habe die analytisch tätigen Psychotherapeuten nicht schlechter, sondern sogar besser gestellt, indem er habe abweichend von den Psychotherapie-Richtlinien auch 15 Anträge aus einem anderen Bereich, nämlich der analytischen Psychotherapie, für gleichwertig erachtet habe.

Am 24.3.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Er trug ergänzend vor, die Beklagte habe die Bestimmung in Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinien falsch ausgelegt, da mit Blick auf die in Abschnitt B I Psychotherapie-Richtlinien genannten Behandlungsformen unter "jeweiligen Verfahren" entweder psychoanalytisch begründete (tiefenpsychologisch fundierte wie analytische Psychotherapie) oder verhaltenstherapeutische Verfahren zu verstehen seien. Die Beklagte hätte deshalb nicht nur 15 Fälle der analytischen Psychotherapie anrechnen dürfen, sondern alle eingereichten analytischen Fälle für die Befreiung von der Gutachterpflicht hinsichtlich tiefenpsychologisch fundierter Behandlungen berücksichtigen müssen. Die verlangten 35 Therapiegenehmigungen wären damit beigebracht. Das Votum des Arbeitsausschusses sei rechtlich unerheblich und sachlich auch nicht richtig, wenngleich in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Auffassung vertreten werde, die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie seien als verschiedene Verfahren anzusehen. Das stehe nämlich in Widerspruch zur Regelung unter Abschnitt B I Psychotherapie-Richtlinien. Die Entscheidung der Beklagten sei auch deshalb unverständlich, weil er seit 25 Jahren als Gutachter tätig sei.

Die Beklagte trug vor, ab 1.1.2000 müssten die Krankenkassen auch Anträge auf Durchführung einer Kurzzeittherapie sachverständig begutachten lassen. Von der Begründungspflicht für einen Antrag im Gutachterverfahren könnten Therapeuten für die Kurzzeittherapie allerdings befreit werden; Voraussetzung hierfür sei (u. a.) dass sie für das jeweilige Therapieverfahren 35 Therapiegenehmigungen vorlegten (Abschnitt F III Nr. 1 und 2 Psychotherapie-Richtlinien). Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der analytischen Psychotherapie um unterschiedliche Therapieverfahren. Das gehe aus den Definitionen unter 1.1.1 und 1.1.2 in Abschnitt B I Psychotherapie-Richtlinien hervor. Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinien stelle deshalb auf das "jeweilige Therapieverfahren" und nicht auf die Psychotherapie als solche ab. Für eine Befreiung von der Begründungspflicht für Kurzzeittherapien im Gutachterverfahren hinsichtlich tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapiebehandlungen könnten daher auch nur entsprechende Gutachten der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und nicht solche der analytischen Psychotherapie verwertet werden; die Kassenärztliche Bundesvereinigung habe das in einem Rundschreiben vom 14.6.1999 (SG-Akte S. 24) dargelegt. Allerdings habe der Arbeitsausschuss bestätigt, dass die theoretischen Grundlagen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der analytischen Psychotherapie sich nicht fundamental unterschieden. Deshalb habe der Bundesausschuss empfohlen, auf die 35 geforderten Therapiegenehmigungen im Bereich der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie maximal 15 Genehmigungen aus dem Bereich der analytischen Psychotherapie anzurechnen. Diese Empfehlung sei mittlerweile (seit 16.7.2004) auch in die Psychotherapie-Richtlinien aufgenommen worden (Abschnitt F III Nr. 2 Satz 3 - Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 20.4.2004, BAnz S. 9087). Dadurch würden analytisch tätige Psychotherapeuten begünstigt, da sie für die Befreiung von der Begründungspflicht für Kurzzeittherapien im Bereich der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie auch 15 Anträge aus der analytischen Psychotherapie vorlegen dürften. Abschnitt F III Nr. 2 Satz 3 Psychotherapie-Richtlinien unterstreiche außerdem, dass die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie als unterschiedliche Verfahren anzusehen seien.

Mit Urteil vom 12.8.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, gem. Abschnitt F II Nr. 1 Satz 1 und 2 der auf § 92 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 92 Abs. 6a Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) beruhenden, für die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Vertragsärzte verbindlichen und verfassungsrechtlich unbedenklichen Psychotherapie-Richtlinien erfolge die Feststellung der Leistungspflicht für Psychotherapie nach Abschnitt B I 1.1 und 1.2 durch die Krankenkassen auf Antrag des Versicherten. Zu diesem Antrag teile der Psychotherapeut vor der Behandlung der Krankenkasse die Diagnose mit, begründe die Indikation und beschreibe Art und Umfang der geplanten Therapie. Nach Abschnitt F III Nr. 1 Satz 1 Psychotherapie-Richtlinien sei der Antrag bei Psychotherapie gemäß Abschnitt B I 1.1 und 1.2 zu begründen. Nach Satz 2 der genannten Bestimmungen müsse er durch einen nach § 12 Psychotherapie-Vereinbarung bestimmten Gutachter geprüft werden. Therapeuten für die Kurzzeittherapie könnten nach Abschnitt F III Nr. 2 Psychotherapie-Richtlinien von diesem Erfordernis befreit werden. Voraussetzung dafür sei, dass sie für das jeweilige Verfahren 35 Therapiegenehmigungen im Gutachterverfahren gemäß den geltenden bzw. den bis zum 31.12.1998 gültigen Psychotherapie-Richtlinien auf Grund von Erstanträgen von Patienten vorlegten und nachwiesen, dass sie die Therapien persönlich durchgeführt hätten. Von den 35 Therapien müssten mindestens 20 eine Einzeltherapie betreffen.

Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Befreiung von der Begründungspflicht im Gutachterverfahren nicht, weil er außer 15 anerkennungsfähigen Therapiegenehmigungen für psychoanalytische Behandlungsfälle die weiter erforderlichen 20 Therapiegenehmigungen für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapieverfahren nicht vorgelegt habe. Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinien verlange aber 35 Therapiegenehmigungen für das jeweilige Verfahren; damit seien bei psychoanalytisch begründeten Verfahren (Abschnitt B I Nr. 1.1 Psychotherapie-Richtlinien) entweder Genehmigungen für Behandlungen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder der analytischen Psychotherapie gemeint, nachdem es sich hierbei um unterschiedliche Therapieverfahren handele. Letzteres folge aus den Definitionen in Abschnitt B I 1.1.1 bzw. 1.1.2 Psychotherapie-Richtlinien. Danach umfasse die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ätiologisch orientierte Therapieformen, mit welchen die unbewusste Psychodynamik aktuell wirksamer neurotischer Konflikte unter Beachtung von Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand behandelt werde, die analytische Psychotherapie hingegen solche Therapieformen, die zusammen mit der neurotischen Symptomatik den neurotischen Konfliktstoff und die zu Grunde liegende neurotische Struktur des Patienten behandelten und dabei das therapeutische Geschehen mit Hilfe der Übertragungs-, Gegenübertragungs- und Widerstandsanalyse unter Nutzung regressiver Prozesse in Gang setzten und förderten. Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinien stelle damit auf das jeweilige Psychotherapieverfahren (tiefenpsychologisch fundierte oder analytische Psychotherapie) und nicht auf die Psychotherapie als solche ab. Für die Richtigkeit dieser Auslegung spreche der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 20.4.2004 (DÄBl 2004, A - 227 f.), mit dem das vormalige Votum des Arbeitsausschusses über die Anrechnung von 15 Anträgen hinsichtlich analytischer Psychotherapiebehandlungen bei Anträgen auf Befreiung von der Gutachter- bzw. Begründungspflicht für tiefenpsychologisch fundierte Kurzzeittherapien inhaltlich in die Richtlinien aufgenommen worden sei. Diese Regelung wäre nämlich sinnlos und überflüssig, wenn nach den Psychotherapie-Richtlinien von vornherein nur zwischen psychoanalytisch begründeten Verfahren einerseits und der Verhaltenstherapie andererseits (Abschnitt B I Nr. 1.1 und 1.2 Psychotherapie-Richtlinien) zu unterscheiden wäre.

Auf das ihm am 30.9.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.10.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen. Zu unterscheiden sei nach den Regelungen der Psychotherapie-Vereinbarung nur zwischen psychoanalytischen Verfahren einerseits und der Verhaltenstherapie andererseits, wobei die tiefenpsychologische Psychotherapie und die analytische Psychotherapie insgesamt zu den psychoanalytischen Verfahren zählten. Seinen tiefenpsychologisch fundierte Behandlungen betreffenden Befreiungsantrag dürfe er deshalb (auch allein) auf Genehmigungen für analytische Psychotherapiebehandlungen stützen. Das Sozialgericht habe verkannt, dass es sich bei der tiefenpsychologisch fundierten und der analytischen Psychotherapie nur um Unterfälle der psychoanalytisch begründeten Therapieverfahren handele. Die Auffassung des Arbeitsausschusses habe keine Bindungswirkung für die Auslegung der Psychotherapie-Richtlinien. Dass diese verbindlich und unter verfassungsrechtlichen Aspekten unbedenklich seien, werde nicht in Abrede gestellt. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.8.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2004 zu verurteilen, ihn gemäß Abschnitt F III Nr. 2 Psychotherapie-Richtlinien von der Begründungspflicht für Anträge im Gutachterverfahren hinsichtlich tiefenpsychologisch fundierter Kurzzeittherapien bei Erwachsenen zu befreien,

hilfsweise,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.8.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2004 zu verurteilen, über seinen Antrag auf Befreiung von der Begründungspflicht für Anträge im Gutachterverfahren hinsichtlich tiefenpsychologisch fundierter Kurzzeittherapien bei Erwachsenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor, die Psychotherapie-Richtlinien unterschieden nicht nur zwischen psychoanalytisch begründeten Verfahren und der Verhaltenstherapie, sondern (innerhalb der psychoanalytisch begründeten Verfahren) auch zwischen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und analytischer Psychotherapie. Auch aus § 1 der Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapievereinbarung) folge eine entsprechende Aufteilung (dort) in drei gleichrangige Psychotherapieverfahren. Danach seien nämlich die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die analytische Psychotherapie und die Verhaltenstherapie anerkannte Verfahren der Psychotherapie. Entsprechende Unterscheidungen fänden sich in §§ 5 bis 7 (fachliche Befähigung psychologischer Psychotherapeuten bzw. ärztlicher Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten) sowie in 11 Abs. 1 der Psychotherapievereinbarung, wo tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, analytische Psychotherapie und Verhaltenstherapie nebeneinander gestellt würden. Schließlich zeige die auf ein entsprechendes Votum des Arbeitsausschusses zurückgehende Anrechnungsregelung in Abschnitt F III Nr. 2 Satz 3 Psychotherapie-Richtlinien, dass die hier vertretene Auslegung zutreffend sei; andernfalls wäre diese Bestimmung überflüssig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihn von der Begründungspflicht im Gutachterverfahren zu befreien. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil eingehend und zutreffend dargelegt, auf welchen Rechtsvorschriften das so genannte Gutachterverfahren bei der Erbringung von Leistungen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der analytischen Psychotherapie beruht (Abschnitt F III Psychotherapie-Richtlinien), welche Bestimmungen für die vom Kläger begehrte Befreiung von der Begründungspflicht für einen Antrag im Gutachterverfahren maßgeblich sind (Abschnitt F III Nr. 2 Psychotherapie-Richtlinien) und weshalb er danach einen Befreiungsanspruch nicht hat. Der Senat nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Das Sozialgericht hat die Bestimmungen in Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinien rechtsfehlerfrei ausgelegt. Danach ist Voraussetzung für die Befreiung von der Begründungspflicht für einen Antrag im Gutachterverfahren (u.a.), dass für das jeweilige Verfahren 35 Therapiegenehmigungen im Gutachterverfahren vorgelegt werden. Der Richtliniengeber geht (typisierend) davon aus, dass der Therapeut, der diese Befreiungsvoraussetzungen erfüllt, die Therapieindikation eigenverantwortlich stellen kann und eine vorgeschaltete Begutachtung gem. Abschnitt F III Nr. 1 Psychotherapie-Richtlinien deshalb entbehrlich ist. Rechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht. Die Beklagte und die Gerichte sind an die genannten Richtlinienbestimmungen gebunden und haben die dort abschließend festgelegten Befreiungsvoraussetzungen anzuwenden; dass der Kläger seit vielen Jahren selbst als Gutachter tätig ist, kann daran nichts ändern.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil richtig dargelegt, dass unter "jeweiligem Verfahren" i. S. d. Abschnitts F III Nr. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinien entweder das Verfahren der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder das Verfahren der analytischen Psychotherapie zu verstehen ist. Die Psychotherapie-Richtlinien unterscheiden in Abschnitt B I Nr.1.1.1 und Nr. 1.1.2 beide Verfahren klar voneinander. Daran ändert es nichts, dass sie (gemeinsam) als psychoanalytisch begründete Verfahren unter Abschnitt B I Nr. 1.1 der unter Abschnitt B I Nr. 1.2 geregelten Verhaltenstherapie gegenüber gestellt werden. Die Anrechnungsvorschrift in Abschnitt F III Nr. 2 Satz 3 Psychotherapie-Richtlinien belegt außerdem klar, dass die Psychotherapie-Richtlinien mit dem Begriff des "jeweiligen Verfahrens" in Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2 nicht undifferenziert die psychoanalytisch begründeten Verfahren in ihrer Gesamtheit erfassen wollen.

Hierfür bestehen auch sachlich keine Gründe. Wie der Senat dem im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Schreiben (vgl. Bl. 25 SG-Akte) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 14.6.1999 entnimmt, hat die Vorschrift in Abschnitt F III der Psychotherapie-Richtlinien für den Bereich der analytischen Psychotherapie keine Relevanz, da im Bereich der analytischen Psychotherapie keine Kurzzeittherapie vorgesehen ist.

Wenn aber nur die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie in Form einer Kurzzeittherapie sinnvoll praktiziert werden kann, dann legt dies die Auslegung zwingend nahe, dass Abschnitt F III Nr. 2 Satz 2 nur Therapiegenehmigungen für tiefenpsychologisch fundierte Therapie meint. Wenn gleichwohl auf die 35 vorzulegenden Therapiegenehmigungen im Gutachterverfahren bis zu 15 Therapiegenehmigungen für analytische Langzeittherapien angerechnet werden, dann handelt es sich um eine Begünstigung von analytisch tätigen Psychotherapeuten, die eine Befreiung von der Begründungspflicht für einen Antrag auf tiefenpsychologisch fundierte Kurzzeittherapie bei Erwachsenen wünschen. Diese Anrechnungsvorschrift ginge zudem ins Leere und wäre juristisch sinnlos und überflüssig, wenn in Ansehung der Befreiungsvoraussetzungen zwischen Therapiegenehmigungen der beiden psychoanalytisch begründeten Verfahren nicht zu unterscheiden wäre und Therapiegenehmigungen der analytischen Psychotherapie daher ohnehin zur Begründung eines auf die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie gerichteten Befreiungsantrags vorgelegt werden dürften. Dass die Anrechnungsvorschrift auf eine entsprechende Empfehlung des Arbeitsausschusses zurückgeht, ist rechtlich ohne Belang, nachdem diese Empfehlung nunmehr Inhalt der Psychotherapie-Richtlinien geworden ist. Auf die von der Beklagten zusätzlich angeführten Vorschriften in der Psychotherapievereinbarung (Anlage 1 BMV-Ä/EKV-Ä) kommt es danach nicht mehr an.

Der Kläger kann nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung inzwischen 9 Genehmigungen für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapien vorweisen. Bei der gegebenen Rechtslage wird er aber erst von der Genehmigungspflicht für Kurzzeittherapien befreit werden können, wenn er die noch fehlenden 11 Genehmigungen beibringt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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