L 11 AS 110/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 AS 449/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 110/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.02.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeldes II - Alg II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1959 geborene Kläger lebt in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau. Die von diesen gemietete Dreizimmerwohnung wird zusätzlich von der 1981 geborenen, schwerbehinderten Tochter (GdB 100) bewohnt, die in der Werkstatt für Behinderte tätig ist. Für die Wohnung sind 344,20 EUR Miete und 148,28 EUR Nebenkosten inkl. Heizkosten in Höhe von 54,27 EUR zu zahlen. Bis 10.05.2003 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Ab 19.09.2005 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf und meldete sich aus dem Leistungsbezug der Beklagten ab.

Unter Berücksichtigung des Einkommens der Ehefrau und des für die Tochter erhaltenen Kindergeldes bewilligte die Beklagte antragsgemäß mit Bescheid vom 17.12.2004 und Abhilfebescheid vom 02.06.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005. Dabei berücksichtigte die Beklagte 2/3 der Kosten für Unterkunft, Nebenkosten und Heizung (2/3 von 344,20 EUR, 41,85 EUR und 94,01 EUR).

Die Sozialhilfeverwaltung des Landkreises N. Land teilte am 31.05.2005 mit, das Kindergeld, das bisher bei der Tochter des Klägers und deren Leistungen auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) angerechnet worden sei, werde ab 01.06.2005 nicht mehr bei der Leistungsbewilligung an die Tochter berücksichtigt. Es werde nämlich an die Eltern ausgezahlt und sei daher dort als Einkommen zu berücksichtigen. Das bisher als Einkommen beim Kläger angerechnete Kindergeld erstattete die Beklagte an den Kläger für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005.

Aufgrund des Fortzahlungsantrages vom 09.05.2005 - der Kläger legte diesbezüglich auch eine aktuelle Nebenkostenabrechnung für die Zeit von Januar bis Dezember 2004 vor - waren nunmehr Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 160,35 EUR ab Mai 2005 zu erbringen. Darin enthalten waren 51,84 EUR Kosten für Heizung und Warmwassererwärmung.

Mit Bescheid vom 22.06.2005 und Änderungsbescheid vom 05.09.2005 (wegen unterschiedlicher Einkommen der Ehefrau) bewilligte die Beklagte für den Kläger und seiner Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anrechnung des Kindesgeldes und unter Anrechnung des Einkommens der Ehefrau des Klägers.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2005 zurückwies. Unterkunftskosten, die die Beklagte sowieso zu hoch angenommen habe, seien nur zu 2/3 zu berücksichtigen. Das Kindergeld sei als Einkommen des Klägers ebenso anzurechnen wie das Einkommen der Ehefrau.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und zuletzt beantragt, ihm Alg II ohne Anrechnung von Kindergeld und ohne Berücksichtigung seiner Tochter bei den Unterkunftskosten zu gewähren. Kindergeld sei sowohl bei ihm als auch bei der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII an seine Tochter jeweils als Einkommen berücksichtigt worden. Der Abzug von 1/3 der Wohnungskosten bei ihm sei ebenfalls nicht rechtens. Die Kürzung stelle eine unbillige Härte dar. Der Kläger hat den Bescheid des Landratsamtes N. - Sozialhilfeverwaltung - vom 31.05.2005 vorgelegt. Laut diesem ist das Kindergeld bis 31.05.2005 bei seiner Tochter als Einkommen angerechnet worden, nicht mehr jedoch ab 01.06.2005. Als Bedarf der Tochter ist 1/3 der dort geltend gemachten Unterkunftskosten der gemeinsam genutzten Wohnung berücksichtigt worden. Im Rahmen dieses Bescheides ist auch auf die Nichtanrechnung des Kindergeldes ab 01.06.2005 hingewiesen worden.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 08.02.2006) und dabei auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Die kompletten Unterkunftskosten seien übernommen worden (2/3 von der Beklagten, 1/3 vom Landratsamt). Das Kindergeld sei, da es den Eltern der Behinderten ausgezahlt werde, bei den Eltern ab 01.06.2005 als Einkommen anzurechnen. Eine Doppelanrechnung erfolge nicht, denn es werde bei der Tochter nicht mehr angerechnet.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.02.2006 sowie des Bescheides vom 22.06.2005 und des Bescheides vom 05.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2005 zu verurteilen Alg II unter Berücksichtigung von Kindergeld und unter Berücksichtigung der vollen Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von insgesamt 492,15 EUR zu erbringen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg II ab 01.06.2005.

Nach § 7 Abs 3 Nr 2 bilden der Kläger seine Ehefrau und die volljährige Tochter keine Bedarfsgemeinschaft. Vielmehr hat die Tochter Ansprüche auf eigene Leistungen gemäß dem SGB XII. So bezieht sie auch vom Landkreis N. Land entsprechende Leistungen. Nachdem die Wohnung von diesen 3 Personen bezogen wird, können die Unterkunftskosten des Klägers sowie seiner Ehefrau, mit der er eine Bedarfsgemeinschaft bildet, nur zu 2/3 übernommen werden. Das restliche Drittel wird vom Landratsamt N. Land übernommen. Die Aufteilung erfolgt nach Köpfen (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rdnr 38). Die Beklagte hat somit die Unterkunftskosten zutreffend berechnet. Dabei müssen aus den Heizungskosten herausgerechnet werden die Warmwasserkosten, die bereits im Regelsatz enthalten sind.

Das Kindergeld wurde zunächst sowohl beim Kläger als auch bei seiner Tochter als Einkommen angerechnet. Nach Mitteilung des Landkreises hat die Beklagte jedoch für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 das angerechnete Kindergeld nachträglich an den Kläger ausgezahlt. Für die Zeit ab 01.06.2005 hat der Landkreis das Kindergeld nicht mehr bei der Tochter bei den Leistungen nach dem SGB XII angerechnet. Da es an die Eltern ausgezahlt worden ist, ist es auch bei diesen als Einkommen anzurechnen (vgl hierzu Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII, Asylbewerberleistungsgesetz zu § 11 Rdnr 17 sowie Schmidt in Oestreicher SGB II, § 11 Rdnr 45a, vgl auch BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - noch nicht veröffentlicht). Eine Weitergabe des Kindergeldes an die Tochter ist nicht erfolgt; hierfür fehlen entsprechende Angaben und Anhaltspunkte. Die Änderung der Arbeitslosengeld-II-Verordnung zum 01.10.2005, nach der das Kindergeld bei volljährigen Kindern unter bestimmten Umständen diesen als Einkommen zugerechnet wird, ist hier nicht anwendbar, denn gemäß § 6 der Arbeitslosengeld-II-Verordnung vom 22.08.2005 sind die bisherigen Regelungen auf Bewilligungszeiträume anwendbar, die vor dem 01.10.2005 begonnen haben. Streitig ist der Zeitraum vom 01.06.2005 bis 30.11.2005. Es ist somit die Alg II-Verordnung in der bis 30.09.2005 geltenden Fassung anzuwenden.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Bezüglich des Kindergeldes ist eine Rechtsänderung eingetreten.
Rechtskraft
Aus
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