L 24 KR 317/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 84 KR 1449/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 317/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2006 wird als unzulässig verworfen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung von Kosten in Höhe von 40,80 Euro.

Den unter Vorlage der Rechnung der Ärzte für Orthopädie Dres. WH vom 10. März 2005 über 40,80 Euro wegen einer Behandlung mit Galileo (Schüttelbrett) bei Osteoporose gestellten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juni 2005 ab.

Die dagegen am 24. Juni 2005 erhobene Klage, mit der vorgetragen worden ist, es habe keine privatärztliche Behandlung stattgefunden, wies das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 21. Juni 2006 ab. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es u. a.: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung nicht zu, weil sie vom Sozialgericht nicht zugelassen worden ist. Die Nichtzulassung der Berufung kann mit der Beschwerde angefochten werden.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 11. September 2006 zugestellte Urteil richtet sich die bereits am 24. Juli 2006 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der unter Hinweis auf die bereits erstinstanzlich vorgebrachte ausführliche Begründung das Zahlungsbegehren weiterverfolgt wird.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juni 2005 zu verurteilen, ihr 40,80 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 26. Oktober 2006 mitgeteilt worden, dass beabsichtigt ist, die Berufung durch Beschluss und ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zu verwerfen. Ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17. November 2006 gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unzulässig, denn sie ist nicht statthaft.

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen (§ 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Der Senat macht von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss Gebrauch. Eine Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung ist entbehrlich, denn es ist nicht ersichtlich, dass eine mündliche Verhandlung zur streitentscheidenden Frage weiteres beitragen könnte.

Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft 500 Euro oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 5000 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Berufung nicht statthaft (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 144 Rdnr. 7).

Dies ist der Fall. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt lediglich 40,80 Euro. Die geltend gemachte Leistung erschöpft sich in der (einmaligen) Zahlung dieses Betrages. Schließlich hat das Sozialgericht die Berufung auch nicht in seinem Urteil zugelassen.

Eine Umdeutung oder Auslegung der nicht zulässigen Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde scheidet aus.

Der Begriff der Umdeutung wird im Gesetz für fehlerhafte Verwaltungsakte (vgl. u. a. § 43 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X) und für nichtige Rechtsgeschäfte verwendet (vgl. Überschrift zu § 140 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Da es sich bei einem unzulässigen Rechtsmittel weder um das eine noch um das andere handelt und Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde unterschiedliche Zielrichtungen haben, liegen die Voraussetzungen für eine Umdeutung nicht vor. Beide zielen zwar im Ergebnis auf eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch die höhere Instanz. Unmittelbar richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht gegen den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens, sondern gegen eine prozessuale Teilentscheidung, nämlich die Nichtzulassung der Berufung. Dementsprechend ist der Prüfungsgegenstand ein anderer als im Berufungsverfahren (dazu Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R, abgedruckt in SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).

Dies schließt zwar nicht aus, das angestrebte Rechtsmittel in bestimmten Fällen durch Auslegung zu ermitteln, insbesondere wenn der eingelegte Rechtsbehelf nach dem Verfahrensstand überhaupt nicht in Betracht kommt oder wenn andere Umstände hinzutreten, die entgegen dem Wortlaut der Erklärung den wahren Willen des Erklärenden erkennen lassen. Die Auslegung einer prozessualen Erklärung ist damit ohnehin vorrangig gegenüber einer Umdeutung zu erwägen. Allerdings erfordert eine Auslegung im Sinne des statthaften Rechtsmittels, vorliegend also im Sinne einer Nichtzulassungsbeschwerde anstelle einer Berufung, dass - außer der dann entbehrlichen zutreffenden Bezeichnung - alle übrigen Ausführungen des Rechtsmittelführers für das statthafte Rechtsmittel sprechen (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003, a.a.O.).

Das Vorbringen der Klägerin ist hier jedoch auch inhaltlich auf eine Berufung ausgerichtet, denn mit ihrem Hinweis auf die ausführliche erstinstanzliche Begründung rügt sie die Unrichtigkeit des Urteils des Sozialgerichts. Ob dieses Urteil den materiell-rechtlichen Vorschriften entspricht, ist hingegen für eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht maßgebend, denn damit können lediglich die in der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils genannten Gründe geltend gemacht werden. Solche Gründe trägt die Klägerin aber nicht vor.

Die danach allein in Betracht kommende Berufung ist aus den genannten Gründen jedoch nicht statthaft, so dass sie als unzulässig zu verwerfen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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