L 8 AL 53/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 2164/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 53/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht Arbeitslosengeld für die Zeit vom 13. April bis 06. Juli 1999.

Die 1960 geborene Klägerin ist Volljuristin. Von Juli 1991 bis Juli 1995 war sie wissenschaftliche Angestellte an der Universität F. Vom 19. Juli 1995 bis 15. April 1996 war sie Richterin auf Probe in B. Vom 09. Juli 1996 bis 12. Oktober 1996 bezog sie Arbeitslosengeld. Vom 14. Oktober 1996 bis 01. März 1998 erhielt sie Krankengeld. Am 16. März 1998 meldete sie sich erneut arbeitslos und erhielt ab diesem Tage Arbeitslosengeld. Die Zahlung endete, weil sie ab 02. September 1998 arbeitsunfähig krank war. Vom 18. Dezember 1998 bis 08. April 1999 nahm sie an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Fklinik in M teil, für die die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Kostenträger war. Während dieser Zeit war sie noch bis zum 07. März 1999 arbeitsunfähig krank.

Am 13. April 1999 meldete sie sich wieder arbeitslos und gab ausweislich des Beratungsvermerkes (Blatt 61 VA) bereits bei dieser Gelegenheit an, sich für vier Stunden pro Woche dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen zu wollen; über den "Antrag auf SB wurde noch nicht entschieden". Gleichzeitig wurde die Einschaltung des ärztlichen Dienstes besprochen und die Verfügbarkeit nicht abgezeichnet. Den Antragsvordruck gab sie am 20. April 1999 wieder bei der Beklagten ab. Darin hatte sie eigenhändig eine Einschränkung ihrer Vermittlungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen "vier Stunden wegen Schwerbehinderung" angegeben und zu der diesbezüglichen Frage, wie viele wöchentliche Arbeitsstunden ohne Arbeitspausen/Wegezeiten höchstens möglich seien, "vier Stunden mit aufsteigender Tendenz" genannt und den Antrag eigenhändig mit dem Datum vom 20. April 1999 unterzeichnet. Nach ihrem Umzug am 05. Juli 1999 meldete sich die Klägerin am 07. Juli 1999 beim nunmehr für sie zuständigen Arbeitsamt Berlin-West arbeitslos und unterzeichnete bei dieser Gelegenheit eine Entbindungserklärung. Eine Zweitschrift des an diesem Tage ausgehändigten Antrages wurde am 13. Oktober 1999 bei der Beklagten abgegeben. Darin wurde vermerkt, dass sich die Klägerin im Beruf für vier Stunden täglich und für andere Tätigkeiten in Vollzeit zur Verfügung stelle.

Nach Erinnerungen seitens der Klägerin lehnte die Beklagte (Arbeitsamt S) schließlich mit Bescheid vom 19. Januar 2000 den am 13. April 1999 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld ab, da sie mit ihrer Erklärung, dem Arbeitsmarkt nur vier Stunden wöchentlich zur Verfügung stehen zu können, nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe, nicht arbeitslos gewesen sei und damit keinen Leistungsanspruch habe. Sodann bewilligte die Beklagte (Arbeitsamt Berlin-West) vom 07. Juli bis 07. September 1999 Arbeitslosengeld (Bescheid vom 04. Februar 2000) und ab 08. September 1999 Anschlussarbeitslosenhilfe (Bescheid vom 06. März 2000).

Der Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, sie habe der zuständigen Mitarbeiterin ihre Arbeitsbereitschaft im bisherigen Beruf für vier Stunden täglich und im Übrigen in Vollzeit erklärt, blieb unter Hinweis auf den am 13. April 1999 gefertigten Vermerk zur Vorsprache und die Angaben im Antragsvordruck erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2000).

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer zum Sozialgericht – SG – Berlin erhobenen Klage gewandt und weiterhin die Gewährung von Arbeitslosengeld auf den Antrag vom 13. April 1999 beansprucht.

Das SG hat, nachdem sich die Beteiligten im Erörterungstermin am 26. September 2001 mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt haben, die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. August 2003 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, wie sich aus den §§ 118, 119 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – SGB III – ergäbe. Danach sei unter anderem Voraussetzung, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen könne und dürfe. Daran fehle es. Die Klägerin habe persönlich im am 20. April 1999 unterzeichneten Arbeitslosengeld – Fortzahlungsantrag angegeben, dass sie lediglich für vier Stunden pro Woche zur Verfügung stehe. Die Klägerin als Volljuristin sei durchaus in der Lage, einen Antrag auf Arbeitslosengeld korrekt auszufüllen, sodass auf die von ihr persönlich gemachten Eintragungen abgestellt werden könne mit der Folge, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum nicht in dem erforderlichen Maße zur Verfügung gestanden habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Anspruch weiter verfolgt. Der geltend gemachte Anspruch bestehe auch unter dem Blickwinkel des § 125 SGB III.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 13. April 1999 bis 06. Juli 1999 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, die der Sach- und Rechtslage entspreche.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte, sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (933 A 025710), die zur Beratung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entschieden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Bescheid zutreffend einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld für den streitigen Zeitraum verneint und deshalb die Klage abgewiesen.

Rechtsgrundlage der Entscheidung sind die §§ 118, 119 SGB III, wie das SG richtig dargelegt hat. Danach steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist (§ 119 Abs. 2 SGB III). Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser, der eine versicherungspflichtige, mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf (Abs. 3 Nr. 1 der Bestimmung). Diese letztgenannte Voraussetzung lag zwar im streitigen Zeitraum objektiv vor, wie sich aus den späteren Erklärungen der Klägerin und dem im Klageverfahren vorgelegten Entlassungsschein der Fklinik vom 08. April 1999 ergibt. Denn danach war die Klägerin (nur) bis 07. März 1999 arbeitsunfähig und danach und zum Zeitpunkt der Entlassung am 08. April 1999 arbeitsfähig. Voraussetzung des Leistungsanspruchs ist jedoch nicht nur das objektiv gegebene Vorliegen der nach dem Gesetz erforderlichen Arbeitsfähigkeit, sondern auch die Erklärung des Arbeitslosen gegenüber der Beklagten, zu einer solchen Arbeitsleistung auch bereit zu sein. An letzterem mangelt es jedoch, wie sowohl das SG als auch die Beklagte richtig dargelegt haben. Denn die Klägerin hat eine nur vier Stunden wöchentlich mit aufsteigender Tendenz bestehende Arbeitsbereitschaft erklärt. Dies hat die Klägerin, wie sich aus dem Beratungsvermerk anlässlich ihrer Arbeitslosmeldung und Antragstellung am 13. April 1999 ergibt, sowohl mündlich als auch später bei der Antragsabgabe am 20. April 1999 schriftlich erklärt. Selbst wenn man der Klägerin zugute halten wollte, dass sie sich bei ihrer ersten Vorsprache möglicherweise missverständlich ausgedrückt haben könnte, so bestand für die Beklagte angesichts der bei der Ausfüllung des Antragsvordruckes offensichtlich erfolgten Wiederholung der bisherigen Angaben kein Anlass, wegen unterschiedlicher Angaben auf eine Klarstellung zu dringen. Angesichts der juristischen Vorbildung der Klägerin konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass nach der klaren Fragestellung im Antragsvordruck die Angaben zutreffend gemacht worden waren. Daher ist es auch nicht zu beanstanden, dass eine Klärung durch den ärztlichen Dienst veranlasst wurde, denn die Berechtigung der Einschränkung und damit ein möglicher Leistungsanspruch über § 125 SGB III war zu jenem Zeitpunkt noch zu prüfen. Eine solche Prüfung erübrigte sich allerdings nach den klarstellenden beziehungsweise zutreffenden Angaben zur Verfügbarkeit in dem nach dem Umzug am 07. Juli 1999 gestellten Antrag beim nunmehr zuständigen Arbeitsamt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich der geltend gemachte Anspruch auch nicht über § 125 SGB III begründen. Nach dieser Vorschrift kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld trotz fehlender Verfügbarkeit begründet sein, wenn ein Antragsteller allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit eine versicherungspflichtige, mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist. Wie bereits dargelegt, geht die fehlende Verfügbarkeit der Klägerin in dem streitigen Zeitraum auf ihre – objektiv unzutreffenden – Angaben im Leistungsantrag, nicht aber auf ihre gesundheitlich bedingte Leistungsminderung zurück. Denn die Klägerin war in diesem Zeitraum nach ihren Angaben sowie dem vorgelegten Entlassungsschein sehr wohl in der Lage, versicherungspflichtige Beschäftigungen auszuüben.

Mit ihren Angaben im Leistungsantrag hat sich die Klägerin zu bestimmten Tatsachen im Hinblick auf die Verfügbarkeit erklärt. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf eine Korrektur durch Anfechtung wegen Irrtums (von Willenserklärungen) verweist, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg, weil dies nicht rückwirkend die für den Leistungsanspruch erforderlichen tatsächlichen Gegebenheiten – nämlich die der Beklagten deutlich zu machende auch subjektive Verfügbarkeit für mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich – zum Entstehen bringt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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