L 5 KA 5345/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 1575/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5345/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren L 5 KA 5345/05 wird auf 3.954,06 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten stehen Honorarkürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung bezüglich des Quartals 1/03 im Streit.

Die Klägerin ist als praktische Ärztin in H. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im hier streitigen Quartal 1/03 überschritt sie mit ihrer Abrechnung der Leistungen nach der Gebührennummer (GNR) 60 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) den Durchschnitt der Fachgruppe der Allgemeinmediziner um 442,28 %. Die GNR 60 betrifft nach der Leistungslegende die Erhebung des Ganzkörperstatus, einschließlich orientierender Untersuchung des ZNS und der Sinnesorgane, einschließlich Befragung, Beratung und Dokumentation. Die Kassenärztliche Vereinigung Südbaden (Rechtsvorgängerin der jetzigen KV Baden-Württemberg - Beigeladene Ziff. 1 -) stellte im Hinblick darauf am 21. Oktober 2003 beim Prüfungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Südbaden einen Antrag auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen.

Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 21. Oktober 2003) kürzte der Prüfungsausschuss mit Bescheid vom 14. Januar 2004 die Abrechnung der GNR 60 um ("netto") 128,28 Punkte je Behandlungsfall. Hieraus ergaben sich Honorarkürzungen im Gesamtumfang von 85.564,20 Punkten bzw. 3.954,06 EUR. Zur Begründung führte der Prüfungsausschuss aus, die Bruttohonoraranforderung der Klägerin liege bei einer Abweichung um 442,28 % vom Durchschnitt der Fachgruppe im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses und begründe daher die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit. Bei diesem Vergleich habe der Prüfungsausschuss bereits eine Rentnergewichtung vorgenommen. Die Auffassung der Klägerin, vor Erbringung von Leistungen nach der GNR 505 EBM sei eine Ganzkörperuntersuchung notwendig, teile der Prüfungsausschuss nicht. Er verzichte jedoch insoweit auf eine sachlich-rechnerische Berichtigung. Die vorgenommene Kürzung belasse der Klägerin eine Restüberschreitung von 50 % über dem Arztgruppendurchschnitt. Diese Restüberschreitung stelle weiterhin ein offensichtliches Missverhältnis zur Arztgruppe dar.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und macht im Wesentlichen geltend, der überdurchschnittliche Ansatz der GNR 60 EBM sei vorwiegend durch die überdurchschnittliche Anzahl untersuchter Kinder zu erklären (insgesamt 202 Behandlungsfälle im streitigen Quartal). Außerdem verfüge sie über die Zusatzbezeichnung "Naturheilverfahren". Zwar habe sie diese Zusatzbezeichnung der Beigeladenen Ziff. 1 nicht gemeldet, um ein Zusatzbudget zu erlangen. Bei Berücksichtigung dieser Zusatzqualifikation ergebe sich jedoch eine weitere Begründung zur Überschreitung des Ansatzes der GNR 60 EBM.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2005 wies der beklagte gemeinsame Beschwerdeausschuss im Regierungsbezirk Freiburg (jetzt Beschwerdeausschuss Baden-Württemberg - Kammer Freiburg -) den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen habe der Prüfungsausschuss zu Recht eine Prüfung nach Durchschnittswerten vorgenommen, obwohl sich diese Prüfung allein auf die GNR 60 EBM beschränkt habe. Denn die Leistung dieser Gebührennummer sei typisch für die in der hausärztlichen Versorgung tätige Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, da sie nicht einer bestimmten fachlichen Ausrichtung der Behandlungsweise zuzuordnen sei, sondern weitgehend unabhängig vom individuellen diagnostischen und therapeutischen Konzept des jeweiligen Arztes eingesetzt werde. Die Anzahl der die Leistung ausführenden Ärzte im Verhältnis zur Fachgruppe insgesamt sowie die Anwendungshäufigkeit bei der Klägerin und den übrigen ausführenden Ärzten ihrer Fachgruppe lasse auch einen statistischen Vergleich zu, weil im konkreten Fall verlässliche Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung möglich seien. Denn von den 1.106 Ärzten der Vergleichsgruppe hätten im streitigen Quartal 1.053 Ärzte in 13,6 % der insgesamt abgerechneten Behandlungsfälle Leistungen der GNR 60 EBM erbracht. Bei 75,7 Ansätze der GNR 60 EBM seitens der Klägerin im Vergleich zu 13,6 Ansätzen dieser GNR in der Vergleichsgruppe, bezogen jeweils auf 100 Behandlungsfälle, deute dies auf eine Unwirtschaftlichkeit hin, weil die Klägerin durchschnittlich bei jedem zweiten Patient die GNR 60 EBM angesetzt habe. Praxisbesonderheiten, die diese hohe Überschreitung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Allein mit einem hohen Kinderanteil sei die hohe Überschreitung des Ansatzes der GNR 60 EBM nicht erklärbar. Darüber hinaus habe die Klägerin selbst eingeräumt, die streitige Gebührennummer in 134 Fällen analog angesetzt zu haben, was nicht zulässig sei. Bei weiterer Berücksichtigung eines geringeren Rentneranteils in der Praxis der Klägerin im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt müsse der Ansatz dieser Gebührennummer ohnehin geringer sein, weshalb der höhere Ansatz bei den Kleinkindern jedenfalls teilweise ausgeglichen werde. Wenn deshalb der Prüfungsausschuss der Klägerin eine Überschreitung des Vergleichsgruppendurchschnitts um 50 % zugebilligt habe, seien damit Besonderheiten der Praxis der Klägerin ausreichend gewürdigt.

Hiergegen hat die Klägerin am 18. März 2005 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Eine Begründung ihres Klagebegehrens hat sie - trotz Aufforderung des Gerichts (Schreiben vom 28. Juni 2005) und Erinnerung mit Fristsetzung zuletzt bis zum 13. Oktober 2005 (Schreiben vom 5. September 2005 und vom 21. September 2005) - nicht vorgelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom 9. November 2005 hat das SG sodann die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die erfolgte Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise auf der Grundlage von § 106 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - in der hier noch maßgebenden bis zum 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, S. 2266) zu Recht erfolgt sei. Der Beklagte habe die von der Rechtsprechung des BSG hierzu entwickelten Grundsätze für die statistische Vergleichsprüfung als Regelprüfmethode (Hinweis auf BSG SozR 4 - 2500 § 106 Nr. 4 und Urteil vom 27. April 2005 - B 6 KA 39/04 R - in SozR 4-2500 § 106 Nr. 10) im angefochtenen Bescheid zutreffend und umfassend dargestellt und auch unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze zu Recht eine unwirtschaftliche Erbringung von Leistungen nach der GNR 60 EBM seitens der Klägerin im streitigen Quartal festgestellt. Nachdem die Klägerin im Klageverfahren - trotz richterlicher Aufforderung und Erinnerung mit Fristsetzung - substantiierte Einwände hiergegen nicht vorgebracht habe, hat das SG im Übrigen insoweit Bezug auf die Begründung des Bescheides der Beklagten genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Das SG hat ferner noch darauf verwiesen, dass nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte der Klägerin im Übrigen eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 50 % zugebilligt habe, damit habe er eventuellen Besonderheiten der Praxis der Klägerin ausreichend Rechnung getragen. Der Beklagte habe bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Klägerin im streitigen Quartal zu Recht auch berücksichtigt, dass deren Honorarforderungen für die Leistungen, die Bestandteil des Praxisbudgets gewesen seien, im Rahmen der Budgetüberschreitung bereits vermindert worden seien (mit Hinweis auf Urteil des BSG vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 79/03 R -) und deshalb die (Brutto-) Kürzung von 175,2 Punkten je Behandlungsfall auf (netto) 128,28 Punkte je Behandlungsfall ermäßigt. Die Klägerin habe auch im Übrigen gegen die Höhe der Kürzung keine substantiierten Einwände vorgebracht.

Die Klägerin hat gegen den ihrem Bevollmächtigten am 14. November 2005 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 14. Dezember 2005 Berufung eingelegt.

Eine Begründung der Berufung ist trotz Erinnerung mit Schreiben vom 7. Februar 2006 sowie weiteren Erinnerungen vom 27. März 2006 und 15. Mai 2006 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats am 13. Dezember 2006 nicht erfolgt. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat jedoch mit Fax vom 14. Dezember 2006 schriftliche Ausführungen zur Auslegung und Anwendung von GNR 60 EBM gemacht.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2005 sowie den Bescheid des Beklagten vom 17. Februar 2005 aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladenen (Nr. ?) beantragt/beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte auf Grund der Zustimmung aller Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 14. Dezember 2006 bot keinen Anlass, erneut eine Entscheidung des Senats herbeizuführen, weil dieser Schriftsatz für die Entscheidung des Senats weder rechtlich relevante Ausführungen enthält noch neue, bisher nicht bekannte Tatsachen. Er bleibt rechtlich wie tatsächlich hinter den eigenen Ausführungen der Klägerin in ihren Schreiben vom 31.10.2003 und 9.2.2004 zurück.

II.

Gegenstand des Verfahrens ist hier allein der Bescheid des Beschwerdeausschusses vom 17. Februar 2005 (Beschluss vom 15. Dezember 2004), der an die Stelle des Bescheides des Prüfungsausschusses tritt.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Der Beschwerdewert in Höhe von 500,00 EUR ist überschritten. Im Streit stehen Honorarkürzungen in Höhe von 3.954,06 EUR.

III.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die vom Beklagten vorgenommene Honorarkürzung im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist nicht zu beanstanden. 1. Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG - vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode (stRspr, s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 4 RdNr. 5, mwN). Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen der Fachgruppe oder mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zu dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, ihn nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (stRspr, zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 RdNr. 8, mwN; so bestätigte mit Urteil vom 23. Februar 2005 in SozR 4-2500 § 106 Nr. 8). a.) Die Prüfgremien sind jedoch berechtigt und verpflichtet, ausnahmsweise auch andere Prüfmethoden anzuwenden oder neu zu entwickeln, wenn sich im Einzelfall die Prüfung nach Durchschnittswerten als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar erweist ( BSGE 75, 220 , 224 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 24 S 135; BSGE 84, 85 , 86 f = SozR 3-2500 § 106 Nr. 47 S 250 f; SozR aaO Nr. 55 S 310 f). Im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung hat der 6. Senat des BSG allerdings betont, dass plausible Gründe vorliegen müssen, um von einer Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten abzusehen ( BSGE 77, 53 , 58 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 33 S 189). So ist als Voraussetzung für die Anwendung eines sog Vertikalvergleichs verlangt worden, dass einem Horizontalvergleich nach Durchschnittswerten die Grundlage entzogen ist, weil entweder der zu prüfende Arzt eine unvergleichbare individuelle Praxisausrichtung hat oder weil dessen Grundannahme, die Vergleichsgruppe handele im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich, nicht zutrifft ( BSGE 84, 85 , 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 47 S 250; SozR aaO Nr. 55 S 308). Das BSG hat zudem klargestellt, dass generelle Bedenken der Prüfgremien gegen die Geeignetheit der Regelprüfmethode einer statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten keine Rechtfertigung dafür sein können, zu der Methode einer repräsentativen Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung überzugehen. Deshalb ist die Begründung, eine repräsentative Einzelfallprüfung führe zu einem genaueren und gerechteren Ergebnis als die Prüfung nach Durchschnittswerten, als Überschreitung der Grenzen des Beurteilungsspielraums zurückgewiesen worden ( BSGE 77, 53 , 56 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 33 S 187; siehe auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr.8).

b.) Darüber hinaus geht der 6. Senat des BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten nicht nur hinsichtlich des Gesamtfallwertes, sondern unter der Voraussetzung einer hinreichenden Vergleichbarkeit ebenso auch zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Ansatzes einer einzelnen Leistungsposition bzw. mehrerer zu Leistungssparten zusammengefasster Leistungspositionen des EBM herangezogen werden kann (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 RdNr. 9 mwN; zur Bestimmung der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei Einzelleistungsprüfungen s auch Urteil vom 23. Februar 2005, B 6 KA 79/03 R - juris). Die Prüfung nach Durchschnittswerten setzt allerdings voraus, dass die Vergleichsgruppe ausreichend groß und hinreichend homogen zusammengesetzt ist, um statistisch aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 36 S 204; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 2 RdNr. 11 ff). Die Kriterien der Homogenität und der Größe einer Vergleichsgruppe stehen dabei in einer Wechselbeziehung zueinander in dem Sinne, dass eine Gruppe um so größer sein muss, je weniger homogen sie ist, während für sehr homogene Gruppen auch kleine Zahlen ausreichend sein können (Clemens in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 35 RdNr. 58; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2004, K § 106 RdNr 333 f). In diesem Sinne hat das BSG für den statistischen Vergleich von Röntgenleistungen bei Internisten eine Gruppengröße von neun Ärzten mit derselben Röntgengenehmigung für ausreichend erachtet ( BSG, Urteil vom 27. April 1982 - 6 RKa 7/79 = USK 82196). Bei Pathologen hat die Instanzrechtsprechung im Hinblick auf deren hohe Fallzahlen bereits eine aus sieben bis neun Praxen bestehende Vergleichsgruppe genügen lassen (vgl Engelhard in Hauck/Noftz, aaO RdNr 334).

c.) Die arztbezogene Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten ist nicht nur hinsichtlich eines erhöhten Gesamtfallwerts einschlägig. Unter der Voraussetzung einer hinreichenden Vergleichbarkeit ist - wie bereits ausgeführt - eine Prüfung gleichermaßen zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Ansatzes einzelner Leistungspositionen bzw. mehrerer zu Leistungssparten zusammengefasster Leistungspositionen der Bewertungsmaßstäbe heranzuziehen (so schon BSGE 71, 194 , 196 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 15 S 88; BSGE 74, 70 , 71 = SozR aaO § 106 Nr. 23 S 124; SozR aaO Nr. 55 S 306 mwN, BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 3). Namentlich dann, wenn die Gesamtfallkosten nur wenig über dem Durchschnitt der Fachgruppe liegen, muss bei den in den Blick genommenen Einzelleistungen allerdings geprüft werden, ob sich ein aus den Vergleichszahlen abgeleiteter Anschein der Unwirtschaftlichkeit durch weitere Umstände bestätigen lässt oder mit zu großen Unsicherheiten behaftet ist (vgl. zB BSGE 71, 194 , 199 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 15 S 91; SozR aaO Nr. 36 S 206). Daraus folgt zwar nicht, dass bei einem im Vergleich zur Fachgruppe unauffälligen Gesamtkostendurchschnitt eine unwirtschaftliche Erbringung von Einzelleistungen ausgeschlossen wäre oder unbeanstandet gelassen werden müsste; ein Vertragsarzt ist nämlich verpflichtet, in dem Sinne umfassend wirtschaftlich zu behandeln, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot auch in jedem Teilbereich seiner Tätigkeit gewahrt ist (vgl. BSGE 71, 194 , 199, 201 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 15 S 91 und 93; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 42 S 232). Ein statistischer Einzelleistungsvergleich setzt aber voraus, dass davon Leistungen betroffen sind, die für die gebildete Vergleichsgruppe typisch sind und zumindest von einem größeren Teil der Fachgruppenmitglieder regelmäßig in nennenswerter Zahl erbracht werden (vgl. BSGE 71, 194 , 196 f = SozR 3-2500 § 106 Nr. 15 S 88 f; BSGE 74, 70 , 76 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 23 S 130; BSGE 76, 53 , 57 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 26 S 148). Hinsichtlich konkret der GNR 18 EBM hat hierzu das BSG im Urteil vom 16. Juli 2003 (SozR 4-2500 § 106 Nr.3) ausgeführt, dass der Beklagte im dortigen Verfahren dies hier in beanstandungsfreier Weise im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums (s dazu allgemein BSGE 71, 194 , 197 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 15 S 88; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 31 S 177) angenommen habe.

d.) Bei der Beurteilung des entscheidungserheblichen Sachverhalts steht den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu. Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich hierbei auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden, ob der Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Die angestellten Erwägungen müssen, damit sie auf ihre sachliche Richtigkeit und auf ihre Plausibilitätenvertretbarkeit geprüft werden können, im Bescheid genannt werden oder jedenfalls für die Beteiligten und das Gericht erkennbar sein (vgl. zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 25 m.w.N.; ständige Rechtsprechung).

2. Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze ist die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.

Die Klägerin liegt bei der GNR 60 EBM deutlich über dem Durchschnitt ihrer Fachgruppe (nämlich 442,28 %). Dies legt die Vermutung für Unwirtschaftlichkeit nahe. Die Klägerin hat dies auch nicht widerlegen können.

a.) Der Beklagte ist bei dem hier vorgenommenen Horizontalvergleich zu Recht von der Gruppe der Allgemeinärzte ausgegangen. Denn die Klägerin ist als praktische Ärztin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und gehört damit dieser Fachgruppe an. Diese Fachgruppe bildet grundsätzlich die geeignete Vergleichsgruppe.

Die Vergleichsgruppe der Allgemeinärzte ist auch ausreichend groß als statistische Basis für den durchzuführenden Vergleich. Sie umfasste in dem hier streitigen Quartal 1/03 1106 Ärzte, von denen 1053 Ärzte die Leistung nach GNR 60 EBM auch erbracht haben und zwar in 13,6% der Fälle. Die Klägerin liegt mit ihrer Fallzahl von 667 im Vergleich zu ihrer Fachgruppe mit einer Fallzahl von 903 zwar deutlich darunter, die Zahl ist mit über 70 % der Fachgruppenfallzahl aber ausreichend groß und steht somit einem Vergleich mit der Fachgruppe insoweit nicht entgegen.

b.) Unter Berücksichtigung auch der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG war die vom Beklagten vorgenommene Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Ansatzes einer einzelnen Leistungsposition (hier GNR 60 EBM) nicht zu beanstanden. Denn die hier betroffene Leistung nach GNR 60 EBM ist für die gebildete Vergleichsgruppe der hausärztlichen Allgemeinärzte typisch und wird vom überwiegenden Teil der Fachgruppenmitglieder (1053 von 1106 Ärzten) regelmäßig in nennenswerter Zahl erbracht.

Die Überschreitung der Klägerin hinsichtlich der Abrechnung der GNR 60 EBM gegenüber der Vergleichsgruppe beträgt 442,28%. Es unterliegt hier keinem Zweifel, dass eine solche Überschreitung weit im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liegt, das in der Regel bei einer Überschreitung von 50% bereits angenommen wird. Die Klägerin hat bezogen auf 100 Fälle 75,7 mal im Vergleich zur Vergleichsgruppe mit 13,6 mal die GNR 60 EBM angesetzt.

c.) Insbesondere bestehen keine Praxisbesonderheiten, die diese Abweichung rechtfertigen könnten. Denn wie der Beklagte zu Recht ausgeführt hat, ist der geltend gemachte hohe Kleinkinderanteil, der nach den Angaben der Klägerin für den hohen Ansatz der GNR 60 EBM verantwortlich sein soll, zumindest teilweise durch den deutlich unterdurchschnittlichen Rentneranteil bei der Klägerin (nämlich 14,2 % gegenüber 29,6 % bei der Fachgruppe der hausärztlichen Allgemeinmediziner bzw. in Fallzahlen bei der Klägerin 95 Rentner bei insgesamt 667 Fällen gegenüber 267 Rentnern bei 903 Fällen in der Fachgruppe) ausgeglichen, sodass dieser Kleinkinderanteil die Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes um mehr als 400 % bei der GNR 60 EBM nicht erklären und rechtfertigen kann. Der Beklagte hat in dem Zusammenhang auch zu Recht darauf hingewiesen, dass selbst die Fachgruppe der Kinderärzte die Leistung nach GNR 60 EBM (lediglich) 55,4-mal auf 100 Fälle zum Ansatz bringt. Setzt man weiter aber diesen Wert bei den 80 von der Klägerin behandelten Kindern bis zum Alter von sechs Jahren zu Grunde, ergebe dies eine Behandlung in 44 Fällen. Zieht man nun diese 80 behandelten Kinder von den insgesamt 667 behandelten Patienten ab, verbleiben noch 587 Patienten. Bei einem Ansatz von 505-mal der GNR 60 EBM abzüglich der errechneten 44 Ansätze verblieben danach noch 461 Ansätzen, was dann einen Ansatz der GNR 60 EBM von 78,5-mal auf 100 Fälle ergebe. Der Beklagte hat im Hinblick darauf zu Recht darauf verwiesen, dass hier ganz offensichtlich insgesamt unwirtschaftlich gearbeitet wird und die behaupteten hohen Zahlen von behandelten Kleinkindern überhaupt nicht die Ursache für den überproportional hohen Ansatz der GNR 60 EBM sein können. Die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 31.10.2003 im Übrigen nach Abzug der durch Kinder bedingten Untersuchungen selbst noch eine Abweichung um 181 % für Erwachsene eingeräumt. Im Übrigen müsste eine Praxisbesonderheit beruhend auf einem besonderen Patientengut über mehrere Quartale hervortreten. Die Klägerin hat jedoch offenbar nur in dem beanstandeten Quartal bei vergleichbarem Patientengut die GNR 60 in erheblich unwirtschaftlichem Maße abgerechnet.

Soweit der Beklagte in dem Zusammenhang sich nicht weiter mit der Einlassung der Klägerin auseinander gesetzt hat, sie habe die GNR 60 EBM in 134 Fällen analog angewandt (i. V. m. der GNR 505 EBM), brauchte dies der Senat hier nicht weiter zu prüfen. Das BSG (siehe etwa Urteil vom 27. April 2005 - B 6 KA 39/04 R - in SozR 4-2500 § 106 Nr. 10) hat die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung im ärztlichen wie im zahnärztlichen Bereich stets für berechtigt gehalten, auch außerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung liegende sachlich-rechnerische Berichtigungen der Honorarabrechnung eines Vertrags(zahn)arztes dann vorzunehmen, wenn sich die Notwendigkeit dazu im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nachträglich ergibt und der Frage der Berechnungs- bzw. Verordnungsfähigkeit im Verhältnis zur Wirtschaftlichkeit keine derart überragende Bedeutung zukommt, dass eine Abgabe an die Kassenärztliche Vereinigung/Kassenzahnärztliche Vereinigung geboten ist (mit Hinweis auf BSG SozR 3-2005 oder § 106 Nr. 29 S. 163 m. w. N.). Die Zubilligung einer derartigen "Randzuständigkeit" aus verfahrensökonomischen Gründen begegnet nach Auffassung des BSG angesichts der ohnedies bestehenden Überschneidungen zwischen beiden Prüfbereichen keinen durchgreifenden rechtsstaatlichen Bedenken. Eine "randscharfe" Abgrenzung und Trennung zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf der einen und sachlich-rechnerischer Richtigstellung auf der anderen Seite sei praktisch oftmals gar nicht möglich, und die Prüfgremien könnten deshalb häufig auf Grund einer Wahlfeststellung zwischen unzutreffender gebührenordnungsmäßiger Abrechnung und unwirtschaftlicher Behandlung zu einer Honorarkürzung gelangen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 10 mit Hinweis auf BSGE 71, 194, 200 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 15 S. 92). Insoweit ist daher nicht zu beanstanden, dass der Beklagte hier nicht im Wege einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung eine weitere Prüfung durchgeführt hat, sondern diesen Bereich im Rahmen der auf Grund der Wirtschaftlichkeitsprüfung vorgenommenen Honorarkürzung im Ergebnis einbezogen hat.

d.) Ebenso wenig stehen dieser überproportionalen Abrechnung der GNR 60 EBM berücksichtigungsfähige kompensatorische Einsparungen gegenüber. Eine Kompensation durch Abrechnung einer anderen GNR in entsprechend niedrigerem Umfang hat die Klägerin selbst nicht vorgebracht. Zwar sind die Arzneikosten bei der Klägerin im Vergleich zu ihrer Fachgruppe unterdurchschnittlich (bei den Mitgliedern 24,4 %, bei den Familienmitgliedern 14,2 % und bei den Rentnern 41,4 % weniger gegenüber der Fachgruppe, insgesamt im Durchschnitt 31,1 % unter der Fachgruppe). Dies kann aber nicht mit dem überproportional hohen Ansatz der GNR 60 EBM erklärt werden. Denn eine Ganzkörperuntersuchung kann den Einsatz von Arzneimitteln nicht ersetzen, sofern diese eben notwendig sind. Die niedrigeren Arzneikosten sind allenfalls ein Hinweis darauf, dass die Klägerin wohl zum einen - insoweit verantwortungsvoller - die Frage der Notwendigkeit der Verschreibung von Medikamenten prüft. Zum anderen aber dürfte der niedrigere Arzneikostenanteil in erster Linie seinen Grund im deutlich niedrigeren Rentneranteil haben, da erfahrungsgemäß ältere Patienten einen höheren Medikamentenbedarf haben als jüngere, folglich schon im Hinblick auf die "jüngere" Patientenstruktur die niedrigeren Arzneikosten ihren Grund haben dürften.

e.) Wie im Übrigen bereits vom SG ausgeführt, ist es darüber hinaus auch nicht zubeanstanden, dass der Beklagte der Klägerin eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 50 % (nach wie vor) zugebilligt hat. Damit hat er im Übrigen auch eventuellen Besonderheiten ihrer Praxis ausreichend Rechnung getragen. Dass der Beklagte bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Klägerin im streitigen Quartal auch berücksichtigt hat, dass deren Honorarforderung für Leistungen, die Bestandteile des Praxisbudgets gewesen sind, im Rahmen der Budgetüberschreitung bereits vermindert worden ist (siehe hierzu Urteil des BSG u. a. vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 79/03 R -), und deshalb die (Brutto-) Kürzung von 175,2 Punkten je Behandlungsfall auf (netto) 128,28 Punkte je Behandlungsfall ermäßigt hat, ist nicht zu ihren Lasten rechtswidrig. Die Klägerin hatte nämlich ihr Praxisbudget in Höhe von 440.384,7 Punkte gegenüber angeforderten Punkten in Höhe von 686,845 um 246.460,3 Punkte (oder 64,12 %) überschritten.

Aus diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Der festgesetzte Streitwert entspricht dem Kürzungsbetrag.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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