Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 119/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 357/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 2/07 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 9. November 2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 11.383,66 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist eine Beitragsnachforderung in Höhe von 11.383,66 Euro betreffend den Zeitraum vom 24.10.1999 bis 31.12.2001.
Die Beigeladene zu 1), geborene G. , hat seit 1986 ein Gewerbe mit Textverarbeitung angemeldet und ist seit 1990 für die Klägerin tätig. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde sie ebenso wie die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin zur Abklärung ihrer Arbeitnehmereigenschaft befragt. Mit Bescheid vom 21.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2000 machte die Beklagte anschließend eine Beitragsnachforderung in Höhe von 41.946,08 DM betreffend die Zeit vom 01.01.1996 bis 11.12.1998 wegen unterlassener Beitragsabführung zugunsten der Beigeladenen zu 1), die als selbständig Tätige beurteilt wurde, geltend. Während des am 14.04.2000 eingeleiteten Klageverfahrens (S 10 KR 72/00) erließ die Beklagte am 22.11.2001 einen Teilabhilfebescheid, worin sie die Beitragsnachforderung auf 10.088,90 DM reduzierte, nachdem die Beigeladene zu 1) gem. §§ 7b, 7c SGB IV zugestimmt hatte, dass ihre Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe des Prüfbescheids am 24.10.1999 beginne. Am 24.06.2002 wurde das Klageverfahren als erledigt ausgetragen.
Nach einer neuerlichen Betriebsprüfung am 20.05.2003 erließ die Beklagte am 13.07.2004 einen weiteren Nachforderungsbescheid über 11.383,66 Euro betreffend die Zeit vom 24.10.1999 bis 31.12.2001. Für die Beigeladene zu 1) waren weiterhin keine Beiträge entrichtet worden.
Der Nachforderung widersprach die Klägerin am 12.08.2004 mit der Begründung, die Beigeladene zu 1) habe ihr selbständiges Unternehmen "Büroservice" ausgeweitet und fortlaufend ab 1998 weitere Geschäftsbeziehungen hergestellt, in denen sie frei über die Übernahme der Arbeit entscheiden und die Arbeitszeit selbst einteilen konnte. Die Beklagte wies den Widerspruch am 03.03.2005 zurück. Die Beigeladene zu 1) übe eine allgemeine Bürotätigkeit neben Lohnabrechnung, Vorbereitungsarbeiten zur Finanzbuchhaltung und Verwaltung der Immobilien der Klägerin fast ausschließlich in den Räumen der Klägerin aus, mit deren Softwareprogramm und nach Terminabsprache mit der Klägerin. Für die Abhängigkeit spreche auch die Übernahme von Weiterbildungskosten und Weihnachtsgeld sowie das fehlende Unternehmerrisiko.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und geltend gemacht, Lohnbuchhaltung und Abrechnung seien nicht auslagerungsfähig. Die Beigeladene zu 1) habe hinsichtlich Zeit und Ort sowie Art der Tätigkeit keinerlei Weisungen erhalten. Die Lohnabrechnung sei nur aus praktischen Gründen in den Räumen der Klägerin erfolgt. Fortbildungskosten seien wegen branchenspezifischer Gegebenheiten lediglich einmal übernommen worden, auch Weihnachtsgeld sei nur einmal bezahlt worden und im Übrigen sei die Bezahlung nur nach Leistungsanfall geschehen. Ihr Unternehmerrisiko bestehe darin, kein Mindesteinkommen zu erhalten. Sie trete als selbständige Unternehmerin nach außen auf (die Visitenkarte firmiert unter EDV+Finanzbuchhaltung R. G. bzw. R. B. Büroservice) und übe Tätigkeiten für sechs verschiedene Auftraggeber aus. Daraufhin hat das Sozialgericht bei den angegebenen Firmen nach dem Umfang der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ermittelt.
In der mündlichen Verhandlung am 09.11.2005 hat die Beigeladene zu 1) erklärt, EDV-technisch könnte die Arbeit im eigenen Büro erfolgen. Überstunden kämen nicht vor, könnten deshalb auch nicht abgefeiert werden und dies sei auch in der Vergangenheit nie der Fall gewesen.
Das Sozialgericht Regensburg hat die Klage am 09.11.2005 abgewiesen. Die Beigeladene zu 1) sei nicht als freie Mitarbeiterin anzusehen. Ihre Zustimmungserklärung zum Beginn der Versicherungspflicht werde als wichtiges Indiz für die Anerkennung der Sozialversicherungspflicht angesehen. Sie habe kein Unternehmerrisiko getragen und im strittigen Zeitraum nur in geringem Umfang für andere Auftraggeber gearbeitet. Es spiele keine Rolle, ob die Tätigkeiten zu Hause am Arbeitsplatz oder in den Betriebsräumen der Klägerin ausgeführt wurden. Auch Heimarbeiter seien als Beschäftigte zu betrachten. Die Vergütung der Beigeladenen zu 1) sei als fester Posten steuerrechtlich als Betriebsausgabe behandelt worden und die Mitarbeiterin habe sogar Weihnachtsgeld erhalten. Die Angaben der Beteiligten sprächen dafür, dass die Dienstleistung persönlich zu erbringen war. Die Beigeladene zu 1) habe keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigt, sei hauptsächlich für die Klägerin tätig gewesen und habe kein unternehmerisches Handeln entfaltet. Entsprechend § 7 Abs.4 SGB IV in der im strittigen Zeitraum geltenden Fassung sei die Beigeladene zu 1) als abhängig Beschäftigte zu betrachten.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hat bemängelt, dass das Fehlen inhaltlicher Weisungen und zeitlicher Bindungen nicht berücksichtigt worden sei. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Tätigkeit als besonderen Service vor Ort erbracht. Die persönliche Arbeitsleistung sei kein Indiz für Abhängigkeit und das Unternehmerrisiko habe sich in der Gefahr des Verlustes von Aufträgen realisiert. Unberücksichtigt geblieben sei auch das Vorhandensein weiterer Auftraggeber. Dass die Kosten für die Beigeladene zu 1) als fester Posten der Betriebsausgaben einkalkuliert gewesen seien, sei Folge der vertrauensvollen langjährigen Zusammenarbeit. Die einmalige Zahlung von Weihnachtsgeld sei ohne Aussagekraft. Die Beigeladene zu 1) sei wie eine externe Steuerberatungskanzlei tätig und die fehlende Vertretung spreche für Selbständigkeit. Der fehlende Urlaub sei ebenso wie der fehlende Kündigungsschutz ein Indiz für die selbständige Tätigkeit.
Die Beigeladene zu 1) hat dem Klägerbevollmächtigten zugestimmt und ergänzt, die Arbeit am Firmensitz sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll. Eine Delegation ihrer Aufgabe liege nicht in ihrem Interesse.
Im Erörterungstermin am 22.08.2006 ist die Beigeladene zu 1) gehört worden. Sie hat u.a. erklärt, im Büro der Klägerin sei außer ihr keine kaufmännische Beschäftigte tätig. Zwischen 1999 und 2003 hätten sich hinsichtlich ihrer Verhältnisse zur Klägerin keine Veränderungen ergeben. Die 1998 von der Beklagten festgehaltene Tätigkeitsbeschreibung sei richtig. Allerdings habe sich der Telefondienst reduziert. Eine gewisse Regelmäßigkeit der Arbeitszeit habe sich eingespielt, weil bestimmte Dinge nur in Absprache zu erledigen seien und ihre Erreichbarkeit gegeben sein müsse. Sie verfüge über dieselben Kenntnisse und Fähigkeiten wie ein gelernter Buchhalter. Schreibarbeiten habe sie lediglich im Zusammenhang mit der Lohnbuchhaltung erledigt. Sie habe noch nie ein Leistungsverzeichnis erstellt. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin zum Beweis, dass Telefondienst und Schreibarbeiten nicht zum Auftragsumfang der Beigeladenen zu 1) gehörten, Frau R. S. als Zeugin benannt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 09.11.2005 ebenso aufzuheben wie den Bescheid der Beklagten vom 13.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2005.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 09.11.2005 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 13.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2005. Die Beitragsnachforderung der Beklagten in Höhe von 11.383,66 Euro ist berechtigt. Die Beigeladene zu 1) war bei der Klägerin in der Zeit vom 24.10.1999 bis 31.12.2001 versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung knüpft an die "entgeltliche Beschäftigung" an (§ 5 Abs.1 Ziff.1 SGB V, § 20 Abs.1 Ziff.1 SGB XI, § 1 Abs.1 SGB VI, § 25 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im strittigen Zeitraum ist § 7 Abs.1 SGB IV in seiner ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die Nichtselbständigkeit ist das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung macht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (BSG, Urteil vom 10.08.2000 in SozR 3-2400 § 7 SGB IV). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Arbeitstätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Das Sozialgericht hat im angegriffenen Urteil zutreffend dargestellt, dass die Merkmale des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses überwiegen. Die Beigeladene zu 1) hat ihre Arbeit im wesentlichen in den Räumen der Klägerin verrichtet. Die Wahl des Arbeitsorts entsprach den betrieblichen Erfordernissen der Klägerin. Hierfür sprechen sowohl die Einlassung der Beigeladenen zu 1) im Schreiben vom 07.05.2006 als auch die Angabe der Frau R. S. vom 28.09.1999, ohne die Benutzung des personellen und sachlichen Apparates der Klägerin habe die Tätigkeit nicht ausgeübt werden können. Eine Verknüpfung der EDV der Klägerin mit der EDV der Beigeladenen zu 1) in ihrem eigenen Büro war damals nicht gegeben.
Das speziell auf die Bedürfnisse der Klägerin abgestimmte Softwareprogramm Softresearch stand der Beigeladenen zu 1) nur im Betrieb der Klägerin zur Verfügung. Für die Benutzung des Computers und der Software wurde der Beigeladenen zu 1) kein Nutzungsentgelt abgezogen. Zu ihren Aufgaben gehörte auch die Pflege dieser Software.
Die mit der Arbeitsleistung im Betrieb und mit Hilfe von Betriebsmitteln der Klägerin erfolgte Eingliederung in deren Betrieb wird dadurch unterstrichen, dass der Arbeitsbereich der Beigeladenen zu 1) offensichtlich nicht auf Lohn- und Finanzbuchhaltung beschränkt war, wie dies die Beigeladene zu 1) jetzt glaubhaft machen will. Am 16.08.1999 hat sie dargestellt, wie sich ihre Tätigkeit bei der Klägerin entwickelt hat. Danach hat sie ab Beginn der Beschäftigung Dateneingabe und Telefondienst übernommen, ab 1992 die Kontierung und das Fertigen aller Buchhaltungsarbeiten, ab 1995 Lohnbuchhaltung und Schreibarbeiten und sonstige Bürotätigkeiten (Erstellen von Leistungsverzeichnissen, Briefen usw.). Wenn sie jetzt vorträgt, Schreibarbeiten lediglich im Zusammenhang mit der Lohnbuchhaltung erledigt zu haben und noch nie ein Leistungsverzeichnis erstellt zu haben, so steht dies im Widerspruch zu ihrer Angabe, ihr Tätigkeitsbereich habe sich zwischen 1999 und 2003 kaum verändert. Laut Angaben der Frau S. vom 28.09.1999 wurde die Beigeladene zu 1) auf ein Inserat für eine Büroangestellte eingestellt. Dementsprechend wurden der Beigeladenen zu 1) auch Anweisungen erteilt. Dies wurde damals von der Beigeladenen zu 1) selbst bestätigt. Die Arbeit der Beigeladenen zu 1) beschränkte sich also nicht auf den abgrenzbaren Bereich der Lohn- und Finanzbuchhaltung, sondern umfasste auch andere Büroarbeiten wie die Verwaltung der Immobilien. Dies wurde vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt. Dass Telefondienst und Schreibarbeiten allgemeiner Art nicht zum Auftragsumfang der Beigeladenen zu 1) gehörten, wurde zwar von der Klägerin unter Beweis gestellt. Die Einvernahme der Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin konnte jedoch unterbleiben, weil der Beweiswert dieser Aussage in jedem Fall geringer wäre als der der zeitnahen, differenzierten und chronologisch geordneten Darstellung der Beigeladenen zu 1) selbst im Jahr 1999 und weil die als Zeugin angebotene R. S. ebenfalls bereits 1999 gehört worden ist.
Hinzukommt, dass die Beigeladene zu 1) im strittigen Zeitraum lediglich einen zusätzlichen Auftraggeber, nämlich die Raumgestaltung U. hatte. Die übrigen von der Beigeladenen zu 1) angegebenen Firmen haben die Beigeladene lediglich vorübergehend bzw. erst ab einem späteren Zeitraum beschäftigt. Es mag sein, dass bei Existenzgründern im Anfangsstadium besondere Maßstäbe anzulegen sind. Die Beigeladene zu 1) hatte ihr Gewerbe jedoch bereits 1986 angemeldet, 13 Jahre vor dem strittigen Zeitraum. Im Verhältnis zur Klägerin setzte sie auch kein Wagniskapital ein, sie haftete nicht für Schlechtleistung und sie war zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet. Die Klägerin hat die Kosten für die Beigeladene zu 1) steuerrechtlich als feste Betriebsausgaben veranschlagt, der Beigeladenen sogar - wenn auch einmalig - Weihnachtsgeld gewährt und ihr in der Zeit zwischen 1996 und 1998 mehrmals Fortbildungskosten erstattet, die die Anwendung der speziellen Software der Klägerin betrafen. Daraus wird deutlich, dass sie wie eine Arbeitnehmerin behandelt worden ist. Sie war von der Klägerin wirtschaftlich weitgehend abhängig und in weitgehender Regelmäßigkeit für diese tätig.
Zwar ist von Seiten der Klägerin als auch der Beigeladenen zu 1) wiederholt betont worden, die Beigeladene zu 1) sei hinsichtlich der Gestaltung ihrer Arbeitszeit frei gewesen. Insbesondere sei sie nicht zur Erbringung einer bestimmten Stundenzahl verpflichtet gewesen. Allerdings hat die Beigeladene zu 1) bei ihrer Befragung 1999 angegeben, sie habe Überstunden im Rahmen der festen Arbeitszeiten abfeiern müssen. Zwar hat sie die Erbringung von Überstunden in der Folge heftig abgestritten, hingegen eingeräumt, eine gewisse Regelmäßigkeit der Arbeitszeit wieder wegen der betrieblichen Erfordernisse der Klägerin eingehalten zu haben.
Für eine selbständige Mitarbeit spricht hingegen, dass die Beigeladene zu 1) selbst am Markt unter eigenem Namen auftrat und auch ein eigenes Büro besaß. Sie unterlag auch keinem Wettbewerbsverbot. Die Arbeitsleistung für die Klägerin war auch nicht so umfangreich, dass daneben nicht eine Tätigkeit als Stundenbuchhalter möglich gewesen wäre. Hingegen spricht die Überbürdung des Risikos, bei Krankheit oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, wie es hier vereinbart worden ist, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann für Selbständigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25. Januar 2001, B 12 KR 17/00 R). Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftiger anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1) über eine größere Unabhängigkeit als die einer Teilzeitarbeitskraft verfügte. Die Höhe ihres Verdienstes hing nicht vom persönlichen Arbeitseinsatz, sondern vom Umfang der anfallenden Arbeit ab. Auch ist zu berücksichtigen, dass ihr sozialer Status nach dem Inhalt der erbrachten Dienstleistung und ihrer Ausbildung nicht mit dem eines Steuerberaters vergleichbar ist, der einen typischen freien Beruf ausübt.
Das Ergebnis der Abwägung der für und gegen ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale wird durch die Anwendung der im strittigen Zeitraum vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 geltenden Vermutungsregelung des § 7 Abs.4 SGB IV bestätigt. Darin haben wesentliche Abgrenzungskriterien zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit ihren Niederschlag gefunden. Danach wird vermutet, dass eine Person beschäftigt ist, wenn mindestens drei der folgenden fünf Merkmale vorliegen:
1. Die Person beschäftigt regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
2. Sie ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
3. Ihr Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten.
4. Ihre Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen.
5. Ihre Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte.
Die Beigeladene zu 1) erbrachte ihre Dienstleistung ohne Unterstützung durch eigene Arbeitnehmer, war jedenfalls im strittigen Zeitraum bis Ende 2001 im Wesentlichen nur für die Klägerin tätig und ließ typische Merkmale unternehmerischen Handelns wie Kapitaleinsatz und Haftungsübernahme vermissen. Zwar kann eine Tätigkeit als Buchhalter, dessen Teilbereiche die Beigeladene zu 1) ausgeübt hat, sowohl selbständig als auch abhängig ausgeübt werden (siehe BSG, Urteile vom 22.06.1966 = SozR Nr.4 zu § 2 AVG, vom 01.04.1971 = SozR Nr.18 zu § 539 RVO; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.09.2005, L 5 Kr 47/04), die Beigeladene zu 1) war hingegen nicht "für", sondern "in" dem Betrieb der Klägerin tätig, sie hatte keinen eigenen Mandantenstammm und bildete nicht den Mittelpunkt eines eigenen Unternehmens.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts bestimmt sich gem. § 52 Abs.3 Gerichtskostengesetz.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 11.383,66 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist eine Beitragsnachforderung in Höhe von 11.383,66 Euro betreffend den Zeitraum vom 24.10.1999 bis 31.12.2001.
Die Beigeladene zu 1), geborene G. , hat seit 1986 ein Gewerbe mit Textverarbeitung angemeldet und ist seit 1990 für die Klägerin tätig. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde sie ebenso wie die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin zur Abklärung ihrer Arbeitnehmereigenschaft befragt. Mit Bescheid vom 21.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2000 machte die Beklagte anschließend eine Beitragsnachforderung in Höhe von 41.946,08 DM betreffend die Zeit vom 01.01.1996 bis 11.12.1998 wegen unterlassener Beitragsabführung zugunsten der Beigeladenen zu 1), die als selbständig Tätige beurteilt wurde, geltend. Während des am 14.04.2000 eingeleiteten Klageverfahrens (S 10 KR 72/00) erließ die Beklagte am 22.11.2001 einen Teilabhilfebescheid, worin sie die Beitragsnachforderung auf 10.088,90 DM reduzierte, nachdem die Beigeladene zu 1) gem. §§ 7b, 7c SGB IV zugestimmt hatte, dass ihre Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe des Prüfbescheids am 24.10.1999 beginne. Am 24.06.2002 wurde das Klageverfahren als erledigt ausgetragen.
Nach einer neuerlichen Betriebsprüfung am 20.05.2003 erließ die Beklagte am 13.07.2004 einen weiteren Nachforderungsbescheid über 11.383,66 Euro betreffend die Zeit vom 24.10.1999 bis 31.12.2001. Für die Beigeladene zu 1) waren weiterhin keine Beiträge entrichtet worden.
Der Nachforderung widersprach die Klägerin am 12.08.2004 mit der Begründung, die Beigeladene zu 1) habe ihr selbständiges Unternehmen "Büroservice" ausgeweitet und fortlaufend ab 1998 weitere Geschäftsbeziehungen hergestellt, in denen sie frei über die Übernahme der Arbeit entscheiden und die Arbeitszeit selbst einteilen konnte. Die Beklagte wies den Widerspruch am 03.03.2005 zurück. Die Beigeladene zu 1) übe eine allgemeine Bürotätigkeit neben Lohnabrechnung, Vorbereitungsarbeiten zur Finanzbuchhaltung und Verwaltung der Immobilien der Klägerin fast ausschließlich in den Räumen der Klägerin aus, mit deren Softwareprogramm und nach Terminabsprache mit der Klägerin. Für die Abhängigkeit spreche auch die Übernahme von Weiterbildungskosten und Weihnachtsgeld sowie das fehlende Unternehmerrisiko.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und geltend gemacht, Lohnbuchhaltung und Abrechnung seien nicht auslagerungsfähig. Die Beigeladene zu 1) habe hinsichtlich Zeit und Ort sowie Art der Tätigkeit keinerlei Weisungen erhalten. Die Lohnabrechnung sei nur aus praktischen Gründen in den Räumen der Klägerin erfolgt. Fortbildungskosten seien wegen branchenspezifischer Gegebenheiten lediglich einmal übernommen worden, auch Weihnachtsgeld sei nur einmal bezahlt worden und im Übrigen sei die Bezahlung nur nach Leistungsanfall geschehen. Ihr Unternehmerrisiko bestehe darin, kein Mindesteinkommen zu erhalten. Sie trete als selbständige Unternehmerin nach außen auf (die Visitenkarte firmiert unter EDV+Finanzbuchhaltung R. G. bzw. R. B. Büroservice) und übe Tätigkeiten für sechs verschiedene Auftraggeber aus. Daraufhin hat das Sozialgericht bei den angegebenen Firmen nach dem Umfang der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ermittelt.
In der mündlichen Verhandlung am 09.11.2005 hat die Beigeladene zu 1) erklärt, EDV-technisch könnte die Arbeit im eigenen Büro erfolgen. Überstunden kämen nicht vor, könnten deshalb auch nicht abgefeiert werden und dies sei auch in der Vergangenheit nie der Fall gewesen.
Das Sozialgericht Regensburg hat die Klage am 09.11.2005 abgewiesen. Die Beigeladene zu 1) sei nicht als freie Mitarbeiterin anzusehen. Ihre Zustimmungserklärung zum Beginn der Versicherungspflicht werde als wichtiges Indiz für die Anerkennung der Sozialversicherungspflicht angesehen. Sie habe kein Unternehmerrisiko getragen und im strittigen Zeitraum nur in geringem Umfang für andere Auftraggeber gearbeitet. Es spiele keine Rolle, ob die Tätigkeiten zu Hause am Arbeitsplatz oder in den Betriebsräumen der Klägerin ausgeführt wurden. Auch Heimarbeiter seien als Beschäftigte zu betrachten. Die Vergütung der Beigeladenen zu 1) sei als fester Posten steuerrechtlich als Betriebsausgabe behandelt worden und die Mitarbeiterin habe sogar Weihnachtsgeld erhalten. Die Angaben der Beteiligten sprächen dafür, dass die Dienstleistung persönlich zu erbringen war. Die Beigeladene zu 1) habe keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigt, sei hauptsächlich für die Klägerin tätig gewesen und habe kein unternehmerisches Handeln entfaltet. Entsprechend § 7 Abs.4 SGB IV in der im strittigen Zeitraum geltenden Fassung sei die Beigeladene zu 1) als abhängig Beschäftigte zu betrachten.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hat bemängelt, dass das Fehlen inhaltlicher Weisungen und zeitlicher Bindungen nicht berücksichtigt worden sei. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Tätigkeit als besonderen Service vor Ort erbracht. Die persönliche Arbeitsleistung sei kein Indiz für Abhängigkeit und das Unternehmerrisiko habe sich in der Gefahr des Verlustes von Aufträgen realisiert. Unberücksichtigt geblieben sei auch das Vorhandensein weiterer Auftraggeber. Dass die Kosten für die Beigeladene zu 1) als fester Posten der Betriebsausgaben einkalkuliert gewesen seien, sei Folge der vertrauensvollen langjährigen Zusammenarbeit. Die einmalige Zahlung von Weihnachtsgeld sei ohne Aussagekraft. Die Beigeladene zu 1) sei wie eine externe Steuerberatungskanzlei tätig und die fehlende Vertretung spreche für Selbständigkeit. Der fehlende Urlaub sei ebenso wie der fehlende Kündigungsschutz ein Indiz für die selbständige Tätigkeit.
Die Beigeladene zu 1) hat dem Klägerbevollmächtigten zugestimmt und ergänzt, die Arbeit am Firmensitz sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll. Eine Delegation ihrer Aufgabe liege nicht in ihrem Interesse.
Im Erörterungstermin am 22.08.2006 ist die Beigeladene zu 1) gehört worden. Sie hat u.a. erklärt, im Büro der Klägerin sei außer ihr keine kaufmännische Beschäftigte tätig. Zwischen 1999 und 2003 hätten sich hinsichtlich ihrer Verhältnisse zur Klägerin keine Veränderungen ergeben. Die 1998 von der Beklagten festgehaltene Tätigkeitsbeschreibung sei richtig. Allerdings habe sich der Telefondienst reduziert. Eine gewisse Regelmäßigkeit der Arbeitszeit habe sich eingespielt, weil bestimmte Dinge nur in Absprache zu erledigen seien und ihre Erreichbarkeit gegeben sein müsse. Sie verfüge über dieselben Kenntnisse und Fähigkeiten wie ein gelernter Buchhalter. Schreibarbeiten habe sie lediglich im Zusammenhang mit der Lohnbuchhaltung erledigt. Sie habe noch nie ein Leistungsverzeichnis erstellt. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin zum Beweis, dass Telefondienst und Schreibarbeiten nicht zum Auftragsumfang der Beigeladenen zu 1) gehörten, Frau R. S. als Zeugin benannt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 09.11.2005 ebenso aufzuheben wie den Bescheid der Beklagten vom 13.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2005.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 09.11.2005 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 13.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2005. Die Beitragsnachforderung der Beklagten in Höhe von 11.383,66 Euro ist berechtigt. Die Beigeladene zu 1) war bei der Klägerin in der Zeit vom 24.10.1999 bis 31.12.2001 versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung knüpft an die "entgeltliche Beschäftigung" an (§ 5 Abs.1 Ziff.1 SGB V, § 20 Abs.1 Ziff.1 SGB XI, § 1 Abs.1 SGB VI, § 25 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im strittigen Zeitraum ist § 7 Abs.1 SGB IV in seiner ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die Nichtselbständigkeit ist das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung macht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (BSG, Urteil vom 10.08.2000 in SozR 3-2400 § 7 SGB IV). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Arbeitstätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Das Sozialgericht hat im angegriffenen Urteil zutreffend dargestellt, dass die Merkmale des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses überwiegen. Die Beigeladene zu 1) hat ihre Arbeit im wesentlichen in den Räumen der Klägerin verrichtet. Die Wahl des Arbeitsorts entsprach den betrieblichen Erfordernissen der Klägerin. Hierfür sprechen sowohl die Einlassung der Beigeladenen zu 1) im Schreiben vom 07.05.2006 als auch die Angabe der Frau R. S. vom 28.09.1999, ohne die Benutzung des personellen und sachlichen Apparates der Klägerin habe die Tätigkeit nicht ausgeübt werden können. Eine Verknüpfung der EDV der Klägerin mit der EDV der Beigeladenen zu 1) in ihrem eigenen Büro war damals nicht gegeben.
Das speziell auf die Bedürfnisse der Klägerin abgestimmte Softwareprogramm Softresearch stand der Beigeladenen zu 1) nur im Betrieb der Klägerin zur Verfügung. Für die Benutzung des Computers und der Software wurde der Beigeladenen zu 1) kein Nutzungsentgelt abgezogen. Zu ihren Aufgaben gehörte auch die Pflege dieser Software.
Die mit der Arbeitsleistung im Betrieb und mit Hilfe von Betriebsmitteln der Klägerin erfolgte Eingliederung in deren Betrieb wird dadurch unterstrichen, dass der Arbeitsbereich der Beigeladenen zu 1) offensichtlich nicht auf Lohn- und Finanzbuchhaltung beschränkt war, wie dies die Beigeladene zu 1) jetzt glaubhaft machen will. Am 16.08.1999 hat sie dargestellt, wie sich ihre Tätigkeit bei der Klägerin entwickelt hat. Danach hat sie ab Beginn der Beschäftigung Dateneingabe und Telefondienst übernommen, ab 1992 die Kontierung und das Fertigen aller Buchhaltungsarbeiten, ab 1995 Lohnbuchhaltung und Schreibarbeiten und sonstige Bürotätigkeiten (Erstellen von Leistungsverzeichnissen, Briefen usw.). Wenn sie jetzt vorträgt, Schreibarbeiten lediglich im Zusammenhang mit der Lohnbuchhaltung erledigt zu haben und noch nie ein Leistungsverzeichnis erstellt zu haben, so steht dies im Widerspruch zu ihrer Angabe, ihr Tätigkeitsbereich habe sich zwischen 1999 und 2003 kaum verändert. Laut Angaben der Frau S. vom 28.09.1999 wurde die Beigeladene zu 1) auf ein Inserat für eine Büroangestellte eingestellt. Dementsprechend wurden der Beigeladenen zu 1) auch Anweisungen erteilt. Dies wurde damals von der Beigeladenen zu 1) selbst bestätigt. Die Arbeit der Beigeladenen zu 1) beschränkte sich also nicht auf den abgrenzbaren Bereich der Lohn- und Finanzbuchhaltung, sondern umfasste auch andere Büroarbeiten wie die Verwaltung der Immobilien. Dies wurde vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt. Dass Telefondienst und Schreibarbeiten allgemeiner Art nicht zum Auftragsumfang der Beigeladenen zu 1) gehörten, wurde zwar von der Klägerin unter Beweis gestellt. Die Einvernahme der Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin konnte jedoch unterbleiben, weil der Beweiswert dieser Aussage in jedem Fall geringer wäre als der der zeitnahen, differenzierten und chronologisch geordneten Darstellung der Beigeladenen zu 1) selbst im Jahr 1999 und weil die als Zeugin angebotene R. S. ebenfalls bereits 1999 gehört worden ist.
Hinzukommt, dass die Beigeladene zu 1) im strittigen Zeitraum lediglich einen zusätzlichen Auftraggeber, nämlich die Raumgestaltung U. hatte. Die übrigen von der Beigeladenen zu 1) angegebenen Firmen haben die Beigeladene lediglich vorübergehend bzw. erst ab einem späteren Zeitraum beschäftigt. Es mag sein, dass bei Existenzgründern im Anfangsstadium besondere Maßstäbe anzulegen sind. Die Beigeladene zu 1) hatte ihr Gewerbe jedoch bereits 1986 angemeldet, 13 Jahre vor dem strittigen Zeitraum. Im Verhältnis zur Klägerin setzte sie auch kein Wagniskapital ein, sie haftete nicht für Schlechtleistung und sie war zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet. Die Klägerin hat die Kosten für die Beigeladene zu 1) steuerrechtlich als feste Betriebsausgaben veranschlagt, der Beigeladenen sogar - wenn auch einmalig - Weihnachtsgeld gewährt und ihr in der Zeit zwischen 1996 und 1998 mehrmals Fortbildungskosten erstattet, die die Anwendung der speziellen Software der Klägerin betrafen. Daraus wird deutlich, dass sie wie eine Arbeitnehmerin behandelt worden ist. Sie war von der Klägerin wirtschaftlich weitgehend abhängig und in weitgehender Regelmäßigkeit für diese tätig.
Zwar ist von Seiten der Klägerin als auch der Beigeladenen zu 1) wiederholt betont worden, die Beigeladene zu 1) sei hinsichtlich der Gestaltung ihrer Arbeitszeit frei gewesen. Insbesondere sei sie nicht zur Erbringung einer bestimmten Stundenzahl verpflichtet gewesen. Allerdings hat die Beigeladene zu 1) bei ihrer Befragung 1999 angegeben, sie habe Überstunden im Rahmen der festen Arbeitszeiten abfeiern müssen. Zwar hat sie die Erbringung von Überstunden in der Folge heftig abgestritten, hingegen eingeräumt, eine gewisse Regelmäßigkeit der Arbeitszeit wieder wegen der betrieblichen Erfordernisse der Klägerin eingehalten zu haben.
Für eine selbständige Mitarbeit spricht hingegen, dass die Beigeladene zu 1) selbst am Markt unter eigenem Namen auftrat und auch ein eigenes Büro besaß. Sie unterlag auch keinem Wettbewerbsverbot. Die Arbeitsleistung für die Klägerin war auch nicht so umfangreich, dass daneben nicht eine Tätigkeit als Stundenbuchhalter möglich gewesen wäre. Hingegen spricht die Überbürdung des Risikos, bei Krankheit oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, wie es hier vereinbart worden ist, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann für Selbständigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25. Januar 2001, B 12 KR 17/00 R). Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftiger anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1) über eine größere Unabhängigkeit als die einer Teilzeitarbeitskraft verfügte. Die Höhe ihres Verdienstes hing nicht vom persönlichen Arbeitseinsatz, sondern vom Umfang der anfallenden Arbeit ab. Auch ist zu berücksichtigen, dass ihr sozialer Status nach dem Inhalt der erbrachten Dienstleistung und ihrer Ausbildung nicht mit dem eines Steuerberaters vergleichbar ist, der einen typischen freien Beruf ausübt.
Das Ergebnis der Abwägung der für und gegen ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale wird durch die Anwendung der im strittigen Zeitraum vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 geltenden Vermutungsregelung des § 7 Abs.4 SGB IV bestätigt. Darin haben wesentliche Abgrenzungskriterien zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit ihren Niederschlag gefunden. Danach wird vermutet, dass eine Person beschäftigt ist, wenn mindestens drei der folgenden fünf Merkmale vorliegen:
1. Die Person beschäftigt regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
2. Sie ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
3. Ihr Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten.
4. Ihre Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen.
5. Ihre Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte.
Die Beigeladene zu 1) erbrachte ihre Dienstleistung ohne Unterstützung durch eigene Arbeitnehmer, war jedenfalls im strittigen Zeitraum bis Ende 2001 im Wesentlichen nur für die Klägerin tätig und ließ typische Merkmale unternehmerischen Handelns wie Kapitaleinsatz und Haftungsübernahme vermissen. Zwar kann eine Tätigkeit als Buchhalter, dessen Teilbereiche die Beigeladene zu 1) ausgeübt hat, sowohl selbständig als auch abhängig ausgeübt werden (siehe BSG, Urteile vom 22.06.1966 = SozR Nr.4 zu § 2 AVG, vom 01.04.1971 = SozR Nr.18 zu § 539 RVO; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.09.2005, L 5 Kr 47/04), die Beigeladene zu 1) war hingegen nicht "für", sondern "in" dem Betrieb der Klägerin tätig, sie hatte keinen eigenen Mandantenstammm und bildete nicht den Mittelpunkt eines eigenen Unternehmens.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts bestimmt sich gem. § 52 Abs.3 Gerichtskostengesetz.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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