L 6 U 5086/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1028/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 5086/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. November 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger weitere Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anzuerkennen sind und er deshalb auch Anspruch auf höhere Verletztenrente hat.

Der 1959 geborene Kläger erlitt am 28. Juni 1996 beim Beladen eines Lkw einen Arbeitsunfall, bei dem er sich komplexe Mittelgesichtsfrakturen beidseits zuzog, als er von einer schweren Holzpalette am Kopf getroffen wurde und auf den Hinterkopf stürzte (Hals-Nasen-Ohren[HNO]-Bericht der HNO-Klinik des Klinikums der Universität U. vom 28. Juni 1996 sowie Durchgangsarztbericht von Dr. S., Abteilung für Unfallchirurgie an der Universität U., vom 1. Juli 1996).

Der Kläger wurde bis zum 17. Juli 1996 in der Abteilung Klinische Anästhesiologie, der HNO-Klinik und der Abteilung Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie des Klinikums der Universität U. (Befundberichte von Privatdozent [PD] Dr. E. vom 2. Juli 1996, von Prof. Dr. Dr. H./Dr. Dr. H. vom 11. Juli 1996, von Prof. Dr. R./Dr. V./PJ C. vom 25. Juli 1996, von Dr. M. vom 22. August 1998 und von Prof. Dr. P./Dr. J.-H. vom 23. August 1996) stationär behandelt. Weitere ambulante Untersuchungen erfolgten beim Facharzt für Augenkrankheiten Dr. von E. (Befundberichte vom 31. Juli, 5. und 20. Dezember 1997 sowie 10. Februar 1998), beim Praktischen Arzt Dr. C. (Befundbericht vom 9. September 1996), beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie PD Dr. W. (Befundberichte vom 26. September, 15. Oktober, 19. November 1996, 3. und 17. April 1997 sowie 4. Dezember 1997), beim Arzt für Psychotherapie Dr. W. (Befundbericht vom 23. Oktober 1997) und beim Radiologen S. (Befundbericht vom 17. Dezember 1997). Weitere stationäre Behandlungen erfolgten in der Abteilung Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie des Klinikums der Universität U. vom 9. bis zum 21. Januar 1997 (Arztbrief von Prof. Dr. K./Dr. Dr. H. vom 23. Januar 1997) sowie in dem Neurologischen Fach- und Rehabilitationskrankenhaus Kliniken S. vom 4. Februar bis zum 18. März 1997 (Befundberichte von Dr. S./Dr. T. vom 25. Februar und 15. April 1997). Im Rehabilitationskrankenhaus U. erfolgten vom 23. Juni bis zum 1. August 1997 eine Belastungserprobung (Befundbericht der Ärztin D. vom 13. August 1997 und Abschlussbericht des Arbeitstherap. B. vom 1. August 1997), vom 18. August bis zum 21. November 1997 eine Trainingsmaßnahme (Berichte von Ergotherap. J. vom 10. November 1997 und 23. Januar 1998, des Arztes P. vom 26. November 1997 und 7. Januar 1998 und von Dipl.-Psych M. vom 1. Dezember 1997) und im weiteren Verlauf weitere Berufsfördermaßnahmen (Berichte des Arztes P. vom 27. März und 23. April 1998, von Arbeitsterap. B. vom 19. März und 14. April 1998 und von Reha-Berater R./Ausbilder B. vom 22. Juni 1998).

Die Beklagte gewährte dem Kläger zunächst bis zum 8. April 1998 Verletztengeld sowie eine besondere Unterstützung im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und ab 9. April 1998 im Rahmen von Berufshilfemaßnahmen Übergangsgeld.

Die Beklagte ließ den Kläger untersuchen und begutachten. Prof. Dr. Dr. H. und Dr. H. von der Abteilung Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie im Bundeswehrkrankenhaus U. schätzten in ihrem Gutachten vom 12. November 1998 die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund von Narbenbildungen an der rechten Schläfe sowie an der linken Augenbrauenregion, eines chronischen Schmerzsyndroms, eines Sensibilitätsverlusts im Bereich der rechten Schläfe und zeitweise auftretender Doppelbilder auf unter 20 vom Hundert (v. H.) ein. Dr. von E. führte in seinem Gutachten vom 25. November 1998 als wesentliche Unfallfolgen Netzhautforamina am rechten Auge, eine zunehmende beidseitige Linsentrübung mit Störung der Dämmerungssehschärfe und erhöhter Blendungsempfindlichkeit als Unfallfolgen an, die er mit einer MdE um 12 v. H. bewertete. Dem gegenüber führte der Facharzt für Augenheilkunde Prof. Dr. Dr. L., in seinem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 17. Dezember 1998 aus, ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Netzhautforamina am rechten Auge sei eher fraglich. Für die Entwicklung eines Netzhauteinrisses oder eines Netzhautloches müsse erfahrungsgemäß ein massives lokales Bulbustrauma mit einer hinreichend starken Prellung des Augapfels vorliegen, was vorliegend wohl nicht der Fall sei. Die MdE für die Unfallfolge sei mit 5 v. H. anzusetzen, was durch die Herabsetzung des Dämmerungssehvermögens und die Steigerung der Blendempfindlichkeit begründet sei.

In dem neuroradiologischen Zusatzgutachten vom 15. Dezember 1998 von Dr. P., Leiter der Neuroradiologie an der Fachklinik für Neurologie D. GmbH, hieß es, kernspintomographisch ließen sich im Bereich des Cerebrums keine eindeutigen Unfallfolgen mehr nachweisen. Insbesondere sei auch im Bereich des 1996 nachgewiesenen flachen subduralen Hygromes rechts frontopolar keinerlei Defekt- oder Narbenbildung im angrenzenden Hirnparenchym erkennbar. Eine leichte spindelförmlige Aufweitung des äußeren Liquorraumes über dem linken Frontalpol entspreche bei völlig glatter Begrenzung und unauffälligem Signalverhalten des angrenzenden Hirnparenchymes eher einer angeborenen Arachnoidalzyste als einem postkontusionellen Defekt. Diese Veränderung sei in völlig unveränderter Weise auch in beiden Voruntersuchungen von 1996 und 1997 erkennbar. Bei einem Zustand nach offensichtlich ausgedehntem Mittelgesichtstrauma erkenne man Schleimhautschwellungen bzw. narbige Veränderungen im Ethmoidalzellsystem beidseits sowie in beiden Kiefernhöhlen und den linksseitigen Stirnhöhlenabschnitten sowie eine leichte Deformierung der Nasenwurzel. Eine eindeutige Deformierung der knöchernen Strukturen der Orbita lasse sich kernspintomographisch nicht nachweisen.

Prof. Dr. R. von der HNO-Klinik der Universität U. führte in seinem HNO-Zusatzgutachten vom 1. April 1999 aus, die erhobenen Befunde ließen unter Berücksichtigung der subjektiven Angaben und der Erfahrungen im Fachgebiet auf eine Hyposmie, eine Ageusie für "sauer" und Hypogeusie für die übrigen Geschmacksqualitäten sowie eine Sensibilitätsstörung im Gesichts- und Zungenbereich schließen. Die geklagten Schmerzen ließen sich nicht objektivieren, seien aber in geringerem Ausmaß als angegeben nachvollziehbar. Für die geklagte Behinderung der Nasenatmung finde sich nach den Befunden kein Anhaltspunkt. Es müsse in erster Linie mit einer psychischen Überlagerung gerechnet werden. Eine Aggravationstendenz sei nicht auszuschließen. Auf HNO-ärztlichem Gebiet werde die MdE auf 10 v. H. geschätzt.

PD Dr. W. führte in seinem Gutachten vom 11. Mai 1999 aus, insgesamt lasse sich aus seiner neurologischen und psychiatrischen Sicht der Beschwerde- und Symptomenkomplex, der doch immerhin so erheblich sei, dass keiner Erwerbstätigkeit bisher habe nachgegangen werden können, letztlich nicht sicher allein auf den Unfall zurückführen. Bei einem derartig ausgeprägten posttraumatischen neuropsychologischen Defizit sollte sich eigentlich eine Hirnsubstanzschädigung nachweisen lassen. Als einziger wirklicher Anhalt für eine strukturelle Schädigung blieben die EEG-Auffälligkeiten. Andererseits müsse bedacht werden, dass die kernspintomographisch nachzuweisende Arachnoidalzyste möglicherweise auch die prätraumatische Persönlichkeit des Probanden beeinflusst und hier bereits zu Auffälligkeiten der Persönlichkeit geführt habe. Abschließend führte PD Dr. R., Facharzt für Neurologie und Oberarzt an der Neurologischen Universitätsklinik U., in seinem Zusammenhangsgutachten vom 3. Januar 2000 zusammenfassend aus, bei dem Unfall am 28. Juni 1996 sei es zu multiplen Mittelgesichts- und Schädelfrakturen gekommen. In mehreren Vorberichten und Vorbegutachtungen sei aufgrund wechselnder elektroenzephalographischer Befunde vorwiegend mit Verlangsamungen, niedriger Amplitude und dysrhythmischer Aktivität im Theta-Bereich der Verdacht auf das Vorliegen einer strukturellen Schädigung geäußert worden. Dabei hätten sich in wiederholten Ableitungen auch des gleichen elektroenzephalographischen Untersuchungsbefundes keine sicheren pathologischen Auffälligkeiten gezeigt. Bereits im September und November 1996, also in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu dem Unfallereignis, sei ein depressives Syndrom mit deutlichen Schlafstörungen vermerkt. Die früher noch offen gebliebene Frage, ob es sich bei dem psychopathologischen Befund um eine Reaktion auf ein schweres Trauma oder ein postkontusionelles Syndrom handle, müsse geschlussfolgert werden, dass es sich um eine psychische Reaktion ohne zu Grunde liegenden organpathologischen Befund im Sinne eines kontusionellen Defizits handle. Aufgrund der Schwere des Traumas und unter Berücksichtigung der auch bei der heutigen Untersuchung wiederholt angesprochenen Konfliktsituation mit dem Vorgesetzten vor dem Unfall handle es sich bei dem bestehenden depressiven Syndrom um eine als unfallbedingt einzuschätzende Erkrankung. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass sich der Kläger durch die Narben entstellt fühle. Die durch das depressive Syndrom bedingte MdE sei derzeit mit 20 v. H. einzuschätzen. Auch unter Berücksichtigung des depressiven Syndroms erscheine ein Teil der vom Kläger vorgebrachten Beschwerden bewusstseinsnah aggraviert ausgestaltet. Hinweise hierfür ergäben sich neben dem klinischen Eindruck auch in den standardisierten testpsychologischen Untersuchungen in dem Simulationstest nach Rey und der Schmerzsimulationsskala. Bei großer Überlappung mit den auf anderen Fachgebieten bestehenden Unfallfolgen ergebe sich eine Gesamt-MdE um 30 v. H.

Hierauf gestützt bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2000 eine Verletztenrente ab 9. April 1998 bis auf Weiteres auf Grund einer MdE um 30 v. H. Als Unfallfolgen wurden anerkannt ein Zustand nach verheilten Mittelgesichtsbrüchen beidseits mit Nasenbeintrümmerbruch, die nachfolgende Ausbildung eines pseudoneurasthenischen Syndroms als Ausdruck einer neurotischen Symptomatik, eines Schmerzsyndroms und von Gefühlsstörungen im Gesicht, eines depressiven Syndroms, eines Medikamentenmissbrauchs und eines dadurch notwendigen Medikamentenentzuges, die anteilige Einschränkung der Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Lernleistungen, des Gefühls- und Gemütsleben und der Schlafqualität, eine Herabsetzung des Geruchsvermögens, ein für "sauer" aufgehobenes und für die übrigen Geschmacksqualitäten herabgesetztes Geschmacksvermögen, eine Linsentrübung mit Störung der Dämmerungssehschärfe und erhöhter Blendempfindlichkeit beidseits, Löcher in der Netzhaut am rechten Auge sowie Narbenbildungen im Gesicht. Ausdrücklich nicht als Unfallfolgen anerkannt wurden vorbestehende mit Funktionseinbußen einhergehende Persönlichkeitsstörungen, eine Kurzsichtigkeit und Stabsichtigkeit beidseits, eine ungleiche Brechkraft beider Augen, eine beginnende altersbedingte Weitsichtigkeit sowie ein Karpaltunnelsyndrom an beiden Armen.

Hiergegen legte der Kläger am 2. März 2000 Widerspruch mit der Begründung ein, seine mit Funktionseinbußen verbundene Persönlichkeit sei auch Folge des Arbeitsunfalls und die MdE daher auf psychiatrischem Gebiet zu gering bemessen. Hierzu führte der Nervenarzt Dr. K.in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 7. Juni 2000 aus, er empfehle, dem Gutachten von PD Dr. R. zu folgen, wobei die Gesamt-MdE von 30 v. H. allerdings sicherlich an der oberen Grenze der Norm gelegen sei. Die Befunderhebungen im Hinblick auf das depressive Syndrom seien von Anfang an nicht einheitlich gewesen, wobei auch auffälligerweise eine konsequente antidepressive Behandlung nie durchgeführt und auch keine sonstigen psychiatrischen Maßnahmen zur Behandlung dieses depressiven Syndroms erfolgt seien. Hierauf gestützt wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2001 den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 24. April 2001 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Dieses holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von PD Dr. T., Chefarzt der Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie am Krankenhaus M. B., das Gutachten vom 16. November 2002 ein, das sich auf das neuropsychologische Zusatzgutachten von Prof. Dr. G., Chefarzt der Abteilung für Neuropsychologie des Krankenhauses M. B., vom 13. Juni 2002 stützte. In Letzterem wurde die Diagnose einer psychischen Fehlentwicklung komplexer Art mit sekundären kognitiven Leistungseinbußen, die aber subjektiv überbewertet würden, gestellt. Die psychische Fehlentwicklung sei durch den Arbeitsunfall ausgelöst worden. Sie sei auf dem Boden einer schon vor dem Unfall bestehenden depressiven Entwicklung erfolgt. Sichere Hinweise auf organisch bedingte neuropsychologische Defizite fehlten. Mit Dr. K. und PD Dr. R. gehe man ebenfalls davon aus, dass die kognitiven Auffälligkeiten nicht als Folge einer durch den Unfall bedingten Hirnschädigung zu bewerten seien. Entsprechend wurden im Hauptgutachten ein chronisches Schmerzsyndrom nach ausgedehnten Mittelgesichtsfrakturen sowie eine komplexe psychische Fehlentwicklung mit subjektiv deutlich überbewerteten, sekundären kognitiven Leistungseinbußen als unfallbedingt bezeichnet und die Gesamt-MdE bei erheblichen Überlappungen zwischen den Folgen auf neurologischem Fachgebiet sowie auf Mund-Kiefer-Gesichts-chirurgischen, augenärztlichen und HNO-ärztlichen Fachgebiet auf 30 v. H. eingeschätzt. Mit Dr. K. und PD Dr. R. stimme man grundsätzlich überein.

Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage des Nervenarztes Prof. Dr. G. vom 29. Juli 2003 vor. Darin hieß es u. a., der gerichtliche Sachverständige schätze die neurologische MdE unter Einschluss psychischer Störungen auf 20 v. H. und die Gesamt-MdE auf 30 v. H. ein. Das Gesamtausmaß der beim Kläger bestehenden psychischen Störungen werde damit eindeutig nicht dem Unfall zugerechnet. Als Formulierung der Unfallfolgen komme ein chronisches Schmerzsyndrom nach ausgedehnten Mittelgesichtsfrakturen mit anteilig überlagernden reaktiven psychischen Störungen in Betracht. Nicht als Unfallfolgen nennen lasse sich eine in der Persönlichkeit gründende depressive Entwicklung mit subjektiv stark empfundenen kognitiven Leistungseinbußen. Dabei könne auch die im Bescheid bereits genannte Formulierung unfallfremder Gesundheitsstörungen "mit Funktionseinbußen einhergehende Persönlichkeitsstörung" als sachlich richtig beibehalten werden. Der Sachverständige PD Dr. T. führte in seiner e-Mail vom 22. Oktober 2003 aus, die von ihm genannte MdE von 20 v. H. beziehe sich auf die Gesundheitsfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Unter Berücksichtigung der anderweitig festgestellten Folgen sei aus seiner Sicht eine Gesamt-MdE von 30 v. H. angemessen.

Das SG wies durch Urteil vom 25. November 2003 die Klage ab. Unter Berufung auf PD Dr. R. führte es aus, eine unfallbedingte Gesamt-MdE um mehr als 30 v. H. sei nicht feststellbar.

Gegen das ihm am 4. Dezember 2003 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 15. Dezember 2003 Berufung mit der Begründung eingelegt, die Unfallfolgen seien nicht umfassend festgestellt und angemessen berentet worden. PD Dr. T. habe die entscheidungserheblichen Beweisfragen nicht erschöpfend beantwortet. So sei der weiteren Beweisanfrage des SG zu entnehmen, dass die ergänzende gutachterliche Stellungnahme bei PD Dr. T. ohne nochmalige Akteneinsicht erfolgt sei. Gegenstand der gutachterlichen Beurteilung sei mithin nur das nach § 109 SGG eingeholte Vorgutachten vom 16. November 2002 gewesen, nicht aber auch die neurologisch/psy¬chiatrische Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 29. Juli 2003.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. November 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2001 zu verurteilen, bei ihm eine Persönlichkeitsstörung als weitere Unfallfolge festzustellen, hilfsweise eine komplexe psychische Fehlentwicklung mit subjektiv stark empfundenen kognitiven Leistungseinbußen als weitere Unfallfolge festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE um 50 v. H. ab 9. April 1998 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat hierzu auf die angefochtene Entscheidung verwiesen. Auch wenn die neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen von den Gutachtern zum Teil unterschiedlich bezeichnet worden seien, habe hinsichtlich deren Auswirkung auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens eine völlige Übereinstimmung bestanden. Zu Recht habe daher das Erstgericht bei seiner Anfrage vom 20. Oktober 2003 darauf verzichtet, den Sachverständigen mit den gutachterlichen Aussagen von Prof. Dr. G. vom 29. Juli 2003 zu konfrontieren, da auch der Sachverständige trotz der Anerkennung einer psychischen Fehlentwicklung mit subjektiv deutlich überbewerteten, sekundären, kognitiven Leistungseinbußen als Unfallfolge ebenfalls eine MdE in Höhe von 30 v. H. annehme.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 28. April 2005 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Kläger vermischten sich die Symptome einer Anpassungsstörung mit den Symptomen eines leichten organischen Psychosyndroms, wodurch mit größter Wahrscheinlichkeit auch erklärt werde, warum in den umfangreichen Unterlagen immer wieder andere Diagnosen gestellt und immer wieder andere Symptome in den Vordergrund gerückt würden. Hinzu komme, dass der Kläger das Geruchs- und Geschmacksempfinden weitgehend, wenn nicht ganz, verloren habe, was - auch unter Berücksichtigung seines Berufs als Bäcker und Konditor - eine erhebliche Beeinträchtigung darstelle. Dr. D. ist zu dem Ergebnis gelangt, das organische Psychosyndrom im Sinne eines pseudoneurasthenischen Syndroms bei Zustand nach einem Schädel-Hirn-Trauma (Teil-MdE 50 v. H.), die Anpassungsstörung im Sinne einer längeren depressiven Reaktion mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (Teil-MdE 30 v. H.) und der Verlust des Riechvermögens und des Geschmackssinns (Teil-MdE 15 v. H.) seien unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung Unfallfolgen. Unfallunabhängige Ursachen seien anhand von Anamnese und Untersuchung und auch nach kritischer Durchsicht der bisher vorliegenden umfangreichen Unterlagen nicht zu eruieren.

Daraufhin hat der Senat die Stellungnahme von PD Dr. T. vom 15. August 2005 eingeholt. Er ist der Einschätzung von Dr. D., dass im Vordergrund ein chronisches pseudoneurasthenisches Syndrom stünde, nicht gefolgt. Vielmehr seien eindeutige, organisch bedingte neuropsychologische Defizite nicht feststellbar. Auch ein depressives Syndrom sei nicht als wahrscheinlich anzusehen. Vielmehr liege eine psychische Fehlentwicklung komplexer Art vor, die vorwiegend zu sekundären kognitiven Leistungseinbußen geführt habe. Im Vordergrund stehe dabei aber auch eine deutliche subjektive Überbewertung der Unfallfolgen. Auch die von Dr. D. vorgenommene Bewertung der MdE sei nicht nachvollziehbar. Exemplarisch sei darauf hinzuweisen, dass der gleichzeitige Verlust des Geschmacksempfindens nicht eine mit dem Verlust des Riechvermögens verbundene Beeinträchtigung darstelle, sondern auf einer Schädigung anderer anatomischer Strukturen beruhe. Die im Vordergrund stehenden und vom Kläger berichteten Beschwerden beruhten auf einer unfallunabhängigen psychischen Fehlentwicklung.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. D. vom 19. Oktober 2005 gemäß § 109 SGG eingeholt, in welcher dieser ausgeführt hat, gerade die subjektiven Einschätzungen seien bei der Feststellung eines pseudoneurasthenischen Syndroms von zentraler Bedeutung. Er hat aber eingeräumt, dass die psychischen Beschwerden des Klägers statt mit Anpassungsstörung mit Dysthymie zu umschreiben seien.

Auf weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat das Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M.-T. vom 22. Mai 2006 eingeholt. Sie hat u. a. eine depressive Entwicklung mit kognitiven und affektiven Störungen nach Trauma diagnostiziert und ausgeführt, sowohl nach der Bestätigung des langjährigen Hausarztes Dr. C. wie auch nach dem psychotherapeutischen Befundbericht des Dr. W. müsse davon ausgegangen werden, dass vor dem Arbeitsunfall auf psychiatrischem und neurologischem Gebiet keine behandlungsbedürftigen Störungen vorgelegen hätten. Dies bedeute, dass die jetzt bestehenden relevanten seelischen Störungen allein auf den Unfall zurückgeführt werden müssten. U. a. seien durch den Unfall eine Neigung zur stimmungsmäßigen Instabilität, eine zeitweilige Reizbarkeit, eine verminderte Stressbelastbarkeit, eine vermehrte Impulsivität, eine glaubhafte Durchschlafstörung, eine glaubhafte zumindest zeitweilige Tagesmüdigkeit und eine Kontakt- und Kommunikationsstörung, eine Irritation des Selbstbildes durch die Lokalisation der Verletzungen, eine Veränderung des Selbstverständnisses - auch in Bezug auf die Interaktion mit anderen Menschen durch die Verletzungen -, Selbstwertprobleme, ein glaubhafter totaler psychosozialer Rückzug, eine Vereinsamung, eine Freudlosigkeit, ein Gefühl der Perspektivlosigkeit seit dem Unfall und verstärkt auch durch die weiter bestehende therapierefraktäre Schmerzsymptomatik entstanden. Unfallunabhängige Ursachen für die weiter bestehende Problematik des Klägers könnten nicht festgestellt werden. Andererseits lasse sich der vormals geäußerte Verdacht auf ein postkontusionelles Syndrom bzw. ein pseudoneurasthenisches Syndrom oder aber ein hirnorganisch bedingtes Leistungsdefizit durch die jetzige gutachterliche Untersuchung weder in der Testpsychologie, noch in der psychiatrischen Exploration und unter Berücksichtigung des Normalbefundes des Neurokraniums im MRT beweisen. Nichts desto trotz seien die neuropsychiatrischen Folgen des Arbeitsunfalls als gravierend einzustufen, ob man nun von einer Somatogenese oder einer Psychogenese ausgehe. Für die depressive Entwicklung mit affektiven und kognitiven Störungen unter Berücksichtigung des chronischen, therapierefraktären Gesichtsschmerzes betrage die MdE 50 v. H. Der Verlust des Riechvermögens und die Beeinträchtigung der Geschmackswahrnehmung sowie die Gesichtsfeldeinschränkung seien mit einer MdE um 15 v. H. zu bewerten. Die Gesamt-MdE betrage 50 v. H.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Urteil des SG vom 25. November 2003 und der Bescheid vom 24. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2001 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente unter Feststellung weiterer Unfallfolgen hat.

Gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind hier, obwohl der Versicherungsfall vor Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten ist, nicht die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), sondern diejenigen des SGB VII anzuwenden. Da Arbeitsunfähigkeit und ein Anspruch auf Verletztengeld bis 8. April 1998 bestanden hat, konnte die Beklagte über den Anspruch auf Verletztenrente erstmals nach dem 1. Januar 1997 entscheiden.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (BSG, Urteil vom 4. August 1955 - 2 RU 62/54 - BSGE 1, 174, 178; BSG, Urteil vom 14. November 1984 - 9b RU 38/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 22).

Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass neben den mit Bescheid vom 24. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2001 anerkannten und zutreffend mit einer MdE um 30 v. H. eingeschätzten Unfallfolgen keine weiteren Unfallfolgen festzustellen sind.

Beim Kläger ist weder eine Persönlichkeitsstörung noch eine komplexe psychische Fehlentwicklung mit subjektiv stark empfundenen kognitiven Leistungseinbußen als weitere Unfallfolge festzustellen.

Dabei folgt der Senat im Wesentlichen dem Gutachten von PD Dr. T. vom 16. November 2002 und dessen Stellungnahmen vom 22. Oktober 2003 und 15. August 2005. PD Dr. T. hat in seinen Gutachten vom 16. November 2002 unter Auswertung des neuropsychologischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. G. vom 13. Juni 2002 ausgeführt, die vom Kläger vorgetragenen vielfachen Einschränkungen, insbesondere die Sprachschwierigkeiten, sowie die angegebenen ausgeprägten mnestischen Defizite hätten sich im Rahmen einer ausführlichen testpsychologischen Untersuchung nicht eindeutig objektivieren lassen. Wesentliche Ursache der führenden klinischen Symptome sei eine psychische Fehlentwicklung auf dem Boden einer vor dem Unfall bestehenden depressiven Entwicklung. Eindeutige Hinweise auf ein posttraumatisches hirnorganisches Syndrom hätten sich aber nicht nachweisen lassen.

Für die Unfallunabhängigkeit der depressiven Entwicklung spricht nach Einschätzung des Senats der Befundbericht des Dr. W. vom 23. Oktober 1997. Dort ist ausgeführt worden, der Kläger habe angegeben, bei ihm sei "immer alles schief gelaufen", er sei in der Herkunftsfamilie als Kind schon "der Buhmann" gewesen, habe sich immer wenig zugetraut und schwerer lernen können als seine Geschwister. Er habe sich sozial immer mehr zurückgezogen, den ganzen privaten Bereich aus seinem Leben ausgeklammert und sich als "Eigenbrötler total abgekapselt". Hieraus hat Dr. W. für den Senat nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass der Unfall die endgültige Dekompensation eines vorher schon sehr brüchigen Systems gebracht habe. Der Kläger wolle keine Arbeit annehmen, die ihm weniger einbringe als die bisherige. Wegen der Fixierung seiner Anspruchshaltung sei es ihm nicht möglich, sich eine Tätigkeit zu suchen, die seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten entspreche. So komme es zur zunehmenden Somatisierung (Gesichtsschmerzen) und einem Hineingleiten in die Rentenneurose. Bislang sei die schon vor dem Unfall bestehende depressive Entwicklung nicht berücksichtigt worden. Ein weiterer Hinweis auf eine Prämorbidität des Klägers ergibt sich aus der von der Ärztin D. unter dem 13. August 1997 verfassten sozialmedizinischen Stellungnahme zur Belastungserprobung, in welcher mitgeteilt worden ist, dass sich aufgrund fremdanamnestischer Angaben durch die Schwester des Klägers Hinweise auf eine "vorbestehende depressive Entwicklung" ergäben.

Daher hat PD Dr. T. für den Senat nachvollziehbar dargelegt, es sei sehr wahrscheinlich, dass die Ausbildung der jetzt festgestellten psychischen Fehlentwicklung in wesentlicher Weise durch vor dem Unfall bestehende Persönlichkeitsmerkmale im Sinne einer Disposition ermöglicht worden sei, da das jetzt bestehende Beschwerdebild nicht regelhaft nach ähnlichen Traumata auftrete. Ohne die zu vermutende unfallabhängige Disposition wäre das jetzige Beschwerdebild nach dem Unfall vermutlich nicht aufgetreten.

Nach Überzeugung des Senats spricht für diese Einschätzung auch der Umstand, dass eine strukturelle Hirnläsion nicht objektiviert worden ist. So hat PD Dr. T. aus den durchgeführten Electroencephalogrammen keine eindeutigen hirnorganischen Veränderungen im Rahmen des Unfallereignisses ableiten können. Damit fanden die diesbezüglichen Einschätzungen von PD Dr. R. in seinem Gutachten vom 3. Januar 2000 und von Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2000 ihre Bestätigung.

Demgegenüber folgt der Senat nicht den Beurteilungen von Dr. D. in seinem Gutachten vom 28. April 2005 und seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2005. So hat Dr. D. ausgeführt, in der Biographie des Klägers fänden sich keine Hinweise auf vor dem Unfall psychische Auffälligkeiten. Dabei hat Dr. D. die oben zitierten Ausführungen von Dr. W. vom 23. Oktober 1997 und der Ärztin D. vom 13. August 1997 nicht berücksichtigt. Ohne Begründung hat Dr. D. weiter ausgeführt, es sei davon auszugehen, das Krankheitsbild des Klägers wäre ohne die Belastung nicht entstanden. Insoweit hat PD Dr. T. in seiner Stellungnahme vom 15. August 2005 zu Recht darauf hingewiesen, die von Dr. D. vollzogene Beurteilung der Befunde sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere habe Dr. D. den von ihm erhobenen normalen electroencephalographischen Befund nicht berücksichtigt. Dasselbe gelte für die vollkommen regelrechten visuell evozierten Potentiale. Aus den Ausführungen von PD Dr. T. in seiner Stellungnahme vom 15. August 2005 geht für den Senat nachvollziehbar hervor, dass die subjektiv gefärbten Schilderungen des Klägers im Rahmen der Untersuchungssituationen nicht unkritisch für die Beurteilung der Kausalitätsfrage übernommen werden können. So hat PD Dr. T. beispielsweise dargelegt, dass die Ausführungen des Klägers, eine völlige Aufhebung des Riech- und Geschmacksvermögens liege vor, nicht den Tatsachen entsprechen dürfte. Denn das Riechen und das Schmecken würden über anatomisch vollkommen unterschiedliche Systeme wahrgenommen. Zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Riechvermögens möge es durch eine unfallbedingte Schädigung von Fasern des Nervus olfactorius beidseits gekommen sein. Der gleichzeitige Verlust des Geschmacksempfindens stelle aber nicht eine mit dem Verlust des Riechvermögens verbundene Beeinträchtigung dar, sondern beruhe auf einer Schädigung anderer anatomischer Strukturen. Die Nervenfasern, die die Geschmacksqualitäten "süß, sauer, salzig und bitter" wahrnehmen ließen, entstammten dem Hirnstamm, wanderten mit dem Nervus mandibularis, anschließend mit der Chorda tympani, einem begleitenden Nervenbündel des Nervus facialis zur Zunge. Für eine gemeinsame Schädigung der anatomisch relativ weit auseinander liegenden Nervenfasern des Riechnervens und der Geschmacksnerven hätten sich bislang keinerlei Hinweise ergeben. Auch hat Dr. G. in seinem Gutachten vom 13. Juni 2002 unter Auswertung der testpsychologischen Untersuchungen dargelegt, die vom Kläger gezeigten Testleistungen hätten nicht seinem potentiellen Leistungsvermögen entsprochen, was für eine bewusstseinsnahe Einflussnahme spreche.

Auch die Einschätzung von Dr. M.-T. in ihrem Gutachten vom 22. Mai 2006 ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Auch sie hat ohne Begründung eine depressive Entwicklung des Klägers mit kognitiven und affektiven Störungen auf das Trauma zurückgeführt. Soweit sie ausgeführt hat, wegen des Befundberichts von Dr. W. vom 23. Oktober 1997 müsse davon ausgegangen werden, vor dem Arbeitsunfall hätten auf psychiatrischem und neurologischem Gebiet keine behandlungsbedürftigen Störungen vorgelegen, kann der Senat dieser Einschätzung - wie oben bereits dargelegt - gerade nicht folgen.

Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet. Im Hinblick darauf, dass die maßgeblichen Gutachten von PD Dr. R. und PD Dr. T. hinsichtlich der Höhe der unfallbedingten MdE übereinstimmen, geht der Senat davon aus, dass die mit Bescheid vom 24. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2001 festgestellten Unfallfolgen zutreffend mit einer MdE um 30 v. H. bewertet wurden, sodass der Kläger auch keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente hat.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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