L 4 RA 32/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 RA 4059/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RA 32/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Antrag auf Beitragserstattung eines vorübergehend in Deutschland beschäftigten Japaners; Ende des Beschäftigungsverhältnisses vor Inkrafttreten des deutsch-japanischen Sozialversicherungsabkommens (1.Februar 2000), statthafter Antrag auf Beitragserstattun
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Dezember 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Rentenversicherung für den Zeitraum 1. Juli 1992 bis 24. Juli 1998.

Der 1965 in T geborene Kläger ist japanischer Staatsangehöriger. Vom 1. Juli 1992 bis zum 24. Juli 1998 war er bei der M & Co. Deutschland GmbH in D beschäftigt. Für den gesamten 73-monatigen Beschäftigungszeitraum wurden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Am 16. August 1999 beantragte der inzwischen wieder in Japan lebende Kläger erstmals bei der Beklagten die Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung. Dabei legte er folgende "Vereinbarung" mit seiner Arbeitgeberin vom 1. Juli 1992 vor: " wird hiermit vereinbart, dass der Arbeitgeber von seinem Abzugsrecht nach § 119 Abs. 1 AVG keinen Gebrauch macht, sondern zusätzlich zu den jeweils zu gewährenden Bar- und Sachbezügen nebst den Lohn- bzw. Einkommenssteuerbeträgen als weiteren Gehaltsbestandteil auch die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung übernimmt. Dies geschieht bezüglich der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung jedoch mit der Maßgabe, dass der Arbeitnehmer diese Gehaltsteile zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses an den Arbeitgeber in der Höhe des Anspruchs auf Beitragserstattung gemäß § 82 AVG zurückzuzahlen hat. Die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers kann dadurch erfüllt werden, dass der Arbeitnehmer den Beitragserstattungsanspruch zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses an den Arbeitgeber abtritt."

Gleichzeitig legte der Kläger einen "Abtretungsvertrag" vom 24. Juli 1998 vor, mit dem er seinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte an seine ehemalige Arbeitgeberin abtrat.

Diesen ersten Antrag auf Beitragserstattung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. August 1999 ab, weil seit dem Ausscheiden des Klägers aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate noch nicht abgelaufen seien. Ende der Frist sei der 31. Juli 2000.

Einen zweiten Antrag auf Beitragserstattung stellte der Kläger am 28. August 2000. Diesen lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 9. Oktober 2000 mit der Begründung ab, dass der Kläger das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung besitze. Unerheblich sei, ob tatsächlich freiwillige Beiträge gezahlt würden. Das Recht zur freiwilligen Versicherung resultiere aus dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan am 20. April 1998 abgeschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit, das am 1. Februar 2000 in Kraft getreten sei. Sei bei japanischen Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Japan die gesetzliche 24-monatige Wartefrist (seit Wegfall der deutschen Versicherungspflicht) erst nach dem Inkrafttreten des Abkommens abgelaufen, so komme es nur dann zu einer Beitragserstattung, wenn – anders als beim Kläger – weniger als 60 Monate Beiträge in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt worden seien.

Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass sein Erstattungsanspruch dem Grunde nach schon im Jahre 1998 entstanden sei, als die Versicherungspflicht geendet habe. Das Abwarten der 24-monatigen Frist stelle nur eine formale Angelegenheit dar. Das Zufallsdatum des Inkrafttretens des deutsch-japanischen Sozialversicherungsabkommens dürfe nicht den Ausschlag geben.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Nach § 210 SGB VI sei einem Versicherten auf Antrag die Hälfte der gezahlten Beiträge u. a. nur dann zu erstatten, wenn die Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung entfallen sei und kein Recht zur freiwilligen Versicherung bestehe. Mit dem Inkrafttreten des Abkommens über soziale Sicherheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan am 1. Februar 2000 seien japanische Staatsangehörige, die sich gewöhnlich in Japan aufhalten, nach Nr. 6 c des Protokolls zum Abkommen zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung berechtigt, wenn sie – wie der Kläger – für mindestens 60 Monate deutsche Beitragszeiten zurückgelegt hätten. Der Kläger erfülle aufgrund seiner ununterbrochenen Beitragsleistung vom 1. Juli 1992 bis zum 24. Juli 1998 diese Voraussetzung, so dass ein Anspruch auf Beitragserstattung nicht bestehe. Die Möglichkeit der Beitragserstattung habe entgegen dem Widerspruchsvorbringen zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Der Antrag auf Beitragserstattung sei eine materiell-rechtliche Voraussetzung. Der Anspruch werde im Zeitpunkt der Antragstellung fällig, wenn die übrigen Voraussetzungen vorlägen. Bei Stellung des ersten Erstattungsantrages am 16. August 1999 hätten noch nicht alle Voraussetzungen für die Beitragserstattung vorgelegen, weil die Wartefrist von 24 Kalendermonaten erst am 31. Juli 2000 abgelaufen sei. Es sei keine Unterscheidung zu treffen zwischen der Entstehung des Anspruchs im Zeitpunkt des Entfallens der Versicherungspflicht und der Möglichkeit der Geltendmachung nach Ablauf der Zweijahresfrist. Maßgeblich sei allein, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Voraussetzungen für die Beitragserstattung erfüllt seien. Der Antrag könne zwar vor Ablauf der 24-monatigen Wartefrist gestellt werden, jedoch entstehe der Erstattungsanspruch erst nach Ablauf der Frist. Aus diesen Gründen – Ablauf der Wartefrist erst am 31. Juli 2000 – habe der im Jahre 1999 vorfristig gestellte Antrag auch abgelehnt werden müssen.

Mit der am 22. Juni 2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, sein Beitragserstattungsanspruch sei dem Grunde nach schon nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses und seinem Rückgang nach Japan entstanden. Es hätten lediglich noch 24 Monate Wartefrist abgewartet werden müssen; früher habe diese Wartefrist nur 6 Monate betragen. Das Inkrafttreten des Sozialversicherungsabkommens zum Zufallsdatum 1. Februar 2000 habe nichts mehr am Lauf der Wartefrist und am bereits dem Grunde nach entstandenen Erstattungsanspruch ändern können. Mit ihrem Standpunkt bürde die Beklagte dem betroffenen Personenkreis eine Doppelversicherung in Japan und in Deutschland auf. Bei einer Zweckmäßigkeitsprüfung hätte der Widerspruchsbescheid anders ausfallen müssen, zumal die Beklagte jedenfalls die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung behalten dürfe. Im Falle des Klägers sei die Wartefrist zum größten Teil schon abgelaufen gewesen, als das Sozialversicherungsabkommen in Kraft getreten sei. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten beeinträchtige rückwirkend die Disposition, die der Kläger im Benehmen mit seiner Arbeitgeberin habe treffen dürfen.

Mit Urteil vom 8. Dezember 2003 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zu Recht habe die Beklagte die Beitragserstattung abgelehnt, denn die Voraussetzungen des allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 210 SGB VI seien nicht vollständig erfüllt. Maßgeblich sei, dass der Kläger auf der Grundlage von Ziffer 6 Buchst. c des Protokolls zum deutschen-japanischen Sozialversicherungsabkommen in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 1 des Abkommens ein Recht auf freiwillige Weiterversicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung besitze, weil er bereits für mehr als 60 Monate Beiträge entrichtet habe. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei insoweit der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Weder das SGB VI noch das deutsch-japanische Sozialversicherungsabkommen enthielten Ausnahmevorschriften zu Gunsten derjenigen Versicherten, die bereits vor dem Jahre 2000 einen Antrag auf Beitragserstattung gestellt oder vor diesem Zeitpunkt eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland beendet hätten. Daraus folge, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach dem aktuell geltenden Recht nicht bestehe. Es verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip, wenn das einfache Recht für einen Fall wie denjenigen des Klägers keine Ausnahmeregelung vorsehe. Es handele sich um so genannte unechte Rückwirkung, weil der Anspruch als solcher in der Vergangenheit noch nicht durchsetzbar entstanden sei. Die Beklagte habe zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger vor dem Inkrafttreten des deutsch-japanischen Sozialversicherungsabkommens keinen Anspruch auf Beitragserstattung gehabt habe, weil die 24-monatige gesetzliche Wartefrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Insoweit habe nur eine Anwartschaft bestanden. Der Anspruchserwerb sei vor Ablauf der 24-monatigen Frist noch nicht beendet gewesen. Grundsätzlich liege es im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, welche Rechtsfolgen er an Tatbestände knüpfen wolle, die zwar ihre Wurzel auch in der Vergangenheit hätten, aber noch nicht abgeschlossen seien. Das deutsch-japanische Sozialversicherungsabkommen habe dem Kläger keinen bestehenden Anspruch entzogen, sondern nur die Möglichkeit zum Anspruchserwerb. Besondere Vertrauensschutzgesichtspunkte, welche die Rechtsänderung für die Betroffenen unzumutbar erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Dem Arbeitnehmer würden seine Beitragszeiten durch das Inkrafttreten des Abkommens auch nicht vollständig genommen. Anstelle des Anspruchs auf Beitragsrückerstattung trete vielmehr bei Überschreiten der Mindestversicherungszeit von 60 Monaten ein Leistungsanspruch im Versicherungsfall. Der Kläger könne nunmehr damit rechnen, ab dem 65. Lebensjahr Regelaltersrente von der Beklagten zu beziehen. Seine Ansprüche seien danach nicht völlig entwertet worden, sondern nur anders ausgestaltet, weshalb auch keine Rede von einem übermäßigen Eingriff sein könne.

Gegen das ihm am 18. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. März 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung vertieft er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Problemkreis liege noch nicht vor. Das Sozialgericht verkenne, dass der Anspruchserwerb vollzogen gewesen sei, nur sei die Leistung vor Ablauf von 24 Kalendermonaten noch nicht fällig gewesen. Es könne nicht sein, dass bei einem Sachverhalt, bei dem die 24- Monatsfrist schon so weit fortgeschritten sei, die Dinge nun gewissermaßen auf den Kopf gestellt würden. Die Beklagte müsse auch berücksichtigen, welche Dispositionen Arbeitgeber und Beschäftigter mit Blick auf eine eindeutige Rechtslage getroffen hätten. Sofern die Auslegung der Beklagten zutreffend sei, gebiete das Willkürverbot aus Art. 3 Grundgesetz jedenfalls die Anwendung einer Übergangsregelung. Der Erstattungsanspruch sei ein eigentumsbegründendes Recht, das nach Ablauf der Wartezeit zum Vollrecht erstarke.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Dezember 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die während seiner Beschäftigung in Deutschland vom 1. Juli 1992 bis zum 24. Juli 1998 geleisteten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung der Entscheidungsfindung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht durfte über die Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr ausdrückliches Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Dezember 2003 ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Das Sozialgericht beurteilt die Sach- und Rechtslage zutreffend. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum 1. Juli 1992 bis 24. Juli 1998. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind nicht erfüllt.

Der Kläger ist befugt, den Prozess im eigenen Namen zu führen, auch wenn er gegenüber seiner ehemaligen Arbeitgeberin die Abtretung seines Beitragserstattungsanspruchs erklärt hat. Ob die Abtretung, gemessen an § 53 SGB I, überhaupt wirksam ist, lässt der Senat hierbei ausdrücklich offen. Die Arbeitgeberin konnte und sollte mit der Abtretung nur das - künftige - festgestellte Recht auf Beitragserstattung erwerben, nicht aber in die gesamte Rechtsstellung des Klägers aus dem Sozialrechtsverhältnis eintreten. Dem Kläger verblieb vielmehr aus dem Sozialrechtsverhältnis zur Beklagten das Recht, den angeblichen Anspruch auf Beitragserstattung - nunmehr zu erfüllen gegenüber der Arbeitgeberin - im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren geltend zu machen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2006. B 1 KR 24/05 R, Rdnr. 11).

Die in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ergibt sich aus dem am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen § 210 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI i.d.F. des Gesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1461). Der Kläger hat den hiernach erforderlichen Antrag am 28. August 2000 wirksam gestellt. Dieser Antrag, der eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung und keine Fälligkeitsregelung ist, lässt den Anspruch entstehen, sobald er wirksam gestellt ist und sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Maßgeblich hierfür ist die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Sach- und Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2000, B 4 RA 57/98 R, SozR 3-2600 § 210 Nr. 2, S. 5; Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 29. Juni 2001, L 1 RA 30/00 und Urteil vom 29. August 2001, L 17 RA 65/00; Urteil des Senats vom 30. April 2004, L 5 RA 16/01 [die drei letztgenannten ebenfalls in Beitragserstattungsstreitigkeiten japanischer Arbeitnehmer]). Nach § 210 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 5 SGB VI sind den Versicherten auf Antrag die für die Zeit nach dem 20. Juni 1948 (nach der Währungsreform) im Bundesgebiet gezahlten Beiträge unter den Voraussetzungen zu erstatten, dass sie nicht versicherungspflichtig sind und das Recht zur freiwilligen Versicherung nicht haben. Nach § 210 Abs. 2 Satz 1 SGB VI erfolgt die Erstattung nur, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist.

Zwar waren bei Antragstellung am 28. August 2000 mehr als 24 Monate seit Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses (24. Juli 1998) vergangen; auch unterlag der nun in Japan aufhältliche Kläger seitdem nicht wieder der Versicherungspflicht. Der Anspruch auf Beitragserstattung scheitert jedoch daran, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung – wie die Beklagte und das Sozialgericht Berlin zutreffend erkannt haben – ein Recht zur freiwilligen Versicherung besaß (und noch immer besitzt). Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht dieses Recht nur, wenn die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Der Kläger wies bei Antragstellung Beitragszeiten von 73 Kalendermonaten auf und erfüllte so die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI. Das Recht zur freiwilligen Versicherung besteht auch für den Kläger als in Japan lebenden japanischen Staatsangehörigen, weil Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan über soziale Sicherheit vom 20. April 1998 dies so vorsieht. Nr. 6 Buchstabe c) des Protokolls zu diesem Abkommen bestimmt insoweit ergänzend – letztlich nur deklaratorisch und in Übereinstimmung mit dem deutschen Recht -, dass japanische Staatsangehörige, die sich im Hoheitsgebiet von Japan gewöhnlich aufhalten, zur freiwilligen Rentenversicherung in der deutschen Rentenversicherung berechtigt sind, wenn sie zu dieser für mindestens 60 Monate Beiträge wirksam entrichtet haben.

Wie das Sozialgericht in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, liegt in dem Recht zur freiwilligen Versicherung bzw. in dem zu erwartenden Rentenanspruch bei Eintritt in das Rentenalter nicht etwa eine einseitige Belastung, sondern eine Wohltat zu Gunsten des Versicherten. Zwar mögen die vom Kläger und seiner Arbeitgeberin bei Abschluss des Arbeitsvertrages getroffenen Vergütungsdispositionen vorausgesetzt haben, dass es eines Tages zu einem Anspruch auf Beitragserstattung komme, so dass dem Kläger ein höheres Nettoentgelt erbracht wurde und die Arbeitgeberin die Erwartung hatte, sich später über die Abtretung des Anspruchs auf Beitragserstattung teilweise schadlos halten zu können. Gleichzeitig war zu keinem Zeitpunkt auszuschließen, dass der Kläger über den Abschluss eines bilateralen völkerrechtlichen Vertrages das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung erwerben würde. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage (das avisierte Recht auf Beitragserstattung) geht insoweit zu Lasten der Arbeitgeberin bzw. des Klägers, der keine rechtliche Möglichkeit hat, seine Verpflichtung gegenüber seiner ehemaligen Arbeitgeberin zu erfüllen. Verfassungsrechtlich ist dies nicht zu beanstanden (ebenso: Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 29. Juni 2001, L 1 RA 30/00). Ein verfassungswidriger Eingriff in das Recht auf Eigentum, Art. 14 Abs. 1 GG, liegt nicht vor, denn stets mussten die Beteiligten davon ausgehen, dass das Recht auf Beitragserstattung sich einmal nach der Sach- und Rechtslage beurteilen würde, wie sie im Zeitpunkt der Antragstellung besteht. Rechtssicherheit im Sinne einer für die Zukunft garantierten Beitragserstattung gab es nicht, als Kläger und Arbeitgeberin im Juli 1992 und Juli 1998 ihre im Tatbestand zitierten Vereinbarungen trafen. Insoweit bestand vor statthafter Beantragung der Beitragserstattung bestenfalls eine Anwartschaft, keineswegs aber ein von Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Vollrecht. Eine Verletzung von Vertrauensschutz kann der Senat daher nicht erkennen, weil Vertrauensschutz sich nur auf bereits erworbene Rechte erstrecken kann. Nichts anderes gilt unter dem Aspekt der Rückwirkung. Gegen das Vorliegen verbotener Rückwirkung durch Inkrafttreten des Abkommens über soziale Sicherheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan am 1. Februar 2000 spricht schon, dass dieses dem Kläger vor allen Dingen die Wohltat des Rechts auf freiwillige Versicherung in der deutschen Rentenversicherung eingebracht hat. Sofern damit gleichzeitig die Möglichkeit einer Beitragserstattung weggefallen ist, liegt allenfalls eine unechte Rückwirkung vor. Echte und rechtsstaatlich bedenkliche Rückwirkung liegt nämlich nur vor, wenn der Gesetzgeber in vor Inkrafttreten der Neuregelung abgeschlossene Tatbestände eingreift und dadurch die Rechtsposition des Bürgers mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1971, 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272). Unechte Rückwirkung ist demgegenüber oftmals nicht vermeidbar und unterliegt grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken. Eine solche liegt vor, wenn eine belastende Rechtsnorm zwar nicht auf vergangene, aber auch nicht nur auf zukünftige, sondern auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte oder Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im Ganzen entwertet (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 23. März 1971, 2 BvL 2/66 u.a., BVerfGE 30, 367). Gerade weil dem Kläger mit den Regelungen im deutsch-japanischen Sozialversicherungsabkommen in Gestalt des Rechts auf freiwillige Versicherung eine erhebliche Begünstigung erwachsen ist, hält der Senat es für unbedenklich, dass die Erwartung – vor allem der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers – auf das Recht zur Beitragserstattung nachträglich enttäuscht wird. Angesichts dessen bedurfte es auch keiner Übergangsregelung, um den Abkommensregelungen zur Verhältnismäßigkeit zu verhelfen.

Letztlich verkennt der Kläger den begrenzten Normzweck der Beitragserstattung. Diese soll nur dann greifen, wenn bei Ablauf der Wartefrist weder Versicherungspflicht noch Versicherungsberechtigung bestehen. Wenn der Kläger hingegen kraft Abkommensrechts den Rechtsvorteil der Versicherungsberechtigung in der deutschen Rentenversicherung erlangt, dann ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, ihm wahlweise die Möglichkeit der Beitragserstattung weiter offen zu halten.

Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ergibt sich nichts anderes daraus, dass § 210 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der vom 1. Januar 1992 bis zum 27. September 1996 geltenden Fassung vorsah, dass der Antrag auf Beitragserstattung schon sechs Monate nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht gestellt werden durfte. Ihrem Vertrag vom 1. Juli 1992 legten der Kläger und seine Arbeitgeberin offenbar die (schon außer Kraft getretene) 24-Monats-Regelung in § 82 Abs. 1 Satz 3 AVG zugrunde. Diese trat auch am 28. September 1996 wieder in Kraft, mithin zwei Jahre vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Erst recht galt sie bei Abschluss des deutsch-japanischen Sozialversicherungsabkommens und im Zeitpunkt seines Inkrafttretens. Der Kläger konnte also in keinem maßgeblichen Zeitpunkt darauf vertrauen, dass er die Beitragserstattung schon sechs Monate nach seinem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht beantragen dürfe.

Die Berufung konnte nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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