Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 627/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 731/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin ab 14. März 2002 Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Die am 1947 in Griechenland geborene, verheiratete Klägerin, die drei Kinder geboren hat, hat einen Beruf nicht erlernt. In Griechenland war sie vom 20. Mai 1963 bis 31. Dezember 1964 als Verkäuferin beschäftigt. Im Februar 1965 kam sie in die Bundesrepublik Deutschland. Hier war sie mit Unterbrechungen zuletzt bis zum 08. August 1996 als Repassiererin und als Löterin versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 08. August 1996 bis 19. Mai 1997 war sie arbeitsunfähig (au) krank und bezog Krankengeld (Krg). Vom 20. Mai bis 10. Juni 1997 wurde bei ihr auf Kosten der früheren Landesversicherungsanstalt Württemberg (später Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, jetzt: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung in der Reha-Klinik Ü. in I. durchgeführt (vgl. Entlassungsbericht des Internisten Dr. H. vom 08. Juli 1997). Anschließend war die Klägerin vom 11. Juni 1997 bis 10. August 1999 beim damaligen Arbeitsamt S. arbeitslos gemeldet und hatte Leistungen dorther bezogen. Nach Einholung ärztlicher Befundscheine der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. sowie des Orthopäden Dr. D. hatte das Versorgungsamt (VA) S. bei der Klägerin nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) einen Grad der Behinderung (GdB) ab 01. April 1999 von 50 festgestellt. Die höhere Bewertung des GdB wurde mit Bescheid vom 14. Mai 2003 abgelehnt.
Am 14. März 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. April 2002 ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im maßgebenden Zeitraum vom 14. März 1997 bis 13. März 2002 seien nur zwei Jahre und sechs Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt, weswegen auf den beiliegenden Versicherungsverlauf verwiesen werde. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei krankheitsbedingt in den einschlägigen Jahren nicht in der Lage gewesen, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Sie verwies auf eine vorgelegte Bescheinigung der Dr. S. vom 27. Mai 2002. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 23. Januar 2003 wurde ebenfalls ausgeführt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht erfüllt seien. Sie wären nur bei einem Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit bis zum 30. September 2001 erfüllt. Es lägen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine entsprechende Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zu diesem Zeitpunkt eingetreten sei.
Am 07. Februar 2003 erhob die Klägerin deswegen Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart. Sie trug vor, bereits vor dem 30. September 2001 nicht in der Lage gewesen zu sein, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass das VA bei ihr seit 01. April 1999 einen GdB von 50 festgestellt habe. Auch ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung der Dr. S. vom 27. Mai 2002, dass bei ihr schon früher zahlreiche Erkrankungen vorgelegen hätten; seit Jahren habe eine schwere Depression bestanden. Bei einer derartigen Erkrankung sei es im Übrigen nicht ungewöhnlich, dass die Patienten es noch nicht einmal schaffen würden, regelmäßig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch das eingeholte Sachverständigengutachten des Arztes für Psychiatrie - Psychotherapie - Dr. P. habe nicht bestätigt, dass bei ihr noch eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit möglich sei. Der Sachverständige sei davon ausgegangen, dass eine stufenweise Wiedereingliederung zum Erreichen eines Leistungsvermögens von drei bis sechs Stunden notwendig sei. Die Klägerin reichte verschiedene Unterlagen ein. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und einer Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. De. vom 19. Februar 2004 entgegen.
Das SG holte schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 31. März 2003, des Orthopäden Dr. D. vom 07. April 2003, der Dr. S. vom 15. April 2003 und des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. Ka. vom 24. April 2003 ein und zog die Akten des VA S. bei. Ferner holte das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Dr. P. vom 19. Januar 2004 ein. Mit Urteil vom 23. Dezember 2004, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 14. Februar 2005 zugestellt, wies das SG die Klage ab. Es führte aus, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Klägerin zumindest bis 30. September 2001 noch in der Lage gewesen, einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Zeitdruck und ohne erhöhte Anforderungen an Auffassung und Konzentration noch mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Dies gelte auch im Hinblick auf das nervenärztliche Fachgebiet.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 22. Februar 2005 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen, dass der Leistungsfall der Erwerbsminderung bereits seit dem Jahr 2000 vorliege. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass sie wegen der nervenärztlichen Beschwerden im Jahr 1996 bereits sieben Mal von Dr. K. behandelt worden sei. Auch die behandelnde Hausärztin Dr. S. habe eindeutig bestätigt, dass sie seit vielen Jahren an einem schweren depressiven Syndrom leide; dies sei jedenfalls am 17. Juli 1998 diagnostiziert worden. Es sei keineswegs auffällig, dass sie ihre Ärzte nicht mehr regelmäßig konsultiert habe. Dies sei bei depressiven Gesundheitsstörungen eher normal. Dr. P. habe in seinem Sachverständigengutachten eindeutig bestätigt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, täglich sechs Stunden zu arbeiten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2003 zu verurteilen, ihr ab 14. März 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend und hat einen Versicherungsverlauf der Klägerin vom 4. März 2005 vorgelegt.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 02. Mai 2005 und 30. November 2006 auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen. Die Klägerin hat dieser Verfahrensweise widersprochen, die Beklagte hat hingegen einer Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 SGG zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG entscheidet, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ab Antragstellung keine Rente wegen Erwerbsminderung zu. Der diesen Rentenanspruch ablehnende Bescheid der Beklagten vom 04. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies hat das SG zutreffend dargelegt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen wird.
Das SG hat zutreffend dargelegt, dass der Rentenanspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuch (SGB VI) schon deswegen nicht besteht, weil die Klägerin jedenfalls am 30. September 2001 noch in der Lage war, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Bei dem Eintritt des Leistungsfalls erst nach dem 30. September 2001 liegen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diesen Rentenanspruch nicht vor. Auch der Senat kann nicht feststellen, dass eine quantitative Leistungseinschränkung bei der Klägerin bereits vor dem 30. September 2001 eingetreten war. Der Sachverständige Dr. P. hat aufgrund der am 03. Dezember 2003 und 14. Januar 2004 durchgeführten Untersuchungen bei der Klägerin eine inzwischen chronifizierte Anpassungsstörung depressiv-ängstlicher Symptomatik und Somatisierungsstörung erhoben. Aufgrund einer komplexen und lang dauernden psychosozialen Konflikt- und Belastungssituation bei eingeschränkter Bewältigungskapazität hat sich danach eine Krankheitsfehlverarbeitung bei regressiver und depressiver Fehlhaltung ergeben. Soweit der Sachverständige deswegen aktuell nur Tätigkeiten von bis zu sechs Stunden für möglich hält, wobei er jedoch darauf hingewiesen hat, dass insbesondere bei kontinuierlicher Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung innerhalb eines halben Jahres eine teilweise Besserung der Beschwerdesymptomatik insbesondere auf nervenärztlichem Fachgebiet möglich sei, weil medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien, vermag der Senat diese Leistungseinschätzung nicht schon auf den 30. September 2001 oder auf die Zeit davor zu beziehen. Dass der von Dr. P. 2004 angenommene chronifizierte Zustand auf nervenärztlichem Gebiet so schon im September 2001 vorgelegen hat, ergibt sich nicht aus dem von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. unter dem 17. Juli 1998 neben einer Gastritis genannten Diagnose eines "schweren depressiven Syndroms", zumal diese Ärztin in dem ärztlichen Befundbericht an das VA S. vom Mai 1999 lediglich von einem "depressiven Stimmungsbild" spricht. Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass bei der Klägerin, wie sich aus der Auskunft des Dr. K. vom 31. März 2003 ergibt, fachärztliche Behandlungen lediglich fünfmal in den Jahren 1996/1997 und dann erst wieder am 01. März 2002 durchgeführt wurden. Im Hinblick auf die von Dr. P. geäußerte Ansicht zur Notwendigkeit der Durchführung kontinuierlicher fachärztlicher Behandlungen überzeugt es nicht, dass in dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 08. Juli 1997 die Ansicht geäußert worden war, die bei der Klägerin damals festgestellte depressive Fehlhaltung erscheine weder durch medikamentöse noch sonstige Intervention nennenswert beeinflussbar. Im Übrigen war die Klägerin aus der stationären Rehabilitationsbehandlung als arbeitsfähig und vollschichtig leistungsfähig entlassen worden. Sofern die Klägerin vor September 2001 kontinuierlich nervenfachärztliche Behandlung wegen der vordergründigen Fehlhaltung, man könne über sie reden, nicht in Anspruch genommen hat, wie Dr. P. angenommen hat, rechtfertigt dies ebenso wenig den Eintritt des Leistungsfalls bereits am 30. September 2001 bzw. davor wie ein kränkungsbedingtes Entlastungs- und Entschädigungsbegehren, worauf insoweit Dr. De. hingewiesen hat.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin ab 14. März 2002 Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Die am 1947 in Griechenland geborene, verheiratete Klägerin, die drei Kinder geboren hat, hat einen Beruf nicht erlernt. In Griechenland war sie vom 20. Mai 1963 bis 31. Dezember 1964 als Verkäuferin beschäftigt. Im Februar 1965 kam sie in die Bundesrepublik Deutschland. Hier war sie mit Unterbrechungen zuletzt bis zum 08. August 1996 als Repassiererin und als Löterin versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 08. August 1996 bis 19. Mai 1997 war sie arbeitsunfähig (au) krank und bezog Krankengeld (Krg). Vom 20. Mai bis 10. Juni 1997 wurde bei ihr auf Kosten der früheren Landesversicherungsanstalt Württemberg (später Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, jetzt: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung in der Reha-Klinik Ü. in I. durchgeführt (vgl. Entlassungsbericht des Internisten Dr. H. vom 08. Juli 1997). Anschließend war die Klägerin vom 11. Juni 1997 bis 10. August 1999 beim damaligen Arbeitsamt S. arbeitslos gemeldet und hatte Leistungen dorther bezogen. Nach Einholung ärztlicher Befundscheine der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. sowie des Orthopäden Dr. D. hatte das Versorgungsamt (VA) S. bei der Klägerin nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) einen Grad der Behinderung (GdB) ab 01. April 1999 von 50 festgestellt. Die höhere Bewertung des GdB wurde mit Bescheid vom 14. Mai 2003 abgelehnt.
Am 14. März 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. April 2002 ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im maßgebenden Zeitraum vom 14. März 1997 bis 13. März 2002 seien nur zwei Jahre und sechs Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt, weswegen auf den beiliegenden Versicherungsverlauf verwiesen werde. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei krankheitsbedingt in den einschlägigen Jahren nicht in der Lage gewesen, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Sie verwies auf eine vorgelegte Bescheinigung der Dr. S. vom 27. Mai 2002. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 23. Januar 2003 wurde ebenfalls ausgeführt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht erfüllt seien. Sie wären nur bei einem Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit bis zum 30. September 2001 erfüllt. Es lägen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine entsprechende Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zu diesem Zeitpunkt eingetreten sei.
Am 07. Februar 2003 erhob die Klägerin deswegen Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart. Sie trug vor, bereits vor dem 30. September 2001 nicht in der Lage gewesen zu sein, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass das VA bei ihr seit 01. April 1999 einen GdB von 50 festgestellt habe. Auch ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung der Dr. S. vom 27. Mai 2002, dass bei ihr schon früher zahlreiche Erkrankungen vorgelegen hätten; seit Jahren habe eine schwere Depression bestanden. Bei einer derartigen Erkrankung sei es im Übrigen nicht ungewöhnlich, dass die Patienten es noch nicht einmal schaffen würden, regelmäßig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch das eingeholte Sachverständigengutachten des Arztes für Psychiatrie - Psychotherapie - Dr. P. habe nicht bestätigt, dass bei ihr noch eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit möglich sei. Der Sachverständige sei davon ausgegangen, dass eine stufenweise Wiedereingliederung zum Erreichen eines Leistungsvermögens von drei bis sechs Stunden notwendig sei. Die Klägerin reichte verschiedene Unterlagen ein. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und einer Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. De. vom 19. Februar 2004 entgegen.
Das SG holte schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 31. März 2003, des Orthopäden Dr. D. vom 07. April 2003, der Dr. S. vom 15. April 2003 und des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. Ka. vom 24. April 2003 ein und zog die Akten des VA S. bei. Ferner holte das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Dr. P. vom 19. Januar 2004 ein. Mit Urteil vom 23. Dezember 2004, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 14. Februar 2005 zugestellt, wies das SG die Klage ab. Es führte aus, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Klägerin zumindest bis 30. September 2001 noch in der Lage gewesen, einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Zeitdruck und ohne erhöhte Anforderungen an Auffassung und Konzentration noch mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Dies gelte auch im Hinblick auf das nervenärztliche Fachgebiet.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 22. Februar 2005 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen, dass der Leistungsfall der Erwerbsminderung bereits seit dem Jahr 2000 vorliege. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass sie wegen der nervenärztlichen Beschwerden im Jahr 1996 bereits sieben Mal von Dr. K. behandelt worden sei. Auch die behandelnde Hausärztin Dr. S. habe eindeutig bestätigt, dass sie seit vielen Jahren an einem schweren depressiven Syndrom leide; dies sei jedenfalls am 17. Juli 1998 diagnostiziert worden. Es sei keineswegs auffällig, dass sie ihre Ärzte nicht mehr regelmäßig konsultiert habe. Dies sei bei depressiven Gesundheitsstörungen eher normal. Dr. P. habe in seinem Sachverständigengutachten eindeutig bestätigt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, täglich sechs Stunden zu arbeiten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2003 zu verurteilen, ihr ab 14. März 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend und hat einen Versicherungsverlauf der Klägerin vom 4. März 2005 vorgelegt.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 02. Mai 2005 und 30. November 2006 auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen. Die Klägerin hat dieser Verfahrensweise widersprochen, die Beklagte hat hingegen einer Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 SGG zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG entscheidet, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ab Antragstellung keine Rente wegen Erwerbsminderung zu. Der diesen Rentenanspruch ablehnende Bescheid der Beklagten vom 04. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies hat das SG zutreffend dargelegt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen wird.
Das SG hat zutreffend dargelegt, dass der Rentenanspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuch (SGB VI) schon deswegen nicht besteht, weil die Klägerin jedenfalls am 30. September 2001 noch in der Lage war, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Bei dem Eintritt des Leistungsfalls erst nach dem 30. September 2001 liegen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diesen Rentenanspruch nicht vor. Auch der Senat kann nicht feststellen, dass eine quantitative Leistungseinschränkung bei der Klägerin bereits vor dem 30. September 2001 eingetreten war. Der Sachverständige Dr. P. hat aufgrund der am 03. Dezember 2003 und 14. Januar 2004 durchgeführten Untersuchungen bei der Klägerin eine inzwischen chronifizierte Anpassungsstörung depressiv-ängstlicher Symptomatik und Somatisierungsstörung erhoben. Aufgrund einer komplexen und lang dauernden psychosozialen Konflikt- und Belastungssituation bei eingeschränkter Bewältigungskapazität hat sich danach eine Krankheitsfehlverarbeitung bei regressiver und depressiver Fehlhaltung ergeben. Soweit der Sachverständige deswegen aktuell nur Tätigkeiten von bis zu sechs Stunden für möglich hält, wobei er jedoch darauf hingewiesen hat, dass insbesondere bei kontinuierlicher Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung innerhalb eines halben Jahres eine teilweise Besserung der Beschwerdesymptomatik insbesondere auf nervenärztlichem Fachgebiet möglich sei, weil medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien, vermag der Senat diese Leistungseinschätzung nicht schon auf den 30. September 2001 oder auf die Zeit davor zu beziehen. Dass der von Dr. P. 2004 angenommene chronifizierte Zustand auf nervenärztlichem Gebiet so schon im September 2001 vorgelegen hat, ergibt sich nicht aus dem von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. unter dem 17. Juli 1998 neben einer Gastritis genannten Diagnose eines "schweren depressiven Syndroms", zumal diese Ärztin in dem ärztlichen Befundbericht an das VA S. vom Mai 1999 lediglich von einem "depressiven Stimmungsbild" spricht. Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass bei der Klägerin, wie sich aus der Auskunft des Dr. K. vom 31. März 2003 ergibt, fachärztliche Behandlungen lediglich fünfmal in den Jahren 1996/1997 und dann erst wieder am 01. März 2002 durchgeführt wurden. Im Hinblick auf die von Dr. P. geäußerte Ansicht zur Notwendigkeit der Durchführung kontinuierlicher fachärztlicher Behandlungen überzeugt es nicht, dass in dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 08. Juli 1997 die Ansicht geäußert worden war, die bei der Klägerin damals festgestellte depressive Fehlhaltung erscheine weder durch medikamentöse noch sonstige Intervention nennenswert beeinflussbar. Im Übrigen war die Klägerin aus der stationären Rehabilitationsbehandlung als arbeitsfähig und vollschichtig leistungsfähig entlassen worden. Sofern die Klägerin vor September 2001 kontinuierlich nervenfachärztliche Behandlung wegen der vordergründigen Fehlhaltung, man könne über sie reden, nicht in Anspruch genommen hat, wie Dr. P. angenommen hat, rechtfertigt dies ebenso wenig den Eintritt des Leistungsfalls bereits am 30. September 2001 bzw. davor wie ein kränkungsbedingtes Entlastungs- und Entschädigungsbegehren, worauf insoweit Dr. De. hingewiesen hat.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
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