Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 31 RJ 2447/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RJ 47/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1948 in der Türkei geborene Klägerin war nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik von Januar 1973 bis Dezember 1998 als ungelernte Montiererin bei der Produktion von Haushaltsgeräten beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt.
Einen im September 2000 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines internistischen Gutachtens von Dr. R, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten ergeben hatte, mit Bescheid vom 08. Dezember 2000, der von der Klägerin nicht angefochten wurde, ab.
Im Mai 2001 stellte die Klägerin unter Vorlage ärztlicher Atteste einen weiteren Rentenantrag. Die Beklagte stellte fest, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentenart erfüllt sind und veranlasste eine erneute Begutachtung durch die Internistin Dr. R. In ihrem Gutachten vom 01. August 2001 gab sie an, für die Tätigkeit als Montiererin verfüge die Klägerin nur noch über ein unter dreistündiges Leistungsvermögen. Leichte körperliche Arbeiten, die überwiegend im Sitzen ausgeübt werden, könne die Klägerin jedoch noch im Umfang von mehr als sechs Stunden täglich ausüben. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen sowie inhalative und allergene Belastungen sowie Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck.
Mit Bescheid vom 08. August 2001 und Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2001 lehnte die Beklagte auch diesen Rentenantrag ab. Mit dem ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögen liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor.
Mit der dagegen gerichteten Klage vom 29. Oktober 2001 hat die Klägerin geltend gemacht, nach den Feststellungen ihrer behandelnden Ärzte sei sie den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr gewachsen. Insbesondere ihre Erkrankungen auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet seien im Rentenverfahren bisher nicht berücksichtigt worden.
Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt von der Ärztin für Innere Medizin Dr. B (bei Gericht eingegangen am 27. März 2002) und vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie K vom 23. April 2002. Zudem hat das Sozialgericht die Ärztin für Arbeitsmedizin Dr. F zur Sachverständigen ernannt. In ihrem Gutachten vom 14. Juli 2002 stellte sie die Diagnosen
• Funktionsstörung der Nebenschilddrüse nach Halsoperation, • Somatisierungsstörung, • wiederkehrender Wirbelsäulenschmerzzustand bei Fehlhaltung, • Bluthochdruck, • Diabetes mellitus, • Übergewicht, • Eisenmangelanämie
und führte zum Leistungsvermögen der Klägerin aus, sie könne aus arbeitsmedizinischer Sicht täglich regelmäßig noch körperlich leichte Arbeiten in Wechselhaltungen in geschlossenen Räumen verrichten. Ständiges Arbeiten im Freien ohne Witterungsschutz sei nicht mehr möglich. Ausgeschlossen werden müssten auch Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung (häufiges Überkopfarbeiten, Bücken). Unter Zeitdruck, an laufenden Maschinen sowie auf Leiern und Gerüsten und in Wechsel- bzw. Nachtschicht könne die Klägerin nicht mehr tätig werden. Das häufige Heben und Tragen von Lasten sei auf weniger als zehn Kilogramm zu beschränken. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht eingeschränkt. Arbeiten, die bei Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen eine Belastbarkeit der Wirbelsäule, Arme und Beine voraussetzten, seien ihr noch möglich. In der Ausübung einfacher geistiger Aufgaben sei sie nicht beschränkt. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle müssten nicht berücksichtigt werden. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von acht Stunden täglich aus. Die im Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Pausen seien ausreichend.
Die Klägerin ist dem Gutachten mit einer Stellungnahme des Arztes K vom 14. August 2002 entgegengetreten und hat die Durchführung weiterer Ermittlungen beantragt.
Auf Antrag der Klägerin ist die Fachärztin für Nervenheilkunde - Psychotherapie - Dr. B zur Sachverständigen ernannt worden. In ihrem Gutachten vom 10. April 2003 stellte sie die Diagnosen
• vertebrogenes Kopfschmerz- und Schwindelsyndrom, Verdacht auf analgetikainduzierten Kopfschmerz, • chronisches Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, sensibles Wurzelläsionssyndrom L5 linksseitig, Schulter-Arm-Syndrom rechtsseitig, chronischen Halswirbelsäulensyndrom, • leicht bis vorübergehend mäßig ausgeprägtes pseudoneurasthesisches Syndrom bei Zustand nach Schilddrüsenresektion mit euthyreoter Stoffwechsellage und Hypoparathyreoidismus (leichtes endokrines Psychosyndrom bei akzentuierter Persönlichkeit), • vorübergehende Kalziummangelzustände und -symtomatik,
sowie die fachfremden Diagnosen
• Belastungsatemnot bei alimentärer Adipositas, obstruktiver Lungenfunktionsstörung, Anämie, • arterielle Hypertonus mit nicht zufrieden stellender Einstellung, • tablettenpflichtiger Diabetes mellitus, • allergische Diathese
und führte zum Leistungsvermögen aus, die Klägerin könne regelmäßig noch leichte körperliche Tätigkeiten unter Ausschuss extremer Witterungsbedingungen und Umwelteinflüsse verrichten. Ein Wechsel der Haltungsarten ohne vorgeschriebenen Rhythmus erscheine sinnvoll. Einseitige körperliche Belastungen sollten unterbleiben. Ein festgelegter Arbeitsrhythmus sei zumutbar, unter Zeitdruck und an laufenden Maschinen solle die Klägerin jedoch nicht mehr tätig werden. Das Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm sei zumutbar. Zumutbar sei auch ein Einsatz in Wechselschicht. Aufgrund ihrer psychischen Symptomatik solle sie jedoch nicht mehr in Nachtschicht arbeiten. Wegen ihrer degenerativen Skelettveränderungen und in Folge Schwindels könne die Klägerin nicht mehr auf Leitern und Gerüsten arbeiten. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht eingeschränkt. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule und der Arme und Beine sei nur leicht eingeschränkt. Einfache geistige Tätigkeiten, die ihrem Bildungsstand entsprächen, könne die Klägerin noch ausüben. Lediglich ihre Konzentrations- und Kontaktfähigkeit sei leicht herabgesetzt. Die üblichen Arbeitswege könne die Klägerin zurücklegen und das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden täglich aus. Nicht ausreichend seien die üblichen Arbeitspausen. Der Klägerin solle nach jeder Stunde die Möglichkeit einer zehnminütigen Pause eingeräumt werden.
Mit Urteil vom 02. Juni 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung der Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe die beantragte Rente nicht zu, weil sie weder ganz noch teilweise erwerbsgemindert oder berufsunfähig sei. Das Gericht habe sich zur Beurteilung des Restleistungsvermögens der Klägerin den Gutachten der Sachverständigen Dr. F und Dr. B mit der Einschränkung angeschlossen, dass es zusätzliche Arbeitspausen für nicht erforderlich angesehen hat. Dazu hat es ausgeführt, Dr. B habe nicht begründet, weshalb diese zusätzlichen Arbeitspausen erforderlich seien. Damit sei diese Einschränkung, die auch nicht der Beurteilung von Dr. F entspreche, nicht nachvollziehbar.
Gegen das ihr am 13. September 2004 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 30. September 2004 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht sie unter Vorlage medizinischer Unterlagen (Attest von Dr. B vom 06. Oktober 2004, Attest vom Arzt K vom 30. September 2004 und Arztbrief der Charité vom 22. Januar 2004) geltend, ihre behandelnden Ärzte seien nach wie vor der Auffassung, dass sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. Juni 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 08. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2001 aufzuheben, und diese zu verurteilen, ihr seit 01. Mai 2001 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat einen Befundbericht von Dr. B (eingegangen am 29. März 2005), dem weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren, eingeholt und ein internistisches Fachgutachten von Prof. Dr. A vom 22. August 2005 erstellen lassen. Als Diagnosen gab er an
• hypertensive Herzkrankheit, • Ausschluss koronare Herzkrankheit, • arterielle Hypertonie, • geringer körperlicher Trainingszustand, • Adipositas, • Diabetes mellitus Typ 2, • rechtskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, • Zustand nach subtotaler Schilddrüsenresektion 1998, • postoperativer Hypoparathyreoidismus
und gab zum Leistungsvermögen der Klägerin an, sie sei in der Lage, regelmäßig eine leichte körperliche Tätigkeit im Umfang von acht Stunden täglich zu verrichten. Ein Wechsel der Haltungsarten sei sinnvoll. Wegen der insgesamt verminderten allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit erscheine der Einsatz in Nachtschicht oder in Akkord- oder Fließbandarbeit nicht sinnvoll möglich. Aufgrund der Fehlstellung der Wirbelsäule solle das Heben auf leichte Lasten beschränkt werden. Zur Kontrolle des Diabetes mellitus und des arteriellen Hypertonus solle der Klägerin eine Pause von circa zehn Minuten nach einer Arbeitsstunde ermöglicht werden. Ein weiteres Gutachten sei zur Beurteilung des Leistungsvermögens nicht erforderlich.
Die Beklagte hat zu diesem Gutachten geltend gemacht, der dort genannte zusätzliche Pausenbedarf sei nach heutigen medizinischen Erkenntnissen und dem Stand der Technik zur Regulierung des Diabetes mellitus und des Hypertonus nicht notwendig. Der vom Senat daraufhin zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgeforderte Prof. Dr. A hat unter dem 25. Oktober 2005 mitgeteilt, es sei nicht zwangsläufig eine Pause von zehn Minuten in einer Stunde erforderlich, allerdings solle die Möglichkeit der Blutzucker- und Blutdruckkontrolle gewährleistet sein. Die Beklagte hat dazu mitgeteilt, das Testen des Blutzuckers und das Insulinspritzen nehme aufgrund moderner Hilfsmittel (z.B. Blutzuckerkontrollmethoden, Insulin-Pens) zumeist nicht mehr als fünf bis sieben Minuten in Anspruch und überschreite damit im Regelfall nicht den Rahmen der persönlichen Verteilzeit. Nur in Sonderfällen (z.B. Tragen von Schutzkleidung, notwendige Reinigung wegen Arbeiten im Schmutz oder mit Öl) werde dieser Zeitrahmen überschritten. Neuere therapeutische Strategien im Bereich der Insulinbehandlung erlaubten zudem eine bessere Steuerung des Blutzuckers und eine gewisse Flexibilität bezüglich der Spritzzeiten und der Essensmenge. Hierdurch werde es eher möglich, auch auf wechselnde berufliche Anforderungen zu reagieren.
Der Senat hat die Klägerin zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss angehört.
Die Akten des Sozialgerichts Berlin S 31 RJ 2447/01 und die die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewe¬sen.
II.
Nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG kann das Landessozialgericht, außer, wenn das Sozialgericht einen Gerichtsbescheid erlassen hat, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver¬handlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil vom 02. Juni 2004 ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat, wie vom Sozialgericht zutreffend entschieden wurde, keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch 6. Buch – SGB VI – in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung erhalten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben sowie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte unter den genannten Bedingungen nicht mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch dann Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach Abs. 2 der genannten Vorschrift Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach den Feststellungen der Beklagten liegen zwar die allgemeinen und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantrage Rentenart vor, die Klägerin ist aber nicht erwerbsgemindert, da ihr eine zumutbare Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich mindestens 6 Stunden trotz ihrer krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen noch möglich ist.
Ein Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Arbeiten sieht der Senat aufgrund der Feststellungen der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehörten Gutachter als erwiesen an.
Der Senat folgt den Feststellungen der Sachverständigen, nach denen der Klägerin aufgrund ihrer Erkrankungen zwar keine körperlich schweren oder auch mittelschweren, wohl aber noch leichte Arbeiten zumutbar sind. Die Gutachter haben die Klägerin nach ausführlicher Anamneseerhebung eingehend untersucht und konnten zur Beantwortung der ihnen gestellten Beweisfragen nicht nur auch ihre eigenen Untersuchungsergebnisse, sondern auch auf die zahlreich in den Akten befindlichen sonstigen medizinischen Unterlagen (beispielsweise Atteste und Befundberichte der behandelnden Ärzte) zurückgreifen.
Der Einwand der Klägerin, nach Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte sei sie erwerbsunfähig, rechtfertigt keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen der Gutachter. Von Dr. F und von Dr. B ist überzeugend dargelegt worden, dass das von Dr. B attestierte aufgehobene Leistungsvermögen mit dem subjektiven Beschwerdebild ohne hinreichend objektivierbare Befunde nicht zu erklären ist. Die Gutachterin Dr. B gibt weiterhin an (vgl. Blatt 24 des Gutachtens), sie weiche von der hausärztlichen Beurteilung ab, da eine gravierende Störung der neuromuskulären Erregbarkeit und das Vorliegen eines schweren endokrienen Psychosyndroms nicht habe gezeigt werden können. Auch die vorhandenen degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkleiden wurden von ihr als lediglich leicht ausgeprägt und gut behandelbar bezeichnet. Nach ihren Feststellungen waren zudem die übrigen Leiden (Bluthochdruck und Zuckerkrankheit) von untergeordneter Natur und prinzipiell einer Behandlung gut zugänglich. Die Angaben von Dr. B in dem im März 2005 eingeholten Befundbericht, aufgrund von Parästhesien habe die Klägerin Probleme, Feinarbeiten durchzuführen, überzeugen nicht. Im Arztbrief der Charité vom 25. Februar 2005 wird die Klägerin diesbezüglich als weitgehend beschwerdefrei beschrieben und auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. A gab sie in diesem Bereich keine Beschwerden an. Es ist deshalb überzeugend, dass die Gutachter keine Einschränkungen der Fingergeschicklichkeit festgestellt haben.
Mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen ist die Klägerin noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit auszuüben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen tätig werden kann. Die von den Sachverständigen benannten und im Tatbestand bereits näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens gehen nicht wesentlich über das hinaus, was durch die Beschränkung auf körperlich leichte Arbeiten ohnehin an Belastungen ausgeschlossen worden ist.
Die Klägerin benötigt auch keine zusätzlichen und damit betriebsunüblichen Arbeitspausen. Den Angaben der Sachverständigen Dr. B, der Klägerin solle nach jeder Stunde die Möglichkeit einer ca. zehnminütigen Pause eingeräumt werden, vermochte der Senat nicht zu folgen. Von Dr. B wird in ihrem Gutachten keine Begründung für das Erfordernis zusätzlicher Arbeitspausen gegeben. Eine medizinische Notwendigkeit für Arbeitspausen von zehn Minuten nach jeder Arbeitsstunde ist auch nicht ersichtlich. Unterbrechungen der Arbeitszeit können bei dem Krankheitsbild der Klägerin nur mit der Möglichkeit zur Kontrolle der Diabetes- und der Hypertonuserkrankung begründet werden. Dies entspricht auch der Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. A (vgl. Seite 11 des Gutachtens vom 22. August 2005). Dafür werden jedoch keine Arbeitspausen in dem von der Gutachterin Dr. B genannten Umfang benötigt. Die Beklagte weist in der ärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2005 (erstellt vom Arzt für Innere Medizin Dr. F) darauf hin, dass zum Testen des Blutzuckers und für das Spritzen von Insulin aufgrund moderner Hilfsmittel zumeist nicht mehr als fünf bis sieben Minuten erforderlich sind und dass zudem aufgrund neuerer therapeutischer Strategien eine bessere Steuerung des Blutzuckers und eine gewisse Flexibilität bezüglich der Spritzzeiten ermöglicht wird. Dieser Einschätzung folgt auch der Senat, denn sie entspricht im Ergebnis der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters Prof. Dr. A vom 25. Oktober 2005. Darin wird ausgeführt, die Klägerin solle die Möglichkeit zur Blutzucker- und Blutdruckkontrolle haben, dies müsse jedoch nicht zwangsläufig einer Pause von zehn Minuten in der Stunde entsprechen. Damit ist es aus medizinischen Gründen nicht erforderlich, Pausen in dem von Dr. B genannten Umfang vorzusehen, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlicht und von den Gutachtern auch nicht angeführt worden, dass die Klägerin die Blutzucker- und Blutdruckkontrollen in festen stündlichen Abständen durchführen muss. Es besteht somit die Möglichkeit, diese Kontrollen überwiegend außerhalb der Arbeitszeit bzw. in den gesetzlich zustehenden Ruhepausen entsprechend § 4 Arbeitszeitgesetz vorzunehmen. Von speziellen Tätigkeiten, die in diesen Bereichen besondere Anforderungen stellen, abgesehen, sind einem Arbeitnehmer zudem regelmäßig auch über die gesetzlich als Minimum festgelgten Arbeitspausen hinaus kurze Arbeitsunterbrechungen (so genannte persönliche Verteilzeiten) durchaus möglich. Dies gilt insbesondere für die der Klägerin mit ihrem Restleistungsvermögen noch möglichen Arbeiten, die beispielsweise das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von kleinen Teilen u.s.w. (vgl. dazu Beschluss des großen Senats des Bundessozialgerichts vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -) umfassen können, sofern die dabei auftretenden körperlichen Belastungen nicht über das hinaus gehen, was einer leichten Arbeit entspricht. Sofern derartige Arbeiten nicht im Akkord am Fließband und damit nicht unter besonderem Zeitdruck ausgeübt werden müssen, sind regelmäßig auch außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhenspausen kurze Arbeitsunterbrechungen den Arbeitnehmern möglich. Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung beispielsweise durch die als so genannte Steinkühlerpause bekannt gewordene Regelung im Bereich der Metallindustrie Baden-Württembergs bestätigt. Diese 1973 tarifvertraglich eingeführte Regelung sieht vor, dass Akkordarbeitern (seit 1996 beschränkt auf Akkordarbeiter am Fließband) eine zusätzliche Erholungspause von fünf Minuten und zusätzlich drei Minuten für persönliche Bedürfnisse je Arbeitsstunde gewährt wird (vgl. dazu de.wikipedia.org zum Stichwort Steinkühlerpause, sowie zum gleichen Stichwort www.bw.igm.de). Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien diese zusätzliche Pausenregelung ausdrücklich nur für im Akkord tätige Beschäftigte, die einem besonderen Zeitdruck ausgesetzt sind, vorgesehen haben, belegt, dass in den übrigen Arbeitsbereichen kurze Arbeitsunterbrechungen (beispielsweise für Toilettengänge etc.) in der Regel auch ohne besondere Vereinbarungen möglich sind. Damit kann die Klägerin trotz der von ihr durchzuführenden Blutzucker- und Blutdruckkontrollen noch unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen tätig sein, so dass nicht von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für sie auszugehen ist.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI steht der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie aufgrund fehlender Berufsausbildung und langjährig ausgeübter ungelernter Tätigkeiten über keinen Berufsschutz verfügt. Nicht rentenbegründend ist deshalb, dass die Klägerin die zuletzt von ihr ausgeübte Tätigkeit als Montiererin krankheitsbedingt nicht mehr verrichten kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetztes - SGG -.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Gründe:
I. Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1948 in der Türkei geborene Klägerin war nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik von Januar 1973 bis Dezember 1998 als ungelernte Montiererin bei der Produktion von Haushaltsgeräten beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt.
Einen im September 2000 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines internistischen Gutachtens von Dr. R, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten ergeben hatte, mit Bescheid vom 08. Dezember 2000, der von der Klägerin nicht angefochten wurde, ab.
Im Mai 2001 stellte die Klägerin unter Vorlage ärztlicher Atteste einen weiteren Rentenantrag. Die Beklagte stellte fest, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentenart erfüllt sind und veranlasste eine erneute Begutachtung durch die Internistin Dr. R. In ihrem Gutachten vom 01. August 2001 gab sie an, für die Tätigkeit als Montiererin verfüge die Klägerin nur noch über ein unter dreistündiges Leistungsvermögen. Leichte körperliche Arbeiten, die überwiegend im Sitzen ausgeübt werden, könne die Klägerin jedoch noch im Umfang von mehr als sechs Stunden täglich ausüben. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen sowie inhalative und allergene Belastungen sowie Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck.
Mit Bescheid vom 08. August 2001 und Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2001 lehnte die Beklagte auch diesen Rentenantrag ab. Mit dem ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögen liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor.
Mit der dagegen gerichteten Klage vom 29. Oktober 2001 hat die Klägerin geltend gemacht, nach den Feststellungen ihrer behandelnden Ärzte sei sie den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr gewachsen. Insbesondere ihre Erkrankungen auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet seien im Rentenverfahren bisher nicht berücksichtigt worden.
Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt von der Ärztin für Innere Medizin Dr. B (bei Gericht eingegangen am 27. März 2002) und vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie K vom 23. April 2002. Zudem hat das Sozialgericht die Ärztin für Arbeitsmedizin Dr. F zur Sachverständigen ernannt. In ihrem Gutachten vom 14. Juli 2002 stellte sie die Diagnosen
• Funktionsstörung der Nebenschilddrüse nach Halsoperation, • Somatisierungsstörung, • wiederkehrender Wirbelsäulenschmerzzustand bei Fehlhaltung, • Bluthochdruck, • Diabetes mellitus, • Übergewicht, • Eisenmangelanämie
und führte zum Leistungsvermögen der Klägerin aus, sie könne aus arbeitsmedizinischer Sicht täglich regelmäßig noch körperlich leichte Arbeiten in Wechselhaltungen in geschlossenen Räumen verrichten. Ständiges Arbeiten im Freien ohne Witterungsschutz sei nicht mehr möglich. Ausgeschlossen werden müssten auch Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung (häufiges Überkopfarbeiten, Bücken). Unter Zeitdruck, an laufenden Maschinen sowie auf Leiern und Gerüsten und in Wechsel- bzw. Nachtschicht könne die Klägerin nicht mehr tätig werden. Das häufige Heben und Tragen von Lasten sei auf weniger als zehn Kilogramm zu beschränken. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht eingeschränkt. Arbeiten, die bei Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen eine Belastbarkeit der Wirbelsäule, Arme und Beine voraussetzten, seien ihr noch möglich. In der Ausübung einfacher geistiger Aufgaben sei sie nicht beschränkt. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle müssten nicht berücksichtigt werden. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von acht Stunden täglich aus. Die im Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Pausen seien ausreichend.
Die Klägerin ist dem Gutachten mit einer Stellungnahme des Arztes K vom 14. August 2002 entgegengetreten und hat die Durchführung weiterer Ermittlungen beantragt.
Auf Antrag der Klägerin ist die Fachärztin für Nervenheilkunde - Psychotherapie - Dr. B zur Sachverständigen ernannt worden. In ihrem Gutachten vom 10. April 2003 stellte sie die Diagnosen
• vertebrogenes Kopfschmerz- und Schwindelsyndrom, Verdacht auf analgetikainduzierten Kopfschmerz, • chronisches Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, sensibles Wurzelläsionssyndrom L5 linksseitig, Schulter-Arm-Syndrom rechtsseitig, chronischen Halswirbelsäulensyndrom, • leicht bis vorübergehend mäßig ausgeprägtes pseudoneurasthesisches Syndrom bei Zustand nach Schilddrüsenresektion mit euthyreoter Stoffwechsellage und Hypoparathyreoidismus (leichtes endokrines Psychosyndrom bei akzentuierter Persönlichkeit), • vorübergehende Kalziummangelzustände und -symtomatik,
sowie die fachfremden Diagnosen
• Belastungsatemnot bei alimentärer Adipositas, obstruktiver Lungenfunktionsstörung, Anämie, • arterielle Hypertonus mit nicht zufrieden stellender Einstellung, • tablettenpflichtiger Diabetes mellitus, • allergische Diathese
und führte zum Leistungsvermögen aus, die Klägerin könne regelmäßig noch leichte körperliche Tätigkeiten unter Ausschuss extremer Witterungsbedingungen und Umwelteinflüsse verrichten. Ein Wechsel der Haltungsarten ohne vorgeschriebenen Rhythmus erscheine sinnvoll. Einseitige körperliche Belastungen sollten unterbleiben. Ein festgelegter Arbeitsrhythmus sei zumutbar, unter Zeitdruck und an laufenden Maschinen solle die Klägerin jedoch nicht mehr tätig werden. Das Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm sei zumutbar. Zumutbar sei auch ein Einsatz in Wechselschicht. Aufgrund ihrer psychischen Symptomatik solle sie jedoch nicht mehr in Nachtschicht arbeiten. Wegen ihrer degenerativen Skelettveränderungen und in Folge Schwindels könne die Klägerin nicht mehr auf Leitern und Gerüsten arbeiten. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht eingeschränkt. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule und der Arme und Beine sei nur leicht eingeschränkt. Einfache geistige Tätigkeiten, die ihrem Bildungsstand entsprächen, könne die Klägerin noch ausüben. Lediglich ihre Konzentrations- und Kontaktfähigkeit sei leicht herabgesetzt. Die üblichen Arbeitswege könne die Klägerin zurücklegen und das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden täglich aus. Nicht ausreichend seien die üblichen Arbeitspausen. Der Klägerin solle nach jeder Stunde die Möglichkeit einer zehnminütigen Pause eingeräumt werden.
Mit Urteil vom 02. Juni 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung der Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe die beantragte Rente nicht zu, weil sie weder ganz noch teilweise erwerbsgemindert oder berufsunfähig sei. Das Gericht habe sich zur Beurteilung des Restleistungsvermögens der Klägerin den Gutachten der Sachverständigen Dr. F und Dr. B mit der Einschränkung angeschlossen, dass es zusätzliche Arbeitspausen für nicht erforderlich angesehen hat. Dazu hat es ausgeführt, Dr. B habe nicht begründet, weshalb diese zusätzlichen Arbeitspausen erforderlich seien. Damit sei diese Einschränkung, die auch nicht der Beurteilung von Dr. F entspreche, nicht nachvollziehbar.
Gegen das ihr am 13. September 2004 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 30. September 2004 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht sie unter Vorlage medizinischer Unterlagen (Attest von Dr. B vom 06. Oktober 2004, Attest vom Arzt K vom 30. September 2004 und Arztbrief der Charité vom 22. Januar 2004) geltend, ihre behandelnden Ärzte seien nach wie vor der Auffassung, dass sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. Juni 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 08. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2001 aufzuheben, und diese zu verurteilen, ihr seit 01. Mai 2001 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat einen Befundbericht von Dr. B (eingegangen am 29. März 2005), dem weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren, eingeholt und ein internistisches Fachgutachten von Prof. Dr. A vom 22. August 2005 erstellen lassen. Als Diagnosen gab er an
• hypertensive Herzkrankheit, • Ausschluss koronare Herzkrankheit, • arterielle Hypertonie, • geringer körperlicher Trainingszustand, • Adipositas, • Diabetes mellitus Typ 2, • rechtskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, • Zustand nach subtotaler Schilddrüsenresektion 1998, • postoperativer Hypoparathyreoidismus
und gab zum Leistungsvermögen der Klägerin an, sie sei in der Lage, regelmäßig eine leichte körperliche Tätigkeit im Umfang von acht Stunden täglich zu verrichten. Ein Wechsel der Haltungsarten sei sinnvoll. Wegen der insgesamt verminderten allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit erscheine der Einsatz in Nachtschicht oder in Akkord- oder Fließbandarbeit nicht sinnvoll möglich. Aufgrund der Fehlstellung der Wirbelsäule solle das Heben auf leichte Lasten beschränkt werden. Zur Kontrolle des Diabetes mellitus und des arteriellen Hypertonus solle der Klägerin eine Pause von circa zehn Minuten nach einer Arbeitsstunde ermöglicht werden. Ein weiteres Gutachten sei zur Beurteilung des Leistungsvermögens nicht erforderlich.
Die Beklagte hat zu diesem Gutachten geltend gemacht, der dort genannte zusätzliche Pausenbedarf sei nach heutigen medizinischen Erkenntnissen und dem Stand der Technik zur Regulierung des Diabetes mellitus und des Hypertonus nicht notwendig. Der vom Senat daraufhin zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgeforderte Prof. Dr. A hat unter dem 25. Oktober 2005 mitgeteilt, es sei nicht zwangsläufig eine Pause von zehn Minuten in einer Stunde erforderlich, allerdings solle die Möglichkeit der Blutzucker- und Blutdruckkontrolle gewährleistet sein. Die Beklagte hat dazu mitgeteilt, das Testen des Blutzuckers und das Insulinspritzen nehme aufgrund moderner Hilfsmittel (z.B. Blutzuckerkontrollmethoden, Insulin-Pens) zumeist nicht mehr als fünf bis sieben Minuten in Anspruch und überschreite damit im Regelfall nicht den Rahmen der persönlichen Verteilzeit. Nur in Sonderfällen (z.B. Tragen von Schutzkleidung, notwendige Reinigung wegen Arbeiten im Schmutz oder mit Öl) werde dieser Zeitrahmen überschritten. Neuere therapeutische Strategien im Bereich der Insulinbehandlung erlaubten zudem eine bessere Steuerung des Blutzuckers und eine gewisse Flexibilität bezüglich der Spritzzeiten und der Essensmenge. Hierdurch werde es eher möglich, auch auf wechselnde berufliche Anforderungen zu reagieren.
Der Senat hat die Klägerin zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss angehört.
Die Akten des Sozialgerichts Berlin S 31 RJ 2447/01 und die die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewe¬sen.
II.
Nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG kann das Landessozialgericht, außer, wenn das Sozialgericht einen Gerichtsbescheid erlassen hat, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver¬handlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil vom 02. Juni 2004 ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat, wie vom Sozialgericht zutreffend entschieden wurde, keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch 6. Buch – SGB VI – in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung erhalten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben sowie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte unter den genannten Bedingungen nicht mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch dann Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach Abs. 2 der genannten Vorschrift Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach den Feststellungen der Beklagten liegen zwar die allgemeinen und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantrage Rentenart vor, die Klägerin ist aber nicht erwerbsgemindert, da ihr eine zumutbare Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich mindestens 6 Stunden trotz ihrer krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen noch möglich ist.
Ein Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Arbeiten sieht der Senat aufgrund der Feststellungen der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehörten Gutachter als erwiesen an.
Der Senat folgt den Feststellungen der Sachverständigen, nach denen der Klägerin aufgrund ihrer Erkrankungen zwar keine körperlich schweren oder auch mittelschweren, wohl aber noch leichte Arbeiten zumutbar sind. Die Gutachter haben die Klägerin nach ausführlicher Anamneseerhebung eingehend untersucht und konnten zur Beantwortung der ihnen gestellten Beweisfragen nicht nur auch ihre eigenen Untersuchungsergebnisse, sondern auch auf die zahlreich in den Akten befindlichen sonstigen medizinischen Unterlagen (beispielsweise Atteste und Befundberichte der behandelnden Ärzte) zurückgreifen.
Der Einwand der Klägerin, nach Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte sei sie erwerbsunfähig, rechtfertigt keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen der Gutachter. Von Dr. F und von Dr. B ist überzeugend dargelegt worden, dass das von Dr. B attestierte aufgehobene Leistungsvermögen mit dem subjektiven Beschwerdebild ohne hinreichend objektivierbare Befunde nicht zu erklären ist. Die Gutachterin Dr. B gibt weiterhin an (vgl. Blatt 24 des Gutachtens), sie weiche von der hausärztlichen Beurteilung ab, da eine gravierende Störung der neuromuskulären Erregbarkeit und das Vorliegen eines schweren endokrienen Psychosyndroms nicht habe gezeigt werden können. Auch die vorhandenen degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkleiden wurden von ihr als lediglich leicht ausgeprägt und gut behandelbar bezeichnet. Nach ihren Feststellungen waren zudem die übrigen Leiden (Bluthochdruck und Zuckerkrankheit) von untergeordneter Natur und prinzipiell einer Behandlung gut zugänglich. Die Angaben von Dr. B in dem im März 2005 eingeholten Befundbericht, aufgrund von Parästhesien habe die Klägerin Probleme, Feinarbeiten durchzuführen, überzeugen nicht. Im Arztbrief der Charité vom 25. Februar 2005 wird die Klägerin diesbezüglich als weitgehend beschwerdefrei beschrieben und auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. A gab sie in diesem Bereich keine Beschwerden an. Es ist deshalb überzeugend, dass die Gutachter keine Einschränkungen der Fingergeschicklichkeit festgestellt haben.
Mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen ist die Klägerin noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit auszuüben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen tätig werden kann. Die von den Sachverständigen benannten und im Tatbestand bereits näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens gehen nicht wesentlich über das hinaus, was durch die Beschränkung auf körperlich leichte Arbeiten ohnehin an Belastungen ausgeschlossen worden ist.
Die Klägerin benötigt auch keine zusätzlichen und damit betriebsunüblichen Arbeitspausen. Den Angaben der Sachverständigen Dr. B, der Klägerin solle nach jeder Stunde die Möglichkeit einer ca. zehnminütigen Pause eingeräumt werden, vermochte der Senat nicht zu folgen. Von Dr. B wird in ihrem Gutachten keine Begründung für das Erfordernis zusätzlicher Arbeitspausen gegeben. Eine medizinische Notwendigkeit für Arbeitspausen von zehn Minuten nach jeder Arbeitsstunde ist auch nicht ersichtlich. Unterbrechungen der Arbeitszeit können bei dem Krankheitsbild der Klägerin nur mit der Möglichkeit zur Kontrolle der Diabetes- und der Hypertonuserkrankung begründet werden. Dies entspricht auch der Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. A (vgl. Seite 11 des Gutachtens vom 22. August 2005). Dafür werden jedoch keine Arbeitspausen in dem von der Gutachterin Dr. B genannten Umfang benötigt. Die Beklagte weist in der ärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2005 (erstellt vom Arzt für Innere Medizin Dr. F) darauf hin, dass zum Testen des Blutzuckers und für das Spritzen von Insulin aufgrund moderner Hilfsmittel zumeist nicht mehr als fünf bis sieben Minuten erforderlich sind und dass zudem aufgrund neuerer therapeutischer Strategien eine bessere Steuerung des Blutzuckers und eine gewisse Flexibilität bezüglich der Spritzzeiten ermöglicht wird. Dieser Einschätzung folgt auch der Senat, denn sie entspricht im Ergebnis der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters Prof. Dr. A vom 25. Oktober 2005. Darin wird ausgeführt, die Klägerin solle die Möglichkeit zur Blutzucker- und Blutdruckkontrolle haben, dies müsse jedoch nicht zwangsläufig einer Pause von zehn Minuten in der Stunde entsprechen. Damit ist es aus medizinischen Gründen nicht erforderlich, Pausen in dem von Dr. B genannten Umfang vorzusehen, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlicht und von den Gutachtern auch nicht angeführt worden, dass die Klägerin die Blutzucker- und Blutdruckkontrollen in festen stündlichen Abständen durchführen muss. Es besteht somit die Möglichkeit, diese Kontrollen überwiegend außerhalb der Arbeitszeit bzw. in den gesetzlich zustehenden Ruhepausen entsprechend § 4 Arbeitszeitgesetz vorzunehmen. Von speziellen Tätigkeiten, die in diesen Bereichen besondere Anforderungen stellen, abgesehen, sind einem Arbeitnehmer zudem regelmäßig auch über die gesetzlich als Minimum festgelgten Arbeitspausen hinaus kurze Arbeitsunterbrechungen (so genannte persönliche Verteilzeiten) durchaus möglich. Dies gilt insbesondere für die der Klägerin mit ihrem Restleistungsvermögen noch möglichen Arbeiten, die beispielsweise das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von kleinen Teilen u.s.w. (vgl. dazu Beschluss des großen Senats des Bundessozialgerichts vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -) umfassen können, sofern die dabei auftretenden körperlichen Belastungen nicht über das hinaus gehen, was einer leichten Arbeit entspricht. Sofern derartige Arbeiten nicht im Akkord am Fließband und damit nicht unter besonderem Zeitdruck ausgeübt werden müssen, sind regelmäßig auch außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhenspausen kurze Arbeitsunterbrechungen den Arbeitnehmern möglich. Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung beispielsweise durch die als so genannte Steinkühlerpause bekannt gewordene Regelung im Bereich der Metallindustrie Baden-Württembergs bestätigt. Diese 1973 tarifvertraglich eingeführte Regelung sieht vor, dass Akkordarbeitern (seit 1996 beschränkt auf Akkordarbeiter am Fließband) eine zusätzliche Erholungspause von fünf Minuten und zusätzlich drei Minuten für persönliche Bedürfnisse je Arbeitsstunde gewährt wird (vgl. dazu de.wikipedia.org zum Stichwort Steinkühlerpause, sowie zum gleichen Stichwort www.bw.igm.de). Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien diese zusätzliche Pausenregelung ausdrücklich nur für im Akkord tätige Beschäftigte, die einem besonderen Zeitdruck ausgesetzt sind, vorgesehen haben, belegt, dass in den übrigen Arbeitsbereichen kurze Arbeitsunterbrechungen (beispielsweise für Toilettengänge etc.) in der Regel auch ohne besondere Vereinbarungen möglich sind. Damit kann die Klägerin trotz der von ihr durchzuführenden Blutzucker- und Blutdruckkontrollen noch unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen tätig sein, so dass nicht von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für sie auszugehen ist.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI steht der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie aufgrund fehlender Berufsausbildung und langjährig ausgeübter ungelernter Tätigkeiten über keinen Berufsschutz verfügt. Nicht rentenbegründend ist deshalb, dass die Klägerin die zuletzt von ihr ausgeübte Tätigkeit als Montiererin krankheitsbedingt nicht mehr verrichten kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetztes - SGG -.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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