L 3 AS 113/07 A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 113/07 A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen Richterin O. wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im zugrunde liegenden Verfahren S 12 AS 4447/06 ER ist streitig, ob die Antragsgegnerin (Agg.) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, die Kosten für den Schulbedarf des im Schuljahr 2006/07 eingeschulten Antragstellers (Ast.) zu übernehmen.

Nachdem die sorgeberechtigte Mutter des Ast. als dessen gesetzliche Vertreterin am 10.7.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg (S 12 AS 3344/06) erhoben hatte mit dem Antrag, die durch die Einschulung des Ast. im September 2006 entstandenen Kosten für Schulbedarf zu übernehmen, beantragte diese für den Ast. am 17.9.2006 beim SG Freiburg, die Agg. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die durch die Einschulung entstandenen Kosten für Schulbedarf - zumindest darlehensweise - zu übernehmen. Am 23.9.2006 wurde die von der Schule ausgegebene Liste der Unterrichtsmaterialien vorgelegt.

Mit Schreiben vom 16.11.2001 legte der Ast. Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Untätigkeit gegen Richterin Olesch-Bläsi ein. In seiner Erwiderung vom 28.11.2006 führte der Präsident des SG Freiburg aus, der Dienstaufsicht unterliegende Verstöße durch die Sachbearbeitung von Richterin Olesch-Bläsi lägen nicht vor; die Richterin habe im Übrigen zugesagt, über den Antrag spätestens in der nächsten Woche zu entscheiden.

Am 29.12.2006 hat der Ast. Richterin Olesch-Bläsi wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt mit der Begründung, diese habe entgegen der gemachten Zusage bislang keine Entscheidung getroffen und missachte, nunmehr in vorsätzlicher Weise, die Bedeutung des Eilverfahrens durch ihre Untätigkeit.

In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 03.01.2007 hat Richterin Olesch-Bläsi ausgeführt, sie halte sich nicht für befangen. Vom 29.09.2006 bis 07.11.2006 hätten die Verwaltungsakten im Rahmen der vom Vater des Ast. geführten Beschwerdeverfahren S 12 AS 4804/06 ER-B und S 12 AS 4805/06 ER-B an das Landessozialgericht abgegeben werden müssen. Vom 16.11.2006 bis 28.11.2006 sei die Gerichtsakte wegen einer Dienstaufsichtsbeschwerde an den Präsidenten des Sozialgerichts Freiburg abzugeben gewesen. Zudem seien die Verwaltungsakten zeitweise an die Agg. zur Fertigung von Antragserwiderungen in einem weiteren Eilverfahren des Ast., zwei Eilverfahren des Vaters des Ast. sowie 13 Eilverfahren der Mutter des Ast., die Mitglieder der gleichen Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II seien, zurückgegeben worden.

II.

Das Ablehnungsgesuch des Ast. ist unbegründet.

Nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Dies ist dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände von seinem Standpunkt aus Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Zweifel an der Unparteilichkeit müssen ihren Grund im eigenen Verhalten des Richters haben (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, 8. Aufl., § 60 Rdnr. 7). Es muss ein unsachliches Verhalten des betreffenden Richters vorliegen, welches das Misstrauen an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters aus der Sicht eines ruhig und vernünftig denkenden Prozessbeteiligten verständlich erscheinen lässt.

Der Gesetzgeber hat einen Ablehnungsgrund der Verfahrensverzögerung nicht in die Befangenheitsvorschriften aufgenommen. Eine als ungewöhnlich angesehene lange Verfahrensdauer kann die Besorgnis der Befangenheit nur begründen, wenn die verfahrensleitenden Handlungen oder Unterlassungen des mit der Sache befassten Richters unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv als schlechthin unvertretbar erscheinen und sich subjektiv aus der Sicht des Ablehnenden deshalb der Anschein der Willkür und der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29.04.2002 - L 5 AR 28/02 RJ - m. w. N.).

Von einer willkürlichen Verfahrensverzögerung kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gilt der Amtsermittlungsgrundsatz (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 86b Rdnr. 16a). Das Gericht muss den Sachverhalt aufklären und hat hierzu die Verwaltungsakten beizuziehen und auszuwerten. Im weit überwiegenden Zeitraum seit der Antragstellung am 17.09.2006 befanden sich die Verwaltungsakten nicht bei den Verfahrensakten, weil sie wegen einer Vielzahl weiterer Verfahren des Ast. sowie der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen an die Agg. zur Fertigung von Stellungnahmen gegeben bzw. dem Landessozialgericht in den weiteren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgelegt werden mussten bzw. der Dienstaufsichtsbeschwerde beigefügt waren. Der Umstand, dass richterliche Entscheidungen erst getroffen werden, wenn sämtliche Verfahrensakten vorliegen, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit.

Das Ablehnungsgesuch des Ast. war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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