Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 221/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 134/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 6. April 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung eine Clear-Lens-Exchange-Operation (CLE).
Die 1964 geborene Klägerin, die pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist, leidet unter Sehschwächen verschiedener Ursache. Neben einer Amblyopie (anlagebedingte, durch optische Hilfsmittel nicht zu behebende Herabsetzung der Sehschärfe ohne pathologischen Befund) und hochgradiger Weitsichtigkeit in Verbindung mit Astigmatismus (rechts + 8,75, links + 8,0) bestehen bei ihr eine beginnende Altersweitsichtigkeit sowie Hornhautneovaskularisationen. Auf den Antrag vom 07.04.2004, ihr als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung die die Fehlsichtigkeit begründenden Augenlinsen gegen eine Kunstlinse operativ auszutauschen (CLE), holte die Beklagte eine Stellungnahme des MDK ein. Dieser verneinte die Notwendigkeit der CLE-Operation, es handele sich um keine zugelassene Untersuchungs- und Behandlungsmethode (Nr.13 der Anlage B der NUB-Richtlinien), eine akut lebensbedrohliche Situation, drohende schwere irreversible Behinderungen oder Pflegebedürftigkeit seien nicht anzunehmen. Zu Problemen beim Tragen von Kontaktlinsen und Brillen erläuterte der MDK, absolute Kontaktlinsenintoleranzen seien sehr selten, mechanischen Trageproblemen in der Gestalt von Druckekzemen könnten durch Ausstattung mit speziell konzipierten Gläsern begegnet werden.
Dem folgte die Beklagte und lehnte mit Schreiben vom 23.05.2003 die Übernahme der CLE-Operation ab.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Vorbringen, ihre bestehende Fehlsichtigkeit habe sich weiter verschlechtert. Zudem sei sie beruflich besonders betroffen, weil sie als Krankenschwester nicht ausreichend in der Lage sei, medizinische Dokumentationen zu lesen. In Ergänzung hierzu führte die A.-Augenklinik N. GmbH aus, die Anpassung von Kontaktlinsen bei einem weitsichtigen Auge wie dem der Klägerin sei besonders schwer, nicht praktikabel und im Übrigen teurer als die beantragte CLE-Operation. Die Amblyopie bringe die Klägerin an den Rand der Berufsunfähigkeit. Hierzu erwiderte der MDK in einer weiteren Stellungnahme vom 27.06.2003, die Amblyopie sei durch die CLE-Operation ohnehin nicht beeinflussbar. Im Sehstärkenbereich der Klägerin seien Kontaktlinsen besonders häufig eingesetzt. Zudem seien von der Klägerin Belastungen nur im beruflichen Bereich geschildert. Dem folgend lehnte die Beklagte das Begehren der Klägerin mit einfachem Schreiben vom 03.07.2003 sowie mit abschlägigem Bescheid vom 23.02.2004 unter Bezugnahme auf die bisherigen Stellungnahmen des MDK ab. Ein dagegen gerichteter Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.04.2004).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg hat die Klägerin behauptet, keine Kontaktlinsen zu vertragen. Zudem könne eine Korrektur mit einer Brille die zunehmende Alterssichtigkeit nicht mehr ausgleichen. Das SG hat einen Befundbericht des Augenarztes Dr. B. sowie einen Arztbrief der Neurologin/Psychiaterin Dr.O. eingeholt. Dr. B. hat angegeben, über eine Kontaktlinsenanpassung sei ihm nichts bekannt, Notwendigkeiten für eine klinische Behandlung hätten nicht bestanden. Die Klägerin sei wegen einer Lasik-Behandlung informiert worden, weil eine solche nicht möglich sei, habe er eine CLE empfohlen. Dr.O. hat einen Zusammenhang der Sehschwäche mit Migräne und Spannungskopfschmerzen nicht ausgeschlossen und Akupunktur sowie Pestwurzbehandlung empfohlen.
Mit Urteil vom 06.04.2005 hat das Sozialgericht Nürnberg die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es bestehe keine Rechtsgrundlage für eine außervertragliche Behandlung der Klägerin in Gestalt der CLE. Nach den Feststellungen des MDK stelle die CLE keine zugelassene Behandlungsmethode dar. Ein Versagen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe nicht.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zur Weiterverfolgung ihres Begehrens eingelegt im Wesentlichen mit der Begründung, die strittige CLE sei das einzig erfolgversprechende Verfahren, wie die Augenfachärzte der A.-Augenklinik N. GmbH sowie Dr. B. angegeben hätten. Zudem habe die Beklagte in zwei Fällen von Versicherten (geb. 1925 bzw. 1939) die entsprechenden Kosten übernommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.04.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine CLE-Operation an beiden Augen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2006 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.
Die Beklagte hat in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 23.02.2004/Widerspruchsbescheid vom 29.04.2004 zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte CLE-Operation hat. Dies hat das Sozialgericht Nürnberg mit Urteil vom 06.04.2005 zu Recht bestätigt. Die Klägerin kann einen Zahlungsanspruch nicht auf § 13 SGB V stützen, weil dieser nicht weiter geht als der entsprechende Sachleistungsanspruch eines Versicherten. Die begehrte CLE zählt nicht zu den vertragsärztlich erbringbaren Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, Hinweise auf ein sogenanntes Systemversagen bestehen nicht und schließlich ergibt sich auch aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nichts anderes.
Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs.3 Satz 1 Alternative 2 SGB V). Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch, er setzt vielmehr voraus, dass die Behandlung zu den Leistungen zählt, welche die Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R m.w.N.).
Der nach § 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V normierte Anspruch auf ärztliche Behandlung unterliegt den Einschränkungen aus § 2 Abs.1 und § 12 Abs.1 SGB V, nämlich der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit; zudem müssen therapeutische Methoden in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Insoweit ist es nicht relevant, ob die streitige Therapie nach Einschätzung des Versicherten oder der behandelnden Ärzte zu befürworten ist, bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wie der CLE besteht vielmehr ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gem. § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V. Danach dürfen Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse nur dann erbracht werden, wenn der Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V bereits eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat.
Bei der streitigen CLE handelt es sich um eine neue Methode, denn die CLE ist im Einheitlichen Bewertungsmaßstab unter Nr.1351 für BMÄ nur hinsichtlich der Operation des Grauen Stars erfasst. Die Operation soll aber im Fall der Klägerin nicht dazu dienen, den Grauen Star zu behandeln, sondern eine andere Augenerkrankung. Es handelt sich damit nicht um ein auf das Krankheitsbild der Klägerin systematisch angewandtes Verfahren. Insoweit dürfte sich der Fall der Klägerin auch von den Fällen der Versicherten unterscheiden, welche 1925 und 1939 geboren waren, denen die Beklagte die Operation bewilligt hatte.
Eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode wie gefordert, liegt nicht vor, so dass die Richtlinien als verbindlicher Ausschluss zu verstehen sind. In Ausnahme hiervon kann gleichwohl eine Leistungspflicht der Krankenkasse bestehen, falls die fehlende Anerkennung der neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen wäre, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel liegt vor, wenn das Verfahren vor dem Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass Qualität und Wirksamkeit der streitbefangenen Methode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, die sich in zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben, liegen jedoch nicht vor.
Schließlich ist festzustellen, dass die begehrte CLE-Operation nach den überzeugenden Stellungnahmen des MDK nicht geeignet ist, die Fehlsichtigkeit der Klägerin hinreichend zu beheben. Die CLE ist nicht in der Lage, die angeborene Amblyopie bzw. deren unbekannte Ursache zu beseitigen. Schließlich stehen nach den insoweit ebenfalls überzeugenden Ausführungen des MDK ausreichend Therapiemöglichkeiten zu Gebote, die Fehlsichtigkeit der Klägerin zu korrigieren. Dazu zählt die Korrektur mittels Brille, wobei das Gewicht der Linsen durch die Verwendung von speziellem Material reduziert werden kann, so dass sich die geklagten Druckekzeme, welche im Übrigen ärztlicherseits nicht nachgewiesen sind, vermeiden lassen. Hinweise darauf, dass sich bei der Klägerin tatsächlich absolute Kontaktlinsenunverträglichkeiten gezeigt haben, lassen sich den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte nicht entnehmen. Es ist deshalb dem MDK zu folgen, wonach Kontaktlinsenunverträglichkeiten äußerst selten sind; Anhaltspunkte für einen solchen Seltenheitsfall liegen jedoch nicht vor.
Auch kann die Klägerin keinen krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch daraus herleiten, dass das Grundgesetz entsprechendes garantiere. Wie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (NJW 2006, 891) ausgeführt hat, kann ein solcher Leistungsanspruch nur für
- lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkran kungen - für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht
beansprucht werden. Eine solche Konstellation liegt bei der Klägerin nicht vor. Eine Analogie zur Rechtsprechung in den Fällen des Off-Label-Use, wie im Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 25.05.2005 - L 4 KR 51/04 - angenommen, kann bei der Klägerin ebenfalls nicht begründet werden. Im dortigen Fall hatte eine hochgradige Myopie mit einer Fehlsichtigkeit von - 19 bestanden, welche in Beruf und Privatleben starke Beeinträchtigungen verursacht hatte. Hinzu waren intermittierende Rötungen und Reizungen bei Kontaktlinsenverwendung attestiert gewesen, Brillengläser hatten Doppelbildsehen verursacht. Mit einem solchen Sonderfall erheblicher Ausprägung ist derjenige der Klägerin nicht zu vergleichen. Besondere berufliche Betroffenheiten, wie von der Klägerin vorgebracht, können einen Leistungsanspruch nicht begründen.
Die Klägerin hat damit unter keinem Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Leistung. Die Berufung war deshalb in vollem Umfange zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung eine Clear-Lens-Exchange-Operation (CLE).
Die 1964 geborene Klägerin, die pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist, leidet unter Sehschwächen verschiedener Ursache. Neben einer Amblyopie (anlagebedingte, durch optische Hilfsmittel nicht zu behebende Herabsetzung der Sehschärfe ohne pathologischen Befund) und hochgradiger Weitsichtigkeit in Verbindung mit Astigmatismus (rechts + 8,75, links + 8,0) bestehen bei ihr eine beginnende Altersweitsichtigkeit sowie Hornhautneovaskularisationen. Auf den Antrag vom 07.04.2004, ihr als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung die die Fehlsichtigkeit begründenden Augenlinsen gegen eine Kunstlinse operativ auszutauschen (CLE), holte die Beklagte eine Stellungnahme des MDK ein. Dieser verneinte die Notwendigkeit der CLE-Operation, es handele sich um keine zugelassene Untersuchungs- und Behandlungsmethode (Nr.13 der Anlage B der NUB-Richtlinien), eine akut lebensbedrohliche Situation, drohende schwere irreversible Behinderungen oder Pflegebedürftigkeit seien nicht anzunehmen. Zu Problemen beim Tragen von Kontaktlinsen und Brillen erläuterte der MDK, absolute Kontaktlinsenintoleranzen seien sehr selten, mechanischen Trageproblemen in der Gestalt von Druckekzemen könnten durch Ausstattung mit speziell konzipierten Gläsern begegnet werden.
Dem folgte die Beklagte und lehnte mit Schreiben vom 23.05.2003 die Übernahme der CLE-Operation ab.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Vorbringen, ihre bestehende Fehlsichtigkeit habe sich weiter verschlechtert. Zudem sei sie beruflich besonders betroffen, weil sie als Krankenschwester nicht ausreichend in der Lage sei, medizinische Dokumentationen zu lesen. In Ergänzung hierzu führte die A.-Augenklinik N. GmbH aus, die Anpassung von Kontaktlinsen bei einem weitsichtigen Auge wie dem der Klägerin sei besonders schwer, nicht praktikabel und im Übrigen teurer als die beantragte CLE-Operation. Die Amblyopie bringe die Klägerin an den Rand der Berufsunfähigkeit. Hierzu erwiderte der MDK in einer weiteren Stellungnahme vom 27.06.2003, die Amblyopie sei durch die CLE-Operation ohnehin nicht beeinflussbar. Im Sehstärkenbereich der Klägerin seien Kontaktlinsen besonders häufig eingesetzt. Zudem seien von der Klägerin Belastungen nur im beruflichen Bereich geschildert. Dem folgend lehnte die Beklagte das Begehren der Klägerin mit einfachem Schreiben vom 03.07.2003 sowie mit abschlägigem Bescheid vom 23.02.2004 unter Bezugnahme auf die bisherigen Stellungnahmen des MDK ab. Ein dagegen gerichteter Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.04.2004).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg hat die Klägerin behauptet, keine Kontaktlinsen zu vertragen. Zudem könne eine Korrektur mit einer Brille die zunehmende Alterssichtigkeit nicht mehr ausgleichen. Das SG hat einen Befundbericht des Augenarztes Dr. B. sowie einen Arztbrief der Neurologin/Psychiaterin Dr.O. eingeholt. Dr. B. hat angegeben, über eine Kontaktlinsenanpassung sei ihm nichts bekannt, Notwendigkeiten für eine klinische Behandlung hätten nicht bestanden. Die Klägerin sei wegen einer Lasik-Behandlung informiert worden, weil eine solche nicht möglich sei, habe er eine CLE empfohlen. Dr.O. hat einen Zusammenhang der Sehschwäche mit Migräne und Spannungskopfschmerzen nicht ausgeschlossen und Akupunktur sowie Pestwurzbehandlung empfohlen.
Mit Urteil vom 06.04.2005 hat das Sozialgericht Nürnberg die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es bestehe keine Rechtsgrundlage für eine außervertragliche Behandlung der Klägerin in Gestalt der CLE. Nach den Feststellungen des MDK stelle die CLE keine zugelassene Behandlungsmethode dar. Ein Versagen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe nicht.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zur Weiterverfolgung ihres Begehrens eingelegt im Wesentlichen mit der Begründung, die strittige CLE sei das einzig erfolgversprechende Verfahren, wie die Augenfachärzte der A.-Augenklinik N. GmbH sowie Dr. B. angegeben hätten. Zudem habe die Beklagte in zwei Fällen von Versicherten (geb. 1925 bzw. 1939) die entsprechenden Kosten übernommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.04.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine CLE-Operation an beiden Augen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2006 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.
Die Beklagte hat in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 23.02.2004/Widerspruchsbescheid vom 29.04.2004 zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte CLE-Operation hat. Dies hat das Sozialgericht Nürnberg mit Urteil vom 06.04.2005 zu Recht bestätigt. Die Klägerin kann einen Zahlungsanspruch nicht auf § 13 SGB V stützen, weil dieser nicht weiter geht als der entsprechende Sachleistungsanspruch eines Versicherten. Die begehrte CLE zählt nicht zu den vertragsärztlich erbringbaren Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, Hinweise auf ein sogenanntes Systemversagen bestehen nicht und schließlich ergibt sich auch aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nichts anderes.
Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs.3 Satz 1 Alternative 2 SGB V). Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch, er setzt vielmehr voraus, dass die Behandlung zu den Leistungen zählt, welche die Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R m.w.N.).
Der nach § 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V normierte Anspruch auf ärztliche Behandlung unterliegt den Einschränkungen aus § 2 Abs.1 und § 12 Abs.1 SGB V, nämlich der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit; zudem müssen therapeutische Methoden in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Insoweit ist es nicht relevant, ob die streitige Therapie nach Einschätzung des Versicherten oder der behandelnden Ärzte zu befürworten ist, bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wie der CLE besteht vielmehr ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gem. § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V. Danach dürfen Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse nur dann erbracht werden, wenn der Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V bereits eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat.
Bei der streitigen CLE handelt es sich um eine neue Methode, denn die CLE ist im Einheitlichen Bewertungsmaßstab unter Nr.1351 für BMÄ nur hinsichtlich der Operation des Grauen Stars erfasst. Die Operation soll aber im Fall der Klägerin nicht dazu dienen, den Grauen Star zu behandeln, sondern eine andere Augenerkrankung. Es handelt sich damit nicht um ein auf das Krankheitsbild der Klägerin systematisch angewandtes Verfahren. Insoweit dürfte sich der Fall der Klägerin auch von den Fällen der Versicherten unterscheiden, welche 1925 und 1939 geboren waren, denen die Beklagte die Operation bewilligt hatte.
Eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode wie gefordert, liegt nicht vor, so dass die Richtlinien als verbindlicher Ausschluss zu verstehen sind. In Ausnahme hiervon kann gleichwohl eine Leistungspflicht der Krankenkasse bestehen, falls die fehlende Anerkennung der neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen wäre, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel liegt vor, wenn das Verfahren vor dem Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass Qualität und Wirksamkeit der streitbefangenen Methode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, die sich in zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben, liegen jedoch nicht vor.
Schließlich ist festzustellen, dass die begehrte CLE-Operation nach den überzeugenden Stellungnahmen des MDK nicht geeignet ist, die Fehlsichtigkeit der Klägerin hinreichend zu beheben. Die CLE ist nicht in der Lage, die angeborene Amblyopie bzw. deren unbekannte Ursache zu beseitigen. Schließlich stehen nach den insoweit ebenfalls überzeugenden Ausführungen des MDK ausreichend Therapiemöglichkeiten zu Gebote, die Fehlsichtigkeit der Klägerin zu korrigieren. Dazu zählt die Korrektur mittels Brille, wobei das Gewicht der Linsen durch die Verwendung von speziellem Material reduziert werden kann, so dass sich die geklagten Druckekzeme, welche im Übrigen ärztlicherseits nicht nachgewiesen sind, vermeiden lassen. Hinweise darauf, dass sich bei der Klägerin tatsächlich absolute Kontaktlinsenunverträglichkeiten gezeigt haben, lassen sich den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte nicht entnehmen. Es ist deshalb dem MDK zu folgen, wonach Kontaktlinsenunverträglichkeiten äußerst selten sind; Anhaltspunkte für einen solchen Seltenheitsfall liegen jedoch nicht vor.
Auch kann die Klägerin keinen krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch daraus herleiten, dass das Grundgesetz entsprechendes garantiere. Wie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (NJW 2006, 891) ausgeführt hat, kann ein solcher Leistungsanspruch nur für
- lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkran kungen - für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht
beansprucht werden. Eine solche Konstellation liegt bei der Klägerin nicht vor. Eine Analogie zur Rechtsprechung in den Fällen des Off-Label-Use, wie im Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 25.05.2005 - L 4 KR 51/04 - angenommen, kann bei der Klägerin ebenfalls nicht begründet werden. Im dortigen Fall hatte eine hochgradige Myopie mit einer Fehlsichtigkeit von - 19 bestanden, welche in Beruf und Privatleben starke Beeinträchtigungen verursacht hatte. Hinzu waren intermittierende Rötungen und Reizungen bei Kontaktlinsenverwendung attestiert gewesen, Brillengläser hatten Doppelbildsehen verursacht. Mit einem solchen Sonderfall erheblicher Ausprägung ist derjenige der Klägerin nicht zu vergleichen. Besondere berufliche Betroffenheiten, wie von der Klägerin vorgebracht, können einen Leistungsanspruch nicht begründen.
Die Klägerin hat damit unter keinem Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Leistung. Die Berufung war deshalb in vollem Umfange zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
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