L 1 SF 141/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 141/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch des Klägers, die Kammer des Sozialgerichts Berlin wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unzulässig verworfen. Das Gesuch des Klägers, die Richterin am Sozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vor-liegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter das Rechtschutzbegehren nicht unvoreingenommen bearbeiten und entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung.

Danach ist das gegen die Kammer des Sozialgerichts Berlin gerichtete Ablehnungsgesuch unzulässig. Abgelehnt werden kann nach dem Gesetz nur ein bestimmter Richter oder eine Mehrzahl bestimmter Richter, nicht aber ein Spruchkörper. Selbst wenn das gegen die Kammer gerichtete Ablehnungsgesuch dahin zu interpretieren sein sollte, dass außer der ohnehin namentlich abgelehnten vorsitzenden Richterin der Kammer diejenigen zu identifizierenden weiteren Mitglieder dieses Spruchkörpers hätten abgelehnt werden sollen, die am vorgesehen gewesenen Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2006 – weil an der Reihe – als ehrenamtliche Richter hätten teilnehmen sollen, erweist sich das Ableh-nungsgesuch, da rechtsmissbräuchlich, als unzulässig. Denn diese Richter sind in der anhängigen Streitsache noch in keiner Weise tätig geworden. Auch gibt der Kläger nicht vor, sie zu kennen. Danach ist es schlechthin undenkbar, gegen sie irgendwelche Ablehnungs-gründe vorbringen zu können, was der Kläger auch nicht getan hat.

Soweit der Kläger die Richterin abgelehnt hat, ist das Ablehnungsgesuch jedenfalls nicht schon deshalb unzulässig, weil die Richterin am 1. November 2006 in Mutterschaftsurlaub gegangen ist und beabsichtigt, nach der Entbindung Erziehungsurlaub zu nehmen. Denn für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs verbleibt der Richterin nach dem Geschäftsverteilungsplan der Vorsitz der Kammer und werden deren Geschäfte durch den geschäftsplanmäßigen Vertreter wahrgenommen. Danach ist einstweilen noch nicht auszuschließen, dass die abgelehnte Richterin mit der Streitsache wieder befasst sein wird.

Allerdings könnte das gegen die Richterin gerichtete Ablehnungsgesuch dadurch unzulässig geworden sein, dass der Kläger dieses Gesuch trotz des aufklärenden Schreibens des Senats vom 19. September 2006 mit seinem Schriftsatz vom 5. Oktober 2006 aufrecht erhalten hat, ohne sich mit den Darlegungen des Senats auseinanderzusetzen. Die diesbezüglichen Bedenken können jedoch vernachlässigt werden, denn das Ablehnungsgesuch unterliegt jedenfalls wegen Unbegründetheit der Zurückweisung. Der Senat nimmt hierfür zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Schreiben vom 19. September 2006 Bezug. Danach ist auch nicht im Ansatz erkennbar, dass die Befangenheit der abgelehnten Richterin zu besorgen sein könnte.

Ergänzend sei noch auf folgendes hingewiesen: Sollte sich die abgelehnte Richterin vor Terminsanberaumung eine vorläufige Rechtsmeinung in der Sache gebildet haben und aufgrund derselben zum Ergebnis der Entscheidungsreife gekommen sein, so ist dies grund-sätzlich nicht geeignet, Befangenheit für den Fall besorgen zu lassen, dass diese vorläufige Rechtsmeinung mit den Rechtsvorstellungen des Klägers nicht übereinstimmt. Es gehört zu den richterlichen Aufgaben, die Rechtslage nach Möglichkeit schon vor Terminsanberaumung vorläufig zu prüfen, insbesondere darauf hin, ob noch weitere Ermittlungen durchzuführen sind oder nicht. Dabei hat der Richter zwar die Rechtsvorstellungen der Streitbeteiligten einzube-ziehen, muss aber keiner derselben folgen. Macht er sich umgekehrt die Rechtsvorstellungen eines der Beteiligten – jedenfalls vorläufig – zu Eigen, so ist dies der Natur der Sache nach ungeeignet, Parteilichkeit oder Voreingenommenheit besorgen zu lassen, denn grundsätzlich ist jedem der streitenden Beteiligten zuzugestehen, dass er Recht haben kann.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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